Schuppenpräpartion bei Bauchhärlingen am Beispiel Lepidochaetus zelinkai

Begonnen von Michael, April 01, 2019, 11:38:27 VORMITTAG

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Michael

Hallo in die Runde,

bei Bauchhärlingen erfolgt die Arteinteilung traditionell über die Form der Schuppen. Daher ist die Artbestimmung oft nur möglich, wenn man die Schuppenform der Tiere genau beurteilen kann. Leider sind die Schuppen der Gastrotrichen oft nur schwer zu sehen. Selbst mit DIK - obwohl hier die schwache Doppelbrechung der Schuppen den Kontrast noch zusätzlich verstärkt  -  ist bei vielen Arten  eine Lebendbeobachtung zur Artdiagnose nicht ausreichend. Deshalb möchte ich hier eine Möglichkeit zur Präparation der Schuppen und damit zur (meist) sicheren Artdiagnose vorstellen.
Als Beispiel habe ich Lepidochaetus zelinkai (ehemals Chaetonotus zelinkai) gewählt. Durch das markante Erscheinungsbild dieses Gastrotrichen ist eine Schuppenanalyse zur Artbestimmung eigentlich nicht nötig, aber einige Schuppendetails werden in der Literatur kontrovers diskutiert, so dass ich mir mal selbst ein Bild machen wollte.

L. zelinkai ist ein mittelgroßer Gastrotrich mit einem markanten Stachelkleid:


Bild 1: Lepidochaetus zelinkai: Übersicht

Selbst bei stärkerer Vergrößerung werden nicht alle Details der Beschuppung deutlich:


Bild 2: Lepidochaetus zelinkei: Schuppen des ventrales Zwischenfeldes

Um die Schuppen frei zu präparieren, muss das Tier mazeriert werden. Dazu legt man das Tier - am besten mit einem einfachen Vaseline-Kopressorium -  mit dem Deckglas fest und zieht einen Tropen Eisessig unter das Deckglas. Den Eisessig haben ich vorab mit sehr wenig Eosin angefärbt - dadurch werden die Schuppen gleichzeitig bei der Mazeration gefärbt. Der Eisessig löst alle Weichteile des Tieres innerhalb weniger Minuten auf, während die Schuppen der Gastrotrichen säurebeständig sind und deshalb erhalten bleiben. Je nach Schuppengefüge verbleiben die Schuppen als zusammen hängende Hülle erhalten oder lösen sich voneinander.  Bei L. zelinkai sind die Schuppen anscheinend nicht miteinander verzahnt, so dass die Schuppen sich verteilen:







Diese Art der Präparation ist recht einfach und erlaubt es, die Schuppenformen genau zu beurteilen. So fallen z.B. bei den obigen Bildern die Stege in der Schuppenfläche auf, die sich parallel zur Vorderkante erstrecken. In der Literatur werden diese "doppelten Ränder" der Schuppen meist als optisches Artefakt angesehen, das durch den zweifachen Schnitt der Fokusebene durch die gebogenen Schuppen erzeugt wird. Die obige Schuppenanalyse belegt eindeutig, dass diese auffälligen Stege wirklich existieren und eine Verdickung der Schuppen darstellen.

Es wäre natürlich schön, solche Präparate zu einem Dauerpräparat zu verarbeiten. Kennt jemand eine Methode, um ein wässriges Präparat ohne das Deckglas zu entfernen zu einem Dauerpräparat (z. B. in Euparal) zu überführen? Für Tipps wäre ich dankbar!

Viele Grüße

Michael

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PS: Dieser Beitrag wird parallel im  Mikrotümpler-Forum veröffentlicht
Gerne per Du

Alfons Renz

#1
Hallo Michael,

Um ein Dauerpräparat herzustellen, friert man den Objektträger samt Präparat und Deckglas ein => auf Trockeneis, LN2 oder im -80 Kühlschrank, zur Not geht es auch mit -20 °C, und sprengt dann das Deckglas mit einem Skalpell ab. Das in Eisessig fixierte Präparate bleibt auf dem Objektträger und kann mit einem Tropfen Euparal (grün, ist in engen Maßen mit Wasser mischbar) eingedeckt werden. Eventuel vorher den Objektträger in Alkohol tauchen, um zu entwässern und den Eisessig zu entfernen. Allerdings könnten dabei die Schüppchen davon schwimmen. Muss man einfach ausprobieren.

Euparal ist ein sehr 'gutmütiges' Einbettungsmittel, das beim Erwärmen auf der Heizplatte (50 °C) das Wasser wieder verdunsten lässt und auch Luftblasen zum Verschwinden bringt.

Wir machen dies so für die Präparation von Chromosomen für die Zytotaxonomie. Ich habe gerade 30 Jahre alte Präparate fotografiert: Die Erhaltung ist noch sehr zufriedenstellend.

Herzliche Grüße,

Alfons

p.s. das erste Bild ist versehentlich hineingeraten und ist nicht wirklich zufriedenstellend: Nicht richtig reifer Kern, beim Quetschen zerrissen, schwache Orcein oder Feulgenfäbung. Die Präparate sind mit 100x Öl fotografiert, gestackt und im Kontrast extrem verstärkt, um die Chromosomenbanden der polytänen Chromosomen in den Zellen der Speicheldrüsen der Kriebelmückenlarven sichtbar zu machen. Leider lässt sich ein solcher 'falscher' Anhang nicht löschen oder austauschen (??).
Das zweite Präparat ist besser, zeigt aber nicht die gesamte Länge aller drei Chromosomen.

plaenerdd

Hallo,
sollte man das gefrostete und abgesprengte Decklas nicht auch durch Gefriertrocknen wasserfrei bekommen, so dass man in andere Mittel z.B. Kanadabalsam einbetten kann?
Woraus bestehen die Schuppen eigentlich? Weiß man das?
Ich habe auch mal gesehen, dass man mit Kühlspray gefrohrene OTs schon absprengen kann.
Grüße eines Theoretikers
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Michael

Hallo Alfons und Gerd,

vielen Dank für Eure Antworten.
Eigentlich dachte ich, das das Einfrieren und Absprengen des Deckglas dafür gedacht ist, ein fest sitzendes Deckglas ohne Beschädigung des Objektes abzubekommen. Aber vielleicht hilft es ja auch, die Objekte durch Einfrieren an Ort und Stelle zu halten - muss ich mal probieren.
Das Deckglas abzuheben wäre bei mir nicht das Problem - nur habe ich die Befürchtung, dass die Schuppen dann vertragen werden und ich sie nicht wiederfinde. Bei den obigen schuppen (ca. 10µm) wäre das noch kein großes Problem, bei anderen Arten liegt die Schuppengröße aber eher bei 1µm. Ob die durch das Entwässern dann noch an Ort und Stelle wären, glaube ich nicht.
Ich hätte eher auf einen ähnlichen Vorschlag wie diesen gehofft:
"Zwei mal 100% Isopropanol und daraufhin verdünntes Euparal  unter das Deckglas ziehen"
Wäre sowas möglich (Euparal ist ja eher dickflüssig)? Hat da jemand Erfahrung?

Das Material der Gastrotrichen-Schuppen ist wohl eher unbekannt. Es ist eine Abscheidung der Hautzellen (Cutikulla) und besteht nicht aus Chitin. Die einzige Angabe, die ich gefunden habe ist: "geschichtete Proteine" - was immer das heißen mag. Im Gegensatz zu Chitin färbt sich das Material (wenn auch schwach) mit Eosin. Alle anderen Farbstoffe, die ich ausprobiert habe (waren aber nicht viele) färben die Schuppen nicht.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du