Dreifachfärbung mit Kernschwarz, Safranin und Chrysoidin

Begonnen von Rolf-Dieter Müller, Februar 07, 2019, 21:51:25 NACHMITTAGS

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Rolf-Dieter Müller

Für mein Bierseidel suchte ich ein Präparat mit einer für die damalige Zeit passende Färbung zum Mikroskopieren.

Schnitte hatte ich noch vom Ambrosia-Stängel (Schnittdicke 30 µm) übrig. Für die Färbung in 3 Stufen wählte ich Kernschwarz-Lösung, das nicht verholzte Zellwände sehr spezifisch färbt und für verholzte Zellwände Safranin und Chrysoidin.

Ich möchte mich hiermit nur auf die Färbung beschränken, die Vor- und Nachbehandlung bis zum Harzeinschluss ist auf der Webseite vom Mikroskopischen Kollegium Bonn beschrieben: Kernschwarzfärbung für Pflanzenschnitte .

Besonders schöne Färbungen erhält man mit verdünnten Farblösungen und langen Färbezeiten, was auch hier so gemacht wurde.

Dreifachfärbung ,,Kernschwarz-Safranin-Chrysoidin"

Erste Färbung mit Kernschwarz
120 Minuten in Kernschwarz-Lösung (Chroma 2C-169) 1:5 mit Wasser verdünnt.

Zweite Färbung mit Safranin
90 Minuten in stark verdünnter Safranin-Lösung: 1 Tropfen einer 1%igen Safranin-Stammlösung in 100 cm³ Wasser (!).

Dritte Färbung Chrysoidin
270 Minuten in verdünnter Chrysoidin-Lösung: 1%ige Chrysoidin-Stammlösung 1:10 mit Wasser verdünnt.

Die Färbezeiten sind unkritisch, Hauptsache lang über Stunden und können durchaus variiert werden, wobei ich bis auf die Kernschwarzfärbung zu längeren Färbezeiten tendieren würde.

Das Ergebnis:


Dreifachfärbung ,,Kernschwarz-Safranin-Chrysoidin" eines Stängelquerschnittes von Ambrosia artemisiifolia. Übersichtsbild aus 28 Einzelbildern. 10x Plan-Apochromat.



Dreifachfärbung ,,Kernschwarz-Safranin-Chrysoidin" eines Stängelquerschnittes von Ambrosia artemisiifolia (Ausschnitt). Mehrere zusammengefügte Einzelbilder. 40x Plan-Neofluar.

Wenn man dann noch den Beitrag von Jörg Fahrenheit zur Ambrosia ausdruckt Ein Allergen allererster Güte - Ambrosia artemisiifolia und neben dem Mikroskop legt, steht eigentlich dem genussvollen Mikroskopieren mit einem Messingmikroskop nichts mehr im Wege.


Viele Mikrogrüße,
Rolf-Dieter Müller

reblaus

Tolle Färbung - endlich mal eine beruhigende Farbkombination inmitten der bunten Welt - und fluoreszieren tun die Farbstoffe ja auch nicht   ;D

Viele Grüße

Rolf

Klaus Herrmann

Lieber Rolf-Dieter,
sehr schönes Ergebnis. Bedeutet das, du hast Kernschwarz wieder auferstehen lassen?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Lieber Rolf-Dieter,

auch hier noch mal Danke für die Präparate, die Du mir gestern gegeben hast. Die Färbung ist wirklich schön geworden, ich habe sie mir gestern lange angeschaut: die Differenzierung zwischen Verholzten und unverholzten Zellen ist sehr scharf, Safranin und Chrysoidin erlauben eine schöne aussage zum Verholzungsgrad, hier bei den in verschiedenen Stadien ausgereiften Xylem-Zellen.

Ich freue mich aufs Kochen! :)

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Rolf-Dieter,

super Färbung, bin begeistert.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

knipser009

Lieber Rolf-Dieter,

wunderschöne und gleichzeitig dezente Färbung.
Die Rezeptur habe ich gleich mal abgespeichert.
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Bob

Lieber Rolf-Dieter,
vielen Dank für das Vorstellen dieser attraktiven Färbung! In der Tat eine beruhigende Abwechslung zu den poppigen Mehrfachfärbungen. Gerade das Schwarz als Grundton gefällt mir gut.

Ich habe mal geguckt, welche dieser Farbstoffe ich habe: Nur Chrysoidin (davon gleich 25g, reicht erstmal ::) Das wäre ja die orange Komponente
Schwarz hätte ich eben Direkttiefschwarz.
Rot-violett hätte ich: Fuchsin, Kresyl-echtviolett, Kongorot da.
Hältst Du es für vielversprechend, einen dieser Farbstoffe als Ersatz zu verwenden?

Viele Grüße,

Bob


Klaus Herrmann

Hallo,

wenn Direkttiefschwarz als Ersatz geht, dann wäre das toll, der Rest ist ja kein Problem. Ich denke aber schon, dass Safranin zur Erzielung der Pastellfarben wichtig ist. Fuchsin ist zu knallig.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Rolf-Dieter Müller

#8
Liebe Mikrofreunde,

ich freue mich sehr, dass die Färbung gut ankommt.

Im Einzelnen möchte ich wie folgt antworten:

zu Antwort #1
@Rolf, ja ich wollte einmal eine Färbung mit den in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts bekannten Reagenzien und Farben machen. Darüber hinaus suchte ich für mich einen ,,Zugang" zum Safranin, was ich eigentlich bisher nicht so mochte. Aber in Kombination zu einer gefälligen Farbwirkung beitragen kann.

zu Antwort #2
@Klaus. Also, ich denke die Kernschwarzfärbung hat noch Potential und da ist noch einiges drin. Nur, ich habe nur noch wenige Milliliter der von Chroma gelieferten Kernschwarz-Lösung. Und jetzt hat sich aufgrund Deiner Recherche (hierfür nochmals vielen Dank!) herausgestellt, dass sie nicht mehr geliefert wird. Sehr schade. Dann hilft eigentlich nur noch Selbstansatz. Ist nicht ganz trivial. Aber ich denke wir machen da ein kleines MKB-Projekt. Das höchstwahrscheinlich richtige Pigment habe ich schon.

zu Antwort #3
@Jörg, vielen Dank für Deine Expertise. Das Kernschwarz färbt tatsächlich scharf spezifisch unverholzte Zellwände. Anders als Astrablau, das unverholzte und auch teilverholzte mit anfärbt. Und genau, mit dem Kochen machen wir ein Projekt für die MKB-Webseite und dieses Forum. Unseren MKB-Chemiker habe ich schon kontaktiert.

zu Antwort #4
@Hans-Jürgen, auch Dir mein Dank für Dein Kommentar.

zu Antwort #5
@Wolfgang. Wenn alles so geklappt hat wie ich es mir vorstelle, werden wir noch eine Herstellungsvorschrift der Kernschwarz-Lösung nachreichen.

zu Antwort #6
@Bob, da hast Du ja schon einen guten Grundstock an Farben, mit denen man etwas anfangen kann. Klaus hat das ja auch schon im folgenden Beitrag gewürdigt. Also, Direkttiefschwarz kannst Du für die Anfärbung von unverholzten Zellwänden nehmen, muss aber differenziert werden, da es verholzte auch und zumindest leicht anfärbt. Für die verholzten Zellwände kannst Du die ,,Holzfarben" Chrysoidin und/oder Fuchsin nehmen. Ich hatte einmal im Buch ,,Mikroskopie für Lehrer und Naturfreunde" von W. Schlüter eine sehr schöne KernschwarzDirekttiefschwarz/Chrysoidin-Färbung eines Taubnessel-Stängelquerschnitts gesehen. Ich meine da war auch die Präparation beschrieben. Leider habe ich das Buch zur Zeit nicht im Zugriff, ist aber antiquarisch erhältlich.

zu Antwort #7
@Klaus, als wenn ich es geahnt hätte gebrauchen zu können. Ich habe ein Schnitt aus der o.g. Dreifachfachfärbung nach der Safraninfärbung entnommen, den ich hiermit zeigen kann. Ist also nur mit Kernschwarz und Safranin gefärbt und bestätigt Deine Aussage zur Farbwirkung.


Zweifachfärbung ,,Kernschwarz-Safranin" eines Stängelquerschnittes von Ambrosia artemisiifolia (Ausschnitt). 20x Plan-Apochromat.


Viele Grüße,
Rolf-Dieter

Ronald Schulte

Rolf-Dieter,

Schöne Farbung, die besonders schön scharf differenziert.
Das große Übersichtsbild ist für mich ein topper, fehlerfrei. Gratuliere.

Grusse Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

liftboy

#10
Hallo Rolf-Dieter,

ich hab mal nachgegrast; der "alte"Schlüter hat das schöne Bild nicht drin, nur das Rezept. Die neuere Ausgabe ist aber vollständig :-)





Ich hab noch einen über, den bring ich Dir aufs Jubeltreffen mit.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Bob

Hallo Wolfgang,

danke für das Rezept für den Ansatz.
Meyers großes Konversationslexikon verweist unter Kernschwarz zu Frankfurterschwarz, keine Ahnung, ob das so zutreffend ist: http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Kernschwarz

Die Beschreibung von Frankfurterschwarz deutet auf eine Art "Edel-Kohle" hin. Dabei stellt sich mit die Frage, wie ein Kohlenstoff-Wasser-Gemisch eine Farbe ergeben kann, das sollte sich doch gar nicht lösen. Ich würde ein Ergebnis wie beim Auflösen von Kohlekompretten erwarten?

Ich meine, dass wir Kernschwarz-Pigmente bei dem von CMB-Matthias gestalteten Pigmente&Kunstfälschungs-Thema unter dem Mikroskop angesehen hätten, und holzkohleartige Strukturen gesehen hätten, aber das kann ich auch versechweln.

Viele Grüße,

Bob

Rolf-Dieter Müller

zu Antwort #9
@Ronald, auch Dir mein Dank für Deine Anmerkung. Im Übrigen kann man ja Kernschwarz auch für histologische Präparate nehmen, wie nachstehendem Buchauszug von Wolfgang liftboy zu entnehmen ist.

zu Antwort #10
@Wolfgang, jetzt hast Du mich erwischt. Genau diese Abbildung meinte ich. Ist aber statt Direkttiefschwarz jetzt richtig Kernschwarz/Chrysoidin. Ich habe meinen Beitrag #8 im Absatz zur Antwort von Bob entsprechend geändert. Ich freue mich schon auf das Buch und umso mehr, wenn Du es zu unserem MKB-Jubiläum mitbringst.

Das Mikroskopische Kollegium Bonn feiert ja vom 24. bis 26. Mai 2019 ein rundes Jubiläum mit vielen bekannten und prominenten Gästen aus nah und fern. Es sind noch Plätze frei und man kann sich über die Webseite anmelden: http://www.mikroskopie-bonn.de/10_jahre_mkb/index.html

zu Antwort #11
@Bob, Kernschwarz gibt es in einigen Ausprägungen. Dieses ,,Frankfurterschwarz" geht so ungefähr in die Richtung der Kernschwarz-Lösung für die Mikroskopie.

Mich hatte Horst vom MKB angeschrieben und auf die ,,Direkttiefschwarz-Färbung" aufmerksam gemacht in Dieter Krauter ,,Mikroskopie im Alltag", Seite 114. Darüber hinaus ist sie beim ,,Aeisner" http://www.aeisner.de/ unter ,,Direkttiefschwarz-Färbung" beschrieben. Es wäre schön wenn Du Deine Ergebnisse auch im Mikroskopie-Forum zeigen könntest. Wenn Du ein Dauerpräparat machst, wäre das üblicherweise verwendete Euparal kritisch. Besser ist der Einschluss in Malinol. Ist auch so vorgeschrieben.


Viele Grüße,
Rolf-Dieter

Rolf-Dieter Müller

Liebe Mikrofreunde,

ich habe die Nachfärbung mit Safranin und Chrysoidin etwas optimiert, in dem sie simultan ausgeführt wird. Hierfür habe ich einfach die verdünnte Safranin-Lösung mit der verdünnten Chrysoidin-Lösung zu gleichen Teilen gemischt und in diesem Gemisch den mit der Kernschwarz-Lösung vorgefärbten Schnitt sehr lange gefärbt.


Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte:

Objekt
Querschnitt eines Ambrosia-Stängels, Schnittdicke 30 µm.

Farblösungen
verdünnte Kernschwarz-Lösung: Kernschwarz-Lösung von Chroma (Nr. 2C-169) 1:5 mit Wasser verdünnt
verdünnte Safranin-Lösung: 1 Tropfen einer 1%igen Safranin-Stammlösung in 100 cm³ Wasser und
verdünnte Chrysoidin-Lösung: 1%ige Chrysoidin-Stammlösung 1:10 mit Wasser verdünnt

Safranin/Chrysoidin-Lösung: 1 Teil verdünnte Safranin-Lösung mit 1 Teil verdünnte Chrysoidin-Lösung gemischt.


1. Vorbehandlung
Ambrosia-Schnitt aus Aufbewahrungsflüssigkeit (= 70% Ethanol) über Alkoholstufen abnehmender Konzentration in Wasser gewaschen. Danach für 5 Minuten gebleicht in Eau de Javel (unverdünnt), in Wasser ausgewaschen, anschließend für 5 Minuten in 3% Essigsäure neutralisiert und dann wieder in Wasser gewaschen.

2. Färbung
2 Stunden in verdünnte Kernschwarz-Lösung, danach waschen in Wasser,
20 Stunden in Safranin/Chrysoidin-Lösung *), danach waschen in Wasser.

3. Nachbehandlung
Entwässern in Alkoholstufen zunehmender Konzentration (30%, 50%, 70%, 96%), zuletzt in 100% Isopropylalkohol und abschließend Einschluss in Euparal.

*) Nach 5 Stunden bekommt man schon gute Ergebnisse, brillianter wird die Färbung aber mit längerer Einwirkungszeit.

Die genannten Zeiten gelten für den 30 µm-Schnitt. Für dickere Schnitte müssen die Zeiten eventuell verkürzt werden.



Kernschwarz-Safranin/Chrysoidin-Färbung eines Stängelquerschnittes von Ambrosia artemisiifolia (Ausschnitt). Mehrere zusammengefügte Einzelbilder. 20x Plan-Apochromat.


Viele Grüße,
Rolf-Dieter

Bob

Lieber Rolf-Dieter,

jetzt ist die Färbung richtig klasse geworden - brilliant und doch unaufgeregt!
Damit jeder sich daran erfreuen kann, müsste jetzt nur noch eine gut verfügbare Quelle für die schwarze Komponente gefunden werden. Da habt Ihr ja schon recherchiert und ich bin gespannt, was dabei herauskommt.

Viele Grüße,

Bob