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Armer Wurm

Begonnen von Michael Plewka, Februar 01, 2019, 11:01:11 VORMITTAG

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Michael Plewka

Hallo zusammen,

in den letzten Wochen war ja im Forum viel von Organismmen  die Rede die als Parasiten auffallen, so z.B. solchen an Ciliaten,
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33175.0
aber auch solchen, die auch und gerade beim Menschen eine große Rolle spielen, zum einen von Milben https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33302.0,
zum anderen von "Würmern":
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33312.0

Würmer treten aber nicht nur als Parasiten in Erscheinung, sondern sind selbst auch Opfer von solchen.

Bei der Sichtung von Fotos aus dem letzten Jahr sind mir ein paar Bilder wieder aufgefallen, auf denen ein solch armer Wurm zu sehen ist, der gleich von 3 unterschiedlichen Parasiten befallen war:
Hier das Vorderende dieses Wurms (ich vermute den Oligochaeten Nais sp.), den ich bei der Größe von ca 2mm nicht komplett auf ein Bild gekriegt habe. Auch der "Rest" des Wurms war befallen.



Ich habe schon oft solche Würmer gesehen, die mit diesem  peritrichen Ciliaten Rhabdostyla inclinans befallen befallen waren, aber noch nie in einer solchen Dichte. Hier  ein Bild mit einem Teil der Ciliaten:



Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Rhabdostyla%20inclinans.html


Die Pfeilspitze  im oberen Bild zeigt auf einen weiteren Ektoparasiten: das Rädertier Cephalodella parasitica, welches kleine Hautfetzen vom Integument des Wurms abreißt. Das folgende Bild deutet an, mit welcher Kraft das passieren kann:



Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Cephalodella%20parasitica.html

Der Pfeil im oberen BIld weist auf den 3. Parasiten hin, der als Endoparasit im Darm des Wurms mehrfach anzutreffen war. Es handelt sich ebenfalls um ein Rädertier: Albertia naidis
Hier ein Bild davon:



Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Albertia%20naidis1.html


Viel Spaß beim Anschauen + beste Grüße
Michael Plewka

JB

Wunderbare Dokumentation. Vielen Dank!

limno

Hallo Michael,
das 3. Bild ist wahrhaft reißerisch! Der Wahnsinn :o
Was die Bilder 1 und 2 mit den Glockentierchen angeht, sehe ich hier einen Graubereich zwischen Zoophorie und Parasitismus. Der "Wirt" wird hier als "Lastesel" genutzt und  in seiner Fortbewegung behindert, aber sein Stoffwechsel wird nicht angezapft.
Im "Mikrokosmos" gab es mal eine Artikelserie von Heinrich Bürgis, wo Parasiten von Insekten ihrerseits von Parasiten befallen waren, die wiederum von Parasiten.... usf.
Ein Ringelnatz hat dazu folgendes zu sagen:

Der Bandwurm
Es stand sehr schlimm um des Bandwurms Befinden.
Ihn juckte immer etwas hinten.
Dann konstatierte der Dr. Schmidt,
nachdem er den Leib ihm aufgeschnitten,
dass dieser Wurm an Würmern litt,
die wiederum an Würmern litten-

Wurmfreie Grüße von

Heinrich

So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

bernd552

Hallo Michael,

dafür, dass du hier vorrangig inhaltliche und wissenschaftliche Vorgänge dokumentiert sind deine Bilder qualitativ einfach pfantastisch!

p.s. Als Trost zum Wurmgedicht von Heinrich:
.... wer Würmer hat, ist nie alleine ;D

LG
Bernd

Richard Scholz

Hallo Michael,
Danke für die wunderbare Dokumentation ! 
Da Würmer oft innerhalb kürzester Zeit die Zieralgenflora in Wasserproben vertilgen, vermag ich dem Werk der "Parasiten-Parasiten"
durchaus auch positive Seiten abzugewinnen.
Als Ergänzung zu deinen Beobachtungen habe ich ein Beitrag über Gregarinen ins Forum eingestellt:

=> https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33396.0

Beste Grüße

Richard

Michael Plewka

Hallo zusammen,

herzlichen Dank für die netten Kommentare!

@ Heinrich:

der Verweis auf Ringelnatz ist  ein köstlicher Kommentar! 
Du hast natürlich mit dem "Graubereich" (obwohl es ja Farbbilder sind  ;)  ) recht; da lässt sich sicherlich noch einiges zu sagen.   Nur soviel dazu: es ist zwar richtig, dass der Stoffwechsel nicht angezapft wird, aber andererseits wird der Stoffwechsel dadurch beeinflusst, dass durch den Befall mehr Energie für dieselbe Strecke aufgewendet werden muss als ohne den Befall. Ich hatte  die Abrenzung zwischen Phoresie und Parasitismus aus der Wikipedia zugrunde  gelegt  und war zu dem Schluss gekommen, dass man Rhabdostyla sehr wohl als Parasiten bezeichnen kann...

Beste Grüße
Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael,

Du hast auch immer ein Schwein! Und natürlich wieder super dokumentiert! Ich habe zwar alle drei parasitischen Arten schon gefunden, aber noch nie alle an einem Wirt.  Mich würde noch die Fundsituation interessieren. Aus meiner Efahrung macht man solche Funde meist in alten Proben, wo Parasiten dieses "Mikrobiotop" recht schnell durchseuchen können. Oder hast Du das Exemplar durch konsequentes durchsieben von frischen Proben gefunden?

Als Ergänzung zu Deinem Beitrag und zu Deinen weiteren Fotos auf der plingfactory möchte ich noch auf einen früheren Beitrag zu Albertia naidis verweisen:

https://www.mikro-tuemplerforum.at/viewtopic.php?f=46&t=531&sid=d9a9fa96e361ef00a4b6a921db9139c8

Martin

Päule Heck

Hallo Michael,
Glückwunsch zu dem tollen Fund und danke für's Zeigen. Ich hatte vor vielen Jahren etwas Ähnliches entdeckt. Wobei ich glaube, dass die Glockentierchen das Ruderfußkrebschen wohl als Taxi benutzt haben....







Ich wünsche einen guten Start in die neue Woche!
Herzliche Grüße
Päule

Michael Plewka

hallo zusammen,

@ Martin:
recht herzlichen Dank für Deinen netten Kommentar!
Ja, Du hast recht, die Probe war schon etwas älter...
Gut, dass Du auf Deinen Beitrag verweist; ich kannte den noch nicht. Die Bilder sind sensationell, u.a. weil, wie ich finde, die plastische Wirkung phänomenal ist. Albertia springt förmlich heraus (aus optischer Sicht).

Noch etwas zum "Schwein haben" und damit zur "Philosophie" der Präparation:
Einerseits hatte ich das Glück, diesen Wurm zu finden; ich kann mich nicht erinnern, zuvor die Besiedlung eines "Tümpler-Organismus" mit 3 anderen Arten unter dem Mikroskop gesehen zu haben; und genau deshalb habe ich ja den Beitrag eingestellt.

Andererseits entspricht  ein solches Präparat nicht meiner normalen Vorgehensweise, auf einem Objektträger ausschließlich einen Organismus zu beobachten bzw. zu fotografieren, diesen aber dafür so gut wie möglich. Dabei versuche ich, diesen Organismus vorher so gut es geht zu isolieren, nehme dabei allerings auch   Kollateralschäden durchaus in Kauf.
Insofern  ist ein solches Präparat aus fotografietechnischer Sicht eine Katastrophe: auf welchen Organismus fokussiere ich (mich)?  Welche Stelle des Präparats presse ich, um auf geringe Schichtdicke zu kommen? Was passiert dann mit dem Rädertier, wenn ich den Makronukleus des Ciliaten fotografieren will?
Jammern auf hohem Niveau....

@ Päule
vielen Dank für den Kommentar und Deine eindrucksvollen Bilder!
Es wäre natürlich schön, wenn noch weitere Beispiele zu solchen "Taxifahrten" aus dem Forum  eingestellt würden ...
Hier sind noch einige Beispiele mit Bezug zu Rädertieren zu finden:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/E-TL/e-Ecology/Para-Roti.html

Beste Grüße
Michael Plewka

Bernd

Hallo Michael,

hier ein weiteres Beispiel für Aufwuchs, diesmal auf einem Blattfußkrebs Bosmina. Das Tier stammt aus einer Wasserprobe, die Rainer Teubner letzten Freitag aus einem Teich an der Seligenstädter Wasserburg entnommen hat, der noch mehr oder weniger vollständig von Eis bedeckt war. Fast alle in der Probe vorhandenen Blattfußkrebse waren mit Massen von peritrichen Ciliaten und Augenflagellaten der Gattung Colacium bewachsen. Ich vermute, dass der massenhafte Bewuchs durch die niedrigen Wassertemperaturen im Winter begünstigt wird, weil die Krebse sich nicht oder nicht oft genug häuten können, um die meisten ihre Gäste loszuwerden. Sowohl die Ciliaten als auch die Augenflagellaten sind keine Parasiten, erschweren in diesen Mengen ihrem Wirt aber sicherlich das Schwimmen.











Viele Grüße,
Bernd

Michael Plewka

hallo Bernd,

vielen Dank für die tolle Ergänzung!

Bei der Suche nach dem Koste-Artikel zu dem Beitrag hier
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33510.0
ist mir noch ein Mikrokosmos-Artikel aufgefallen, der zu Deinem Fund passt: "Pelzige Wasserflöhe"  Mikrokosmos Heft 74 (1)

beste Grüße
Michael Plewka