Der koloniebildende Kragenflagellat Sphaeroeca volvox

Begonnen von Bernd, Januar 02, 2019, 19:09:15 NACHMITTAGS

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Bernd

Liebes Forum,

letzte Woche habe ich in einer Pfütze auf einem Weg durch Nadelwald am großen Feldberg (Hessen) Sphaeroeca volvox LAUTERBORN gefunden. Hier Fotos (alles DIC) der Kolonien





und ein Ausschnitt aus dem ersten Foto, auf dem die Zugehörigkeit zu den Kragenflagellaten deutlich zu sehen ist



Zur Erklärung die Beschreibung Lauternborns, der wirklich nichts hinzuzufügen ist:
,,Die Kolonien von Sphaeroeca bestehen aus einer sehr hyalinen Gallerte, welcher ich in der Regel einzellige Algen, encystirte Chrysomonadinen und Bakterien eingelagert fand. Ihre Größe schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen (120-200 µ); die größeren Kugeln sind schon mit freiem Auge oder doch sicher mit der Lupe wahrzunehmen. Solche Kolonien enthalten dann mehrere Hundert Einzelindividuen, die alle radiär in die Gallertkugel eingepflanzt sind. Sie besitzen, wie Fig. 2 zeigt, einen rundlich birnförmigen Körper von 8-12 µ Länge, der sich hinten in einen stets mehr oder weniger deutlichen Stiel fortsetzt. Die Länge desselben übertrifft die des Körpers um das Doppelte; ein Zusammenhang der Stiele im Centrum der Kugel wurde niemals beobachtet. Am Vorderende trägt jede Flagellate einen ziemlich hohen zarten Kragen, der sich an seinem freien Rande nur wenig verbreitert und eine lange Geißel von etwa fünffacher Körperlänge umschließt. Die innere Organisation der Monaden bietet keine Besonderheiten dar. Ein zwischen Mitte und Vorderende gelagerter Kern von »bläschenförmigem« Bau mit großem Nucleolus ist stets schon im Leben deutlich zu beobachten; hinter ihm liegt die kontraktile Vacuole. Sonst finden sich im Plasma noch zahlreiche kleine Kügelchen, welche bei hoher Einstellung hell und glänzend, bei tiefer dunkler erscheinen.
Gewöhnlich sieht man die Kugeln von Sphaeroeca Volvox unter rotirenden Bewegungen langsam durch das Gesichtsfeld des Mikroskopes dahingleiten; wenn sie stille liegen, werden die langen Geißeln in der Regel stabförmig ausgestreckt. Beim geringsten Druck schwärmen die Flagellaten aus ihrer gemeinschaftlichen Gallerte aus und schwimmen frei im Wasser umher."

Lauterborn, R. (1899). Protozoen-Studien IV. Theil. Flagellaten aus dem Gebiete des Oberrheins. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 65: 369-391, pls XXVII, XVIII.

Viele Grüße und ein gutes neues Jahr,
Bernd

Ole Riemann

Hallo Bernd,

ein fulminanter Start im neuen Jahr - besten Dank für diese eindrucksvollen Fotos eines offenbar recht seltenen Objektes.

Viele Grüße

Ole


Martin Kreutz

Hallo Bernd,

vielen Dank für diesen sehr schönen Beitrag! Außergewöhnlich gute gelungene Fotos! Besonders das dritte Bild mit allen Details gefällt mir sehr gut. Ich habe mich auch schon öfters an Sphaeroeca volvox versucht, aber es nie so gut geschafft. Ich weiß um die Probleme. Bei zunehmender Schichtdicke, wenn man in einen Bereich für Ölimmersion vorstößt, blähen sich die Zellen auf und/oder werfen das Flagellum ab. Offensichtlich hast Du die richtige Balance gefunden. Interessant, dass Du diese Art jetzt im Winter gefunden hast. Ich finde sie meist im Frühjahr und Sommer. Vielleicht der Klimawandel!?

Martin 

Florian D.

Sehr interessante Bilder unserer nächsten Verwandten unter den Protisten!

Gruss,
Florian

Manfred Melcher

Hallo Bernd,

ein sehr schöner Bericht über einen Organismus, den ich bisher auch noch nicht beobachten konnte. Die Bilder sind hervorragend!
Was Fundobjekte angeht, scheint es dieses Jahr keine Winterpause zu geben.

Vielen Dank!

Liebe Grüße
Manfred

Richard Scholz

Hallo Bernd,
wunderbare Aufnahmen eines eher selten gezeigten Flagellaten! 
Besonders beeindruckt mich, dass deine Dokumentation den Formenreichtum der Einzelzellen von sphärisch bis langezogen zeigt.
Entstanden die Aufnahme mit dem ,,neueren" Zeiss-DIC  ?

Beste Grüße

Richard