Liebe Mitdiskutierende,
vielen Dank für die positiven Rückmeldungen. Trotz der mehrfach positiven Berichte im Forum zur Haltbarkeit von Hoyer's Medium über 4-5 Jahre möchte ich noch einmal eindringlich davor warnen, dieses und verwandte Medien
allgemein als "dauerhaft" anzusehen. Unter dauerhaft verstehe ich eine Haltbarkeit ab etwa 50 Jahren, möglichst deutlich länger. Man mag das als rein "museale" Vorstellung belächeln, ich denke aber nicht, dass ein Amateur/Hobbymikroskopiker/Wissenschaftler/... begeistert sein wird, wenn seine über Jahrzehnte mit viel Aufwand angelegte Sammlung sich in Kristallen auflöst. Ich sauge mir diese Warnung ja nicht aus den Fingern, es gibt eine erdrückende Anzahl an Berichten über zehntausende an Präparaten, die als zerstört anzusehen sind, und es spielt keine Rolle, in welchem Medium mit Gummi Arabicum und Chloralhydrat die Präparate eingebettet waren (Neuhaus et al. 2017: Tab. 7; tut mir leid für das erneute Eigenzitat).
Die Zusammensetzung der verschiedenen Medien mit Gummi Arabicum und Chloralhydrat hat Upton (1993; Zitat s. unten) erstmals vergleichend gegenüber gestellt. Er deckte dabei auch gleich eine Reihe an historischen Irrtümern und Fehlern auf. Unter anderem kam er zu dem Schluss, dass es kein originales und genaues Rezept von Hoyer für sein Medium gibt. Das seit geraumer Zeit Berlese zugeschrieben Medium ohne Glycerin hat Antonio Berlese selbst gar nicht benutzt sondern stattdessen das Medium von Hoyer (mit Glycerin). Die Arbeit liest sich für mich wie eine Detektivgeschichte. Wer Interesse an dieser spannenden Publikation hat und keinen Zugang zu der Zeitschrift, kann von mir ein PDF bekommen (bitte PN an mich).
Auch über die Ursachen der Probleme hat Upton zusammengefasst: "The reasons for the many cases of deterioration being encountered appear to be numerous and varied. Incursions of air, too much chloral hydrate, too little chloral hydrate, crystallization of chloral hydrate, poor quality gum arabic, presence of phenols, absorption of atmospheric moisture, too much glucose, contamination of medium by ringing compound, incorrect heat treatment of slide after preparation, etc., have all been cited as causes. To complicate matters still further the deterioration often occurs randomly within a single batch of slides with some breaking down a year or more ahead of others.
Eventual breakdown would now, however, appear inevitable." [Markierung in Fett durch mich.] Viel klarer kann man es wohl kaum ausdrücken.
@ Stefan: Ich finde für sehr kleine Organismen unter 1 mm Glycerin super, zumal es ja auch innere Organe bewahrt und sie aufgrund seines Brechungsindexes ein wenig aufhellt. Wichtig erscheint mir, einen Paraffinring um den zentralen Glycerintropfen zu haben und das Präparat mit einem Umrandungslack auch mechanisch zu stabilisieren. Ich habe kürzlich von einem Kollegen Präparate in Glycerin erhalten, die nur einen Umrandungslack aufwiesen, und das Glycerin war in vielen Fällen über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren weitgehend verdunstet. Alternativ kann man das Glycerin auch nur als zeitweiliges Einschlussmedium nutzen und das Tier anschließend in einem kleinen Röhrchen in 'Schnaps' zurück bringen.
Viele Grüße,
Birger
Upton, M.S. (1993) Aqueous gum-chloral slide mounting media: an historical review. Bulletin of Entomological Research 83, 267–274.
https://doi.org/10.1017/s0007485300034763