3D-Anaglyphen – pro und contra

Begonnen von olaf.med, Februar 25, 2018, 17:10:30 NACHMITTAGS

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olaf.med

3D-Anaglyphen – pro und contra

Eigentlich wollte ich mich ja zu diesem Problem nicht mehr äußern, aber manche Aussagen ,,wurmen" mich schon, und darüber hinaus bin ich ja explizit aufgefordert worden, mich weiter zu beteiligen. Diese Grunsatzdiskussion hat aber nichts in Franks Beitrag verloren, daher öffne ich hier ein neues Thema.

Die Frage des ,,pro und contra" der Anaglyphendarstellung ist keine Frage der Philosophie oder des Glaubens, sondern man kann sie sehr einfach emotionslos auf eine physikalische Grundlage beziehen. Bei der Anaglyphendarstellung erzeugt man zwei Teilbilder mit verschiedenen spektralen Schwerpunkten, deren Bereiche sich nicht überlagern, nämlich ein rotes und ein grünes Bild. Diese werden getrennt jeweils nur einem Auge zugeführt, und es ist nur der Cleverness unseres Hirns zu verdanken, dass es daraus ein 3D-Bild erzeugt, dieses beinhaltet aber naturgemäß immer nur die Information der beiden zugeführten Teilbilder. Daher ist die Anaglyphendarstellung schon prinzipiell nicht geeignet, Farbdarstellungen getreu wiederzugeben, denn es fehlen ja die Informationen völlig, die man bei der Filterung in Rot und Grün entfernt hat!!!

Anders ist dies bei den weiteren gebräuchlichen 3D-Darstellungsarten, des Parallelblicks, des Kreuzblicks und der polarisationsoptischen Verfahren. Bei diesen werden die vollständigen Informationen gewahrt, sodass auch Farbdarstellungen ohne Einbuße in 3D gesehen werden können.

Den Einwand, man könne diese Verfahren nicht erlernen, lasse ich nicht gelten. Es ist wie beim Fahrradfahren – jeder der die Voraussetzungen hat, kann es nach einer gewissen Übung. Beim Fahrradfahren ist es der Gleichgewichtssinn, beim Kreuz- bzw. Parallelblick ist es die Augenmuskulatur.

Parallel zu sehen ist kein Problem – jeder macht es wenn er weit entfernte Gegenstände betrachtet. Das muss gar nicht der Mond sein, sondern der Horizont reicht völlig aus. Akkommodiert man nun bei dieser Augenstellung ein Stereopaar ist's schon geschafft. Einzige Voraussetzung ist, dass die Basis der Bilder nicht größer als der Augenabstand ist, also 65 mm beim Norm-Mitteleuropäer, weil eine divergierende Stellung der Augen im normalen Gebrauch nicht vorkommt und daher als schmerzhaft empfunden wird. Schielen kann auch jeder, wie man sich mit dem Zeigefinger an der Nase überzeugen kann.

Nach ein wenig Überwindung und Übung beherrscht wirklich jeder diese beiden Verfahren!

Dass Eberhard Rapp die Anaglyphendarstellung bei seinen beeindruckenden Vorträgen wählt hat einen ganz einfachen Grund: für die Projektion eignet sich der Parallelblick wegen der großen Basis gar nicht und den Kreuzblick muss man halt beherrschen, was man in einem größeren Auditorium nicht voraussetzen kann. Perfekt wäre ein polarisationsoptisches Verfahren, wie es in den kommerziellen 3-D-Filmen genutzt wird, aber dafür ist der technische Aufwand einfach viel umfangreicher, da man 2 Projektoren und eine spezielle Leinwand benötigt. Wie viel schöner wären Eberhards so schon sehr schönen Bilder mit diesem Verfahren!!!

Die Quintessenz ist also: Anaglyphen ausschließlich bei Schwarz-Weiß-Bildern, ansonsten ist jedes andere Verfahren besser!

Herberts Cypionkas ,,Wackelbilder" schätze ich übrigens auch sehr! Diese vermitteln einen sehr beeindruckenden 3D-Effekt, ohne wirklich 3D-Darstellungen zu sein.

Herzliche Grüße,

Olaf



Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

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Peter Reil

Hallo Olaf,

ich gebe dir problemlos gerne  in allen Punkten Recht - bis auf den einen:

Zitat von: olaf.med in Februar 25, 2018, 17:10:30 NACHMITTAGS
3D-Anaglyphen – pro und contra


Nach ein wenig Überwindung und Übung beherrscht wirklich jeder diese beiden Verfahren!


Seit Jahren mache ich mit Schülern (und Kollegen/Kolleginnen)  der unterschiedlichsten Altersstufen "Wettbewerbe" dazu. Ich hänge Bilder auf, die mit Kreuz- oder Parallelblick gesehen werden können. Bei richtiger Sichtweise gibt es dann immer etwas Verstecktes zum Räumlichen zu entdecken - und damit auch zu gewinnen.
Im Schnitt schaffen dies nicht mal die Hälfte der Schüler! Und die wollen wirklich.

Ich sehe die Anaglyphenbilder quasi nur als "Durchgangsstation" für das Erkennen der Räumlichkeit (auch wenn dabei viele Informationen fehlen) - denn das kann wirklich jeder (und jede :) ).

Wer daran Interesse gefunden hat, kann sich durch die weiteren Verfahren (Kreuz-/Parallelblick) nur noch verbessern. Das braucht aber Übung. Und Übung bedeutet Arbeit  ;).  (Ich habe selbst viele Stunden gebraucht, bis es "gefunkt" hat. Ich möchte es auch nicht mehr missen.

Die stärkste Methode ist , die Bilder in das Format für 3-D-fähige TVs zu bringen und mit der 3-D-Brille anzusehen (picolay kann das!), das ist wirklich super!
Und das kann auch jeder.

Liebe Grüße
Peter





Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, BHT, CH2, CHK, Olympus SZ 30, antikes Rotationsmikrotom

JoachimHLD

Lieber Olaf,
Du hast Recht mit dem Verlust an Information bei 3D-Anaglyphen.
Ich verwende dieses Verfahren auch nur um meiner Enkeltochter mal 3D-Bilder zu senden, dazu wandle ich das Ausgangsmaterial erst in schwarz/weiß um. Ich selbst kann mit mit Kreuz- oder Parallelblick kein 3D sehen wegen Sehfehler und der Brille und bin glücklich mit einem 3D Fernseher.
Leider sterben die 3D Fernseher aus ,der "Markt" meint ja leider 4K muß sein und was noch verfügbar ist sind meist OLED die oft nach der Garantiezeit auch die Farben verfälschen...
Herzliche Grüße
Joachim

Werner

Hier noch meine Erfahrung...
Mit dem Parallelblick/Kreuzblick habe ich keine Schwierigeiten, solange ich ausgeschlafen bin.
Abends (und müde) tritt bei mir das Problem auf, das kombinierte Bild zusammenlaufen zu lassen. Das dauert lange oder es fehlt das letzte Stückchen. Meist klappt es dann mit einem A4-Karton, den ich senkrecht zwischen die Bilder halte, damit jedes Auge nur das zugehörige Bild erhält.

Gruß   -   Werner

anne

Hallo Olaf,
mir hast Du geholfen!
ich habe mich immer gewundert, warum ich den Kreuzblick auf meinem kleinen Handydisplay ohne Probleme hinbekomme, aber am Monitor nicht.
Wenn ich die Bildpaare nun so weit verkleinere, dass das Zentrum nur diese ca. 6,5 cm voneinander entfernt sind, klappt es.
Aber- dann ist das Bild ja so klein :'(
Oder gibt es noch eien Trick, das dann in "groß" zu sehen?

lg
anne

olaf.med

Liebe Anne,

daher verwendet man besser den Kreuzblick, da darf dann das Stereopaar viel größer sein. Alternativ gäbe es noch die Möglichkei, einen Stereobetrachter zu nutzen, aber dann ist man wieder an einem Punkt an dem man Hilfsmittel benötigt, die weiter gehen als Werners DIN A 4 Blatt (das übrigens eine wirklich gute Hilfe ist!). Ich bin der Auffassung, dass das was beim Menschen serienmäßig eingebaut ist, ausreicht und genutzt werden sollte, auch wenn manche beim Erlernen offensichtlich mehr Probleme haben, als ich mir vorstellen kann - wie ja Peter glaubhaft berichtet.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

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olaf.med

noch mal ich... wer lesen kann ist klar im Vorteil ;D.

Du schreibst, dass Du beim Kreuzblick Probleme mit größeren Bildpaaren hast - das verstehe ich nicht. Die Geschichte mit der 65 mm Basis gilt nur für den Parallelblick!

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

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anne

#8
Hallo Olaf,

ok alles Quatsch.

Habe es überprüft an diesem Bild:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28781.msg214767#msg214767

Hier sehe ich nach Verkleinerung nur jeweils im unteren Bild den 3D Effekt, obwohl ich bei beiden ein sauberes Mittelbild sehe.
Also kann ich nur den Parallelblick.
Beim Bild von Frank, habe ich mir bei 14cm Bildbreite wohl den 3D Effekt nur eingebildet, war einfach so klein.
Ich konnte aber immerhin ein sauberes drittes Bild in der Mitte erhalten.

Also es bleibt dabei, ich kann es nicht - ich kann nur Parallelblick bei entsprechend kleinen Bildern.

lg
anne

Bernhard Lebeda

Hallo 3 D Fans

man kann die Augenkonvergenz übrigens trainieren.

https://www.augentraining-sauer.de/trainingsverlauf/vergenz-und-binokularsehen/

Ich verwende so eine Schnur:

http://www.sehgut.de/index.php?cPath=24

Viele schielende Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Michael Müller

Hallo,

ich persönlich würde die 3D-Wackelbilder bevorzugen - die sind jedem ohne Training zugänglich. Aber leider sind die animierten GIF-Bilder im Forum nicht darstellbar.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Silber_und_Licht

#11
Guten Tag allseits!

Nur um noch einmal Wasser auf die Mühlen zu gießen: immer noch am schönsten sind die Stereos zu betrachten, wenn man die beiden Halbbilder jeweils gekonnt auf Diafilm ausbelichten lässt, entsprechend justiert in RBT-Rähmchen montiert und vermittels eines Stereo-Projektors - idealerweise auch ein RBT-Projektor - auf eine Silberwand projiziert und mit passiven Polbrillen (Polfilter normgerecht in V-Stellung) betrachtet. Die Tonalität und Ebenmäßigkeit des Bildes bei voller Farbtreue ohne Einschränkungen ist nach meiner Erfahrung auch mit modernen 3D-fähigen Fernsehern nicht in gleichem Maße zu erreichen. Ausnahmen sind hier absolut professionelle Anlagen, die aber preislich jenseits üblicher Portemonaies liegen.

Warum RBT? Weil die Geräte dieser Firma das wohl ausgefeilteste analoge Raumbild-Aufnahme und -Projektionssystem darstellen, welches zu bekommen ist/war. Dessen Entwicklung war halt weniger von Geschäftsinteressen geprägt als vom Herzblut passionierter Stereo-Photographen - und das merkt man am bildmäßigen Ergebnis. Ich kann es auch heute, im Zeitalter nach der Analogen (Film-) Photographie nur empfehlen, einmal damit 3D-Bilder zu betrachten. Danach sind die Bilder auf dem 3D-fähigen Fernseher nur noch halb so schön.

... und Anaglyphen sind eine Krücke mit der man leben wollen muss. Zur Projektion von Anaglyphen drei Tipps:

1. es empfiehlt sich, die Anaglyphen nicht vor einen zu dunklen oder gar schwarzen Hintergund zu legen, auch wenn es "mono" vielleicht besser aussieht. Bedingt durch die meist nicht perfekt abgestimmten Farbkanäle Rot/Grün oder Rot/Cyan im Zusammenspiel von Projektionsmedium und Brillen, handelt man sich meist "Geisterbilder" durch nicht perfekte Auslöschung ein, was je nach Ausprägung ziemlich lästig sein kann. Vor einem hell- bis mittelgrauen Hintergrund treten diese Erscheinungen nicht so störend hervor.

2. kann man Farben im Anaglyphenbild unterbringen, wenn diese mit den ausgewählten Farben zur Kanaltrennung nicht in Konkurrenz treten. Bei Rot/Cyan haben sich ein gelbes Beige und Dunkelblau als Ergänzung zur Darstellung im schwarzweißen Bild bewährt. Ich mache das oft bei der Projektion von 3D-Modellen von Zellstrukturen und kann sagen dass es recht gut funktioniert.

3. Auch bei der Projektion sollte man dafür sorgen dass die Fernstpunkte der beiden Farbkanäle nicht drastisch über die von Olaf oben erwähnten 65mm hinausgehen, damit Betrachter nahe dem Projektionsschirm nicht nach außen schielen müssen, was schnell als unangenehm empfunden wird. Weiter vom Schirm entfernte Betrachter haben damit zwar weniger ein Problem, aber für diese verstärkt sich der Tiefeneindruck ohnedies mit der Vergrößerung des Betrachtungsabstands, sodass eine Überhöhung der Tiefe durch Vergrößerung des Fernstpunktabstands schnell unnatürlich wirkt.

Man verzeihe mir den kurzen Ausflug in mein liebstes photographisches Betätigungsfeld.

Freundliche Grüße vom

Wolfgang

p.s.: Kreuz- und Parallelblick funktionieren übrigens einfacher bei Trägern einer Gleitsichtbrille: man kann sonstwohin gucken, also in die Unendlichkeit beispielsweise und damit die Augachsen parallel ausrichten um dann durch entsprechende Kopfneigung bzw. Positionierung der Brille vor den Pipullen das Bild scharf einzustellen.
"Du" fänd' ich ganz in Ordnung.

das Schönste: ZEISS Lumipan
das Liebste: LEITZ Panphot II, Ortholux
das Beste: ZEISS Axiomat

eine etwas umständliche Vorstellung: www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28652.0

Klaus Wagner

Hallo Olaf,

Du schreibst:
"Den Einwand, man könne diese Verfahren nicht erlernen, lasse ich nicht gelten."

Das kann ich so nicht bestätigen. bis Neujahr konnte ich es; seit  der OP wg, Netzhautablösung kann ich es nicht mehr. Am operierten Auge sehe ich leicht wellig und verzerrt. Da hast Du keine Chance mehr. Und eventuell haben Zeitgenossen(innen) auch leichte angeborene Unterschiede zwischen den Augen und bemerken es beim "normalen" Sehen nicht.

Man sollte nie verallgemeinern.

Viele Grüße
Klaus

Stuessi

Zitat von: Silber_und_Licht in Februar 26, 2018, 11:10:23 VORMITTAG
...
p.s.: Kreuz- und Parallelblick funktionieren übrigens einfacher bei Trägern einer Gleitsichtbrille: man kann sonstwohin gucken, also in die Unendlichkeit beispielsweise und damit die Augachsen parallel ausrichten um dann durch entsprechende Kopfneigung bzw. Positionierung der Brille vor den Pipullen das Bild scharf einzustellen.

Hallo Wolfgang,

das stimmt so nicht.
Beim in die Ferne schauen kann ich die Blickachsen zwar parallel stellen, schaue dann aber nicht durch die für 25 cm korrigierten Stellen der Gleitsichtgläser, das Bild ist also nicht scharf, wenn ich nicht mehr akkommodieren kann.
Kreuzblick ist da weniger problematisch.

Gruß
Rolf

Silber_und_Licht

Zitat von: Stuessi in Februar 26, 2018, 12:49:31 NACHMITTAGS
Zitat von: Silber_und_Licht in Februar 26, 2018, 11:10:23 VORMITTAG
...
p.s.: Kreuz- und Parallelblick funktionieren übrigens einfacher bei Trägern einer Gleitsichtbrille: man kann sonstwohin gucken, also in die Unendlichkeit beispielsweise und damit die Augachsen parallel ausrichten um dann durch entsprechende Kopfneigung bzw. Positionierung der Brille vor den Pipullen das Bild scharf einzustellen.

Hallo Wolfgang,

das stimmt so nicht.
Beim in die Ferne schauen kann ich die Blickachsen zwar parallel stellen, schaue dann aber nicht durch die für 25 cm korrigierten Stellen der Gleitsichtgläser, das Bild ist also nicht scharf, wenn ich nicht mehr akkommodieren kann.
Kreuzblick ist da weniger problematisch.

Gruß
Rolf

Hallo Rolf,

doch, es stimmt sehr wohl - wenn Du es so machst wie ich es beschrieben habe. Eben indem Du in die Ferne schaust, Deine Blickachsen parallel stellst und durch die für 25 cm Abstand korrigierten Zonen der Gleitsichtbrille schaust ... DAS ist ja gerade der Kniff bei der Sache.

Davon abgesehen ist der Kreuzblick ohnedies besser - wenn man es kann. Schon weil damit dann wesentlich größere Bilder anschaubar sind. Selbst Diaprojektionen mit den Stereohalbbildern nebeneinander anstatt aufeinander, wie bei der Polarisations- oder Farbkanal-(Anaglyphen-) Trennung, sind möglich. Aber bei 100 Stereo-Dias nun auch nicht zwingend ein Sehgenuss.

Freundliche Grüße

Wolfgang
"Du" fänd' ich ganz in Ordnung.

das Schönste: ZEISS Lumipan
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