Hallo Michael,
ich weiß natürlich, dass man Coleps auch mit dem Deckglas festlegen kann - schließlich kenne ich ja Deine Fotos. Nur mir ist das nie gelungen und die Versuche haben mich und den Ciliaten enttäuscht!

Aber auch mich interessiert die Biologie des beschriebenen Verhaltens mehr als fototechnische Fragen. Leider kenne ich mich mit der Biochemie der Photosynthese nicht aus und kann nur einige Beobachtungen beitragen:
Wenn man Algen mit einem großen Chloroplasten - z.B. Micrasterias - in hoher Vergrößerung betrachtet kann man manchmal die Transportströme vom Chloroplasten ins Innere der Zelle beobachten. Das sieht aus, als ob kleine Bläschen (Vesikel?) in Reih und Glied hintereinander ins Zellinnere strömen. Diese Transporte habe ich immer als Stofftransporte von Photosynthese-Produkten gehalten. Dimmt man die Beleuchtung bei der Beobachtung, hören die Transportströme innerhalb weniger Sekunden auf. Eine Erhöhung der Beleuchtungsstärke dagegen startet diese Strömungen wieder in wenigen Sekunden. Wenn diese Ströme also mit der Photosynthese zu tun haben, ist das ein recht schnelles System, das flott der Beleuchtungsstärke folgt. Wie lange dann der Transport in eine Wirtszelle dauert, kann ich natürlich nicht sagen.
Ciliaten, die einige Zeit in einem Präparat waren und die erste Panik überwunden haben, zeigen dann ihr natürliches Bewegungsverhalten. Da gibt es Arten, die zufrieden an einer Stelle verharren, andere streifen langsam durch Präparat und weiden Detritusflocken ab. Wieder andere sind auch nach langer Zeit unermüdlich und flott unterwegs. Bei Coleps habe ich noch nie erlebt, dass die Individuen minutenlang ruhig an einer Stelle verharren.
Wenn die Ciliaten aus dem Dunkeln kommen, liegen - bei dunkler Beleuchtung -
alle Exemplare ruhig im Präparat. Solange man die Beleuchtung nicht erhöht, bleibt das auch stundenlang so (na ja - ich habs nur ca. 15 min. beobachtet, dann habe ich die Geduld verloren). Wenn man die Beleuchtungsstärke erhöht, beginnen sich
alle Individuen innerhalb weniger Sekunden wieder zu bewegen (es gibt geringfügige Unterschiede in der Zeit, aber nach 10 s sind alle wieder unterwegs). Dies bleibt solange, bis man die Beleuchtung wieder dimmt. Nach einiger Zeit (die mir von der vorherigen Beleuchtungszeit abhängig zu sein scheint) werden wieder
alle Individuen unbeweglich.
Den selben Effekt kann man durch die Verwendung eines Grünfilters bei höheren Beleuchtungsstärke erreichen. Mit Filter bleiben die Ciliaten unbeweglich, entfernt man den Filter werden sie wieder aktiv. Der Effekt scheint also eine spektrale Abhängigkeit zu haben, die sich mit den Absorptionsbanden des Chlorophylls deckt.
Den Effekt habe ich bisher nur bei "grünen" Ciliaten beobachtet. Die Lichtempfindlichkeit von Stentor und einigen anderen Arten ist mir natürlich bekannt, äußert sich aber anders. Stentor ist im Dunkeln recht zufrieden, setzt sich fest und strudelt Nahrung ein. Das Tier ist also nicht inaktiv. Erhöht man die Beleuchtung, löst sich Stentor und versucht aus dem Licht zu fliehen. Deshalb beobachtet man Stentor am besten mit einem Grünfilter und entfernt diesen nur zum Fotografieren kurzzeitig. Ähnliches Verhalten zeigen einige Rädertiere - aber wem sage ich das. Hier verwende ich dann - wegen der roten Augen der Tiere - einen Rotfilter, den ich für die Fotos kurz entferne.
Mir scheint also die Photosynthese-Hypothese recht plausibel.
Viel Grüße
Michael (Müller)