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Nutzen im Alltag

Begonnen von ammererlutz, Januar 04, 2019, 19:47:37 NACHMITTAGS

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ammererlutz

als kleines Beispiel des heute kaum mehr angewandten Nutzens mikroskopischer Technik im medizinischen Alltag :

hier ein etwa 6 Wochen zurückliegender interessanter Fall: eine etwas verdächtig aussehnde Rachenmandel, im Abstrich dann doch etwas überraschend (s. Nativ-Bild und gefärbt) Treponema Vincenti als Übeltäter.  ( im Gram gefärbten Präparat sind auch etliche Staphylokokken vertreten, die im Nativ-Präparat, das oft gewisse Vorteile hat, da schneller verfügbar, aber vernachlässigbar selten ins Blickfeld kamen)

Der Einsatz von Penicillin wäre auf Grund des klinischen Befunds ohne die mikroskopische Diagnostik nicht wirklich sicher indiziert gewesen, das Resultat wäre aber eine äußerst unangenehme Plaut-Vincentsche Angina gewesen:
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

ImperatorRex

Vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag.
Eine vielleicht etwas naive Frage als medizinischer Laie: Ich habe beim Untersuchen von Zahnbelag/Zahnschleim auch Spirochäten im Präparat gefunden. Ist die Diagnose "Treponema Vincenti" insofern eindeutig, oder könnte es sich dabei auch um "harmlose" Spirochäten aus dem Speichel handeln?
viele Grüße
Jochen

ammererlutz

#2
mikroskopisch lassen sich Spirochäten im Zahnbelag in der Regel durch einen etwas "massigeren" Zellkörper von den sehr feinen Treponemen unterscheiden. Wichtig ist natürlich das klinische Bild: ein beginnender Belag auf einer Tonsille lässt einen gezielt nach pathogen relevanten Keimen wie Streptokokken sehen, fusiforme Bakterien ( sehr häufig im Zahnbelag)  und Treponemen gehören zu den selteneren "Gästen" in den Tonsillen.
Treponemen sind meist sehr zarte und schlecht anfärbbare Bakterien, daher sind die beiden Fotos hier auch mit DIC, besonders gilt das natürlich für den übelsten Vertreter der Gattung, Treponema pallidum, differentialdiagnostisch muss man auch an diesen Erreger denken, jedoch ist ein Ulcus durum an einer Tonsille in unseren Zeiten doch sehr unwahrscheinlich, jedoch nehmen Fälle an Syphilis wieder deutlich zu.
In der Regel entscheidet also die Morphe der Keime in Zusammenschau mit dem klinischen Bild die Diagnose und die eventuelle Identifizierung der Bakterien. Im Zweifelsfall bleibt natürlich nur die Bakterienkultur und biochemische Identifizierung und Kassifizierung, die mikroskopisch ja nicht möglich ist.
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Peter V.

Hallo Lutz,

interessant! Danke für den Beitrag.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass in Deutschland ein Allgemeinmediziner auf die Idee käme, einen Tonsillenabstrich zu entnehmen und selbst zu untersuchen.

Herzliche Grüße
Peter


Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.