Anmerkungen zur Arbeit mit Pollen - 1

Begonnen von Dieter Holz, Mai 02, 2018, 21:53:09 NACHMITTAGS

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Dieter Holz

Jeder Polleninteressierte kennt die hervorragend zusammengefassten Hinweise von Klaus Henkel zum Thema und meist auch die wesentlichen, dort genannten Quellen. Bei der Anlage eines Pollen- Herbars (also Dauerpräparaten von Pollen rezenter Pflanzen zu Vergleichszwecken) wird der Hobbyinteressierte jedoch schnell an Grenzen und damit auf Probleme stoßen. Die sind um so größer, je seltener die Pflanze ist und je weniger Pollen sie produziert. Zur Problemlösung habe ich eine Methode entwickelt, die ich hier kurz vorstellen und zur Diskussion stellen möchte.

Dauerpräparat Herbar zu Vergleichszwecken

Was bei den massenhaft Pollen verbreitenden Top-Ten des klassischen Pollenherbars kein Problem darstellt, entwickelt sich bei seltenen oder nur wenig gewinnbare Pollen bildenden Arten schnell zu einem solchen. Man kann aus praktischen, aber auch aus Naturschutzgründen nicht einfach 30 Blütenstände "verarbeiten", um am Abend des Tages - vielleicht - ein aussagekräftiges Dauerpräparat geschaffen zu haben. Ursächlich am Dilemma sind die hohen Pollenverluste während des standardmäßigen Verarbeitungsprozesses. Kommt noch etwas Pech hinzu, findet sich von den vorhandenen 30 Pollen kein einziger unter dem Deckglas. Nach vielen Versuchen und Irrungen benutze ich (und nur zur Lösung dieses Problems!) das nachfolgend beschriebene Verfahren. In der Ursprungsversion habe ich versehentlich auf ein veraltetes Manuskript zurückgegriffen. Dort wurde die Nutzung von Pfeifferscher Lösung in einer feuchten Kammer beschrieben. Das ist jedoch sehr zeit-, temperatur- und dosierungsabhängig. Die Alternative ist ein Aufkleben des wenigen Pollens, was dann auch gefahrlose Fixierung und Färbung ermöglichen würde. Ein entsprechendes Mittel (Gummi arabicum und Kaliumbichromat als Hauptbestandteile) habe ich getestet, die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend. Kaliumbichromat ist für Privatanwender nicht mehr zu bekommen und ein Ersatzstoff ist nicht bekannt. Also bleibt in diesem speziellen Fall derzeit nur:

- Tag mit Luftfeuchte unter 65% aussuchen, Nachmittagsstunden
- Transport nach Hause wie üblich, aber ohne Zeitverzug
- Pollen auf Objektträger bringen
- versuchen, mindestens ein paar der raren Pollen mit Klebeband wie unten beschrieben auf einem seperaten Objektträger einzuschließen
- Objektträger müssen vorher mit Spüli und Wasser wie üblich behandelt sein, kein Iso o.ä.
- sich an die Regeln bzgl. Umgang mit Chemikalien erinnern
- drei Tropfen Formalin in den Deckel eines kleinen Deckglasbehälters geben, das auf den Rand des Objektträgers stellen
- Abdecken des Gesamtgebildes mit einer Plast- Haushaltbox mit etwas mehr als Objektträgermaßen
- mindestens 6, höchstens 10 Stunden in dieser Kammer belassen
- Eindecken in Glyzeringelantine nach Kisser wie gehabt. Heute wird jene für die meisten im Hobby phenolfrei und flüssiger sein als von früher gewohnt
- Lackring auch wie gehabt

Die Mindesthaltbarkeit beträgt 4 Jahre, längere Erfahrungen bezüglich des safeline- Einschlussmittels gibt es (für mich) noch nicht. Das Erscheinungsbild entspricht im wesentlichen der in einem Kurzzeit- Trockenpräparat. Änderungen wie das Weglassen der Formalinbedampfung waren nicht zielführend. Das Präparat verdarb meist in 2 Jahren.

ACHTUNG: Einschluß in Glyceringelantine kann in Einzelfällen scheinbar zu völlig unerwarteten Effekten und Irrtümern führen!

Fotos von Verfahren und Ergebnissen reiche ich nach. Und sorry für den holprigen Start...  :-[


Zur Benutzung von Klebeband bei der Herstellung von Kurzzeitpräparaten

Von Henkel auch erwähnt: Tesaband als Möglichkeit, schnell und unkompliziert einfache Kurzzeitpräparate herzustellen. Ich habe es zuerst mit normalem, handelsüblichen Tesaband versucht. Das war von relativ wenig Erfolg gekrönt. Das Tesaband hatte eine schlierige Struktur, was Beobachtung und Bestimmung sehr erschwerte. Nach relativ kurzer Zeit (=< 6 Monate) veränderte sich auch bei Abwesenheit von UV- Strahlung und ansonsten sachgemäßer Lagerung entweder die Kleber- oder die Trägerstruktur. Nach vielen Fehlversuchen benutze ich sogenanntes Spurensicherungsband aus dem Forensik- Bedarf. Das lässt man sich ähnlich bezahlen wie Feenstaub, dafür bietet es eine klare, gleichbleibende Abbildungsqualität. Meine ältesten so hergestellten "Kurzzeitpräparate" werden bald 15 Jahre alt. Fotografien sind aussagekräftig und bis ca. 400x möglich. Auch wenn man damit natürlich keine spontanen Preise gewinnen dürfte.

Ein Beispiel:



Das Bild zeigt rezente, unbearbeitete Pollen von Chelidonium majus (Schöllkraut) im Entnahmezustand, Längsausdehnung ca. 20 µm. Bitte nicht hauen, das Mikroskop heißt Lomo Biolab in der einfachsten Ausstattung. Ich höre auch schon die Proteste, aber das ist tatsächlich Pollen vom Schöllkraut und nicht von Scharbockskraut.

Wie geschrieben: Widerspruch, Ergänzungen und Fragen sind willkommen. Schließlich sind es nur meine persönlichen Erfahrungen als Autodidakt, die ich hier beschreibe.

Viele Grüße

Dieter

liftboy

Hallo Dieter,

Ha! Noch ein Autodidakt.
Meiner einer hat schon in den 1980er Jahren angefangen Dauerpräparate von Pollen anzufertigen (mittlerweile so um 380Stk.) Die damalige Einbettung erfolgte in trocken in Xylol zue Entlüftung und dann in Eukitt. Die Präparate sind heute noch gut und zeigen den Pollen in der Form, wie er gewonnen wurde. Testhalber hatte ich in 2013 einige Präparate mit dem wasserlöslichen Einschlußmittel Magnacol eingedeckt, mit dem Ergebnis, dass sich die Pollen verändert hatten. Von dem verschrumpelten Trockenzustand zu einer "pralleren" Form. Da ich mittlerweile in der Lage bin, mir Hoyersches Gemisch anzufertigen, decke ich jeweils ein Präparat mit Eukitt oder Euparal und eines mit Hoyer ein. Damit habe ich Vergleichspräparate für beide Formen. Da hoyer Chloralhydrathaltig ist verpilz da auch nichts.
Als Literatur verwende ich den Beug, Leitfaden der Pollenbestimmung.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Carsten Wieczorrek

Hallo,
scheint ja recht aktuell zu sein.

Eine Freundin hat mir Honigproben gegeben mit der Bitte, mal nach den Pollen zu schauen.

Ich habe hier viel dazu gelesen und festgestellt, dass ich die dafür nötigen Chemikalien/Eindeckmittel nicht besitze.

Also Weg A) Alles kaufen, was man lesen kann! Habe ich nicht gemacht.

Also Plan B) Versuch macht kluch! Nimm Deinen Verstand und die Chemikalien, die du hast.

Ich bin B) gegangen:

- Honig 10% in Wasser gekocht
- Lösung 5 min. bei 3000 u/min zentrifugiert
- Rest 12 h in fixiert nach Hollande
- Rest + 70% EtOH, 10 min. ,bei 3000 u/min zentrifugiert
- Rest + 80% EtOH, 10 min. ,bei 3000 u/min zentrifugiert
- Rest + Spiritus, 10 min. ,bei 3000 u/min zentrifugiert
- Rest + Isopropanol 100, 10 min. ,bei 3000 u/min zentrifugiert

Eingebettet in Euparal. Meine optischen Beobachtungen lassen sich von den Pollen aus frisch-Honig nicht Unterscheiden. Jedenfalls für eine Laien wie mich nicht.

Grüße

Carsten

P. S. : Bilder werden folgen

Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

liftboy

Hallo erstmal,

die Mühsal mit der Färberei ist mir zuviel. Meine Pollendauerpräparate sollen als Vergleichsmaterial dienen, und in der Natur findet man das ja auch nicht fixiert und gefärbt :-)

Hier mal ein paar Bilder mit Angabe von Datum und Einbettungsmaterial; vielleicht ganz interessant.



Safranpollen von 1979 in Balsam, Direkteinbettung.
Uraltpräparat und immer noch gut.



Haselpollen von 2004 in Eukitt, Enlüftung in Xylol, Direkteinbettung
Klares, deutliches bild



Haselpollen von 2004 in Luft, Lackring
Naturell, aber undeutlich.



Gerberapollen von 2013 in Magnacol.
Durch das stark wasserhaltige Einbettungsmittel haben sich bereits Schläuche gebildet.



Weihnachtssterpollen von 2014 in Magnacol, Direkteinbettung.
Hier keine Schlauchbildung



Eibischpollen von 2017 in Euparal, Entlüftung in Alkohol.
Strukturen schwer erkennbar



Eibischpollen von 2017 in Hoyers Gemisch, Direkteinbettung.
Hoyers Gemisch führt zur Aufhellung und besseren Erkennbarkeit.

Grüße
Wolfgang


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A. Büschlen

Hallo,

ich verfüge über keine weitreichende Erfahrung in der Herstellung von Dauerpräparaten mit Blütenpollen. Als Referenz benutze ich die Angaben und Darstellungen in der Literatur und vergleiche meine Frischpräparate damit. Ich benutze bei Pollen von Insektenbestäubern gerne Farbe um die Oberflächenstrukturen zart anzufärben. Wenn ich Pollen sammle, so sammle ich immer die Pollen mit der Blüte und lagere Diese in einer Papiertüte mit der Erfahrung, dass Pollen so über Monate haltbar sind und es in der kommenden Saison wiederum frische gibt... ;)

Gruss Arnold

Hier ein Beispiel wie Farben wirken:
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Dieter Holz

#5
Danke für die Reaktionen, Bilder und Erfahrungen!

Das Problem bei der Wahl des Eindeckmittels ist doch letztlich, dass man bei Dauerpräparaten (gefärbt oder ungefärbt sei erst mal dahingestellt) zwei Ansichten bräuchte. Zum einen den trockenen Pollen, wie er zum Auffindezeitpunkt auch aussah und einmal die hydrierte Variante. Um beim Beispiel meines Schöllkrautes von oben zu bleiben, müsste man eigentlich zwei Präparate herstellen, da so etwas scheinbar nur mit unterschiedlichen Eindeckmitteln unkompliziert zu realisieren ist. Zur Verdeutlichung bitte die REM- Aufnahmen bei PalDat ( https://www.paldat.org/pub/Chelidonium_majus/301707 ) betrachten, die die realen Verhältnisse deutlicher zeigen, als wir das können. Bild 9 und 10 zeigen die Ansicht des trockenen Pollens, so wie man ihn gewöhnlich auch einsammelt. Bild 5 und 6 sind die gleichen Ansichten beim hydrierten Pollen. Das sind schon gravierende Unterschiede. Im Pollenwiki ( https://pollen.tstebler.ch/MediaWiki/index.php?title=Chelidonium_majus ) kann man die Ergebnisse der Eindeckung in Glyceringelatine sehen, also vollständig hydriert. Schöllkrautpollen reagieren da übrigens sehr empfindlich.

Folgerichtig stelle ich, falls möglich, also immer drei Präparate her. Das sind in meinem Fall ein Kurzzeitpräparat unter Folie wie oben beschrieben, eines in Balsam (in meinem Fall Malinol) für den Dauererhalt des trockenen Pollens und eines in Glyceringelatine nach Kisser zur Darstellung des hydrierten Pollens. Letzteres ging bis Anfang des Jahres gut, dann war die Gelatine alle und originaler Nachschub nicht mehr aufzutreiben. Versuche mit dem angeblichen Ersatz aus dem safeline- Angebot gingen gründlich schief. Ich hatte das in einem anderen Beitrag schon beschrieben.
Nur die Gelatinepräparate habe ich gefärbt, da bestimmte Strukturen doch wesentlich besser erkennbar sind. Färbung meist mit Fuchsin, aber auch FCA. Letzteres ist anstrengender, bringt aber meist auch keine besseren Ergebnisse. Wenn Färbung, habe ich die Pollen angeklebt. Dazu verwende ich entweder Eiweiß + Formalin oder eine 2% Lösung aus Gummi arabicum mit einem Tropfen Formalin drin. Langzeiterfahrungen liegen nicht vor, nach sieben Jahren gibt es allerdings keine Veränderungen. Färbung und Balsameinschluss bei Formerhalt funktionierte bei empfindlichen Pollen nur mit dem unter #1 beschriebenen Fixierverfahren.


Viele Grüße, Dieter

Dieter Holz

#6
Im Nachgang noch ein Bild zu trockenen Pollen unter Folie. Hier: Rosskastanie.




Viel Grüße, Dieter

liftboy

Hallo Dieter,

jaaa, das hat schon was :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Dieter Holz

Moin Wolfgang,

das ist ein Bresser Researcher mit Original- Objektiv. Da war die Weltrettung eher nicht zu erwarten  ;) Mit besserer Ausstattung sind wohl noch erhebliche Steigerungsmöglichkeiten drin.


Die spannende Frage ist, wie lange die Präparate halten werden. 5 - 7 Jahre scheint es zu funktionieren.


Viele Grüße, Dieter