Heikos Anthrachinon Istizin

Begonnen von olaf.med, Februar 23, 2018, 23:07:24 NACHMITTAGS

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olaf.med

Lieber Heiko,

ich gestehe, dass ich eine gewisse Reizüberflutung bemerke und möchte daher etwas Ordnung in meine Gedankengänge bringen. Daher habe ich dieses eine sehr interessante Thema einmal abgetrennt, damit man es vernünftig diskutieren kann. Zum Anthrachinon schriebst Du:

ZitatDass das ,,berühmte" Anthrachinon Istizin kristalloptisch auch interessant und hoffentlich interpretierbar ist, merkte ich, nachdem ich eine historische Stoffprobe in die Hände bekam.

Die wunderschönen Bilder findet man hier im Beitrag 37 weiter unten auf der Seite.

Nun habe ich auch mir der Probe rumgespielt, die ich dankenswerterweise von Dir bekommen habe, aber mir fehlt wohl die nötige Kunstfertigkeit bei der Kristallzucht. Jedenfalls erhalte ich nicht die so heiß ersehnten Kristalle mit der horizontalen Dispersion - bei mir entstehen aus der ganz dunkelbraunen Schmelze überhaupt keine anständigen Kristalle  :( :( :(.

Bei der Kristallisation aus acetonische Lösung erhalte ich im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse wie Du, die aber auch sehr interessant sind. Es entstehen sogar drei verschiedenen Phasen: die nadeligen Kristalle, die hellgelben quadratischen Plättchen und zusätzlich noch eine amorphe??? kugelige Phase:



Besonders interessant sind natürlich die quadratischen Tafeln, deren Achsenbild sich nach langem Suchen so darstellt:



Meist bekommt man allerdings stark gestörte Interferenzmuster, was bei dem komplexen inneren Aufbau der Kristalle mit sehr regelmäßiger Felderteilung wenig verwundert. Hier liegt sicher eine starke Störung der wahrscheinlich tetragonalen Grund-Symmetrie vor, und dazu kann vielleicht Ole (Miner) mehr sagen.

Bei dünne Schichten und schneller Verdunstung des Acetons bekommt man auch schöne ergötzliche Muster:



Zu den anderen Problemen, wie z. B. Coffein später mehr.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Klaus Herrmann

Lieber Olaf,

das sind doch prächtige Kristallbilder!

ZitatEs entstehen sogar drei verschiedenen Phasen:
Ist dieses Istizin eine Reinsubstanz oder ein Pharmazeutikum? Dann ist da alles Mögliche drin. Aspirin ist ja auch nicht reine gepresste Acetylsalizylsäure.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Heiko

Lieber Olaf,

auch mich fressen die Freizeitaktivitäten regelrecht auf. Etwas Abstinenz ist wohl angebracht.

Zum Istizin-Schmelz-Präparat erinnere ich mich an das folgende, bäuerliche Vorgehen:
- eine kleine Menge von der Pille auf einen OT abschaben,
- Deckglas nicht zentral, sondern randlich auflegen,
- auf Heizplatte Schmelzvorgang abwarten,
- Schmelze läuft vom Geschabselhaufen zum entgegengesetzten Deckglasrand,
- Deckglas zur Schmelze hin von den unschmelzbaren Verunreinigungen schubsen,
- Schmelze breitet sich nun homogen unter'm DG aus.

So mein Vorgehen, lieber Olaf, um eine hinreichend dünne Kristallschicht zu erhalten. Die wiederum ist natürlich polykristallin, sodass üblicherweise das 50er – Klaus wird wissen, welchen Schatz er da veräußert hatte – einen Sektor herauspickt, der ein Muster liefert.

Die Tafeln und ihr Achsaustritt sind eine Pracht, wird schwierig werden mit meiner Abstinenz. Und die leichte Deformation, nicht doch ein sehr, sehr kleiner Winkel?

Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

so ist prinzipiell auch mein Vorgehen, allerdings schmilzt das Anthrachinon ja erst bei fast 300°C, das schafft meine Heizplatte nicht - muss doch mal Ullis Ceran-Kochfeld ausprobieren, aber besser wenn sie nicht zuhause ist ;D.

Hier noch ein schönes Beispiel der quadratischen Kristalle. Man sieht sehr schön die Felderteilung sowie Fluideinschlüsse. Der gelbe Hof zeigt, dass sich die Substanz langsam im Immersionsöl löst. Wenn man die Felder konoskopisch betrachtet, bekommt man zweiachsige Interferenzfiguren deren Achsenebenen für gegenüberliegende Felder gleiche Orientierung haben, aber zu den jeweils benachbarten um 90° verdreht sind. Ein einachsiges Interferenzbild, wie das gezeigte, erhält man nur selten, und dann meist stark gestört.



Lieber Klaus,

ja, ich vermute auch, dass es sich um eine Gemisch handelt. Jetzt könnte man die einzelnen Phasen trennen und weiter untersuchen. Nun warten wir sehnsüchtig, dass Reinhard sich endlich auch an Minimengen organischer Substanzen begibt  ;D.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

#4
Lieber Olaf,

einmal am Ceranfeld bietet sich die Möglichkeit, etwas Sublimat zu gewinnen und damit die ,,Hilfsstoffe" des Herstellers loszuwerden.
Diese gelben Platten sind ganz wunderbar anzuschauen.

Viele Grüße,
Heiko


Nachtrag

Zugegebenermaßen etwas verunsichert, habe ich mich ,,in einer unbeobachteten Minute" doch noch einmal in die Küche geschlichen:




Heiko

Lieber Olaf,

die aus Aceton kristallisierten Tafeln sind einfach zu dünn, als dass ich ein gescheites Achsenbild erhielte:



Viele Grüße,
Heiko

A. Büschlen

Hallo Heiko,

Bitte kein Abstinenz! Den Diese würde beim Betrachter deiner interessanten Dokus zu Entzugserscheinugen führen.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

olaf.med

Lieber Heiko,

aber Dein Achsenbild ist doch perfekt!!!

Dickere Kristalle bekam ich als ich die Lösung nicht unter dem Deckglas kristallisieren ließ, sondern in einem etwas höheren Glasgefäß, um die Verdunstungsrate zu reduzieren. Der Boden des Gefäßes war zunächst etwa 3 mm hoch mit der Lösung bedeckt. Aus den entstandenen Kristallen habe ich dann per Hand die die schönsten ausgesucht.

Zu den Schmelzversuchen bin ich noch nicht gekommen - das muss auch leider bis zur übernächsten Woche warten, aber davor sehen wir uns ja noch persönlich :).

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

Danke für Euere freundlichen Worte.

Dieser Bursche ist etwas ,,knackiger". Dafür hatte ich das Aceton überredet, nicht so schnell zu verduften.
Einen Wettlauf mit dem Silicon-Öl wollte ich diesmal nicht riskieren, weshalb mit Wasser eingedeckt wurde.

Viele Grüße,
Heiko



olaf.med

Lieber Heiko,

dieser Kristall ist ja wirklich prima! Siehst Du bei diesem auch zum Rande der Anwachspyramiden hin ein zweiachsiges Interferenzbild und nur im Zentrum Einachsigkeit?

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

Lieber Olaf,

eine Tendenz zur Öffnung des Kreuzes zum Rand es Kristalls hin mag es geben:



Nicht signifikant, meine ich, und wir schauen schon mit dem 63/1,4er.
Eine Zweiachsigkeit ist mir bei einem anderen Kristall auch begegnet. Deren Muster war aber gestört, der Kristall schien verwachsen.

Viele Grüße,
Heiko