mittleres Zeiss Stativ VIIa

Begonnen von Frank D., Oktober 10, 2018, 19:39:46 NACHMITTAGS

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Frank D.

Hallo,

manchmal passt einfach alles prima zusammen! Das Wetter, der Ort, der Kaffee, die Stimmung ...
Solch einen Tag durfte ich im niederländischen Veere erleben. Naja, und wenn einem dann noch ein Antiekhuis über den Weg läuft und mit wirklich "antiken" Dingen lockt:

Und da stand es, zwischen alten Stereobetrachtern, einem abgenudelten Scheitelbrechwertmesser, einer Greenough-Lupe und umgeben von Dampfmaschinen, Porzellan, Schmuck und und und und, .. ein kleines Messingmikroskop. Leicht verstaubt aber lustig leuchtend. Und zwar in so einer Farbe blinkend, die nicht von einem nachgemachten Messingmikroskop stammen konnte.
Der Fuß war mit    5246. C. Zeiss. Jena.   beschriftet und nach einer längeren Begutachtung wurde das Mikroskop gekauft.

Dank diverser Beiträge aus diesem Forum mussten ako-Pads und Sidol im Schrank verbleiben und nur dem Trieb, den Trieb wieder auf Vordermann zu bringen, wurde stattgegeben. Dabei kamen gebläute Schrauben, eine Druckfeder, die der Mikrometerverstellung der Feinverstellung entgegenwirkt und den Tubus auf einer 3-Kant Prismenführung nach oben drückt, sowie eine lackierte hammerschlagähnliche Struktur unter dem Rändelrad der Feinverstellung zum Vorschein.

Im Jenaer Jahrbuch von 1953 entdeckte ich in dem Artikel 100 Jahre Entwicklung im Zeiss-Mikroskop-Stativbau ein fast identisches Mikroskop mit der Bezeichnung Stativ III, welches, laut Text, mit kleinen Veränderungen später als Stativ VI oder VII bezeichnet wurden. Und so wurde ich im MUSEUM OPTISCHER INSTRUMENTE für meine Suche belohnt!
https://www.musoptin.com/item/labormikroskop-carl-zeiss-5139-1881/
Einen herzlichen Dank an Timo Mappes, der mir mit dieser Seite die nächtliche Ruhe nahm. Denn sein dort so wundervoll beschriebenes Zeiss Mikroskop Stativ VIIa von 1881 besitzt die Seriennummer 5139. Bei einer Differenz von nur 107 dürften die beiden damals wohl miteinander geplaudert haben  :D

Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, den damaligen Käufer dieses Mikroskops zu ermitteln?

So weit so gut! Zu einem funktionsfähigen Mikroskop gehört auch eine Optik. Und davon hat mein VIIa recht wenig. Okular, Objektiv und Spiegel fehlen - ich mag es aber trotzdem - und ich hoffe, so nach und nach wenigstens ein zeitlich passendes Okular sowie ein Objektiv zu finden. Für einen "neuen" Spiegel sehe ich da weniger Chancen.
Obwohl, man sollte nie Nie sagen ...

Herzliche Grüße
Frank

20.10.18 Unterlagen von Zeiss als Bild hinzugefügt




















Klaus Herrmann

Hallo Frank, so ein Pech aber auch! ;)

Dem unvollkommenen Mikroskop ist es so alleine sicher etwas unwohl, ich hätte ein Leitz aus der Zeit, das sich sicher erbarmen würde und es etwas aufmuntern könnte. Ich habe auch ganz in der Nähe noch ein warmes Plätzchen übrig.. Was meinst du? ;)

Wenn nicht: passende Objektive und Okulare könnte ich bei mir finden. Spiegel wird allerdings sicher schwierig.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Bob

Hallo Frank,
danke fürs Zeigen! Das Instrument ist ja wirklich bemerkenswert gut erhalten!

In ganz alten Zeiss-Listen war der Name und Wohnort des Empfängers noch enthalten.
So habe ich herausgefunden, dass das erste Mikroskop von Zeiss an Hermann Schacht ging, Mitglied der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Hamburg, einer Abspaltung von unserem Naturwissenschaftlichen Verein. Das erste zusammengesetzte Mikroskop hat er dann auch gekauft, obwohl Zeiss damals noch nicht an die Spitze herankam.

Viele Grüße,

Bob

Tilman

Hallo,
einfach im Zeiss Archiv bei Dr. Wimmer per Email nachfragen. Dort kann in den Lieferbüchern recherchiert werden. Ich habe diesbezügliche Anfragen immer sehr zeitnah beantwortet bekommen.
Liebe Grüße
Tilman

PS. Kollegen, warum lasst Ihr Frank so in Unkenntnis?

olaf.med

Lieber Frank,

Glückwunsch zu diesem schönen und sehr frühen Gerät in diesem Erhaltungszustand.

Da Timo ein gleiches Instrument hat und somit die Maße liefern kann, sollte doch der Herstellung eines neuen Spiegels nichts im Wege stehen. Melde Dich mal.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Frank D.

Vorab meinen Dank für die Hinweise und Angebote.
Ich werde am Samstag wieder Zeit für eine ausführlichere Anwort finden. Die kurze Sendepause ist also keine Unhöflichkeit ....

Herzliche Grüße
Frank

Frank D.

So, die Frage nach dem Lebenslauf dieses Mikroskops habe ich an Dr. Wimmer gerichtet - Danke Dir lieber Tilman für den Hinweis - und hoffe nun auch, dass ich ein Objektiv und ein Okular aus dieser Zeit um 1880 bekommen kann.

Was mir wichtig ist: Dass dieses Objektiv auch zur vorhandenen Zylinderlochblende (3,2 mm Lochdurchmesser) passt! Eine Anfrage zur geeigneten Objektiv-/Lochblendenkombination ist ebenfalls gestellt. "Im" Museum optischer Instrumente konnte ich nichts dazu finden. Evtl. hat jemand eine passende Information für mich. Lieber Klaus, Danke für das Angebot! Hättest Du denn da etwas für mich? In meinem näheren "Umfeld" werde ich, hoffentlich noch an diesem Wochenende, ebenfalls mal stöbern gehen. Der nette Herr von nebenan weiß nur noch nichts davon .... :o

Erst wenn Objektiv und Okular (wohl eines mit einer seitlichen Gravur in Schreibschrift) gefunden sind, dann lieber Olaf, komme ich auf Dein tolles Angebot zurück. Vielen Dank für Deine Bereitschaft; ..... kannst Du auch plan/konkav?

Und noch etwas zu Demontage: Ein "normales" Mikroskop schraubt man mal "so eben" auseinander. Ok, etwas oberflächlich gemeint: Man achtet zwar auf den richtigen Biteinsatz mit passender Schlitz-dicke und -breite, .... bei einer gebläuten Schraube ist es etwas gaaaaanz anderes. Muss ich diese Schraube überhaupt lösen?! Die hat vor 138 Jahren jemand eingeschraubt .... ein Stück Geschichte. Dann, was passiert, wenn ich abrutsche oder der Schraubendreher mit zu großem Klingenwinkel bei großer Kraftanstrengung den Schraubenschlitz staucht? Oh je, Angstzustände während der Demontage ; ), .... Olaf! .... welches Mittel gibt es dagegen? : )

Vielleicht kann mir ja jemand noch etwas zu dem Zeitpunkt und der Realisierung von Abbes Berechnungen zu seinem Beleuchtungsapparat schreiben. Fallen diese beweglichen und zentrierbaren Zylinderlochblenden von VIIa, die in dieser Ausführung näher am Präparat liegen als die Drehscheiben unter dem Tisch, bereits in die Zeit nach seinen Berechnungen und zeigen deren Vorstufe, oder war damit wirklich erst die Kondensorlinse gemeint?

Wer hätte sonst noch Unterlagen zu diesem Stativ und kann sie mir zukommen lassen?

Viele viele Fragen zu einem so kleinen und einfachen Mikroskop, ... aber ich glaube jetzt an die Liebe auf den zweiten Blick.

Herzliche Grüße
Frank


olaf.med

Lieber Frank,

ZitatUnd noch etwas zu Demontage: Ein "normales" Mikroskop schraubt man mal "so eben" auseinander. Ok, etwas oberflächlich gemeint: Man achtet zwar auf den richtigen Biteinsatz mit passender Schlitz-dicke und -breite, .... bei einer gebläuten Schraube ist es etwas gaaaaanz anderes. Muss ich diese Schraube überhaupt lösen?! Die hat vor 138 Jahren jemand eingeschraubt .... ein Stück Geschichte. Dann, was passiert, wenn ich abrutsche oder der Schraubendreher mit zu großem Klingenwinkel bei großer Kraftanstrengung den Schraubenschlitz staucht? Oh je, Angstzustände während der Demontage ; ), .... Olaf! .... welches Mittel gibt es dagegen? : )

nur Mut! Wenn's wirklich schief geht ist sie in wenigen Augenblicken überarbeitet und neu gebläut. - Und ja, plan/konkav geht beim Spiegel auch.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Lupus

Hallo Frank,

das mit dem Durchmesser der Blende und dem zugehörigen Objektiv darf man nicht zu eng nehmen, nach meiner Kenntnis gab es sowieso nur wenige Blenden als Zubehör (ich kenne nur drei), jedenfalls nicht für jedes der damals schon verfügbaren zahlreichen Objektive eine passende Blende.

ZitatFallen diese beweglichen und zentrierbaren Zylinderlochblenden von VIIa, die in dieser Ausführung näher am Präparat liegen als die Drehscheiben unter dem Tisch, bereits in die Zeit nach seinen Berechnungen und zeigen deren Vorstufe, oder war damit wirklich erst die Kondensorlinse gemeint?
Wie ist die Frage gemeint? Zur Zeit dieses Statives gab es bereits den Abbeschen Kondensor, aber nicht als Zubehör für das Stativ VIIa. Für das gab es nur einen einfachen Kondensor ohne Aperturblende, den man in die Hülse der Zylinderblenden stecken konnte und dessen wirksame NA durch die Höhenverschiebung eingestellt wurde. Die Zylinderlochblenden kann man m.E. nicht als Vorstufe des Abbeschen Beleuchtungsapparates ansehen, das war eigentlich nur die damals übliche Variante zu den drehbaren Lochblenden. So groß war übrigens der Abstand der drehbaren Lochblendenscheibe zum Präparat nicht, siehe Bild (für Stativ VIIb).

Hubert

Frank D.

Zitat von: olaf.med in Oktober 13, 2018, 17:44:35 NACHMITTAGS
...

nur Mut! ..

Nur Mut? ...... Ach ja, is ja nur 'n Zeiss. Da reicht Mut vollkommen aus! ;)
Ich melde mich bei Dir.


Hallo Hubert,

Du hast die Frage richtig verstanden und auch beantwortet. Ich war der Meinung, die zeitliche Reihenfolge wäre Drehblende, Zylinderblende und dann Kondensor.
Laut Zeiss "Geschichte der Mikroskopie" gab es den fokussierbaren Kondensor seit 1869, die Fertigung von durch Abbe gerechnete Optiken begann 1872. Ab wann das Stativ VII gebaut (nicht ausgeliefert) wurde ist mir nicht bekannt. Im Katalog von 1878 erschien es erstmals als Stativ III. Wenn man diesen zeitlichen Verlauf betrachtet, trifft Deine Aussage zu.

Herzliche Grüße
Frank

Lupus

Hallo Frank,

ZitatIch war der Meinung, die zeitliche Reihenfolge wäre Drehblende, Zylinderblende und dann Kondensor.
noch eine Ergänzung: Drehblenden und Zylinderblenden sind relativ alt, die gab es ja schon weit vor Abbe und anderen Herstellern. Und Kondensoren natürlich auch. Die Zylinderlochblenden waren in der Höhe verschiebbar und waren keine Leuchtfeldblenden, auch wenn sie ganz nach oben geschoben nur noch diese Funktion erfüllten. Sie dienten hauptsächlich als Aperturwinkelbegrenzung. Und daher gab es auch nur wie von mir schon erwähnt nur einen kleinen Satz von (max. 3?) solcher Blenden, man konnte sie ja durch verschieben in der Rohrfassung kontinuierlich an das Objektiv anpassen. Der zugehörige Kondensor zu diesen Blenden war der Hohlspiegel! Der kleine in der Höhe verschiebbare Kondensor für die gleiche Rohrfassung, den es z.B. für das Stativ VIIa als Ergänzung gab, war sozusagen die alternative Luxusausführung in Kombination mit dem Planspiegel.

Als Abbeschen Beleuchtungsapparat verstand man damals den komplexen Kondensoraufbau, der von Abbe 1873 vorgestellt wurde. Er hatte einen großen lichtstarken Kondensor (NA 1.2 bzw. dreilinsig mit NA 1.4), war höhenverstellbar, die Aperturblende mit Zahnstange seitenverstellbar, und alternativ zum Kondensor war die Halterung ebenfalls mit einem Einsatz mit Zylinderlochblenden ausrüstbar. Den gab es sicherlich kurz darauf im Angebot.

Hubert

Frank D.

Danke für die Ergänzung Hubert!

Jetzt bin ich in der Objektivwahl etwas freier. Wobei im Mikroskop wohl die mittlere der drei Blenden steckt.

Viele Grüße
Frank

beamish

Hallo Frank,

wenn du von Dr. Wimmer Antwort zur Historie deines schönen Mikroskop bekommst, werden auch sicher die damit ausgelieferten Objektive und sonstiges Zubehör aufgelistet sein.

Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Frank D.

So, ich habe von Zeiss Post bekommen!  :)

Einmal die Kopie des Illustrierten Katalogs über Mikroskope und Nebenapparate von 1879
und dann die Information zum Kunden:

Das Mikroskop wurde 1881 an den Kgl. Hof- und Instrumentenmacher Cornelius Knudsen in Kopenhagen geliefert.
Lt. Wikipedia lieferte die Firma neben optische Instrumente wie Höhenmeßgeräte, Ferngläser und Fernrohre auch Barometer, Hygrometer, Sextante, Kompasse und Schiffschronometer.
Knudson war ein Freund von Prinz William (der spätere König Georg I. von Griechenland).

Vielleicht bekomme ich ja noch eine Kopie aus den Lieferunterlagen.

Herzliche Grüße
Frank

Frank D.

#14
Hallo,

9 Monate später
ist es nun so vervollständigt, dass ich mein Stativ VIIa noch einmal zeigen möchte.
Über ein Auktionshaus konnte ich im Frühjahr das Trockenobjektiv AA inkl. Kapsel sowie ein Okular 4 mit Gravur auf der Steckhülse erstehen. Dann, Ende Juni, entdeckte ich in einem ebenfalls niederländischen Antiquitätengeschäft -diesmal in Egmond- ein etwas jüngeres Stativ VIIa aus dem Jahre 1887 und war mit einem Schlag um den noch fehlenden Spiegel, einem Objektiv D und dem Aufbewahrungskasten reicher.

Den anschließenden 5 km langen Strandrückmarsch ertrug ich dann ohne Jammern, wurde das Mikroskopgewicht ja durch die jetzt leere Brieftasche kompensiert.



Ein paar Cent ließen sich dann doch noch auftreiben, um den erfolgreichen Tag gebührend ausklingen zu lassen.

Herzliche Grüße
Frank