Dünnschliff: chloritisierter Biotit

Begonnen von derda, Oktober 03, 2018, 11:34:22 VORMITTAG

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derda

Hallo Zusammen,

ich habe eine Gesteinsprobe aus Norwegen bekommen. Es solll sich um Fennit handeln => meine Suche nach diesem Gestein im Netz war bisher nicht so erfolgreich. Im Dünnschliff ist hauptsächlich ein Mineral (Brucit?) mit anomalen Interferenzfarben sowie Calcit und ein wenig Quarz zu finden. Ich würde es für Brucit halten, habe zuvor allerdings noch nie Brucit gesehen. Wie ist Eure Meinung dazu?









Viele Grüße

Erik

olaf.med

Lieber Erik,

für mich ist die Hauptmasse des Schliffs chloritisierter Biotit. Carbonate sind möglicherweise vorhanden, aber Quarz sehe ich garnicht.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

derda

#2
Hallo Olaf,

vielen Dank! Ich schreibe dich demnächst direkt an => es macht weniger Arbeit die Bilder im Anhang einer Email mitzusenden ;-)

Ein paar Quarzkörner hatte ich an anderer Stelle im Schliff gefunden. Im Buch ,,Gesteinsbildene Minerale im Dünnschliff" von Pichler und Schmitt-Riegraf gibt es die Chlorit-Gruppe => ist das Mineral schon ein Chlorit oder noch ein Biotit?

Wenn es anomal entenblaue bis lila Interferenzfarben aufweist, wäre es ein FE(II)-Orthochlorit.

Viele Grüße

Erik

Florian D.

Zitat von: Erik W. in Oktober 03, 2018, 19:14:32 NACHMITTAGS
Hallo Olaf,

vielen Dank! Ich schreibe dich demnächst direkt an => es macht weniger Arbeit die Bilder im Anhang einer Email mitzusenden
... dann kann ich sie aber nicht sehen :-((

olaf.med

Lieber Erik,

Biotit ist allenfalls reliktisch vorhanden. Es sind die pleochroitischen Bereiche, die die Farbe von dunkelbraun zu farblos wechseln.

Die Chlorite sind eine extrem komplexe Mineralgruppe, bei der man optisch nur eine grobe Zuordnung treffen kann. Hier ist ein einfaches Bestimmungsdiagramm aus dem Tröger:



Mit Fe(II)-Chlorit liegst Du sicher nicht ganz falsch.

Herzliche Grüße,

Olaf
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Florian D.

Zitat von: Erik W. in Oktober 03, 2018, 11:34:22 VORMITTAG
Es solll sich um Fennit handeln => meine Suche nach diesem Gestein im Netz war bisher nicht so erfolgreich.

Hallo Erik,

liegt es vielleicht daran, dass das Gestein Fenit und nicht Fennit heisst?

Gruss,
Florian

derda

#6
Hallo Florian,

sorry, war ein Tipfehler. Ich habe den Fenit schon in Wikipedia gefunden, allerdings erschien mir die dortige Beschreibung nicht auf meinen Schliff zuzutreffen. Da ich noch nie zuvor chloritisierten Biotit gesehen hatte, haben mich die anomalen Interferenzfarben völlig in die Irre geführt. So etwas wird einem in keinem Lehrbuch erklärt => deshalb bin ich über Olafs Hinweise ganz froh.
Ganz so alltäglich scheint mir der chroritisierte Biotit auch nicht zu sein, denn niemand sonst hat ihn erkannt.

=> Suche mal Bilder von Dünnschliffen auf denen chloritisierter Biotit zu sehen ist.

Viele Grüße

Erik

olaf.med

Lieber Erik,

eigentlich ist die Chloritisierung von Biotit etwas hundsgemeines und auch in den entsprechenden Lehrbüchern durchaus beschrieben. Bilder findest Du z.B. auch auf meiner Homepage unter Downloads>Mineraloptik, Teil 3.

Herzliche Grüße,

Olaf
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derda

Lieber Olaf,

wenn es so "hundsgemein" ist, warum finde ich dann keinen Hinweis auf die anomalen Interferenzfarben des chloritisierten Biotits? Beim Chlorit werden sie später erwähnt, der hat aber gar keine Ähnlichkeit mehr zum Biotit. Sorry, da hätte mir deine Präsentation auch nicht geholfen.

Einem Studenten im Kurs wird das beiläufig in einem Satz mitgegeben, er sieht dazu ein Schliffbild und die Sache ist auf ewig abgespeichert. Zuhause alleine, ohne entsprechende Vorbildung (Studium Mineralogie), sieht die Sache dann ganz anders aus => nämlich ziemlich "hundsgemein".

Viele Grüße

Erik

olaf.med

#9
Lieber Erik,

ich verstehe Dich nicht ganz. Ein chloritisierter Biotit ist eben kein Biotit mehr, sondern ein Chlorit - und dessen Eigenschaften zeigt die Pseudomorphose dann natürlich auch, nämlich in diesem Falle anomale Interferenzfarben. Der Schmetterling zeigt ja auch nicht mehr die Bestimmungsmerkmale der Raupe! Was ist daran so problematisch???

Herzliche Grüße,

Olaf
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derda

Lieber Olaf,

das ist eine Aussage, die ich nicht in Frage stelle und für mich abgespeichert habe.

Mir stellt sich die Frage, wie ich hätte darauf kommen sollen? Im LPL sah ich Ähnlichkeiten zum Biotit nur hat die anomale Interferenzfarbe im XPL nicht dazu gepasst. Es fehlte mir zudem die Information, was ursächlich für die Veränderung des Biotits verantwortlich ist. Eine Chloritisierung des Biotits kannte ich gar nicht. Aus diesem Grund habe ich den Biotit verworfen.

Deshalb suchte ich zunächst nach Mineralen mit anomalen Interferenzfarben => von denen passte keines so richtig, weil der bunte Schmetterling ja im Kokong steckt... es lief also auf ein Raten und Bestimmungshilfe in Anspruch nehmen hinaus.

Ich hoffe du verstehst jetzt etwas besser, warum es für mich problematisch war.

Viele Grüße

Erik

Florian D.

Hallo,

ich habe die Diskussion jetzt mal zum Anlass genommen, kleine (bis ca. 5 mm) ideomorphe Biotitkristalle, die ich aus saussuriertem Granit aus Barcelona geklaubt habe, zu mikroskopieren. Einen dieser Kristalle, die auch schon stark errodiert sind, habe ich zerkleinert und ein Schüppchen ausgewählt. Das Interferenzbild zeigt, dass der Achswinkel nur sehr klein ist. Die Kristalle sind kaum dichroitisch.

Viele Grüsse,
Florian

derda

Guten Morgen Florian,

in dieser Lage kann Biotit optische Einachsigkeit vortäuschen. Da bin ich vor einiger Zeit auch darüber gestolpert: https://mikroskopie.me/2018/05/06/mela-quarzdiorit-aus-sri-lanka/

Es fehlt ein Buch "Polarisationsmikroskopie für Einsteiger" auf dem Markt.

Viele Grüße

Erik


olaf.med

#13
Lieber Erik,

die Polarisationsmikroskopie ist leider eine Wissenschaft, die relativ fundierte und umfangreiche Kenntnis auch anderer Gebiete voraussetzt, z.B. der Kristallographie und der Petrologie. Umso höher sind die Bemühungen und auch erheblichen Erfolge einiger Seiteneinsteiger auf diesem Gebiet einzuschätzen, zu denen Du Dich zweifellos zählen darfst. Allerdings würde auch ein Pol-Mikroskopie-Buch für Einsteiger das erforderliche Fachwissen nicht anbieten können - dazu ist es viel zu umfangreich und komplex. Dass der Biotit in der retrograden Metamorphose instabil wird und sich zu Chlorit umwandelt, hätte man in der Petrologie gelernt. Für Florians Problem (siehe unten) braucht man kristallographische Grundkenntnisse.

Lieber Florian,

der monokline Biotit sollte eigentlich einen erheblichen Achsenwinkel zeigen, aber durch Verzwillingung (übereinander gestapelte Zwillingsindividuen wie die Karten in einem Kartenspiel) wird er pseudohexagonal und optisch einachsig hier unter 7., Glimmerkombination nach Nörrenberg.

Der Pleochroismus ist auch richtungsabhängig, ganz analog der Anisotropie der anderen optischen Eigenschaften. Schnitte, die senkrecht der pseudoeinachsigen Richtung orientiert sind, wie Deine Spaltplättchen, zeigen keinen Pleochroismus, solche parallel dazu den maximalen Farbwechsel. Ich weiß, ich bin penetrant, aber auch das ist hier unter Teil 3 gleich am Anfang dargestellt.

Herzliche Grüße und bitte weiter so - ich finde Euer Engagement toll und helfe immer gerne!!!

Olaf
Gerne per Du!

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Florian D.

Lieber Olaf!
Da steht ja wieder alles in Deinen Folien!
Ich hatte halt gestern nur im Töger nachgesehen.
Demnach gibt es wohl auch Biotite mit sehr niedrigem Achswinkel.
Viele Grüsse,
Florian