hallo Michael,
Gratulation zu der und vielen Dank für die tolle(n) Dokumentation; insbesondere das Video ist insofern bemerkenswert, als es zum M.W. ersten Mal das Fressverhalten von einem solchen Viech dokumentiert.
Hier noch einige Anmerkungen:
1.
....Das bei Rädertieren am Kaumagen eine quergestreifte Muskulatur vorkommt, war mir bis jetzt nicht bekannt....
Da nun wieder die Plankton-Rädertiere zu finden sind: bei den synchaetiden Rädertieren lassen sich die quergestreiften Kauermuskeln sehr schön sehen
z.B. Synchaeta:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Synchaeta%20longipes..htmlz.B. Polyarthra:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Polyarthra%20vulgaris.html2.selbst in dem m.W. aktuellsten Bestimmungswerk zu den notommatiden Rädertieren (von Nogrady/ Pourriot/ Segers von 1995) wird es als fraglich angesehen, ob die zwei Formen
C. gigantea und
C. tenuiseta zwei unterschiedliche Arten sind. Unterschieden werden diese Formen dort über das Verhältnis Körperlange/Zehenlänge (bei
C. gigantea <3; bei
C. tenuiseta 3-5); was bei Deinem Viech für
C. gigantea spricht.
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, wie die Konfusion bezüglich dieser beiden Formen zustandekommt:
Fangen wir mit Koste an: er hat die Art m.W. nie lebend gesehen, sondern bekam konserviertes Material aus Brasilien, das er dann im Mikroskosmos beschrieben hat. Den Begriff "Faulschlamm" hat er von Remanes Beschreibung (1935) übernommen, wobei nicht klar ist, was damit eigentlich gemeint ist, übernimmt diesen dann aber für den Fundort von seinen Proben aus Brasilien. In seinem Artikel bezieht Koste Befunde von Wulfert ein, der wohl eine solche Form lebend in einem Wiesengraben gefunden hat: Diese Funde hat Wulfert dann an Remane geschickt (konserviert???), der dann die Bestimmung "
C. gigantea" bestätigt hat. Wulfert fand auch -wiederum in einem Wiesengraben- kleinere Formen, die er mit
C. tenuiseta angegeben hat auf der Basis von konservierten Material von Rousselet, das er wiederum von Bryce erhalten hatte, welcher wiederum dieses Material mit dem von Burn, das aus Brackwasser stammt und die Grundlage für die "Artbeschreibung":
C. tenuiseta (1890) geliefert hatte, verglichen hatte.
Ich erwähne das an dieser Stelle, um zu verdeutlichen, dass die Quellen als Grundlage für die Beschreibung der Formen ziemlich verworren sind und es deshalb, bezogen auf diese Cephalodella- Formen, durchaus Möglichkeiten für uns Tümpler gibt, etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen. Dazu gehört natürlich die möglichst genaue Beschreibung der Morphologie, aber auch der Ökologie der fraglichen Formen.
Mir ist aufgefallen, dass Du Dich beim Titel Deines Beitrags von Koste hast inspirieren lassen, d.h. der Begriff Faulschlamm / "Sapropel" taucht auf, ein Begriff, den Koste auf ein ihm persönlich wahrscheinlich unbekanntes Biotop in Brasilien angewendet hat. Ich sehe die Verwendung dieses Begriffs etwas kritisch und möchte das zur Diskussion stellen.
Leider habe ich
C. gigantea/ tenuiseta noch nicht so häufig gesehen (bisher 3 Funde bzw. Fundorte) und diese Formen auch nie richtig unterscheiden können), aber diejenigen Exemplare, die ich bisher gefunden habe, waren zwar im
Schlamm (den ich deshalb für
Gyttja halte, weil definitv geruchlos war, dh. ohne H
2S aber mit O
2), aber niemals im
Faulschlamm (also im anoxischen Bereich ohne Sauerstoff, dafür aber mit H
2S). Der neulich gezeigte Wurm
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33390.0ist übrigens aus derselben (Schlamm-) Probe im Simmelried, in der sich in 5 ml bestimmt 20 Exemplare der Cephalodellas befunden haben (leider hat die Kauer-Präparation nicht geklappt). Es schließt sich ja zwangsläufig sofort die Frage an: wie atmen die Viecher denn, insbesondere bei der im Video deutlich zu erkennenden Aktivität? Zu den ökologischen Ansprüchen der Beute (z.B. Euplotes daidaleos) habe ich bisher leider auch noch nichts gefunden...
Deshalb möchte ich anfragen, ob eine genauere Charakterisierung des Lebensraums möglich ist.
Beste Grüße
Michael Plewka