blitzschnelle tierchen fotografieren + 7.aktualisierung

Begonnen von güntherdorn, Mai 21, 2018, 21:56:14 NACHMITTAGS

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güntherdorn

#15
hallo thilo (...von der würzburger kornrade),
du hast offensichtlich oft mit diesem thema "zu kämpfen".
deine fachlich sehr interessanten punkte möchte ich kurz kommentieren:

zu fehler 1+2: quetschen = nein, bremsen = ja, doch der übergang ist garnicht so leicht am tier und die
             wassertiefe zu bestimmen. detritus und ggf. kleinste steinchen verhindern das oft.
zu fehler 3: in bruchteilen einer sekunde "jagen" und fokussieren? siehe hierzu oben: "1/2 sekunde im bildfeld".
zu fehler 4: okulare+bildebene... die meisten verwenden doch sicher firmengleiche okulare.
zu fehler 5: cilien sind so schnell, dass 1/500 oder sogar 1/2000 nicht reichen, um sie "einzufrieren". ich denke,
             dass blitzen unbedingt (mit 1/10 000-1/50 000 sek.) besser ist. bei super-heller LED dann graufliter
             an den okularen?
zu fehler 6+7: seht interessant und praktikabel.
zu fehler 8: siehe punkt 5.
zu fehler 9: vibration wird unterschätzt. ich musste meine panasonic lumix gh2 ausmustern, da ich in langen
            versuchsreihen ein gewaltiges verwackeln entdeckte. sie hat auch keine spiegel-vorauslösung.
            (ich konnte es einfach, bei 1/500 mit der toupcam-okularkamera, nicht glauben)
danke für deine ausfühlichen tips!

hallo robin,
das vierer-verhältnis von
a) verschluss-öffnung (=belichtungszeit, z.b 1/180 sek.),
b) dem betrachtungs-licht ("pilotlicht"),
c) der blitz-zeit (1/10 000-1/50 000 sek.) inkl. deren enormen lichtmenge,
d) natürlich spielt die empfindlichkeit (ASA) auch eine grosse rolle.

die betrachtungs-helligkeit (sozusagen pilotlicht) im vergleich zur blitz-lichtmenge spielt kaum keine rolle.
ich arbeite beruflich mit blitzanlagen z.t. mit 1/180 kamera-bel.-zeit beim blitzen.
die meisten modernen digi-cam´s haben blitz-synchronisations-zeiten von 1/160-1/250 sek..

günther / güntherdorn
- gerne per du -
günther dorn
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Michael

#16
Hallo Günther,

jetzt muss ich auch noch meinen Senf dazugeben, da ich auch ein Freund der möglichst "natürlichen" Beobachtung bin.
Die natürlichen Bewegungsmuster von Ciliaten oder anderen Organismen ist nicht das ruhelose, schnelle hin- und herhuschen, das man von den meisten temporären Präparaten gewohnt ist. Kein Organismus könnte sich auf die Dauer eine solche Energieverschwendung leisten. Vielmehr ist die schnelle Bewegung eine Folge der Panik, in der die Tiere durch die Präparation und die sich rapide verschlechternden Lebensbedingungen im offenen Präparat sind.
Wenn man nicht darauf aus ist, die beste Auflösung und die kleinsten Einzelheiten zu sehen (oder zu fotografieren), sollte man die Organismen möglichst in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Dazu ist es nötig, das Präparat gegen Wasserverlust abzuschließen und erst einige Zeit nach der Erstellung (vielleicht ein Stunde) zu beobachten. Dann ist die Anfangspanik abgeklungen und man wird feststellen, dass viele Ciliaten einfach träge auf der Stelle verharren bzw. nur ab und an blitzschnell den Platz wechseln. Legt man das Präparat ins Dunkle, werden recht schnell alle Ciliaten, die mit symbiontischen Algen besetzt sind (z. B. P. bursaria od. Coleps sp.) aus Energiemangel in einen Ruhemodus schalten und man kann mit einem Rotfilter die Organismen in Ruhe beobachten. Für das Foto einfach den Rotfilter kurz entfernen.
Ein solches, gegen Wasserverlust abgeschlossenes Präparat ist sehr leicht zu erstellen:
Man verteilt etwas Vaseline auf seinem Handballen und streicht vor dem Auflegen mit allen vier Deckglasrändern über den Handballen. Dadurch entsteht ein dünner, umlaufender Vaselinerand, der das Austrocknen des Präparates verhindert. Die Schichtdicke kann durch leichtes Andrücken des Deckglases angepasst werden (das überschüssige Wasser tritt einfach aus und kann abgesaugt werden). Durch die Vaseline haftet das Deckglas gut und es gibt auch keine Probleme mit dem Immersionsöl. Das Präparat trocknet tage- / wochenlang nicht aus.
Insgesamt finde ich diese Präparationsmethode für eine "einfache" Tümplerprobe am befriedigendsten.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

MikroMicha

#17
Hallo liebe Foristen,

ich habe mir zum Thema Demobilisierung/Verlangsamung von Ciliaten auch mal Gedanken gemacht: Einfach Melkfett oder Vaseline hauchdünn auf den Objektträger aufbringen, mit einer Präpariernadel oder Zahnstocher eine Art Labyrinthmuster in die Masse "zeichnen". Dann Probe auf die Vaseline- /Melkfettstelle tropfen und Deckgläschen auflegen und vorsichtig andrücken, überschüssiges Wasser am Rand absaugen. Der effekt ist, dass sich die Tierchen in den Labyrinthgängen der fettigen Masse verirren und teilweise auch stark verlangsamt werden. Bei mir hat das bei Paramecien funktioniert, es war sogar die Benutzung von Ölimmersionen möglich, da man die Probe ja aufgrund des Vaselinekissens auf eine optimale Schichtdicke quetschen kann. Die meisten Oranismen überleben diese Prozedur gut. Einzig der schlierige Hintergrund könnte die Ästhetik ein wenig stören. Aber man kann nicht alles haben,  meistens jedenfalls.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

Michael

Hallo Thilo,

die Präparate selbst halten problemlos einige Monate - wobei sich dann das Artenspektrum natürlich gehörig verschiebt. Aber selbst empfindliche Ciliaten bleiben einige Stunden intakt und können in Ruhe beobachtet werden. Je größer das Wasservolumen ist, desto länger die Lebensdauer von empfindlichen Organismen. Deshalb verwende ich möglichst große Deckgläser (und für extra lange Lebensdauer Hohlschliff-Objektträger). Außerdem sollte der natürliche Lebensraum möglichst abgebildet werden (als z.B. Algen oder Detritus mit ins Präparat eingebracht werden).
Welche Organismen in so einem Präparat wie lange leben ist schwer vorauszusagen - aber einige Stunden Beobachtungszeit hat man allemal und man erlebt die nächsten Tage immer wieder interessante Überraschungen. Zusätzlich ist es so möglich, nicht nur Momentaufnahmen von Organismen zu betrachten sondern auch Langzeitstudien (z. B. von Eiern) zu beobachten.
In wieweit ein Gasaustausch durch die Vaseline möglich ist, weiß ich nicht, jedenfalls scheint die Vaseline auch einigen Organismen zu schmecken. Gegenüber Präparaten in feuchten Kammern hat man den Vorteil, dass

  • die Schichtdicke konstant bleib
  • kein Immersionsöl unter das DG dringt, man also auch am Rand des Deckglases beobachten kann
  • eine Aufbewahrung in normalen Präparateboxen möglich ist
  • man sich wochenlang nicht um das Präparat kümmern muss
  • die Schichtdicke durch Andrücken leicht optimiert werden kann
  • auch während der Beobachtung (außerhalb der feuchten Kammer) keine Austrocknung zu befürchten ist
  • durch das Haften des Deckglases eine Beobachtung mit Immersion auch bei größeren Schichtdicken möglich ist (z.B. Aufwuchs)
  • auch größere Schichtdicken für "dickere" Organismen (z.B. Borstenwürmer) problemlos sind

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

güntherdorn

#19
hallo klein-tier-jäger-gemeinde,

ich stelle fest, dass sich hier 2 "lager" herausgebildet haben:
a) die mikroskop- und kamera-technischen lösungsversuche und
b) die klassischen verlangsamungs-versuche (betäubung, zähigkeit usw...).

ich meinte ursprünglich vorwiegend b), denn dies ermöglicht es dann allen,
bei deutlich schläfrigen tieren, gute und scharfe fotos zu machen.
... und sollte für teilehmer meiner schüler-MGB (höchstens für handy-fotos) auch finanzierbar sein.

ciao,
günther
- gerne per du -
günther dorn
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sternstaub

Hat mal jemand Nicotin versucht (Tabakauszug in wasser z.B.) ? Das ist auf jeden Fall mal ein lähmendes Nervengift.

limno

Hallo Thilo,
meine Versuche, die Bewegung bdelloider Rotatorien mit Magnesiumsalzen zu verlangsamen, schlugen eindeutig fehl! >:(
Die im Streble/Krauter S.77, 10. Auflage angedachte Erklärung der Lähmung von Parameciumcilien mit kompetitiver Hemmung durch Magnesiumionen halte ich für Spekulation. Vielmehr vermute ich Stickstoffverbindungen im Dünger als mögliche Ursache. Der Urin von Kurt Wirz soll nach eigenem Bekunden oft gute Diente zu diesem Zweck geleistet haben. Das alles habe ich irgendwo schon mal geschrieben und wollte  es nur wieder ins Gedächtnis rufen.
Viele Mikrogrüße
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Eckhard F. H.

Zitatwenn ein 15µ-tier 180µ in der sekunde zurücklegt, was tun?
Hallo Günther,
sorry, falls ich in der Diskussion etwas nicht oder überlesen habe. Was spricht gegen Naturharz, evtl. mit Spiritus gedünnt? Mücken, Fliegen und anderes Kleingetier hat es einst doch auch ruhig gestellt. Ich experimentiere gern damit, zumal en passant bei Waldgängen verfügbar.
Gruß - EFH

güntherdorn

#23
zu heinrichs idee:
bitte link hinzufügen, "wenn zur hand"!
hier ist er: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20823.msg156175#msg156175

zu eckhards idee:
menschen überleben gewöhnlich ALOHOL,
mikro-tierchen sicher nicht, auch nicht mit harz-zusatz.

zur sternstaub-nikotin-methode:
erweiterung vom 1.11.2021: hab ich eben in einem buch über nematoden, mit rauch-aufblasen von 1932, gelesen.
hier nun nicht mehr von der seite zugeführt sondern gleich mit 20% volumen
nikotin-flüssigkeit (taback in wasser+gesiebt) zugesetzt:
RT  kugeln sich erstmal ein. dann ein wechsel zum strecken und wieder zurück.
       je nach konzentration leben sie aber weiter. nur einige wenige fahren das
       strudelorgan aus.
A  bewegen sich langsamer, aber ungestört weiter. fressen auch weiter.
kl.FL  schwimmen und flitzen munter weiter,
N  erstarren langsam geradlinig
PT  viele drehen sich im kreis irre umher, gelegentlich autolyse.
ST  partikel-bewegung in strahlen verlangsamt
(abkürzungen siehe 1.beitrag oben)
resümee:
eigentlich müsste man eine arten-liste und deren empfindlichkeit gegenüber
(hier nur nikotin!) verlangsamungs-mitteln erstellen, da sehr grosse unterschiede
je nach mittel / konzentration und tierart bestehen! .... ein lebenswerk.

güntherdorn
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günther dorn
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cle

Hallo,

menschen überleben gewöhnlich ALOHOL,
mikro-tierchen sicher nicht, auch nicht mit harz-zusatz.


wie erreicht man im Menschen mehr als 10 % ALOHOL

Mfg
Claus



Klaus Schloter

Hallo Claus
In solchen Fällen lohnt ein Versuch über die ebay Hotline.Dauert zwar ewig,habe aber gute Erfahrung gemacht.
Klaus

liftboy

Hallo erstmal,

zuerst die Tierchen:
Manchmal finde ich eine aufbewahrungswürdige Probe. dann kommt zu dem Wassertropfen ein Tropfen Hoyers Gemisch un Deckel drauf. Nun hab ich feststellen können, dass manche Algenfäden stark schrumpfen, während ander völlig intakt bleiben. Ebenso mit den Ein- und Mehrzellern. Am längsten halten Strudelwürmer, Nematoden und Milben; Glockentierchen kugeln sich ein, zeigen aber noch eine Weile Lebensvorgänge.

dann der ALOHOL:
da gibt es einen, der schnipprlt tote Menschen komplett in Scheiben; der sollte das hinkriegen :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

cle

Hallo Wolfgang,

dann der ALOHOL:
da gibt es einen, der schnipprlt tote Menschen komplett in Scheiben; der sollte das hinkriegen :-)


Die Leute in visible human project bei University of Michigan wurden mittels Giftspritze  (als Deutschland noch die Gifte  lieferte) umgebracht, tiefgefroren und abgefräst, soweit ich weiss in Millimeterschichten.
Und dann fotografiert.

Lebenden Menschen wird Ethanol in einer Konzentration von 0.7 g pro Kilogramm Körpergewicht zB bei Methanolvergiftung verabreicht, dies hemmt die Alkoholdehydrogenase. Damit wird Methanol unverstoffwechselt ausgeschieden , als Methanol ist es im Gegensatz zu Formaldehyd nicht toxisch.

Die antibiotisch wirksame Dosis von ca 70 % lässt sich beim lebendem Menschen nicht herstellen

MfG

Claus

limno

Hallo Günther,
bitte sehr! :) hier der gewünschte Link zu # 25.
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

güntherdorn

#29
aktualisierung bezüglich auflösen einer grossen messerspitze vom methylhydroxypropylcellulose in ca. 10mL leitungswasser.
1. gleich nach mischen
2. nach 1-2 tagen (mit gelegentl. glasstab-mischen)
3. hier ohne foto: nach spätestens 1 woche glasklar wie in der flasche mit glasstab (foto ganz oben) sichtbar.
- gerne per du -
günther dorn
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