Dünnschliff: Fossil oder Kristall im Turmalin-Pegmatit (Neoproterozoikum)?

Begonnen von Bayer, Juni 23, 2018, 23:01:54 NACHMITTAGS

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Bayer

Liebe Dünnschliff-Freunde,

wahrscheinlich nur ein Kristall.

Die Röntgenanalyse weist jedoch deutlich verschiedene Elemente nach.
Das "Fossilkristall" besteht aus Calcium und Phosphor (ziemlich scharfe Abgrenzung), die umgebenden Kristalle sind aus überwiegend Silizium und Aluminium.
Siehe EDAX Analyse.

Was meint Ihr?

Beste Grüße
Christian
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Bayer

Anbei noch Bilder von den umgebenden Elementen
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Bayer

Hallo Florian,

vielen Dank für den Tipp!
Von Apatit wäre es ja auch nicht weit zur Biomineralisation.
Wir haben in der Probe bzw. in deren Umgebung auch je 4% Sauerstoff, Eisen, Kalium gefunden.
Hydroxilapatit?
Hast Du eine Idee, wie man das rausfinden könnte?

Beste Grüße
Christian
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Bayer

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TPL

Hallo Christian,

ich hoffe, ich wirke nicht als Spaßbremse, wenn ich das "Fossil" einfach aus dem Betreff streiche. Das hat zwei Gründe:

1. ist das Gestein ein Pegmatit, dann gibt es keinen mir bekannten Mechanismus, wie da irgendein Rest eines Organismus reinkommen könnte (außer, im Zuge der Heraushebung, Verwitterung und Neubesiedlung nahe der Erdoberfläche).

2. stammt das Gestein aus dem Neoproterozoikum, dann sind Fossilien ohnehin so selten, dass selbst ein Fund in einem Sedimentgestein eine ziemliche Sensation wäre. Es gibt da zwar die 'Ediacara-Fauna' und die zeitlich nicht so gut definierte 'Small-Shelly-Fauna', aber die sind an sich schon nicht besonders häufig zu finden.

Wichtiger scheint mir ohnehin 1: Pegmatite entstehen aus mehrere hundert Grad heißen Lösungen in Tiefengesteinen bei hohen Drücken, tief unter der Erdoberfläche und weit außerhalb der Wirkung biotischer Einflüsse.

Florians Apatit-Tipp scheint auch mir sehr wahrscheinlich, aber die einfachste (und sicherste!) Art, das heruaszufinden ist... die Bestimmung anhand eines Dünnschliffs. EDX-Mikrochemie hat eine Menge Tücken, zumal bei nicht höchstpolierten Oberflächen (wie hier) und bei den leichteren Elementen.

Viel Spaß bei der weiteren Erkundung Deiner Gesteine und...
Glückauf!
Thomas

TPL

Zitat von: Bayer in Juni 24, 2018, 10:51:47 VORMITTAGVielleicht ist noch der Fundort von Interesse: Spitzkopje, Namibia.

...das ist für mich durchaus von Interesse, zumal ich noch vor ein paar Wochen an der Spitzkoppe gewesen bin. Allerdings wirft das auch gleich weitere Fragen auf:

– stammt der Pegmatit aus dem Spitzkoppe-Massiv, dann muss er jünger sein als das granitische Tiefengestein, in das der Pegmatit intrudierte. Die Datierungen des granitischen 'Host rock' variieren zwar zwischen 130-100 Ma (Millionen Jahre vor "heute"), aber es ist relativ gesichert, dass sie mit der Öffnung des Südatlantiks zusammenhängen, die sich in dieser Periode abspielte. Das Neoproterozoikum ist aber rund 300 My (Millionen Jahre Zeitdauer) älter.

Vielleicht ist da etwas durcheinander geraten: die Gesteine der Damara-Gruppe, in die der Spitzkoppe-Granit intrudiert ist, sind deutlich älter. Vielleicht stammt der Pegmatit aus diesem Zusammenhang. Das ist aber nur eine Vermutung...

Viele Grüße
Thomas (der an solchen Themen demnächst vor Ort arbeiten darf 8))

Bayer

Hallo Thomas,

die Aufnahme ist in der Tat die Oberflächentopographie eines Gesteins"Brockens" an einer nicht-polierten Schnittfläche.
In etwa wie beim beigefügten Bild - die Schnittfläche der Aufnahme war noch ebener.
Ich kann versuchen von der Oberfläche noch einen Dünnschliff herstellen zu lassen und hoffen, dass dadurch der "Apatit" nicht zerstört wird.
Er läge dann aber auf dem Rücken (die Schnittfläche würde auf den Objektträger aufgeklebt) - das macht wahrscheinlich keinen großen Sinn.
Aber ich kann ja mal mit Auflicht drangehen und auch mit Auflichtpolarisation - wenn ich ein 100x LD Objektiv "finde" - und vor allem, wenn ich die Position auf dem Gesteins"Brocken" wiederfinde.
Den Stein werde ich später noch einmal ausführlich diskutieren wollen.

Beste Grüße & noch einen schönen Sonntag
Christian
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Bayer

Hallo Thomas,

Namibia ist sehr schön. Erinnere mich noch gut an einen Ein-Tagesausflug in die Walfish-Bay und eine Übernachtung an einer Wasserstelle.
Beneidenswerte Arbeitsstätten habt Ihr als Geologen!
Die Frage zur Provenienz kann ich nicht beantworten - da frage ich aber bei Robert Gill nach - die Daten stammen von ihm.

Beste Grüße und wann gehts denn los? Hoffentlich von Herbst bis Frühjahr.
Christian
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Bayer

Hallo Thomas,

Rob Gill hat schon geantwortet.
Der Stein wurde von einem Händler gekauft und die zeitliche Datierung anhand der Datenbank

https://www.mindat.org

gemacht.

Also, das mit Neoproterozoikum nehme ich erst mal zurück. Keine gesicherte Information.

Was mich zur Frage führt, wie man das Alter von Gesteinen eigentlich bestimmt.
Radiometrisch? Über Isotopenzerfall?
Wie machen das Geologen in der Regel?

Beste Grüße
Christian
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Florian D.

Zitat von: Bayer in Juni 24, 2018, 10:26:56 VORMITTAG
Hallo Florian,

vielen Dank für den Tipp!
Von Apatit wäre es ja auch nicht weit zur Biomineralisation.
Wir haben in der Probe bzw. in deren Umgebung auch je 4% Sauerstoff, Eisen, Kalium gefunden.
Hydroxilapatit?
Hast Du eine Idee, wie man das rausfinden könnte?

Beste Grüße
Christian


An Biomineralisation glaube ich in einem Pegmatit auch nicht. Meines Wissens ist allerdings Apatit eines der wenigen (nicht exotischen) Phosphatmineralen, und nachdem Du schon Ca und P gefunden hast, nicht unwahrscheinlich. Leider kann zumindest ich, keine Kristallform erkennen, die diese Vermutung bestätigen könnte. In Pegmatiten reichern sich die leichtflüchtigen Bestandteile wie Bor, Wasser, Fluorid, an, so dass es durchaus auch ein Fluoroapatit sein könnte. Ich bin übrigens auch aus München!

VG,
Florian

Bayer

Hallo Florian und Thomas,
hallo Olaf,

Fluor habe ich nicht gefunden.

Ich liste mal die vollstände Analyse auf:

33% Si
28% Al
14% Ca
9% P
5% Mo
4% Fe
4% O
3% K

Anm.: Gibt mehr als 100% ;-)

(1) In der Region "Apatit" befindet sich (fast ausschließlich) Ca und P.
(2) Im Bereich rechts oben neben dem "Apatit" Mo und Ca.
(3) Außerhalb dieser Bereiche Al, Si.

Fe, O ist eher verstreut, aber im Bereich außerhalb des "Apatits" deutlich konzentrierter.
K ist auch eher verstreut mit einer höheren Konzentratiion in der rechten Hälfte des "Apatiten".

Ich habe jetzt mal mit dem Buch "Gesteinskunde" von Ulrich Sebastian angefangen - sehr informativ und für einen Einstieg zugänglich.
Dabei ist mir aufgefallen, dass P und Mo als Elemente der Erdkruste unter das 1% des Rests fallen.
Bei den gesteinsbildendere Mineralien sind dann u.a. die Salze der Phosphorsäure aufgeführt.
Apatit als Ca(F,OH) (PO4)3

Ist das Fluor vielleicht in der EDAX Messung "untergegangen" - das wird doch in jedem Apatit als chemisches Element benötigt, oder?

Ich hänge noch mal das Bild mit dem Molybdän an.

Gute Nacht!
Christian
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Florian D.

Also ich komme da nur auf 90%. Nur 4% Sauerstoff glaube ich jetzt auch nicht. Dieser sollte knapp die Hälfte der Masse ausmachen.

Bayer

Sind genau 100% ;-)

Ich habe in der Zwischenzeit mal etwas über die Grenzen des EDX Verfahrens gelesen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Energiedispersive_Röntgenspektroskopie

EDX = Energiedispersive Röntgenspektroskopie
"Die quantitative Analyse von EDX-Spektren ist von vielen Faktoren abhängig, wie z. B. Absorption, Fluoreszenz, Probenkippung, Anregungsenergie. Die Nachweisgrenze kann für die meisten Elemente mit Ordnungszahl größer elf (also ab Natrium) grob mit 0,1 Gew.-% abgeschätzt werden. Für Elemente niedrigerer Ordnungszahl wird die Nachweisgrenze deutlich schlechter. Nachweisbar sind theoretisch alle Elemente mit Ordnungszahl größer vier (also ab Bor) mit fensterlosen Detektoren."

Dadurch würden folgende Elemente unter "deutlich schlechtere Nachweisgrenze fallen": H, He, Li, Be, B, C, N, O, F, Ne.
Außerdem ist Fluor das elektronegativste aller Elemente. Das würde erklären, warum wir den Bereich nicht schärfer bekommen haben - gab ziemlich schnell eine deutliche Aufladung.
Dann wird Fluor als "Fliessmittel" bei Schmelzen eingesetzt - und der Bereich des "Apatits" sieht an der Oberfläche ja ein wenig aus wie "dünnflüssige Schlacke".

https://de.wikipedia.org/wiki/Fluor

"In der Erdkruste ist Fluor mit 525 ppm ein relativ häufiges Element. Es kommt aufgrund seiner Reaktivität in der Natur nicht elementar, sondern gebunden als Fluorid in Form einiger Minerale vor ... Meerwasser enthält wenig gelöste Fluoride, da bei Anwesenheit von Calcium die Löslichkeit durch Bildung von schwerlöslichem Calciumfluorid eingeschränkt wird. Die häufigsten Fluorminerale sind der Fluorit CaF2 und der Fluorapatit Ca5(PO4)3F. Der größte Teil des Fluorits ist in Fluorapatit gebunden, jedoch enthält dieser nur einen geringen Massenanteil Fluor von ca. 3,8 %."

"Mit festen Materialien reagiert Fluor dagegen wegen der kleineren Angriffsfläche langsamer und kontrollierter. Bei vielen Metallen führt die Reaktion mit elementarem Fluor zur Bildung einer Passivierungsschicht auf der Metalloberfläche, die das Metall vor dem weiteren Angriff des Gases schützt. Da die Schicht bei hohen Temperaturen oder Fluordrücken nicht dicht ist, kann es dabei zu einer Weiterreaktion von Fluor und Metall kommen, die zur Aufschmelzung des Materials führt. Da beim Aufschmelzen ständig frisches Metall freigelegt wird, das dann wieder zur Reaktion mit Fluor bereitsteht, kann es letztlich sogar zu einem unkontrollierten Reaktionsverlauf kommen (so genanntes Fluorfeuer) ... Fluor brennt zwar selbst nicht, wirkt aber brandfördernd"

Das alles würde die Hypothese mit dem Fluoroapatit stützen.

Weiter kommen wir, glaube ich, mit den Bildern nicht. Vielleicht gelingt es mir ja auf anderem Weg mal den "Fluoroapatit" stärker aufzulösen um Kristallstrukturen zu erkennen.

Vielen Dank an Euch für die interessante Diskussion!
Stemi 508doc
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Florian D.

Die siliziumreiche Region rechts oben ist sicher Quarz, dazu passt auch der muschelige Bruch. Wenn das Calcium und Phosphatreiche Stück Apatit ist (welcher auch immer) und die Molybdän und Calcium haltigen Kristalle Powellit, bleiben noch die grossen Platten, die ungefähr gleich viel Aluminium wie Silizium sowie auch Kalium enthalten. Dies würde zu Muskovit passen.