Jurassischer Stromatholith aus Soria, Spanien

Begonnen von Florian D., Mai 11, 2018, 09:09:04 VORMITTAG

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Florian D.

Liebes Forum,

nachdem ich dort verwandtschaftliche Bande habe, bin ich in den Ferien öfters in Spanien unterwegs, und dies ist normalerweise auch die einzige Zeit des Jahres, wo ich zum Geologisieren komme. Letzten Sommer war ich in der kleinen Ortschaft Talveila in der Provinz Soria, Castilla Leon. Entlang eines kleinen Strässchens SO-P 5224 (kann man sich schön in Google Maps ansehen) ist auf einer Strecke von ca. 1km das mittlere Jura sehr schön aufgeschlossen. Man sieht sogar Fussspuren von Dinosauriern. Ich habe einen Abschlag von einem gebänderten Fels mitgenommen, wobei es sich bei der Bänderung vielleicht um einen Stromatolithen handelt. Ich habe diesen jetzt, nebst meiner Fingernägel, dünngeschliffen und ein paar Fotos gestackt.
Die Strukturen sind sehr klein, ich habe das mit dem 100 Ölimmersionsobjektiv aufgenommen.
Man sieht kohlige Substanz in einer Kalkmatrix. Ist jetzt nicht so spektakulär, aber vielleicht fällt Euch ja etwas interessantes auf.

Viele Grüsse,
Florian

derda

Hallo Florian,

erinnert mich irgendwie an meinen Rodochrositdünnschliff. Wenigstens ist man mit dem Dünnschliff in Nullkommanichts fertig. Das tröstet über das wenig spektakuläre fürs Auge hinweg  ;)

Viele Grüße

Erik

Gerd Schmahl

#2
Hallo Florian,
woran macht Du den Stromatholithen denn fest? Es werden zwar immer mehr Stromas beschrieben, aber die sicheren Stromas die ich kenne haben eine mehr oder weniger blumenkohlartige Form, die sich auch in gewellten Anwachslinien niederschlägt. Ohne das Stück in der Hand gehabt zu haben ist es natürlich schwer, genaues zu sagen, aber ich sehe bis jetzt nur einen nahezu parallel gebänderten Kalk mit tektonisch bedingten Rissen. Interessant wäre eine nicht so hohe Vergrößerung, die vielleicht mehrere Bänder gleichzeitig zeigt und die Ursache der Farbwechsel offenbart. Wenn Du Gewissheit haben möchtest, kann ich Dir den Kontakt zu einem Stromatolithen-Kenner herstellen, einen Hobbisten mit hunderten Stromas aus aller Welt. Aber das würde ich lieber über PM machen.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Florian D.

Danke für die Antworten!
Dass es sich vielleicht um einen Stromatoliten handeln könnte, habe ich aus einem geologischen Führer, der allerdings gerade in Spanien liegt. So recht glauben tu ich es aber auch nicht. Die dunklen Bänder enthalten diese kohligen einschlüsse, die oft aus sehr kleinen Kügelchen traubig aufgebaut scheinen. Die helleren Bänder enthalten nur Calcit. Ich dachte, dass die schwarzen Kügelchen vielleicht Reste von einzelligen Algen oder Cyanobakterien sein könnten. Aber nachdem dies mein erster Ausflug in die Mikropalaeontologie ist, ist dies auch nur eine vage Spekulation. Habt Ihr vielleichy ein Bildchen von sowas?
Viele Grüsse,
Florian

Gerd Schmahl

Hallo Florian,
Stromatolithen haben viele Gesichter. Hier ein Top-Stück. So schön farblich abgesetzt sind die Schichten aber nur selten.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Florian D.

Hallo Gerd,

schönere Stromatolithen habe ich auch schon gesehen :-) Ich meinte eher, ob jemand bessere Fotos von Dünnschliffen Selbiger hat. Wie sollen denn so fossilisierte Cyanobakterien aussehen?

Viele Grüsse,
Florian

TPL

#6
Hallo Florian,

Stromatolithen waren eine Weile lang "in" und wo immer laminierte Kalke gefunden wurden, tauchte auch bald dieser Begriff auf. Da sie mikroskopisch so einfach aufgebaut sind, ist eine sichere Ansprache schwer, solange es keine makroskopischen Hinweise auf ihre charakteristischen "Blumenkohl-Strukturen" gibt.

Laminierte Sedimentgesteine, einschließlich Karbonaten, gibt es dagegen nicht selten, und manchmal erscheint ein Zusammenhang der Lamination mit periodisch wechselndem Strömungsregime wahrscheinlicher als eine biogene Ursache. Anhand Deines Handstück-Bildes wäre ich nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen.

Dunkle, opake Partikel von so geringer Größe wie im zweiten Bild sind ebenfalls problematisch anzusprechen. Das könnten auch (framboidale) Pyrit-Aggregate sein. Manchmal lässt sich das von kohligem Material unterscheiden, wenn man zu Auflicht-beleuchtung wechseln kann, und die opaken Partikel dabei messingfarben glänzen.

Viele Grüße, Thomas

Dünnschliffbohrer

Hallo Florian,

die Cyanobakterien lassen sich in den Stromatolithen nicht mehr nachweisen. Man schließt auf ihre frühere Anwesenheit als Verursacher dieser Sedimentstrukturen eigentlich wie Thomas schon geschrieben hatte, nur aufgrund des makroskopischen Erscheinungsbildes, und außerdem noch aufgrund des zugrundegelegten - hypothetischen - Modelles des Ablagerungsraumes (z.B. angenommene übersalzene Lagune, wo man sonst nicht an Leben viel erwartet). Ansonsten würden fossile Cyanobakterien so aussehen wie die rezenten auch. Ich wüsste jedoch nicht, wo sie - außer in Kieselgesteinen - sonst erhalten geblieben sein sollten. Selbst die angeblich durch angebliche "fossile Cyanobaktererien" stattgehabte Weischteilerhaltung in der Grube Messel hat sich inzwischen als Schmarrn erwiesen.

Wenn du so etwas suchst, dann beschäftige dich doch mit den Feuersteinknollen der norddeutschen Oberkreide. Die kann man aufschlagen (Vorsicht!!!) und dann dünne Splitterchen in Immersion (Hohlschliffobjekträger) mikroskopieren. Darin hat man schon ganz erstaunliche Dinge gefunden, z.B. Flagellaten und sogar Dinobryon!
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Michael L.

Hallo Thomas,

die framboiden Pyrite werden in der neueren Literatur meistens mit mikrobieller Genese in Verbindung gebracht. Dann ein Kommentar zum Beitrag von Dünnschliffbohrer: es gibt einige Publikationen die belegen dass Cyanobakterien fossil in Stromatolithen erhalten sein können, wenn auch nicht so häufig. Ich habe selber solche Proben z.B. aus dem Permokarbon. Stromatolithen sind im weitesten Sinne organosedimentäre Strukturen die durch Sedimenttrapping und Kalziumkarbonatfällung laminierte Strukturen bilden und entsprechend der Definition in der Erstbeschreibung durch Kalkowsky blumenkohlartige Strukturen aufweisen. Mikrofossilien in Stromatolithen sind häufig Ostracoden und kuglige Kohlenstoffstrukturen die meist als Bakterien oder Mikroalgenüberreste interpretiert werden. Oftmals können hier nur spezielle Analyseverfahren wie die Mikroramanspektroskopie einen organischen Ursprung nachweisen. Ein spannendes Thema denn es geht um bis zu mehr als 3 Milliarden Jahre alte Spuren des Lebens auf der Erde.

Viele Grüße,

Michael L.

Ulrich S

Moin,
da ich gerade keine Zeit habe selbst die Schliffe zu fotografieren, hier auf die schnelle ein Link zu Schliffen:
http://www.rhyniechert.com/stromatolites.html
ansonsten kann ich in dem Foto keinen Stomatolithen erkennen.

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

Dünnschliffbohrer

Hallo Mitlesende,

Zitatdie framboiden Pyrite werden in der neueren Literatur
zu Unrecht
Zitatmeistens mit mikrobieller Genese in Verbindung gebracht.
, denn sie können auch rein anorganisch "sozusagen im Reagenzglas" dargestellt werden. Den Literaturbeleg könnte ich bei Gelegenheit und Interesse heraussuchen. Die Diskussion, ob Bakterien fossilisiert werden können, haben schon Generationen von Geognosten beschäftigt. Allein, es fehlen die entsprechenden rezent-Beobachtungen und Laborversuche. Und die Tatsache, dass sich an der Diskussion die Heerscharen von Mikrobiologen praktisch nicht beteiligen, kommt fast einer Widerlegung gleich. Die meisten Geologen wollen offenbar gar nicht wahrhaben, wie intensiv alle möglichen Forschungsgebiete ausserhalb ihres eigenen Blickfeldes beackert werden, und wo der Stand der Forschung ist. Wohlgemerkt, ich bestreite nicht, dass Bakterien anorganische Substanzen - z.B. Magnetit - in ihrer Zelle ablagern können. Die geben aber keineswegs die Morphologie der Bakterienzelle wieder, und wären folglich fossil auch nicht als solche wiederzuerkennen. Die Morphologie können sie deshalb nicht wieder geben, weil dafür das gesamte Zellinnere von den Abscheidungen ausgefüllt werden müsste. Dann wäre aber kein Platz mehr für das Zytoplasma vorhanden, welches doch gerade die Abscheidung bewerkstelligen soll. Es wäre ein selbstlimitierender Prozess, der viel zu früh von alleine zu seinem Ende käme.

@ Michael: Könntest du bitte Fotos von den Stromatolith-Schliffen mit den Cyanobakterien zeigen?
ZitatMikrofossilien in Stromatolithen sind häufig Ostracoden und kuglige Kohlenstoffstrukturen die meist als Bakterien oder Mikroalgenüberreste interpretiert werden.
Ja, genau hier liegt der Hase im Pfeffer! Eine Bakterien wird nicht dadurch zu einer Bakterie, dass sie kugelig ist, und aus Kohlenstoff besteht. Eine kugelige Struktur aus Kohlenstoff ist bis zum Beweis des Gegenteiles nichts anderes, als feiner organischer Detritus. Man sollte sich einmal über die Herkunft der Bezeichnung Bakterien Gedanken machen. Das kommt bekanntlich von "Stäbchen", wie man sie auch am häufigsten (und eindeutigsten erkennbar) beim Tümpeln findet.
Die Geognosten finden aber bezeichnenderweise (von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen) immer nur "Kugelbakterien", sozusagen "Staphylokokken", und nichts anderes. Keine Stäbchen - erst recht nicht entlang ihrer Längsachse aufgereiht - oder gar in Fischzug-artigen Verbänden. Auch keine Schraubenbakterien, wie die sicher allen Tümplern bekannten "Sumpfspirillen". Keine Fadenbakterien, wie man sie leicht im Zahnbelag finden kann. Ja noch nicht einmal Kugelbakterien, die in Sarcinen-artigen Paketen zusammen gelagert wären. Oder wenigstens "Streptokokken". Eben nur unspezifische winzige Kügelchen, die dann ganz einfach entsprechend interpretiert werden.

ZitatOftmals können hier nur spezielle Analyseverfahren wie die Mikroramanspektroskopie einen organischen Ursprung nachweisen.
Das beweist gar nichts, ausser einem nicht-zielgerichteten Einsatz aufwendiger Technik. Schließlich bestreitet niemand den organischen Ursprung von organischem Detritus.

Zitatbis zu mehr als 3 Milliarden Jahre alte Spuren des Lebens auf der Erde.
Dem schließe ich mich gerne an, weil mir Abbildungen von Ketten-artig aneinader hängenden Gebilden (Kugel, Rotationsellpsoide oder vieleicht sogar Zylinder) in Erinnerung sind, bei denen man es aufgrund den oben genannten morphologischen Kennzeichen in der Tat für wahrscheinlich halte, dass es sich um Mikroben gehandelt haben könnte.

So jetzt reichts erst mal, man könnte zwar noch mehr Einwände ins Feld führen, aber vieleicht mach ich irgendwann doch noch mal eine Publikation daraus.

Allen, die bis hier mitgelesen haben, Vielen Dank für das Interesse und einen schönen Abend!
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Michael L.

Hallo Dünnschliffbohrer,

ein Fossil ist, außer es handelt sich um eine subrezente Mumie, kein erhaltener Organismenrest an sich. Ich vermute da liegt Ihrer Interpretaion ein elementares Missverständnis  zugrunde.

Beste Grüße,

Michael L.

TPL

Zitatein Fossil ist, außer es handelt sich um eine subrezente Mumie, kein erhaltener Organismenrest an sich.

Hallo Michael,

jetzt überraschst Du mich aber: was ist denn dann ein Fossil, wenn nicht ein erhaltener Organismenrest? Und was bedeutet in diesem Zusammenhang "an sich"?

Meinst Du die Randgebiete, wie Spurenfossilien oder Koprolithen? Oder die geochemischen Fossilien (Biomarker)? Klär mich bitte auf, denn Deine Formulierung ist mir – trotz Hauptfach Paläontologie – ein Rätsel.

Beste Grüße, Thomas

Ulrich S

Moin,
nun seid mal nicht päpstlicher als der Papst,
Steinkernerhaltung z.B. ist kein erhaltener Organismenrest an sich, aber halt ein Fossil.
aber wen sage ich das, sind ja alles gebildete Menschen hier

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt