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Bursaria truncatella

Begonnen von RainerM, Januar 17, 2019, 10:56:13 VORMITTAG

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RainerM

Liebe Mikrokollegen,

in einer Probe aus einem nahe gelegenen Waldtümpel fand ich vor wenigen Tagen einige Exemplare von Bursaria truncatella. Dieser riesige Ciliat kann Längendurchmesser von über 1 mm erreichen, ist dann also auch mit bloßem Auge sichtbar; unter der Sterolupe gleitet er majestätisch mit langsam drehenden Bewegungen durchs Wasser. Die mikroskopische Beobachtung ist jedoch nicht einfach, da B. truncatella sehr empfindlich auf Deckglasdruck reagiert. Vor einer Reihe von Jahren hat Gerd Helbig das ultimative Foto dieses Einzellers hier gezeigt:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12112.0

Ohne damit konkurrieren zu wollen und zu können, möchte ich ein paar Bilder hinzufügen und auf einige Spezifika des ,,Beuteltierchens" aufmerksam machen. Das gezeigte Tier war etwa 350 x 200 µm groß, gehörte also zur sog. ,,kleinen Varietät" (die große misst nach Foissner 500-1000 x 300-600 µm).
Wie der deutsche Name schon sagt, hat es die Form eines prall gefüllten Beutels oder Eimers mit einem seitlichen, langgezogenen Schlitz. Die apikale Öffnung des ,,Eimers" samt seiner schlitzartigen seitlichen Verlängerung stellt die riesige Mundöffnung dar, die in eine ebenfalls gewaltige Mundhöhle führt, die den Großteil des Tieres ausfüllt.



An der Innenseite dieses Trichters ziehen sich Wimpernreihen in Form eines zusammenhängenden Bandes spiralig von der Mundöffnung in die Körperhöhle ,,nach unten":

   

Der Macronucleus ist sehr lang und wurmartig, oft mit Kurven und Schlingen:

 

Das ganze Tier scheint auf den ersten Blick wie mit kleinen ,,Kratern" überzogen zu sein. Hierbei handelt es sich um Hunderte von sehr kleinen kontraktilen Vakuolen, die über den ganzen Cortex verstreut sind. Bei höherer Vergrößerung und stärkerer Pressung sind sie gut zwischen den Nahrungsvakuolen zu erkennen:



Die Wimpern sind klein, stehen sehr dicht und sind gleichmäßig über den ganzen Körper verteilt:



Wie schon erwähnt, reagiert B. truncatella sehr empfindlich auf Störung und vor allem auf Deckglasdruck. Die Individuen platzen dann sehr schnell oder entwickeln Deformationen wie z.B. dieses Exemplar, das sich aber trotzdem noch längere Zeit in dieser Gestalt rasch im Wasser umherbewegte:



Die Probe enthielt über Bursaria truncatella hinaus eine erstaunliche Vielfalt und Menge an Ciliaten. Darunter befanden sich auch zahlreiche Exemplare von Caenomorpha uniserialis, einem weiteren typischen Vertreter der ,,Faulschlamm- bzw. Metabolisierungszone", von der kürzlich hier mehrfach die Rede war (siehe https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32799.0 und https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33018.0). Deshalb möchte ich ein Foto hier am Ende anfügen:



Über die vorgestellten Beispiele hinaus bin ich überrascht über die ungewöhnliche lebendige Vielfalt, die ich in dieser Probe beobachten konnte: Der Tümpel war vergangenes Jahr komplett ausgetrocknet, und das mehrere Monate lang!

Herzliche Grüße
Rainer

ammererlutz

sehr schöne Bilder, welches DIC?
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)