Botanik: Eine unerwünschte Schönheit - Rhus typhina *

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 19, 2018, 21:36:50 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

der Essigbaum hat mich schon immer gereizt, sowohl als Gartenpflanze (für unseren kleinen Garten ist er leider zu groß) als auch mikroskopisch. Ein Bahndamm-Exemplar auf meiner Laufstrecke hat dann den Ausschlag gegeben, sich einmal mikroskopisch mit spross und Blatt zu beschäftigen. Die Ergebnisse möchte ich hier vorstellen.

Wie immer zunächst ein wenig zur Pflanze selbst

Der Essigbaum oder Hirschkolbensumach (Rhus typhina L.; Syn.: Rhus hirta (L.) Sudw.) ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie Sumachgewächse (Anacardiaceae) und stammt aus dem östlichen Nordamerika. Er  wurde um 1620 erstmals in Europa eingeführt und ist wegen seiner ausgeprägten Herbstfärbung ein weit verbreitetes Ziergehölz. Die Blätter werden dabei gelb, später orange und im Oktober leuchtend karmesinrot. Sein deutscher Trivialname Hirschkolbensumach wie auch der englische Name staghorn sumac beruhen auf dem kennzeichnenden Merkmal der Art: den kräftigen, braunen und filzig behaarten jungen Zweigen, die an ein mit Bast bewachsenes Hirschgeweih erinnern.

Das natürliche Verbreitungsgebiet von Rhus typhina liegt im Osten der Vereinigten Staaten und Kanadas. Es erstreckt sich von Neu-Schottland und dem unteren Teil des Sankt-Lorenz-Stroms nach Westen bis nach Iowa und dem Huronsee, nach Süden entlang den Appalachen bis nach Georgia, Alabama, Mississippi und Florida. Als Ziergehölz für Gärten und Parks in Mittel- und Nordeuropa weit verbreitet, gilt er in Deutschland als in Einbürgerung befindlicher Neophyt. Für Österreich lautet die Angabe selten und zerstreut verwildert. In der Schweiz sind Produktion und Inverkehrbringung von Rhus thyphina verboten (Freisetzungsverordnung des Bundes (SR 814.911), Anhang 2).

Bild 1: Eine der Pflanzen in einer Aufnahme vom August diesen Jahres - alles noch schön grün


Auf nährstoffreichen Böden an sonnigen Südhängen West Virginias, Tennessees und Kentuckys findet die Art optimale Wuchsbedingungen. Dort findet man sie einzeln, in kleinen Gruppen oder Dickichten im offenen Gelände. Als Unterholz in Wäldern kommt sie nicht vor, dort fehlt das benötigte Licht. Der Essigbaum stellt nur geringe Ansprüche an den Boden, wächst sowohl auf Kalk als auch auf Urgestein und wird auch als Erosionsschutz auf nährstoffarmen, trockenen Standorten verwendet. Mit nasse, saure und kalte Böden kommt er allerdings nicht gut zurecht.

Bild 2: Ein 8 bis 10 Jahre alter Stamm


Der Essigbaum wächst als sommergrüner Strauch mit Wuchshöhen von meist 3 bis 5 Metern und kann in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet unter günstigen Bedingungen einen bis zu 12 Meter hohen, mehrstämmigen kleinen Baum bilden. Meist wächst diese Art strauchförmig mit breiten Kronen und kurzen, krummen Stämmen mit maximal 35 cm Stammdurchmesser (BHD). Auf nährstoffarmen, sandigen Böden kann die Pflanze zahlreiche Jungtriebe aus den dicht unter der Erdoberfläche wachsenden Wurzeln bilden, die sich zu kleinen Dickichten entwickeln und nicht selten bis über zehn Meter vom Stamm entfernt wuchern. Die Borke älterer Stämme ist grau und rissig, die Rinde älterer Äste ist mit zahlreichen orange-braunen Korkporen (Lentizellen) besetzt.

Das Holz ist leicht, weich und spröde. Es hat einen beinahe weißen Splint und einen grün gestreiften, orangefarbenen Kern. Die Gefäße sind in Gruppen angeordnet und neigen zur Vertyllung. Eine wenig bekannte Eigenschaft des Holzes ist seine Fluoreszenz. Unter UV-Licht zeigt es ein starkes neongelbes Leuchten (die Farbe kann variieren).

Bild 3: Leider ist keine Anregungsfrequenz angegeben, mit einer einfachen UV Taschenlampe lässt sich die Fluoreszenz leider nicht wirklich belegen (links Essigbaum, rechts Linde - Tilia spec.)


Der Essigbaum bildet im Kronenbereich keine Endknospen (Terminalknospen). Die kegelförmigen Winterknospen sind etwa 1 Zentimeter lang und dicht, braun filzig behaart; Knospenschuppen fehlen.

Die Rinde der jungen Zweige ist dicht braunfilzig behaart; die Zweige verkahlen nach drei bis vier Jahren. Sie haben ein rundes Mark von orange-brauner Farbe und enthalten einen weißen Milchsaft, der bei Verletzung austritt und an der Umgebung schwarz wird. Die Endtriebe schließen mit einem Blütenstand ab, das weitere Wachstum wird von Seitenknospen übernommen (sympodiale Verzweigung).

Bild 4: Ein dicht behaarter Zweig am Ende der aktuellen Wachstumsperiode

Aufnahme aus Wikipedia von User aha, CC BY-SA 3.0

Die wechselständigen Laubblätter sind 12 bis 60 Zentimeter lang und in Blattstiel sowie Blattspreite gegliedert. Die 5 bis 10 cm langen Blattstiele und die Blattspindel sind dicht weich behaart, auch die Adern der Blattunterseite sind behaart. Die unpaarig gefiederte Blattspreite besteht aus 9 bis 31 gegenständigen oder fast gegenständig angeordneten Fiederblättchen. Die Blattoberseite ist grün und etwas glänzend, die -unterseite weißlich. Nur das terminale Fiederblättchen ist gestielt. Die Länge der Blättchen liegt zwischen 8 und 12 cm, die Breite zwischen 2 und 3 cm, wobei die mittleren Fiederblättchen die größten sind. Die Form der Blättchen variiert von elliptisch bis länglich-lanzettlich, oft sind sie leicht sichelförmig. Die Basis ist rundlich, halbherzförmig und etwas ungleichmäßig geformt; das obere Ende läuft spitz zu. Der Blattrand ist ungleichmäßig gesägt, die Spitze jedoch ganzrandig. Der Essigbaum fällt besonders durch seine Herbstfärbung auf, die Blätter werden dabei gelb, später orangefarben und im Oktober leuchtend karmesinrot.

Bild 5: Ein Essigbaumbestand im Herbst

Aufnahme aus Wikpedia, von User AnRo0002, CC0

Der Essigbaum blüht im Frühsommer nach dem Austreiben der Blätter. Er ist zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch) und meist erscheinen die weiblichen Blüten etwa eine Woche vor den männlichen. Die Blüten stehen in endständige Blütenständen zusammen. Die männlichen Blütenstände sind gelbgrün, bis zu 20 cm lang und damit etwa ein Drittel größer als die kompakteren und rötlichen weiblichen Blütenstände. Jede Blüte hat ein 1,5 mm langes und 0,5 mm breites Deckblättchen, dessen Innenseite lang behaart ist. Die Einzelblüte ist fünfzählig. Der Kelch ist fünfzipfelig, außen behaart und innen kahl und hat eine Länge von 1,5 mm. Die Kronblätter sind weißlich bis gelblich-grün, 3,5 mm lang, 1,5 mm breit und behaart. Jede Blüte hat einen auffälligen, hellroten, dreilappigen Diskus. Der Stempel hat drei Narben, männliche Blüten haben fünf Staubblätter mit großen, orangefarbigen Staubgefäßen und einen verkümmerten Fruchtknoten.

Bild 6: Ein weiblicher Blütenstand


Bild 7: Ein männlicher Blütenstand

Aufnahme aus Wikpedia, von User Lubiesque, CC BY-SA 3.0

Die Früchte sind trockene Steinfrüchte, 4 mm lang, 4,5 mm breit und etwas abgeflacht. Sie sind im August ausgewachsen und werden im Herbst reif. Fruchtentwicklung ohne vorherige Befruchtung (Parthenokarpie) ist häufig. Die Früchte sind von einer dichten Schicht langer, roter Haare umgeben, der kleine, einsamige Steinkern ist hellbraun. Die orangebraunen Samen sind ca. 2,7 mm lang und 2 mm breit und enthalten kein Endosperm, also kein Nährgewebe für den Samen. Die Samen werden häufig von Vögeln verbreitet und keimen epigäisch. Das Tausendkorngewicht beträgt 11 g.

Alle Pflanzenteile sind giftig, wobei der Grad der Giftigkeit gering bzw. die Giftigkeit sogar fraglich ist. Die orale Aufnahme größerer Mengen führt zu Magen- und Darmbeschwerden, auf der Haut soll der Milchsaft zu Hautentzündungen führen, Spritzer in die Augen können Bindehautentzündungen auslösen.

Die Hauptwirkstoffe sind Gerbstoffe, Ellagsäure und der stark saure Zellsaft. Urushiole wie im Giftsumach sind nicht nachweisbar.

Bild 8: Die Früchte sind unter der dichten Behaarung kaum auszumachen


Der Essigbaum ist nicht nur eine Zierpflanze, die Pflanzenteile werden oder wurden auch anderweitig genutzt:
Für einige Indianerstämme war Rhus typhina von medizinischer Bedeutung. Die Wurzeln dienten als Mittel zur Blutstillung, die Früchte halfen gegen Erkrankungen der Lunge und der Tee aus der inneren Wurzelrinde linderte ,,innere Beschwerden". Die innere Rinde wurde zur Herstellung einer hellgelben Farbe für die Kriegsbemalung oder das Färben von Stoffen verwendet.
Ein als Indian Lemonade bezeichnete Erfrischungsgetränk wird aus Wasser und den Früchten des Essigbaums hergestellt und weist einen hohen Gehalt an Vitamin C auf. Die Früchte werden zuweilen bei der Essigherstellung verwendet.

Das Holz hat keine wirtschaftliche Bedeutung, eignet sich aber für die Kunsttischlerei.

Bild 9: Illustration von Johannes Simon Holtzbecher, 1649, gemeinfrei

Quelle: Wikipedia

Bedeutung hatte Rhus typhina jedoch als Quelle für Gerbstoff. Einen hohen Gehalt weisen vor allem die Wurzelrinde und die Fiederblättchen auf, wobei nur die Blätter genutzt werden. Sie enthalten vor dem Einsetzen der Herbstfärbung 27 bis 29 % Gerbstoff (bezogen auf das Trockengewicht), der sich gut zum Gerben von Leder eignet. In den USA und mehreren europäischen Ländern wurden besonders gerbstoffreiche Sorten (Spitzenwerte bis 42 %) angebaut. Dabei lagen die Erträge in Amerika bei etwa 140 kg je Hektar und Jahr, in Europa auch darüber. Sie liegen jedoch unter den Erträgen, die mit den Arten Rhus glabra und Rhus coppalina erzielt werden können. Zur Gerbstoffgewinnung wurde er in den USA, der ehemaligen Tschechoslowakei, in Russland, Ungarn und Deutschland angebaut. Heute gibt es noch Anbaugebiete in Pakistan.

In Europa dient der Essigbaum als beliebtes und verbreitetes Ziergehölz. Er wurde etwa 1620 nach Frankreich gebracht und ist 1621 in einem Pariser Garten als ,,Sumac de Virginiana" belegt. Ab 1628 kann er in Leiden, ab 1629 in London nachgewiesen werden. In Deutschland lässt er sich zuerst in einem herzoglich braunschweigischen Garten nachweisen, wohin er zwischen 1630 und 1651 gelangt ist, 1654 auch in Königsberg in Preußen. Doch wurde er bis Ende des 18. Jahrhunderts nur selten in botanischen oder anderen Gärten kultiviert. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde er in einem deutschen Verzeichnis als gewöhnliche Lustgebüsch-Pflanze geführt. Zur allgemeinen Verbreitung in Grünanlagen und Gärten gelangte er erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Gärtnerische Bedeutung haben die geschlitztblättrigen Formen: Rhus typhina 'Dissecta' mit tief eingeschnittenen Fiederblättchen und Rhus typhina 'Lacinata' mit zusätzlich stark zerschlitzten Hochblättern im Blütenstand.

Beschreibung aus Wikipedia.

Hier ein Thread von Hans-Jürgen zum Essigbaum:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=11132.0


Zur Präparation:

Geschnitten habe ich den frischen Spross und den Blattstiel freistehend und das frische Blatt in Möhreneinbettung auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je etwa 50 µm.

Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 24 Stunden wurden die Schnitte gut mit Aqua dest. ausgespült. Eine Bleiche z.B. mit Chloralhydrat war nicht notwendig.

Gefärbt habe ich mit frisch angesetztem W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller für 7 Minuten mit einmaligem kurzen Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt sowie mit Etzold FCA von Klaus Herrmann nach gleicher Prozedur.
Eine Beschreibung der Färbung findet Ihr hier: W3Asim II im Vergleich auf der Seite des MKB.
Nach der Färbung wurden die Schnitte in Aqua dest. für weitere 3 Stunden mit mehrmaligem Wechsel sanft differenziert.

Interessant: Spross und Blattstiel habe ich wenige stunden nach der Probenahme geschnitten. Die Blattspreite mit den Fiederblättchen hingegen hatte ich für 12 Tage (sic!) zusammen mit etwas angefeuchtetem Küchenpapier in einem dichten Folienbeutel bei mäßigem Lichteinfall auf meinem Arbeitstisch. Das Material hat darunter nicht gelitten, ich konnte es ohne Einschränkungen präparieren.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - wie immer in Euparal.


Zur verwendeten Technik:

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan, den 10x, 20x und 40x PlanApos und dem 100x PlanFluotar entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Nun zu den Schnitten

Es wird wieder etwas länger, ich muss aufteilen ...
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Fahrenheit

#1
... und weiter gehts:

Nun zu den Schnitten

Beginnen wir mit dem Spross!

Wie oben beschrieben, ist der junge Spross von Rhus typhina zunächst stark behaart, bevor er mit dem Alter verkahlt und dann die typisch graubraune rinde zeigt. Ich habe hier einen Spross aus der aktuellen Wachstumsperiode genommen, der noch seine Haare trägt.

Bilder 10a-d: Sprossquerschnitt von Rhus typhina in der Übersicht, Bilder 10a&b ungefärbter, frischer Schnitt, Bilder 10c&d gefärbt nach W3Asim I von Rolf-Dieter Müller, Bilder 10b&d mit Beschriftung.





Wir sehen einen Querschnitt, der schon in der Übersicht einige Auffälligkeiten zeigt. Da sind zunächst die auffälligen Sekretgänge (SG) im Rindenparenchym, etwas größer über den Ursprünglichen Leitbündeln, kleinere dann oberhalb des Leitbündelrings verteilt. Diese enthalten den für den Essigbaum typischen Milchsaft und geben ihn bereitwillig ab, wenn der Spross verletzt oder geschnitten wird.
Auch auffällig ist die Gewebeabfolge: von außen nach innen haben wir die Epidermis mit der Cuticula (Ep & Cu), eine mehrlagige Hypodermis (Hyp), gefolgt von einem ebenfalls mehrreihigen, ziemlich massiven Kollenchym (Kol), dem Rindenparenchym (RP) und dann dem Leitgewebering, in dessen äußeren, nur schwach verholzten Sklerenchym-Kappen die oben angesprochenen Milchröhren liegen.
Darunter geht es mit Phloem (Pl), Cambium (Ca), Xylem (Xl), primärem Xylem (pXl) und dem innen liegenden Markparenchym (MP) wie gewohnt weiter.
Und dann sind da natürlich auch die Trichome, von denen wir drei Typen unterscheiden können: lange und kurze mehrzellige Haare und Drüsenhaare mit einer Verdickung am Ende, die wir uns noch genauer ansehen werden. Der erfahrene Mikroskopiker erkenn oder erahnt zumindest bereits auf dieser Vergrößerungsstufe: es gibt jede menge Calciumoxalat-Drusen - hier noch nicht beschriftet.
Informationen zu den Abkürzungen in den beschrifteten Bildern 10b&d sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Im Folgenden schauen wir etwas genauer hin, wobei auch die Etzold FCA Färbung von Klaus und der Polarisationskontrast zum Einsatz kommen.

Bilder 11a-f: Der Außenbereich des Sprosses in höherer Vergrößerung. Bilder 11a&b vom frischen Schnitt, Bilder 11c&d W3Asim I, Bilder 11e&f Etzold FCA. Die Bilder 11b&d mit Beschriftung, Bild 11f im Polarisationskontrast.







Hier also die gleichen Strukturen wie in den Bildern 10, aber deutlicher zu erkennen. Insbesondere die Zellen des Kollenchyms treten nun deutlich hervor und wir sehen, dass die Zellen des darunterliegenden Rindenparenchyms grüne Chloroplasten eingelagert haben. Drusen und Sklerenchyme sind nun auch deutlich zu erkennen, erste insbesondere im Bild 11f unter Polarisationskontrast.
Am Rande der Sekretgänge oder Milchröhren erkennen wir eine geschlossene Schicht Drüsenepithel und es zeigt sich, dass das Phloem im Vergleich eher schmal ausfällt.
Auffällig auch die Querstreifen in der Hypodermis, die in beiden Färbungen vorhanden sind, aber unterschiedlich ausfallen. Hier fehlt mir ein Erklärungsansatz, Artefakte schließe ich ob der Regelmäßigkeit und dem Auftauchen in beiden Färbungen aus.

Die folgenden Bilder zeigen einen Ausschnitt aus dem Leitgewebe, im Bild jeweils eines der ursprünglichen Leitbündel, die nun im Leitgewebering integriert sind.

Bilder 12a-f: Bilder 12a&b W3Asim I, Bilder 12c&d Etzold FCA, Bilder 12e&f Polarisationskontrast, Bilder 12b, d & f mit Beschriftung.







Außen an die Bündel schließen die Sekretgänge an, in den Aufnahmen im Polarisationskontrast sind die Drusen gut zu erkennen.

Nun werfen wir einen Blick auf einen der großen Sekretgänge:

Bilder 13a,b: Sekretgang, Färbung Etzold FCA, Bild 13b mit Beschriftung



Der Gang ist von einem dichten, mehrlagigen Ring aus kleinen Zellen umgeben und mit einem Drüsenepithel ausgekleidet, dessen Zellen sich durch die dünneren Zellwände, das größere Lumen und die hellere Färbung abheben. Interessant sind die dunkler gefärbten Bänder zusammengedrückter Zellen (???), eventuell disfunktionales Phloem?

Bevor wir den Spross verlassen, lohnt es sich, noch einmal bei den Drüsenhaaren vorbei zu schauen:

Bilder 14a-e: Drüsenhaar, 14a&b frischer, ungefärbter Schnitt, 14c&d W3Asim I, Bild 14e Etzold FCA; Bilder 14b&d mit Beschriftung




 

Die Drüsenhaare haben arg unter der Präparation, insbesondere der Entwässerung gelitten. Die Aufnahmen vom ungefärbten Schnitt kommen der Realität am nächsten. Dort sind sogar noch Ölbläschen innerhalb der Zellen im Köpfchen des Haares zu sehen.


Der Blattstiel

Wenden wir uns also dem Blattstiel des gefiederten Blattes zu. Der Schnitt erfolgte am basalen Ende unterhalb des ersten Fiederpaares.

Bilder 15a,b: Der Blattstiel im, frischen, ungefärbter Schnitt; Bild 15b mit Beschriftung



Auch hier finden wir, analog zum Spross, Sekretgänge (Milchröhren), Chloroplasten in den Zellen des Rindenparenchyms und Trichome. Allerdings fehlt die Hypodermis zwischen Epidermis und Kollenchym und es gibt keine Drüsenhaare.

Die gefärbten bilder verdeutlichen die genannten Strukturen:

Bilder 16a-g: Bilder 16a&b Übersicht in W3Asim I, Bilder 16c&d Detail in der gleichen Färbung, Bilder 16e&f Etzold FCA und 16g die gleiche Stelle im Polarisationskontrast. Bilder 16b, d & f mit Beschriftung








Das erwartete Bild, aber in allen Aufnahmen zeigen sich Sekretgänge auch innerhalb des Leitbündelrings im Markparenchym unterhalb des primären Xylems und die Zellen der Sklerenchymkappen sind stärker verholzt.

Bilder 17a-h: Leitbündel und innen liegende Sekretgänge in beiden Färbungen und unterschiedlichen Vergrößerungen, Bilder 17b, d, f & h mit Beschriftung, Zuerst 4 Bilder W3Asim I, dann ähnliche Ausschnitte in Etzold FCA









Wir finden den gleichen Aufbau wie im Spross, mit den bereits oben angesprochenen Abweichungen. Auch ist zwischen Phloem und Xylem kein Cambium zu erkennen.

Bilder 18a,b: Sklerenchymkappe, Färbung W3Asim I, Bild 18b mit Beschriftung



Die Mittellamellen der Zellen der gezeigten Sklerenchymkappe sind recht gut verholzt, in den Zellen selbst zeigen die Zellwände aber eine unverholzte, eher faserartige Struktur. Unterhalb der Kappe liegt zusammengedrückte Zellen disfunktionalem Phloems (Dis Pl) aber auch oberhalb der Kappe liegen solche gequetschten Zellen im Rindenparenchym (???).


Das Fiederblättchen

Bild 19: Übersicht vom frischen, ungefärbten schnitt ohne Beschriftung


Wir sehen ein ausgeprägtes Assimilationsparenchym und in der Mittelrippe des Fiederblättchens auch wieder Sekretgänge bzw. Milchröhren. Beides schauen wir uns im Folgenden genauer an.

Bilder 20a-e: Die Mittelrippe in unterschiedlichen Vergrößerungen. Bilder 20a&b frischer, ungefärbter Schnitt, Bilder 20c-e W3Asim; Bilder 20b&d mit Beschriftung






Die Mittelrippe wird oben und unten von Kollenchymen versteift, es finden sich wieder Drusen im Rindenparenchym der Mittelrippe sowie im Schwammparenchym. Die Zellen des Assimilationsparenchyms sind lang gestreckt und vergleichsweise dünn.
Sekretgänge sind oberhalb und unterhalb der Leitgewebestrukturen erkennbar und oberhalb des größeren Leitgewebeanteils in klassischer Orientierung (Xylem oberhalb des Phloems) finden sich kleinere Bereiche mit gespiegelter Struktur, dort liegt das Phloem oberhalb des Xylems. Etwas unkonventionell, aber in Blattstielen und Mittelrippen durchaus häufig anzutreffen.

Bilder 21a-e: Blattspreite im ungefärbten, frischen Schnitt (Bilder 21a,b), im Polarisationskontrast (Bild 21c) sowie gefärbt mit W3asim I (Bilder 21d&e); Bilder 21b6e mit Beschriftung






Das Assimilationsparenchym nimmt etwa zwei Drittel des Durchmessers im Querschnitt ein. Zwischen ihm und dem Schwammparenchym liegen Nebenleitbündel und gelegentlich auch ein kleiner Sekretgang. Die Stomata sind sehr klein und leider habe ich keines wirklich fotogen angetroffen. Daher muss ich dazu passen.
Auffällig sind die auftretenden Häufungen von Calciumoxalat-Drusen am unteren Blattrand, die in der Pol-Aufnahme schön hervortreten. Durch die Verschiebung der Epidermiszellen wird die feine, dreidimensionale Struktur der Cuticula sichtbar.

Vielen Dank fürs lesen des doch wieder recht umfangreichen Artikels. Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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rhamvossen

Hallo Jörg,

Vielen Dank für diesen wunderschöne und interessante Beitrag! Die Bilder sind phantastisch. Beste Grüsse,

Rolf

Rawfoto

Hallo Jörg

Absolut umfangreicher, informativer Beitrag - Hut ab, echt gelungen  :)

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

Lieber Rolf, lieber Gerhard,

vielen Dank für Euer Lob, über das ich mich sehr freue!

@ all

Im Bild 3 habe ich ja versucht, die beschriebene Fluoreszenz Des Essigbaumholzes darzustellen, was eher misslungen ist. Vielleicht mag sich jemand mit besserer Ausstattung einmal daran versuchen?

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Bob

Hallo Jörg,

vielen Dank für diese interessante und anschauliche Ausarbeitung! Dieses Format der Informationsvermittlung finde ich klasse: Vom Überblick bis ins Detail, alles leicht nachvollziehbar, dazu viel Hintergrundinfos, die das Ganze lebendig machen. Als Leser fühlt man sich richtig freundlich zum Lesen eingeladen.
Die Arbeit hat sich gelohnt, ich freue mich immer über Deine tollen Beiträge und das geht anderen sicherlich auch so.

Viele Grüße,

Bob

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ein exzellenter Beitrag, mit richtig viel Mühe und Liebe geschrieben.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Bob, lieber Hans-Jürgen,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob! Bei solchem Feedback nimmt man die Mühe gerne auf sich.
  :D

Herzliche Grüße
Jörg
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Bob

Hallo Jörg,
Deine tollen Beiträge sind für mich immer ein besonderes Vergnügen.
Da es jedem klar sein sollte, dass da eine ungewöhnlich große Menge Arbeit drin steckt, finde ich es schon sinnvoll, die einene Schüchternheit mal beiseite zu schieben, und einfach mal mitzuteilen, dass man den Beitrag sehr wertschätzt. Den anderen Lesern wird Dein Beitrag überwiegend auch sehr gefallen haben, aber bei den meisten musst Du Dir das denken. :o
Da wird man als Autor eines sehr aufwändig gemachten Beitrags am Ende noch unsicher, ob der Aufwand sich lohnt, und das wäre ja schade für das Forum.

Viele Grüße,

Bob

Wutsdorff Peter

Auch von mir als Laie und nur "Inschenör" ein dickes Lob.
gruß Peter

Fahrenheit

Lieber Peter,

auch Dir herzlichen Dank für Dein Lob!

Lieber Bob,

danke nochmals für Dein großes Lob und auch danke, dass du hier eine Lanze brichst, aber ich denke, ich kann mich über die Aufmerksamkeit, die meine Beiträge erzeugen, nicht beschweren.
Dabei freue ich mich allerdings auch immer über lobende Kommentare. Sie sind so etwas wie "Künstlerbrot" in der Forenwelt.

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg

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Klaus Herrmann

Zitatlobende Kommentare. Sie sind so etwas wie "Künstlerbrot" in der Forenwelt.

Lieber Jörg, obwohl es mir widerstrebt nur zu sagen Toll gemacht, wenn ich sonst nix fachliches dazu beitragen kann; will ich hier ausdrücklich von meinem Prinzip abweichen: Ich sag mal einfach erste Sahne diese gewaltige Arbeit. Von dieser Qualität zehrt das Forum! Wobei du natürlich nicht der Einzige bist, aber schon ein besonders bemerkenswerter! :)

Die Trichome sind wahrhaftige Kunstwerke, habe ich so noch nie so schön gesehen!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Fahrenheit

Lieber Klaus,

auch dir ganz herzlichen Dank für Dein Lob!

Ebensolche Grüße
Jörg
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d65

Der Thread ist ja nun schon älter, aber seit dem geht mir immer wieder durch den Kopf, dass ich noch einen Querschnitt des Essigbaums unter's Fluoreszenzmikroskop legen wollte. Nachdem ich in der Nähe einige Essigbäume entdeckt habe, und ich am Mikroskop eh was ausprobieren wollte, war die Gelegenheit gegeben.

Von einem ca 5 mm dicken Ästchen habe ich mit der Rasierklinge ein Scheibchen abgeschnitten und mit dem 5x0.15 Objektiv aufgenommen, mit mehreren Kacheln, wobei jede Kachel einen Stapel enthielt. Kacheln verschmelzen und Extended Depth of Field wurde mit Leica LASX-Software berechnet. Es sind 4 Kanäle im Bild übereinandergelagert, blau (um 440), grün (um 520), orange (590) und tiefrot (700). Tiefrot hatte ein 1/10 der Belichtungszeit der anderen. Anschließend wurde die Helligkeit aller 4 Kanäle angepasst.

Wie Jörg schon vermutet hat, zeigt der Essigbaum kräftige Fluoreszenz.

Liebe Grüße

Steffen

Fahrenheit

Lieber Steffen,

vielen Dank für die Aufnahme! Kannst Du auch sagen, was da fluoresziert? Ich denke, im Rindenparenchym sehen wir hier die Eigenfluoreszenz des Chlorophylls und die Fluoreszenz der Sklarenchyme lässt sich auch erklären. Aber da müsste ja noch mehr sein.

Herzliche Grüße
Jörg
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