Leichtes Rätsel zum Wochenende

Begonnen von Heribert Cypionka, September 26, 2009, 21:26:55 NACHMITTAGS

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Heribert Cypionka

Lieber Herr Herrmann,

ich oute mich hier als Nicht-Pyromane und diskutiere ohne fundierte Sachkenntnis. Dass Chlorat (Perchlorat?) beim Zündungvorgang beteiligt ist, scheint mir durchaus wahrscheinlich. Aber dann muss es ja mit einem kontinuierlichen Holzbrand weitergehen. Der freut sich sicher über Luft. Der Kopf platzt schließlich (und gewolltermaßen) nach der Zündung nicht ab und fliegt durch die Gegend.

Besten Gruß

Heribert Cypionka

Klaus Herrmann

Hallo Herr Cypionka,

dieser Versuchung erliege ich auch immer wieder: :D

Zitatich oute mich hier als Nicht-Pyromane und diskutiere ohne fundierte Sachkenntnis

Hier gibt es Antworten in denen aus dem Römpp zitiert wird:
http://www.wer-weiss-was.de/theme51/article289974.html

Die heutigen Sicherheitszündhölzer haben die Komponenten roter Phosphor und das Kaliumchlorat (das Perchlorat ist weniger reaktionsfähig) getrennt.
P auf der Reibfläche und das K-Chlorat im Kopf gemischt mit  Antimonsulfid, Leim, Glaspulver... Die Zündenergie kommt aus der Reaktion P mit K-Chlorat; dann brennt schnell und heiß das Gemisch Leim, Antimonsulfid, Schwefel.
Diese Flamme reicht aus, das Trägerholz zu entzünden. Der Sauerstoff dafür kommt aus der Luft - das ist dann aber hinter dem schon verbrannten Kopf! Der hat seine Schuldigkeit schon getan, jetzt brennt das Holz, wie ein normaler Holzspan.

Feurige Grüße

Klaus Herrmann
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Heribert Cypionka

Lieber Herr Herrmann,

fast hatten Sie mich überzeugt mit dem geballten Wissen der Literatur. Aber da nagte doch noch der Zweifel. Und jetzt muss ich widerrufen!

Zitatich oute mich hier als Nicht-Pyromane und diskutiere ohne fundierte Sachkenntnis
Ich bekenne: Heute habe ich aus reiner Freude und Wissbegier gezündelt und mich zum Steichholzbrand-Experten gewandelt. Die wichtigen Dinge im Leben muss man einfach selber machen: Grau ist alle Theorie, und Schwarz-Rot-Gold ist das Ergebnis meines Exerpiments!

Nach der Wahl musste ich sowieso noch in die Uni, und da habe ich einige Hölzchen in einem CO2-begasten Eimerchen gezündet. Die sahen danach alle ungefähr so aus:



Deutlich ist auch im Inneren der Krater zu sehen: Die unteren Schichten der Zündpaste beiben rot. Da brannte noch kein Holz - ohne Sauerstoff geht eben nix, und der sitzt in den Poren.


Schwarz-Rot-Goldene Grüße

Heribert Cypionka




Klaus Herrmann

Ein Punkt für Sie Herr Cypionka,

schwarz-rot-gold habe ich in meinem Wahlsonntagsrätsel nicht hinbekommen! :D

Aber dass Sie mich mit Ihrem schönen Versuch überzeugen konnten, dass Ihre Annahme die Luft in den Poren sei für die Sauerstoffversorgung bei der Reaktion KClO3 mit - vereinfacht - C und S notwendig, ist Ihnen nicht gelungen.

Nehmen wir mal an das Köpfchen sei eine Kugel mit einem Volumen von 4 mm³ davon sei 10% Luft in den Poren die aus 20% Sauerstoff besteht.
Das chemisch gebundene O2 im KClO3 - ich habe mal hier 5 mg angenommen (spezifisches Gewicht 2,34 mg/µl) beträgt 1,3 mg dem stehen, wenn ich richtig überschlagen habe 0,14 µg O2 in den Poren gegenüber.

Das ist Faktor 10.000! Also das macht die Flamme nicht heiß!

Ihr sehr schöner Versuch zeigt eindrücklich, dass die Reaktion unter anaeroben Bedingungen problemlos abläuft (CO2-Löscher), weil der für die Reaktion notwendige Sauerstoff vom KClO3 geliefert wird. Wenn diese Reaktion abgelaufen ist und für die Folgereaktion Holz soll nun brennen kein Sauerstoff von außen kommt, dann ist Ende der Vorstellung!

Machen Sie mal den Versuch Streicholz anzünden, und sofort ausblasen. Das Ergebnis sollte ähnlich aussehen.

Zum Beweis, dass ich mich schon seit Jahrzehnten mit Streichölzern auseinander gesetzt habe: ;) Übrigens interessant: in Japan sind fast alle Köpfe weiß!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heribert Cypionka

Lieber Herr Herrmann,

schon wieder eine absolut überzeugende Berechnung - gratuliere! Ich stimme zu und setzte noch zwei Experimente drauf (die ich - zum Teil glücklicherweise - nicht mit Fotos belegen kann):

1.) Fast jeder hat schon mal durch kurzes Zusammendrücken von Daumen und Zeigefinger um den Docht eine Kerze gelöscht. Dabei geht's sicher nicht um Ableitung der Hitze, die zur kontinuierlichen Zündung und Aufrechterhaltung des Brennvorgangs nötig ist (wenn doch, hat man zu lange gedrückt und es gibt Brandblasen). Die Freisetzung der Gase, die tatsächlich verbrennen, wird auch nicht unterbunden, die werden ja eher konzentriert. Es fehlt lediglich für Bruchteile einer Sekunde am ...

2.) Teelicht in ein Einmachglas stellen, Deckel drauf und sich wundern, wie schnell es erlischt (natürlich längst, bevor der Sauerstoff vollständig verbraucht ist).

Jetzt stellen Sie sich noch vor - ganz ohne Rechnung  ;), was wäre, wenn die Zündpaste eines Streichholzes so (porenfrei!) dicht wäre wie Ihre Finger (und vielleicht nicht so hitzeempfindlich, dass es sie zerreißt wie auf meinem Foto).

Herzlich
Ihr
Heribert Cypionka


Jürg Braun

Hoi Klaus

Ist das ein Legepräparat nach Herrmann? Ich glaube Du schummelst etwas beim Massstab.

Gruss

Jürg

Klaus Herrmann

Lieber Herr Cypionka,

ich habe den leichten Verdacht, dass wir beide ein wenig, fast das selbe meinen, nur unterschiedlich argumentieren.

Tatsache ist: Zur Verbrennug benötigt man die äquivalente Menge Sauerstoff und eine Zündtemperatur um den metastabilen Zustand brennbare Substanz (z.B. Holz) und Sauerstoff (genügend vorhanden in der umgebenden Luft) aufzuheben - sprich die Verbrennung zu einzuleiten. In Ihrem Holzvorrat vor der Hüttn passiert deshalb nichts, weil die 2. Bedingung nicht erfüllt ist.

Das ist der Wissensfehler(?) in Ihrem Beispiel 1.):

mit dem feuchten Finger unterbinden Sie a)kurzzeitig den Sauerstoffzutritt (Bedingung Nr.1)

und b)Sie senken die Temperatur unter die Zündtemperatur (Bedingung Nr. 2).

Wenn Sie nämlich gleich wieder Ihren Finger vom Docht entfernen, brennt die Flamme dennoch nicht wieder, obwohl genügend Sauerstoff an den Docht kommt!

Ihr 2. Beispiel ist mir etwas nebulös: ab einer bestimmten minimalen Sauerstoffkonzentration geht die Flamme halt aus. Auf dem Mount Everest ist auch noch Sauerstoff, Sie würden aber dennoch ziemlich nach Luft schnappen! ;D

Das letzte Argument möchte ich wie folgt in Frage stellen: TNT ist ein Sprengstoff, der im Molekül den Sauerstoff zur vollständigen Verbrennung des Restmoleküls enthäl in Form von 3 Nitrogruppen. Diesen Sprengstoff kann man schmelzen und in "Behälter" füllen, da ist kein Fizzelchen Luft mehr drin.. Wird nun mit einem Zünder die Zündenergie erreicht, dann "brennt" dieser Sprengstoff explosionsartig ab. Und das tut er auch unter Wasser!

Jetzt schlage ich vor, Sie setzen sich mit einem Kollegen aus der Chemie zusammen und geben ihm den feurigen Gedankenaustausch zum lesen und dann zündeln wir weiter, wenns noch nötig ist! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

Hallo Jürg,

Nein der Fächer ist 2 mm groß und die Streicholzschachtel im Schnitt 200 µm  :D :D :D

Übrigens noch was Ernsthaftes: ich habe viel Köpfe aus aller Welt angeschaut: sie sehen alle so aus - abgesehen von der Farbe - wie das schöne Bild von Herrn Cypionka. Das bedeutet die Fertigungstechnologie scheint ausgereift und nicht mehr groß verbesserungsmöglich zu sein.

Ein einziges Beispiel hatte keine Poren, das ist silbern (lackiert?)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heribert Cypionka

Lieber Herr Herrmann,

Sie hatten mich doch längst überzeugt. Heute schlage ich auch keine Experimente mehr vor...

Bis zum nächsten Mal

einen herzlichen Gruß

Heribert Cypionka

Siggi O.

#24
Zitat von: Klaus Herrmann in September 28, 2009, 23:56:09 NACHMITTAGS

Ein einziges Beispiel hatte keine Poren, das ist silbern (lackiert?)


Hallo Klaus,

sind das eventuell diese Streichhölzer, wie sie von coolen Typen in den Italo-Western verwendet wurden?
Ich glaube diese "Alleszünder?" waren früher in Deutschland verboten.
Haben diese nicht eine dünne Wachsschicht, damit sich diese in der Schachtel nicht durch Reibung entfachen?  

Hasta la vista
Siggi
Gerne per Du!
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Klaus Herrmann

Lieber Herr Cypionka,

ZitatSie hatten mich doch längst überzeugt

das hatte ich gar nicht gemerkt! :D

Aber die überall auftretenden Poren (ich habe aus meiner "aktiven" Zeit von überall in der Welt Streichholzschachteln mitgebracht) haben mich doch nachdenklich gemacht - ob die nicht doch eine Funktion haben?

Deshalb läuft noch eine Anfrage - die Frage ist nur, ob ich eine Antwort bekomme! :-X

Wenn Ja melde ich mich!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

Hallo Siggi,

Zitatsind das eventuell diese Streichhölzer, wie sie von coolen Typen in den Italo-Western verwendet wurden?
Ich glaube diese "Alleszünder?" waren früher in Deutschland verboten.

Es sind die in der rosa Schachtel auf 17:00 in meinem "Legepräparat" Die Schachtel hat aber eine ganz normale Reibfläche.

Die Alleszünder sind bei uns verboten, weil Phosphor und Kaliumchlorat im Kopf vereinigt sind - und das kann durch Druck schon losgehen.

Ich möchte jedem davon abraten dieses Gemisch herzustellen - es ist echt gefährlich!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Siggi O.

Zitat von: Klaus Herrmann in September 29, 2009, 20:59:00 NACHMITTAGS

Es sind die in der rosa Schachtel auf 17:00 in meinem "Legepräparat" Die Schachtel hat aber eine ganz normale Reibfläche.

Die Alleszünder sind bei uns verboten, weil Phosphor und Kaliumchlorat im Kopf vereinigt sind - und das kann durch Druck schon losgehen.

Ich möchte jedem davon abraten dieses Gemisch herzustellen - es ist echt gefährlich!

Hallo Klaus,

hast Du einmal ausprobiert ob es nicht ein Alleszünder ist?
Der kleine Kopf spricht eigentlich dafür, die Reibefläche könnte nur vornehmes Beiwerk sein.

Viele Grüße
Siggi
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