Kleinmikroskop „B“ und Vorgänger

Begonnen von plaenerdd, Juli 12, 2018, 22:10:27 NACHMITTAGS

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plaenerdd

Hallo Liebe Freunde der "Kurzen Schwarzen",
eine Schule mistet aus und will Mikroskope wegwerfen, mit denen "keiner mehr mikroskopieren kann". Meine Tochter rettet 8 kleine Holzkisten. Auf dem ersten Blick alles Kleinmikroskop "B" , aber nur auf dem ersten.

Das KMB mit seinem ausziehbarem Tubus und dem zweiteiligen Satzobjektiv kennt der eine oder andere im Osten aufgewachsene noch aus seiner Schulzeit. Ich bin mir mittlerweile sicher, dass das ,,B" für ,,Bakelit" steht, aus dem Mikroskopkörper und -tisch gefertigt sind. Von einem "Kleinmikroskop A" habe ich noch nie gehört. Jürg Braun stellt allerdings einen Vorläufer aus den ?20er Jahren vor, der noch etwas schlanker zu sein scheint. Erst beim Putzen der kleinen schwarzen Dinger fällt mir auf, dass unter den 8 Geräten 3 sind, deren Grundkörper aus Aluminiumspritzguss gefertigt ist. Auch der Tisch ist Aluminium und die Spiegelmechanik ist ebenfalls aus Metall. Ein Gerät sticht aber besonders hervor, weil dessen Objektiv nicht schwarz ist. Es ist aus vernickeltem(?) Messing gefertigt, die aller übrigen (auch der mit Bakelitkörper) aus schwarz lackiertem Aluminium.



Die 3 Metallmikroskope sind auch etwas schlanker, wenn man sie von der Seite betrachtet:


Deshalb passen sie auch in kleinere Holzkisten

Diese kleinen Kisten tragen ein ROW-Branding auf dem Deckel, die größeren nicht. Dafür findet sich bei einigen der Jüngeren ein Preisstempel auf der Unterseite: EVP 85,50 DM

An den optischen Parametern scheint aber niemand irgendetwas verändert zu haben, nur an der Art ihrer mechanischen Halterung. Während bei den Objektiven nur die Materialien ausgetauscht wurden, sind die orthoskopischen Okulare immer wieder leicht verändert worden. Hier finden sich an den 8 Mikroskopen 4 unterschiedliche Typen, wobei sich der 4. Typ vom hier abgebildeten 3. Okular nur dadurch unterscheidet, dass kein ROW-Logo drauf ist.



Der älteste Typ (1) hat eine fest verbaute Augenlinse, die sich nicht zum Reinigen herausnehmen lässt, alle späteren Typen sind bequem zerlegbar, wobei man bei dem jüngsten(?) Typ (2) schon wieder Werkzeug braucht, das nicht jeder sein eigen nennt (Stiftschlüssel). Bei den leicht austauschbaren Okularen bin ich mir aber sehr unsicher, ob die wirklich alle original sind, oder ob hier nicht im Laufe der Zeit ein wenig gemischt wurde, vielleicht auch mit solchen vom Nachfolger, dem Kleinmikroskop C.

Alle Mikrokope sind schon mit ,,ROW" gelabelt. Unterschiedlich sind aber die Zusätze. Das älteste nennt lediglich den Fertigungsort ,,Rathenow", hat aber außer einer Mikroskop-Nr. nichts weiter zu verkünden. Die beiden anderen Metall-Mikroskope tragen zusätzlich schon das kleine Dreieck, das Gütezeichen der DDR das am 12. Juni 1950 eingeführt wurde, aber ohne Zahl. Die Bakeliter  haben den Fertigungsort eingerahmt und das Gütesiegel mit der "1" im Dreieck und einer langen Kennzahl darunter, die mit zwei Schrägstrichen geteilt ist. Vor der Mikroskop-Nr. steht noch ein ,,M",  das sich auch vor den Objektiv-Nummern findet.

Was mir noch ein Rätsel ist: Die Funktion des kleinen Kunststoffknopfes, der sich in allen Holzkisten findet, wenn auch an unterschiedlichen Stellen.

Wenn mir da jemand einen Tip geben könnte, wozu die gut sind, würde ich mich sehr freuen.

Im Forum hatte ich schon vor einiger Zeit mal eine Bedienungsanleitung gepostet.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

steffenclauss

Hallo Gerd,

Danke für die sehr informative Zusammenstellung! Zu meiner Schulzeit hatte ich mich schon mit dem KMC abgemüht. Als leichte und robuste Reisemikroskope sind die Bakeltit-KMB immer noch sehr gut verwendbar. Der Kunststoffknopf könnte aus Aktiv- Polymer bestehen und zur Feuchtigkeitsregulierung dienen.

Viele Grüße
Steffen

P.S.: An einem Alu-KMB hätte ich Interesse!

Bob

Hallo Gerd,
eine interessante Kleinmikroskopkunde hast Du da zusammengestellt. Ich habe auch so eins, ich meine in Metallausführung. Könnte der Knopf ein Halter zum Aufstecken eines Okulars, Verlängerungstubus oder sonstigen Zubehörs sein? Oder liegen die Mikroskope da direkt dran?

Viele Grüße,

Bob

plaenerdd

Hallo Bob,
das war auch meine erste Idee, aber keines der Teile passt da drauf und was wirklich komisch ist, ist die Tatsache, dass diese Knöpfe an den verschiedensten Stellen im Kasten angebracht sind. Diese Knöpfe scheinen teilweise aus groben Bestandteilen zusammengrührt worden zu sein, oder sind auskristallisiert. Nie berühren sie das Gerät, aber oft ist auch nicht all zu viel Platz, um da noch irgendetwas drauf zu stecken, deshalb halte ich die Idee von Steffen, dass die zur Feuchtigkeitsregulierung dienen sollten, für plausiebler.
Hier noch einmal eine Nahaufnahme. Dieser Knopf hat einen Durchmesser von 26mm

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass von der Schraube oder dem Nagel nur noch ein Rotgnuppel übrig ist, während alle 8 Mikroskope kaum irgendwelche Feuchtigkeitsschäden (Rost oder Glaspilz) zeigen. Nur ein Spiegel ist leicht angegriffen und ein paar der Klemmfedern.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Dünnschliffbohrer

Hallo Gerd,
ein schöner Beitrag, der in "Mikroskopiker stellen ihr Mik vor" archiviert gehört, aber diese Kolumne wird ja wohl nicht mehr gepflegt...   =>  Alle Mühe vergebens.

Das der Buchstabe "B" für Bakelit steht, glaube ich aber nicht. Wofür stünde das "C" in dem Falle? Das "C" wird inzwischen auch nicht mehr gebaut, jetzt sind die wohl bei dem "D" angekommen. Rathenow hat übrigens eine Unzahl verschiedener Kleinmikroskope - bereits zu Busch-Zeiten - hergestellt, die eine ganze Vitrine in Rathenow im Museum füllen. Ich suche z.B. noch das Exkursions-Polarisationmikroskop von denen. Das haben die aber nicht einmal im Museum, dort ist nur ein Siebdruck davon zu sehen.

Askania hat offenbar letztes Jahr auch den Eigentümer bzw. Firmeninhaber gewechselt...

Einen schönen Abend noch, auch an alle Mitlesenden
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

plaenerdd

Hallo Dfb,
Zitat von: dünnschliffbohrerein schöner Beitrag, der in "Mikroskopiker stellen ihr Mik vor" archiviert gehört, aber diese Kolumne wird ja wohl nicht mehr gepflegt...   =>  Alle Mühe vergebens.
Wie kommst Du denn darauf? Bis jetzt ist noch jeder Beitrag dort eingepflegt worden, wenn man einen Moderator darum bittet. So zumindest meine persönliche Erfahrung. Die Verschiebung ins Archiv sollte aber erst erfolgen, wenn eine Zeit lang niemand mehr was in dem Faden geschrieben hat. Ich weiß nicht, ob man auch in den Fäden der Bibliothek noch schreiben kann.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
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plaenerdd

#6
Hallo,
habe mich ein wenig bei e-bay-Kleinanzeigen umgesehen. Es werden dort z.Z. mehrere Kleinmikroskope und Kleinmikroskop B angeboten. Dabei waren zwei Angebote mit vollständigen Papieren besonders aufschlussreich. Beide wurden in den Originalpapieren als "Kleinmikroskop" bezeichnet, haben den Metallkörper aber folgenden Unterschiede:
1. Mikroskop-Nr. 62360, das am 30.März.1954 gepackt wurde hat ein schwarzem Objektiv
2. Mikroskop Nr. 56942, das am 30.März 1953 gepackt wurde hat ein vernickeltes Objektiv
Somit wurden, da genau ein Jahr zwischen der Herstellung der beiden Geräte liegt, nicht einmal 5500 Geräte in dem Zeitraum produziert.
Somit sollte das von mir gezeigte Mikroskop 25890 deutlich vor 1953 produziert worden sein.
und es ist auch klar sein, dass die Mikroskope mit Metallkörper die direkten Vorgänger der Bakeliter sind und erst diese als Kleinmikroskop "B" bezeichnet wurden.

Der Einwand von Dsb. ist sicher berechtigt:
Zitat von: dünnschliffbohrerDas der Buchstabe "B" für Bakelit steht, glaube ich aber nicht. Wofür stünde das "C" in dem Falle?
Aber das entkräftigt nicht ganz meine Vermutung, dass das "B" vielleicht auch für "Bakelit" stand. Zwischen der Einführung der beiden Typen "B" und "C" liegen immerhin etwa 20 Jahre. Ob diejenigen, die das Nachfolgermodell "C" nannten noch wußten wofür das "B" bei seiner Einführung einst stand, ist zu bezweifeln. Zumindest könnte ja der neue Werkstoff Bakelit den Ausschlag gegeben haben mit Buchstaben zu "zählen" statt mit Zahlen.
Beste Grüße
Gerd
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Inverses: Willovert mit Ph

jochen53

Hallo zusammen,
mir kam da gerade eine - vielleicht doch ziemlich abwegige - Idee zu dem runden "Knopf": Könnte es sein, daß dieses Teil einmal eine Substanz enthielt, die langsam ausdampfen und Pilzbefall auf den Linsen bei der Lagerung im verschlossenen Kasten vorbeugen sollte, Thymol oder p-Chlor-m-Kresol oder sowas Ähnliches?
Viele Grüße, Jochen

Thomas Böder

Ich habe mir jetzt auch mal ein B in Bakelitausführung gekauft.
(Den Nachfolger habe ich schon seit fast 40 Jahren.)
Was mich bei diesen kleinen Schwarzen wirklich nervt, ist der verbaute Spiegel.
Küchenlampe von oben funktioniert definitiv nicht.
Dafür ist der Spiegel einfach zu schlecht verbaut.
Das wurde beim grauen Nachfolger deutlich besser gelöst.
Und das Austauschen des Okulars ist auch ratsam. :-)
Weiterhin sind die Lochblenden nicht zentriert...

Grüße, Thomas.
Hauptmikroskope: Leitz Panphot, Ortholux, Technival 2
Kleinmikroskope: Leitz, Reichert, ROW, Lomo

plaenerdd

#9
Hallo Thomas,
ZitatWeiterhin sind die Lochblenden nicht zentriert...
Da hast Du wohl ein schlechtes Exemplar erwischt. Hällt der Spiegel wenigsetens in seiner Position? Das ist bei ausgeleierten Exemplaren leider auch nicht immer der Fall, aber das läßt sich meist beheben.
ZitatKüchenlampe von oben funktioniert definitiv nicht.
Wenn Du eine Deckenleuchte meinst, dann ist die sowieso viel zu kleinflächig an der Decke. Das hat dann den Effekt einer zu kleinen Blende, weil die ohnehin niedrige Beleuchtungsappertut noch weiter verringert wird. Das Gerät ist definitiv für Tageslicht konzipiert. Was noch geht ist ein weißes Papierstück auf den Spiegel und das mit Lampe (z.B. Jansjö) beleuchten.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

beamish

Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

plaenerdd

#11
Hallo Martin,
das ist ganz sicher ein Urahne des KMB, aber ich bin mir nicht sicher, ob nicht die sehr ähnlichen noch aus Aluminium und nicht aus Bakelit gefertigten Kleinmikroskope auch schon als "B" verkauft wurden. Wie im ausführlichen ersten Beitrag dieses Fadens beschrieben, steht "B" für mich für "Backelit". Dort hatte ich auch schon den Beitrag von Jürg Braun verlinkt.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
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Inverses: Willovert mit Ph