Botanik: Gemeiner Flieder Syringa vulgaris *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Mai 25, 2018, 14:49:02 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

schon im 10. Jahrhundert wurde der Flieder von den Mauren in Spanien eingeführt.
Im 16. Jahrhundert kam er dann auch in Mitteleuropa und England an.
Weil er so schön aussieht und so gut duftet, wurde er häufig in Bauerngärten angebaut.
Für den Duft der Blüten sind ätherische Öle, besonders Farnesol, verantwortlich.
Wenn in Teerezepten von Fliederbusch, Fliedertee oder Fliederblütentee die Rede ist, ist jedoch der Schwarze Holunder gemeint.

Nicht alle Fliederarten duften.
Sein türkischer Name "Lilac" wurde im deutschsprachigen Raum zu "lila", denn für die hellviolette Farbe gab es vorher noch gar keine eigene Bezeichnung.
Als Blumensysmbol steht der Flieder für die romantische, unschuldige Liebe.

Bild 01 Fliederkrone, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris

Urheber: SüdWest

Syringa ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae). Sie umfasst etwa 20 bis 25 Arten. Sie sind hauptsächlich in Asien sowie in Südosteuropa verbreitet.
Es gibt Fundortangaben für folgende Länder und Regionen: Afghanistan, Indien, Japan, Kaschmir, Korea, Nepal, Pakistan, Sikkim (Indien), südwestliches Asien und Südosteuropa.
Allein in China wachsen 16 verschiedene Arten. In Südosteuropa kommen der Gemeine Flieder (Syringa vulgaris) und der Ungarische Flieder (Syringa josikaea) vor.
Der Gemeine Flieder (Syringa vulgaris) wird häufig als Zierstrauch gepflanzt.

Systematik:

Ordnung: Lippenblütlerartige Lamiales
Familie: Ölbaumgewächse Oleaceae
Wissenschaftlicher Name: Syringa vulgaris
Englischer Name: lilac

Die Vertreter dieser Gattung wachsen als sommergrüne Sträucher oder kleine Bäume und werden etwa 6 Meter hoch und 3 Meter breit.

Die gegenständigen, meist gestielten Laubblätter der meisten Flieder-Arten sind einfach, selten fiederteilig; fiederförmige Blätter haben zum Beispiel Syringa laciniata und Syringa pinnatifolia.

Bild 02 Blüte,  Flieder Syringa vulgaris

Foto: H.-J_Koch

Die gegenständigen Blätter vom Gemeinen Flieder sind zugespitzt, oval oder herzförmig, bis zu 10 cm lang.
In oft auffälligen, unterschiedlich aufgebauten Blütenständen sind viele Blüten zusammengefasst. Die Blütezeit der meisten Arten und Sorten erstreckt sich von Mai bis Juni.

Die zwittrigen, radiärsymmetrischen Blüten sind vierzählig. Die Blüten der Flieder-Arten und Sorten kommen in vielen Farben von dunkelviolett über violett-rot zu gelb oder weiß vor. 

Die vier Kelchblätter sind glockenförmig verwachsen. Auch die vier Kronblätter sind verwachsen. Es sind nur zwei Staubblätter vorhanden. Der Fruchtknoten ist oberständig. Der Griffel ist kürzer als die Staubblätter.
Die Pflanze vermehrt sich durch Samen oder Stecklinge.

Es werden wenigsamige Kapselfrüchte gebildet. Die Samen sind geflügelt.

Aus dem Gemeinen Flieder wurde 1841 das  Syringin C17H24O9 soliert.
Franz J. Bernays isolierte den Stoff aus Blättern und grünen Zweigen und nannte ihn Syringin.
Syringin bildet farblose, nadelförmige Kristalle, die bei 192 °C schmelzen.Chemisch gesehen handelt es sich um das Glycosid mit Sinapylalkohol als Aglycon und Glucose.
Syringin senkt die Glucosekonzentration im Blut von Ratten, in denen vorher eine Zuckerkrankheit durch Streptozocin ausgelöst wurde.

Teil 1 Spross, Querschnitt, 25 µm

Zunächst einmal drei  Bilder von ungefärbten Schnitten.

Bild 03 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 04 Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 05 Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 06 Autofluoreszenz ,  Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute und 30 Sekunden.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1
verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10 Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000.

Bild 07  Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 08 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris

SK = Sklerenchym – Inseln, XY = Xylem, MP = Markparenchym, STR  = Strahl, RP = Rindenparenchym, PH = Phloem

Bild 09 Vergrößerung mit Beschriftung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris

XY = Xylem, K = Kambium,  Ph = Phloem, SK = Sklerenchym, ST = Steinzellen (Sklereiden), RP = Rindenparenchym

Bild 10 Steinzellen, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 11 Übersicht, Dunkelfeld, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 12 Vergrößerung, Dunkelfeld, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 13 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme,Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 14 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 15 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 16 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

#1
Teil 2 junger Blattstiel 25 µm

Drei Bilder von ungefärbten Schnitten.

Bild 17 Übersicht, Negativfoto, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 18 Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 19 Autofluoreszenz ,  Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 20 Schnittstellen, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


W-3A-Färbung nach Wacker

Eine Reise durch den Blattstiel (Bild 21 - 25), vom Blattansatz ausgehend.

Bild 21 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 22 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 23 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 24 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 25 Übersicht, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 26  Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 27  Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Bild 28  Vergrößerung Vergrößerung, Gemeiner Flieder Syringa vulgaris


Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Dietnar Aichele, ,, Was blüht denn da", Buch-Nr.: 03553-5
Katharine Esau, ,,Pflanzenanatomie", 1969
Peter H. Raven, ,,Biologie der Pflanzen", ISBN: 978-3-11-018531-7
,,Botanica", ISBN: 3-8290-0868-6
Kosmos, ,, Was blüht denn da", ISBN: 978-3-440-11379-0


Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen
zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden
anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Doch zunächst einmal wünsche ich viel Freude beim Lesen.

Hans-Jürgen

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Gerne per "Du"

wejo

Hallo Hans-Jürgen,
mal ein anderer Blick auf den Flieder vor unserem Fenster! Sehr schöne detailreiche Bilder vom Flieder, wie immer Qualität!
Viele Grüße
Werner

Hans-Jürgen Koch

Hallo Werner

danke für Deine lobenden Worte.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

mal wieder ein Meisterstück einer sorgfältigen Dokumentation. Ich habe vor einigen Jahren auch ein Fliederästchen in unserem Garten "geliehen" und damals die wieder entdeckte Etzold grün-Färbung im Vergleich zur blauen ausprobiert. Ehrlich gesagt finde ich die blaue leuchtender.

Wenn du erlaubst füge ich die beiden noch als Erweiterung an. Natürlich nicht so farbenfroh, wie die Wacker.



Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Klaus Herrmann

Noch ein Nachtrag:

die matte Farbe kam wohl damals von der geringen Beleuchtungsapertur von 0,3, sonst hätte ich kräftige Vignettierung gehabt und dann werden die Farben stumpf. Ein Detailbild sieht deutlich besser aus.
Der Blattstiel zeigt bei mir mehr Holzanteil. zum Schluss noch eine Polaufnahme des frischen Schnitts, nicht fixiert, deshalb ist das Chlorophyll noch drin.





Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Hans-Jürgen Koch

Lieber Klaus,

danke für Deine Ausführungen und die Fotos.
Ich freue mich immer, wenn ich andere Färbungen sehe.
Die ,,Etzold blau" Farbe gefällt mir auch besser.
Mein Blattstiel ist sehr jung, und deshalb gibt es kaum Holzanteile.

Gruß nach Neuhausen

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deine schönen Beitrag, den ich natürlich wiede rgelistet habe.

Zu Deiner Reise durch den Blattsiel habe ich eine Frage: um was handelt es sich bei der "knospenartigen" Struktu auf der Oberseite des Blattstiels am Blattansatz? Ich hatte zunächst an eine Nektardrüse gedacht, aber bei der Suche im Netz in wort und Bild nichts dergleichen gefunden. Leider haben wir keinen Flieder im Garten, bei dem ich selbst nachschauen könnte.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ich glaube, es sind extraflorale Nektarien.
Nektarien können auch außerhalb der Blüten an Laubbäumen vorkommen.
Hier sind insbesondere Süß- und Sauerkirsche, Pappel- und Weidenarten, Holunder, Gemeiner Schneeball und Flieder und Wicken zu nennen.
Ihre Funktion ist noch nicht geklärt.

Quelle:
Botanische Exkursionen
Band II Sommerhalbjahr
Berthold Haller, Wilfried Probst

https://books.google.de/books?id=EbVsCwAAQBAJ&pg=PA74&lpg=PA74&dq=flieder,+nektarien&source=bl&ots=kQJ6EYLRc6&sig=oYGw5Z-KD4KCPhSEBw2FeQtjnvM&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjwrMa28a3bAhVGlxQKHXewCKwQ6AEIQTAH#v=onepage&q=flieder%2C%20nektarien&f=false

Quelle:
,,Wissenschaft aktuell"

https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Wie_Pflanzen_ihre_Nektarproduktion_vor_Schadinsekten_schuetzen1771015589967.html

,,Wir konnten beobachten, dass mehrere Insektenarten ganz gezielt extraflorale Nektarien als Nahrung nutzen – darunter auch einige, die gar keine primär blattfressenden Insekten sind", schreiben die Biologen um Consuelo De Moraes von der ETH Zürich. Pflanzen mit extrafloralen Nektarien an Blättern oder Sprossen sind weit verbreitet und kommen in mehr als hundert Pflanzenfamilien vor. Für ihre Experimente nutzten die Wissenschaftler Pflanzen der Ackerbohne (Vicia faba), deren dunkelviolett gefärbte Nektarien auf den paarigen kleinen Nebenblättern am Ansatz eines Blattstiels erkennbar sind. Die Forscher hatten zufällig bemerkt, dass bei den im Freien wachsenden Pflanzen die extrafloralen Nektarien häufig geschädigt oder völlig zerstört waren, während die benachbarten Blätter unversehrt blieben. Daher stellte sich die Frage, ob es Insekten gibt, die es speziell auf diese besonders nahrhaften Pflanzenteile abgesehen haben.

Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

also doch! Ich meinte mich auch zu erinnern, diese extrafloralen nektarien an einem Flieder im Garten meiner Eltern gesehen zu haben, aber das ist lange her.
Danke für die Literaturstellen, ich bin gestern auf die Schnelle nicht fündig geworden.

Ganz allgemein scheinen einige Pflanzen den für sie nützlichen Insekten eine Nahrungsquelle anzubieten, um sie anzulocken und "bei Laune" zu halten. Eine Akazienart hat das Ganze auf die Spitze getrieben: ihr Nektar enthält ein Enzym, das bei den mit ihr in Symbiose lebenden Ameisen die Fähigkeit zur Verdauung von Saccharose hemmt. Dem Nektar fehlt dieser Zucker, der sonst allgegenwärtig ist, ganz.  Den Ameisen bleibt also gar nichts anders übrig, als ihren Baum zu verteidigen, da sie sonst verhungern würden.
Ich verlinke hier einen Artikel des Spiegel, der Originalartikel ist kostenpflichtig, aber beim Spiegel ebefalls verlinkt:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/biologie-akazienbaeume-treiben-ameisen-in-die-abhaengigkeit-a-932067.html

Herzliche Grüße
Jörg
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