Mykologie: Alles Leber in der Pastete - T. indicum und T. pseudohimalayense

Begonnen von Fahrenheit, September 30, 2023, 08:24:25 VORMITTAG

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Fahrenheit

Liebe Pilzfreunde,

nein, hier geht es nicht um zoologische Untersuchungen: nach dem Weisslichen Trüffel im Glas wird es nun etwas schwieriger. Als nächstes habe ich mir eine getrüffelte Leberpastete vorgenommen, die meine Frau bei einem großen deutschen Discounter erstanden hat. Das Vorhaben schien einfach: auf dem Etikett der Packung war der China Trüffel (Tuber indicum) konkret mit 4% als Inhalt angegeben.
Sehr löblich, dachte ich und entnahm drei kleine schwarze Bröckchen für die weitere Untersuchung.

Nun müssen die Trüffelstücke ja zunächst einmal von der anhängenden Pastetenmasse befreit werden. Das habe ich mit warmen Wasser und Spüli in einem kleinen Sieb gemacht und die Stückchen dann noch einmal in Isopropanol gespült. Anschließend habe ich sie in Aqua dest. überführt und das übliche Quetschpräparat erstellt.
Das kann man mit einer kleinen Probe direkt unter dem Deckglas tun, oder die Probe mit etwas Wasser zwischen zwei Objektträgern quetschen, grobe Stücke der Peridie entfernen und erst dann ein Deckglas auf die interessanten Stellen legen.

Schon beim Zerpflücken ist mir allerdings aufgefallen, dass eines der drei Stücke im Aussehen doch deutlich von den anderen beiden abweicht. Hier ist die Glebra dunkelbraun und von etwas helleren, rötlichbraunen Venen. Bei den beiden anderen zeigte sich die Glebra hellgrau, Venen waren nicht zu erkennen. Blöd geschnitten oder zwei unterschiedliche Arten? Nun der Titel des Fadens beantwortet diese Frage vorab, also schauen wir mal gemeinsam nach.

Bild 1: Die Probestückchen


Zunächst habe ich etwas von der grauen Glebra verarbeitet und die folgenden Sporen gefunden:

Bilder 2a-e: Sporen des Chinesischen Trüffels (T. indicum)






Es fällt auf, dass hier nur sehr wenige reife und somit auswertbare Sporen vorhanden sind - und immer nur 1 bis 2 pro Ascus. Aber der allgemeine Habitus mit den großen, nur selten verwachsenen und am Ende oft umgebogenen Stacheln auf einem elliptischen Sporenkörper legt nahe, dass es sich um den auf dem Etikett angegebenen Chinesischen Trüffel handelt.
Aber natürlich habe ich auch nachgemessen:

Bilder 3a-e: Messbilder der Sporen des Chinesischen Trüffels (T. indicum)






Hier das Ergebnis der Auswertung der Aufnahmen (Mittelwerte, in Klammern die Angaben aus [1])
  - 1 oder 2 Sporen pro Ascus    ( (1)2 - 4(5) )
  - Länge               34,9 µm  (25 - 32 µm)
  - Breite              25,0 µm  (17 - 21 µm)
  - Stacheln             5,6 µm  ( 3 - 5(6) µm)
  - Seitenverhältnis Q   1,4     (1,3 - 1,6)

Die Sporen sind größer als in der Literatur. Da im Probestück aber nur maximal zwei Sporen pro Ascus vorhanden waren und die Sporengrösse stark mit der Anzahl der Sporen pro Ascus variiert, denke ich, dass das passt, zumal die Länge der Stacheln und Q im jeweiligen Bereich für T. indicum liegt. Die Probe stammt zudem wahrscheinlich von einem noch nicht ganz reifen Exemplar.
Auch muss dazu gesagt werden, dass ich nur wenige Messwerte vorliegen hatte.

Somit hätten wir hier den auf dem Etikett des Produktes angegebenen Chinesischen Trüffel identifiziert. Aber was ist mit dem anderen Stück?

Im Präparat aus dem abweichenden Probestück ergibt sich das folgende Bild:

Bilder 4a-e: Sporen des Falschen Himalaya-Trüffels (T. pseudohimalayense)






Was ein Unterschied! Viel mehr Sporen, in der Regel 5 bis 7 Sporen pro Ascus und ein gänzlich anderes Aussehen. Auch hier haben wir einen elliptischen Sporenkörper, der kürzere, unten verwachsene Stacheln trägt, sodass auf der Sporenoberfläche ein netz- oder wabenartiges Muster entsteht, das fast ein wenig an T. borchii erinnert. Sie Spitzen der Stachelk sind gerade und die Stacheln selbst (die Ornamente) deutlich filigraner als beim Chinesischen Trüffel.
Es ist schnell klar: hier liegt eine andere Art vor. Aber natürlich muss auch diese Probe vermessen werden:

Bilder 5a-k: Messbidler der Sporen des Falschen Himalaya-Trüffels (T. pseudohimalayense)












Und auch hier wieder das Ergebnis der Auswertung der Aufnahmen (Mittelwerte, in Klammern die Angaben aus [1])
  - 5 - 7 Sporen pro Ascus       (1 - 8, meist 4 - 6)
  - Länge               24,7 µm  ((23)24 - 28(35) µm)
  - Breite              17,3 µm  (16 - 19(22) µm)
  - Stacheln             3,3 µm  ( bis 7 µm)
  - Seitenverhältnis Q   1,4     (Nicht bekannt, aus [3] Mittelwert über alle Messungen 1,4 +- 0,12)

Diesmal beruhen die Mittelwerte auf über 41 Messungen, sind also deutlich zuverlässiger. Außerdem habe ich darauf geachtet, nur Sporen zu vermessen, die möglichst waagerecht in der Bildebene liegen (also eine schöne Ellipse und kein Ei bilden). auch hier passen die Messwerte zu den Beschreibungen der Art, wobei es für die Länge der Stacheln keine Angabe zur Untergrenze gibt und ich für das Seitenverhältnis Q auf einen Aufsatz von J. Chen, P. Liu aus dem Jahr 2011 zurückgreifen musste.

Wir haben hier also ganz eindeutig mindestens zwei unterschiedliche Arten Trüffel im Produkt, von denen nur eine angegeben ist. Dabei ist Tuber indicum schon mit der preiswerteste (?) Trüffel, den der Markt her gibt. Nur, dass Tuber pseudohimalayense noch billiger ist (und kaum Geschmack hat ...). Willkommen in der Welt der Marktwirtschaft oder es gibt nichts, das man nicht noch etwas schlechter und billiger machen könnte. Dabei ist T. pseudohimalayense zumindest in der Schweiz nicht mal in der Liste der zugelassenen Speisepilze erwähnt.
Ich glaube auch nicht, dass da zufällig ein Trüffeln einer anderen Art hinein geraten sind, da die unterschiedlichen Stücke gänzlich anders geschnitten sind.
Ob ggf. noch eine weitere Art in der Pastete verarbeitet wurde, kann ich nicht sagen, dazu hätte ich das Stück komplett zerpflücken müssen ...

(Der folgende Absatz wurde anhand der derzeit gültigen rechtlichen Situation in Deutschland überarbeitet)
Aber wer ist hier nun der Betrogene, wer der Betrüger? Oder gibt es im rechtlichen Sinne überhaupt einen Betrüger? Der Endverbraucher erwartet hier vielleicht bewusst den Chinesischen Trüffel T. indicum, der ja auch seine Liebhaber haben soll. Das ist aber, wie wir gesehen haben, nicht ausschließlich das, was er bekommt.
Aber wir leben ja in Deutschland und da ist alles geregelt. Das gilt natürlich auch für Speisepilze. Meine Frau hat nach dem Frühstück ihrer detektivischen Ader nachgegeben und folgendes im Netz gefunden:

Der Trüffelverband e.V. zu seiner Lobbyarbeit

Der Verband hat eine Änderung der Lebensmittelverordnung zu Pilzen erreicht. Letztendlich zum Besseren hin, da nun auch in Deutschland nicht mehr einfach "Trüffeln" als Inhaltsangabe verwendet werden darf. Der Schwerpunkt liegt hier sicherlich auf der sauberen Unterscheidung der geschmacklich wertvolleren, teureren Arten zu den billigeren, weniger wertvollen Arten:

ZitatAuf Initiative des Deutschen Trüffelverbandes sind nun für den Handel mit frischen Trüffeln in den Leitsätzen der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission folgende Änderungen in Kraft getreten:

    Die asiatischen Trüffel dürfen nur noch unter  den Bezeichnungen Chinesische Trüffel und China-Trüffel und nicht mehr als ,,Schwarze Trüffel" gehandelt werden.
    Die Bezeichnung ,,Schwarze Trüffel" ist eine weitere offizielle Bezeichnung für die Perigord-Trüffel (Tuber melanosporum).
    Für die in Deutschland inzwischen regelmäßig angebaute Burgundertrüffel ist nur noch deren korrekter wissenschaftlicher Name Tuber aestivum zulässig. Der früher für diese Trüffelart parallel verwendete lateinische Name Tuber uncinatum entfällt.

Was findet sich aber nun in dem auf der obigen Seite verlinkten Dokument?

Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse vom 02.07.20220

Da heisst es unter 2.1.12 Trüffelpilze:

ZitatAls Trüffelpilze werden die in der Anlage 1 unter Trüffel aufgeführten Speisepilze
mit der Gruppenbezeichnung T verwendet. Übliche Bezeichnungen des
Lebensmittels sind die in der Anlage 1 in Spalte 1 aufgeführte Bezeichnung der
Art. Die ausschließliche Angabe ,,Trüffel" als Bezeichnung des Lebensmittels ist
nicht ausreichend. Trüffel werden nicht gebleicht oder gefärbt.

Hört sich gut an? Na, schauen wir mal in die genannte Tabelle im Anhang 1:



Hm, ich darf also auf meinem Etikett "Chinesische Trüffel" schreiben und dann völlig legal die folgenden Arten ins Produkt packen:
- Tuber indicum C. & M.
- T. himalayense Zhang &Minter,
- T. sinense Tao & Liu und
- T. pseudohimalayense Moreno, Manjón, Díez & García-Mont.

Vier völlig unterschiedliche Arten mit sicherlich deutlich unterschiedlichem Geschmack. Na besser als früher, aber ehrlich: ich fühle mich da verarscht.
Man merkt dem Papier deutlich an, dass es darum geht, die teuren Produkte zu schützen - was gut ist. Die "billigen" landen dann aber in einem Sammelbecken.
Wäre es zu viel erwartet, dass hier der Hersteller verpflichtet werden sollte, die verwendeten Arten einzeln mit dem jeweiligen korrekten wissenschaftlichen Namen zu benennen?

Ob die Bezeichnung auf meinem Produkt "chinesische Trüffeln (Tuber indicum) 4%" vor diesem Hintegrund korrekt ist, mag vielleicht ein Anwalt für Lebensmittelrecht bewerten können ...


Was nun noch fehlt, sind ein paar Informationen zu den hier genannten Trüffeln.


Der Chinesische Trüffel (Tuber indicum)

Der Chinesiche Trüffel ist ein essbarer Pilz aus der Familie der Tuberaceae in der Ordnung Pezizales. Er ist im indischen Himalayagebiet, Tibet und in den chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan heimisch, wurde aber auch in den USA und Italien gefunden. Die Art wurde 1892erstmals im Himalaya von Cooke und Massee beschrieben.
Tuber indicum bildet Mykorrhiza-Beziehungen mit verschiedenen Bäumen. Man findet ihn oft an Kiefern, Eichen oder Kastanien (z.B. Pinus armandii, Quercus pubescens oder Castanea mollissima).

Bild 6: Der Chinesische Trüffel (Tuber indicum)

Aus dem Herbarium der Duke Universität, gemeinfrei

Der Fruchtkörper ist dunkelbraun und von unregelmäßiger bis rundlicher Form. Die Oberfläche des Peridiums trägt eckige Warzen, die 6 oder mehr ecken aufweisen können (hexagonal oder polygonal).
Die runden Asci in der dunkelbraunen, von nur wenigen gräulichen Venen durchzogenen Glebra enthalten 1 bis 5, in der Regel 2 bis 4 Sporen. Wie bei allen Trüffeln variiert die Größe der Sporen mit der Anzahl der Sporen pro Ascus.
Die elliptischen Sporen haben eine Größe von 25-32 * 17-21 µm und sind von großen, an den Enden oft umgebogenen Stacheln besetzt, die auf der Sporenoberfläche nur selten verwachsen sind.

Der reife Fruchtkörper hat einen intensiven, etwas penetranten Geruch, der an Kakao, Gummi und Stall erinnert. Sein Geschmack ist kräftig, kakaoartig, ölig, angenehm (aus [1], S. 30).

Der Chinesische Trüffel wird in China in großen Mengen geerntet und tonnenweise nach Europa verkauft, sein Marktpreis liegt dabei deutlich unter dem der "edleren" Trüffel. Man findet ihn daher häufig in preiswerten getrüffelten Produkten, deren Geschmack dann oft durch Aromen (meist synthetischer Natur) verstärkt wird.
Zudem sieht er für den Laien dem deutlich teurer gehandelten Perigord-Trüffel (Tuber melanosporum) sehr ähnlich, was dem Betrug Tür und Tor öffnet.

Tuber indicum muss als invasive Art betrachtet werden, die auch an Bäumen wächst, die mit dem wirtschaftlich und gastronomisch wertvollen T. melanosporum geimpft sind.


Der Falsche Himalaya-Trüffel (Tuber pseudohimalayense)

Wie alle Trüffel entstammt T. pseudohimalayense der Familie der Tuberaceae in der Ordnung Pezizales. Er wird in den chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan in 2000 bis 3000 Meter Höhe auf kalkhaltigen Böden gefunden. Die Erstbeschreibung erfolgte 1997 durch G. Moreno, Manjón, J. Díez & García-Montero.

Der reife Fruchtkörper ist schwarz, mit pyramidalen, abgeflachten Warzen. Die Glebra grauschwarz mit weissen Venen. Die Asci tragen 1 bis 8, meist 4 bis 6 Sporen. Die ellipsoiden Sporen haben eine Größe von 18-35 * 16-30 µm (auch hier Varianz nach Anzahl Sporen im Ascus). Die Ornametierung ist igelig-netzig: die bis 7µm langen Stacheln sind auf der Sporenoberfläche zu einem regelmäßigen Netz verwachsen und an der Spitze gestreckt.

Geruch und Geschmack werden im Vergleich zu anderen Trüffeln als ereignislos beschrieben.

Auch der Falsche Himalaya-Trüffel ähnelt den teureren schwarzen Trüffeln sehr, wird aber zu noch geringeren Preisen gehandelt, als T. indicum. Wozu das führt, haben wir hier gesehen.

Verwendete Literatur:

[1] Trüffeln,
    R. & T. Flammert, P.Reil, S. 30ff & 41

[2] Tuber pseudohimalayense sp. nov. an asiatic species commercialized in Spain, similar to the "perigord" truffel,
    Mycotaxon, 06.1997;
    G. Moreno, J.L.Manjon, J. Diez,   L.G. Garcia-Montero

[3] Delimitation of Tuber pseudohimalayense
    and T. pseudoexcavatum based on morphological
    and molecular data
    Cryptogamie, Mycologie, 2011
    J. Chen, P. Liu

[4] Truffles in Processed Foods – Truly Valuable or Just Empty Praise?
    Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit, Baden-Württemberg, 2005
    Dr. Pat Schreiter

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik ist wie immer willkommen. Falls ich mit der Bestimmung falsch liege, bitte ich ausdrücklich um Korrektur.

Herzliche Grüße
Jörg
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beamish

#1
Super Beitrag Jörg!

Was mich beunruhigt, ist daß  T. indicum invasiv ist und die gleiche Ökologie wie T. melanosporum beansprucht. Oft wird in solchen Situationen die heimische Art verdrängt.

Grüsse
Martin
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beide mit Canon EOS 500D

Reinhard

Hallo Jörg,

ein sehr interessanter, kriminalistischer, wenn auch weniger farbenfroher Beitrag von Dir, als gewohnt.
Wer hätte gedacht, dass die Chinesen bereit sind, auch diese geschmacksarmen "Kostbarkeiten" mit uns zu teilen.

Schönes Wochenende
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Fahrenheit

Lieber Martin, lieber Reinhard,

vielen Dank für Euer Lob, das mich wie immer sehr freut! Nicht so bunt passt, aber die Suche macht Spaß - bis zu dem Punkt, an dem man sich aufgrund der Bezeichnungen auf dem Etikett ins deutsche Lebensmittelrecht verläuft. Da wird es trotz einiger deutlicher Verbesserungen aus 2020 schnell etwas ärgerlich.

Ich habe die Bewertung im Eingansposting umgeschrieben, nachdem meine Frau im Netz einige Informationen vom Trüffelverband e.V. und zum aktuellen Lebensmittelrecht gefunden hat. Die Quellen sind verlinkt, ich denke, nochmaliges Lesen lohnt.

Herzliche Grüße
Jörg
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Peter Reil

Hallo Jörg,

ein ganz toll recherchierter Beitrag - mein Kompliment! Und das Ganze dann noch mit aussagekräftigen Bildern garniert.

Für einen "Botanikschnippler" muss das ja ungewohnt sein, dieses lange Objektiv mit dem "Ölgepantsche" ständig einzusetzen.  ;D

Ich untersuchte vor 7 Jahren für einen Trüffelimporteur eine Lieferung "Chinesische Trüffel". Dieser bemerkte, genau wie du, das unterschiedliche Aussehen seiner Ware. Ich nahm damals 60 Stichproben von vier verschiedenen Chargen

                              "a"   "b"       "c"   "d"
indicum                  33%   33%        93%   87%
pseudohimalayense   47%   47%        7%   13%
unbestimmt            20%   20%        0%    0%
Es war stets eine Mischung von verschiedenen Arten. (Unbestimmt blieben unreife Fruchtkörperstücke.) Die Chinesen (und nicht nur diese) nehmen es eben nicht so genau...  ;)

Wenn man sich länger mit Trüffeln beschäftigt, beschäftigt man sich früher oder später unweigerlich auch mit Trüffelbetrug. Dieser ist allgegenwärtig und war bis vor einigen Jahren noch sehr viel häufiger aufgetreten. Damals war mindestens jede zweite Probe (bewusst oder unbewusst) falsch deklariert. Die Situation hat sich zwischenzeitlich deutlich verbessert.

Ich freue mich, dass du tiefer in die Welt der Pilze einsteigst.
Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Fahrenheit

#5
Lieber Peter,

auch Dir vielen Dank für Dein großes Lob!

Na, das 100er und das Öl schrecken mich nicht, ich habe beides auch bei den Feinheiten botanischer Präparate öfter im Einsatz. Für mich sind die Trüffeln ein schöner Einstieg in die Welt der Pilze: es gibt nicht allzuviele relevante Arten, die Sporen sind recht groß und die Ornamente ziemlich charakteristisch. Man muss nicht lange suchen, denn der Markt ist voll mit getrüffelten Produkten und die Untersuchung ist so spannend wie praxisnah. Und wenn man dann noch ein gutes Buch zur Hand hat ;). Schade, dass die "Trüffeln" vergriffen sind, sie hätten eine Neuauflage verdient.
Andererseits hat man damit die Tür ins riesige Reich der Pilze grad mal ein bisschen aufgestoßen. Mal sehen, was noch kommt. Ich werde mich dann wohl erst mal an bekannten Pilzen üben: wir sind ab Ende nächster Woche wieder in Dänemark und ich hoffe auf Maronen und Pfifferlinge. Auf Römö selbst finden wir an einer Stelle seit drei Jahren regelmäßig sogar einen Steinpilz, da hat sich wohl ein "einzelnes" Myzel etabliert.

Bei den Preisspannen und der makroskopisch schwierigen Unterscheidbarkeit insbesonderer der schwarzen Trüffeln muss man tatsächlich mit Betrug rechnen und nicht jeder hat sein Mikroskop dabei :). Im Artikel [3] wird daher der Vorschlag gemacht, das Aroma - also den Geruch - der Trüffeln zu analysieren, was mit einer entsprechend trainierten "künstlichen Nase" sicher auch eine schnelle Absicherung ermöglicht.

Ich glaube, Deine Untersuchung zeigt schon, wo das Problem bei den Asiatischen Trüffeln liegt: sie wachsen in ähnlichen Habitaten, kommen also "nebeneinander" vor und werden vermutlich von "Nebenversdienstsammlern" unsanft aus dem Boden gerissen. Die Quellen oben sprechen dabei von regelrechten Zerstörungen des Myzels und des Wurzelwerks der Wirtsbäume. Da wird sich dann auch keiner die Mühe machen, die Funde zu sortieren, zumal man das minderwertige Zeugs ja eh nur an die Langnasen verkaufen will :D
Der Anhang zu den Leitsätze für Speisepilze und Speisepilzerzeugnisse bietet den deutschen Verarbeitern und Händlern somit wahrscheinlich nur einen pragmatischen Ansatz zum Umgang mit dem Status Quo und verliert dabei ein wenig den Endkunden aus den Augen ...
Dabei ist natürlich auch die Frage, was der durchschnittliche Endkunde bei einem preiswerten Trüffelprodukt erwartet. Den meisten wird vermutlich klar sein, das da nicht pfundweise Alba-Trüffel verarbeitet werden und meiner Frau schmeckt die Pastete noch immer gut.

Auf jeden Fall ist es gut, dass man seit 2020 auch auf deutschen Produkten nicht mehr einfach nur "Trüffeln" schreiben darf.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Und da der Upload grade durch ist: zum Band "Trüffeln" gibt es jetzt auch eine kleine Rezension auf der Webseite des MKB:
Rezension Trüffeln - Leitfaden zur Analyse der im Handel vorkommenden Arten
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A. Büschlen

Lieber Jörg,

danke für deine gründliche Arbeit. Sie gefällt mir und du hast sie sehr schön dokumentiert.

Ich erlaube mir eine Frage in die Runde der mitlesenden Mykologen: Sporenmasse mit 2 Stellen nach dem Komma? Wird das wirklich bei der Bestimmung von Trüffeln oder gar bei anderen Pilzarten verlangt? Wie hoch liegen die Messfehler bei nicht freiliegenden Sporen?

Jörg, bitte verstehe mich recht, die angefügten Fragen sind niemals Kritik an deiner Arbeit!

Gruss Arnold

Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

beamish

Lieber Arnold,
Die zwei Nachkommastellen in den Bildern stammen wohl von der Meßsoftware. In der Auswertung hat Jörg nur eine Nachkommastelle angewendet.

Grüsse
Martin

Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
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beide mit Canon EOS 500D

jcs

Hallo Jörg,

sehr interessante und perfekt aufbereitete Dokumentation! Wie verbreiten sich die Sporen solcher unterirdisch wachsender Pilze eigentlich?

LG
Jürgen

Fahrenheit

#9
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob!

Die zwei Nachkommastellen täuschen hier eine Messgenauigkeit vor, die bei dem von mir verwendeten Mikroaufmaßprogramm sicher nicht vorhanden ist. Ich habe die Werte jedoch wie angegeben für die Mittelwertberechnung übernommen, um nicht durch eine Rundung noch einen  Fehler rein zu bekommen. Den Mittelwert habe ich dann gerundet. Bei den 7 Messwerten des T. indicum sicher problematisch, bei den 41 für T pseudohimalayense hoffentlich tragbar.
Am aussagekräftigsten dürfte Q sein, was dann auch ganz gut passt.

Es gibt natürlich Profisoftware, die das Ganze eleganter und genauer löst, aber kostet und am Anfang ist es immer noch das mehr oder weniger geübte Auge des Menschen, der die Messpunkte setzt.

Zur Verbreitung der Sporen: die Trüffeln werden von Tieren ausgegraben und gefressen, die Sporen verbreiten sich über den Kot.

Allen herzliche Grüße
Jörg

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liftboy

Hallo Jörg,

meine Güte! Da hab ich ja auf unserem Treffen was losgetreten :-) Mein Weib (und ich natürlich auch) bewundern die präzise Ausführung! Wir haben hier das gleiche Elend mit dem "italienischen" Olivenöl aus europäischen Oliven (das europäische Lebensmittelrecht gibts her; nicht die Herkunft, sondern der Verarbeitungsort ist entscheidend [s.a. deutsche Bananen]). Da wird noch nicht einmal die Olivensorte und der Anbauort angegeben. Schaun mer mal.

liebe Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Fahrenheit

Lieber Wolfgang,

ja, das war der Startschuss :) - ich hatte aber schon eine ganze Weile vor, mir einmal Trüffel aus diversen Lebensmitteln anzusehen, weswegen ich mir ja auch das "Trüffeln" - Buch besorgt hatte - leider zunächst in französischer Sprache und dann dank Peter auch in Deutsch.

Und das deutsche Lebensmittelrecht ... manchmal kann man wirklich das Gefühl bekommen, dass es dazu gemacht ist, den Gewinn der Hersteller und Händler vor den Ansprüchen der verbraucher zu schützen. Meiner unbedeutenden Meinung nach ein Paradebeispiel vom erfolgreicher Lobbyarbeit nicht immer zum Nutzen der Allgemeinheit.

Herzliche Grüße
Jörg
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liftboy

Lieber Jörg,

Du weißt doch: Wir leben im "Real existierenden Kapitalismus".
Dem bleibt nichts hinzuzufügen.
(oder doch: Wer Eddy Murphy in "Die Glücksritter" gesehen hat, weiß, dass einer nicht reich werden kann, ohne dass ein anderer arm wird).

viele Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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