Botanik: Kaukasus-Fichte Picea orientalis; die Fichte mit den kürzesten Nadeln!*

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Januar 04, 2019, 10:57:17 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

etwa 35 Arten gehören zur Gattung Picea, weit verbreitet in der borealen (lat. borealis für ,,nördlich") Nadelwaldzone und in Gebieten der südlicheren gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel (südlich bis Mexiko, Himalaja und Taiwan) größte Artenvielfalt in China und Japan.

Bild 01 Kaukasus-Fichte Picea orientalis

Quelle: Original image, Urheber: Karduelis

Systematik:
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Piceoideae
Gattung: Fichten (Picea)
Untergattung: Picea
Art: Kaukasus-Fichte
Wissenschaftlicher Name: Picea orientalis
Volkstümliche Bezeichnung: Orient-Fichte, Morgenländische Fichte und Sapindus-Fichte und Kaukasus – Fichte.
Englischer Name: Caucasus spruce

Das an den Zweig-Spitzen austretende Harz nennt man Sapindus-Tränen.
Der Name Picea lat. = harzhaltiges Nadelholz wie Fichte und Kiefer, zurückgehend auf ,,piceus" = pech-, harzhaltig, aber auch indogermanische Wurzeln: ,,pik" = Pech, Harz bzw. ,,pit" = Fichte und andere Nadelbäume.
Diese Art wurde 1763 unter dem Namen Pinus orientalis durch Carl von Linné in Species Plantarum, 2. Auflage, 2, S. 1421 erstveröffentlicht.

Bild 02 Picea orientalis mit gelblichen Nadeln an den jungen Zweigen und Zapfen

Urheber: Elektryczne jab?ko

Die Nadeln stehen dicht, zweigoberseits radial, unterseits mehr oder weniger gescheitelt
Die Zapfenschuppen sind rhombisch mit welligem oder zerfressenem Rand.
Die Kaukasus-Fichte ist ein immergrüner Baum, der Wuchshöhen von bis zu etwa 33 Metern, in seiner natürlichen Heimat bis zu 60 Metern erreicht. Der Stamm kann einen Durchmesser von 1,1 Metern erreichen. Die Baumkrone ist schmal kegelförmig; die langen Leittriebe sind häufig krumm und gedreht. Die Borke ist braun, weist wenige Risse auf und neigt dazu, sich in Schuppen abzulösen. Die Rinde der Zweige ist erst weißlich, später hellbraun bis orange-braun und behaart. Die Knospen sind klein und rotbraun.
Die steifen, vorne abgerundeten, vierkantigen Nadeln sind glänzend dunkelgrün. Mit 5 bis 8 mm Länge sind sie die kürzesten von allen Fichten-Arten.
Die Kaukasus-Fichte ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die männlichen Zapfen sind zuerst dunkelrot, beim Stäuben dann gelb und sitzen an den Enden kleiner Zweige. Die weiblichen Zapfen wachsen bei jüngeren Bäumen fast ausschließlich nahe am Gipfel, bei alten Bäumen dagegen in der ganzen Baumkrone verteilt. Die hängenden, reifen Zapfen sind etwa 7 cm groß, gekrümmt, spitz, braun und harzig. Die Samen sind geflügelt.
Die Kaukasus-Fichte ist im nördlichen Kleinasien heimisch, vor allem aber im dortigen Pontischen Gebirge sowie im Kaukasus. Im Gebirge bildet sie bis zu einer Höhenlage von 2000 Metern dichte Wälder aus. Obwohl bereits im 18. Jahrhundert von der europäischen Wissenschaft entdeckt, wurde die Kaukasus-Fichte erst gegen 1840 nach Europa gebracht. Sie wird heute in den Gemäßigten Breiten in Gärten und Parks als Ziergehölz verwendet, nicht als Forstgehölz.

Bild 03 Schnittstelle, Spross, Picea orientalis mit Nadeln und Zapfen

Urheber: MPF

Die Blattorgane sind nadelförmig und bleiben mehrere Jahre am Baum. Sie entspringen einem Stielchen, der nach dem Nadelfall am Zweig verbleibt und dem kahlen Zweig eine rauhe Oberfläche verleiht.
Die Nadel ist vierkantig mit Stomata auf allen 4 Seiten.

Teil 1 Nadelblatt, Querschnitt, 20 µm

Zunächst einmal drei Bilder von ungefärbten Schnitten.

Bild 04 Übersicht, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 05 Stomata, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Ein Stoma oder eine Spaltöffnung ist eine Pore in der Epidermis von Pflanzen.

Bild 06 Harzkanal, Kaukasus-Fichte Picea orientalis


 
Bild 07 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 08 Negativ, Übersicht, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 09 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 10 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr     abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute und 15 Sekunden.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1
verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem          Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10 Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000.

Bild 11 Übersicht, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 12 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



CU= Cuticula, EP = Epidermis, HY = Hypodermis

Bild 13 Vergrößerung Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 14 Leitbündel, mit Beschriftung, Vergrößerung aus der Übersicht, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



E = Endodermis, XY = Xylem, TT= Transfusionstracheiden, PH = Phloem, ST = Strasburgerzellen, T = Transfusionsparenchym, FP = Faltenparenchym ist ein Synonym für Armpalisaden

Die Strasburgerzelle ist eine proteinhaltige Parenchymzelle im Phloem der Nacktsamer und Farne. Sie übernimmt dort die Rolle der Geleitzelle der Bedecktsamer. Man geht davon aus, dass die Strasburgerzelle den Stoffwechsel der Siebzellen unterstützt und für den aktiven Stofftransport zwischen der Siebzelle und dem umgebenden Transformationsparenchym verantwortlich ist.
Transfusionsparenchym ist das Parenchym zwischen Leitgewebe und Endodermis und besteht aus lebenden Parenchymzellen, den drüsenartigen Strasburgerzellen und dem Transfusionstracheiden.


Bild 15 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis




Bild 16 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 17 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 18 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

Teil 2 Spross, Querschnitt, 20 µm

Bild 19 Schnittstelle, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Sechs Bilder von ungefärbten Schnitten.

Bild 20 Übersicht, negativ Aufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 21 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 22 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 23 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 24 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 25 Vergrößerung Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 26 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 27 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 28 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis


Bild 29 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 30 Autofluoreszenz, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf
:
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute und 30 Sekunden.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1
verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10 Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000.

Bild 31 Übersicht mit Beschriftung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



MP = Markparenchym, PH = Phloem, XY = Xylem, J = Jahresringgrenze, ST = Markstrahl, H = Harzkanal, RP = Rindenparenchym

Bild 32 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 33 Vergrößerung Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 34 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 35 Vergrößerung, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 36 Abschlussgewebe, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Bild 37 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 38 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Kaukasus-Fichte Picea orientalis



Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
G. Aas, ,,Bäume", ISBN: 3-7742-1016-0
P. Schütt, "Lexikon der Nadelbäume", ISBN: 13:978-3-933203-80-9
P. Schütt, ,,Lexikon der Baum- und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
A.Schmidt, ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Doch zunächst einmal wünsche ich viel Freude beim Lesen.

Hans-Jürgen


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Gerne per "Du"

Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

da startest du ins Neue Jahr mit einem wunderbaren emmissionsfreien "Feuerwerk". Eine Freude diese sorgfältige Arbeit zu lesen. Die alte Wacker W3A - mit leichter Abweichung der ürsprünglich von Robin veröffentlichten Prozedur - ist immer noch sehr attraktiv!

Kritik möchtest du auch haben? Na gut: um alle diejenigen, die es nicht so gut können mal nicht zu deprimieren könntest du vielleicht mal was bringen, wo du schlampig gearbeitet hast. ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

JoachimHLD

Lieber Hans-Jürgen,
wieder einmal eine tolle Dokumentation von Dir!
Hast Du keine Probleme mit dem Harz gehabt oder was hast Du dagegen gemacht?
Ich frage weil ich bei einem Sproß-Querschnitt einer Nordmanntanne massive Probleme mit der Einmalklinge hatte wo das Harz alles verklebt hat und die frischen Schnitte nach der Fixierung in AFE eine klebrige Schleimschicht auf der Oberfläche hatten die sich nur schwer entfernen lies (96% Ethanol).
Herzliche Grüße
Joachim

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für die wieder sehr schöne Arbeit! Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie unterschiedlich doch gerade die Nadeln der verschiedenen Coniferales gebaut sind während sich die Sprosse meist sehr gleichen.

Natürlich gelistet!

Herzliche Grüße
Jörg
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Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Wutsdorff Peter

Hallo Hans-Jürgen,
auch von mir als Laie spreche ich Dir wieder meine Berwunderung aus!!
Einfach suuuper.
Gruß vom Inschenör Peter aus Lorsch

Jürgen Boschert

Lieber Hans-Jürgen,

einfach toll, Deine Arbeit. Vielen Dank für´s Zeigen.

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

Fahrenheit

Lieber Joachim,

von mir noch ein kleiner Nachschlag zum Thema Harze. Ich setze nach dem Fixieren in der Regel Klorix (1:4 mit Aqua dest. verdünnt - in Ermangelung von Eau de Javel) ein, wenn die Proben harzhaltig sind. Meist reicht das.

Die "Schleimschichten kenne ich auch, sie sind sehr hartnäckig und der Zufall hat gezeigt, dass sie beim Eindecken in Malinol in der Xylolstufe zumindest teilweise verschwinden, wenn nach der Bleiche noch etwas übrig geblieben ist.

Allerdings hatte ich bisher noch nichts unter dem Messer, dass schon beim Schnitt unter Ethanol so heftig geharzt hat, wie von Dir beschrieben. Daher bin ich an den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen interessiert: wie geht Ihr mit verharzten Proben um?

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Klaus, Joachim, Peter, Jürgen und Jörg,

danke für Euer Feedback zur Kaukasus – Fichte.

@ Klaus,
jeder, der hier im Forum etwas veröffentlicht gibt sein Bestes.
Du möchtest sicher nicht wissen was bei mir im Laufe der Zeit in der ich mikroskopiere schiefgelaufen ist, aber man lernt durch seine Fehler.
Letztendlich ist alles Übungssache.

@ Joachim und Jörg,
meine Pflanzenproben liegen lange in AFE II, frische Schnitte erstelle ich selten.
Die Schnitte von der Kaukasus – Fichte sind nicht gebleicht.
Das Problem, das Harz die Einwegklinge verklebt kenne ich nicht.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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