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Diatomeen mal anders

Begonnen von Carlos, März 09, 2019, 19:25:15 NACHMITTAGS

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Carlos

Hallo,
Die Gewinnung von Diatomeen aus entsprechenden Proben geschieht meist aufwendig in mehreren Reinigungs-/Trennungsschritten. Am Ende eines jeden Reinigungs-/Trennschrittes erhält man ein verbessertes Diatomeen-Konzentrat.
Für ein (Dauer-)Präparat werden endgereinigte Diatomeen in passender, gleichmäßiger Verteilung auf einem Deckglas (nicht zu viele, nicht zu wenige) gebracht,  mit einem Einschlussmittel mit hohem Brechungsindex  (wie z.B. ,,Pleurax") versehen und dies mit einem Objektträger zusammengefügt. 
Auf dem Wege dahin ziehe ich mehrfach Proben der einzelnen Reinigungs- und Separationsschritte, um deren ,,Effizienz" zu prüfen. Diese Proben enthalten natürlich eine recht hohe Konzentration an Diatomeen.
Als besonders vorteilhaft für die Prüfung hat sich dabei erwiesen, die Proben im ,,Dunkelfeld" (10-fach Objektiv, 10X Okular, DF) zu untersuchen. Dies gilt insbesondere nach der ,,chemischen Reinigung" mit konz. Schwefelsäure, Kalium-Permanganat, Wasserstoff-Peroxid. Im DF gibt die jetzt freigelegte Feinstruktur vieler Diatomeen strahlende, farbige Interferenz Erscheinungen von tief blau über blaurot bis rötlich. Mineralische Partikel/Verunreinigungen  wie Ton und feiner Sand erscheinen strahlend weiß.
Jetzt habe ich mal aus einer derartigen Testprobe (nach der ,,chemischen Reinigung" mit konz. Schwefelsäure, Kalium-Permanganat, Wasserstoff-Peroxid, säure- und salzfrei gewaschen) mit Pleurax als Einschlussmittel ein Präparat hergestellt. Ausgangspunkt war eine ältere Nordsee-Wattschlickprobe, die viele Pleurosigma-Diatomeen (nicht nur ,,Pleurosigma angulatum") enthält.
Hier einige Bilder. Sie sind zwar unüblich, aber mir gefallen sie!  In dem ,,wilden Haufen" kann man jetzt im DF auf Diatomeen-Suche gehen und auch bei höherer Vergrößerung (25-fach, 40-fach und selbst, mit entsprechendem Kondensor, 63-fach und 100-fach im DF viele unterschiedliche Diatomeen betrachten.
10-fach DF

Bildbreite 120/100 mm

10-fach DF

Bildbreite 120/100 mm

10-fach DF

Bildbreite 120/120 mm

25-fach DF

Bildbreite 48/100 mm

25-fach DF

Bildbreite 48/100 mm

10-fach DF

Bildbreite 120/100 mm

25-fach DF

Bildbreite 48/100 mm

Viel Spaß beim Betrachten
Gruß Carlos

Carlos

Hallo,
In dem Präparat sind m. E. alle für die aufbereitete Watt-schlick-Probe typischen Diatomeen enthalten. Es wurde nicht gesiebt oder fraktioniert, die abgetrennten Stoffe wie Sand und Tonmineralien enthielten nach Prüfung so gut wie keine Diatomeen. Man findet in dem Präparat ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Diatomeen, von häufig bis selten, sehr klein bis sehr groß. (Groß und häufig kommt z. B. ,,Pleurosigma angulatum" in der Probe vor.) 
Erkennbar sind die unterschiedlichen Diatomeen schon im DF mit einem 10-fach Objektiv und 10x Okular. Wenn man im Präparat sucht, findet man von all diesen Diatomeen auch einzelne Exemplare, die (fast/hinreichend) ,,frei" stehen.   
Hier nun Bilder als Beispiel von einigen ebenfalls recht häufig vorhandenen Diatomeen im Präparat.

10-fach Objektiv, DF


63-fach, Objektiv, schiefe Beleuchtung


10-fach Objektiv, DF


40-fach Objektiv,DF



63-fach Objektiv, schiefe Beleuchtung


25-fach Objektiv, DF



63-fach Objektiv, schiefe Beleuchtung


40-fach Objektiv, DF


63-fach Objektiv, schiefe Beleuchtung


Viel Spaß beim Betrachten!

Gruß Carlos

Ps: Da ich mehrere (ca. 5 brauchbare) Präparate bei meinen "Spielereien" gefertigt habe, überlege ich, diese im Mikromarkt anzubieten.

Carlos

Hallo,
Hier zum Abschluss meines Beitrages einige Bilder von (weitgehend) im Präparat freistehenden, vor allem selten darin vorkommenden Diatomeen.
Um diese im Präparat zu finden, musste ich das gesamte Präparat Abschnitt für Abschnitt mit dem 10-fach Objektiv im Dunkelfeld sorgfältig durchmustern. Danach wurde mit dem 25-fach bzw. 40-fach Objektiv (DF) sowie das 63-fach Objektiv (schiefe Beleuchtung) umgestellt.
Das erste Bild zeigt zwei nebeneinander freistehende unterschiedliche Pleurosigma Diatomeen, die anderen Bilder sind selten vorkommende, freistehende, unterschiedliche ,,kreisförmige" sowie ,,dreieckige" Diatomeen.

Pleurosigma Diatomeen


kreisförmige Diatomee 1


kreisförmige Diatomee 2


kreisförmige Diatomee 3


dreieckige Diatomee 1 (DF 40-fach Objektiv)


dreieckige Diatomee 1 (schiefe Beleuchtung 63-fach)


dreieckige Diatomee 2 (schiefe Beleuchtung 63-fach)


Viel Spaß beim Betrachten

Gruß Carlos

Johann_M

Zauberhafte Welten!

Liebe Grüße,
Johann

Klaus Herrmann

Gratuliere Carlo

zu diesen phantastischen Bildern! So habe ich Diatomeen noch nie gesehen. Da ist Natürlichkeit drin - nicht diese geputzen gestackten künstlichen Einzelbilder, die hier oft gezeigt werden!
Umwerfend!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

mikropit

Da stimme ich voll zu. Mir gefallen solche Präparate in "natürlichem" Umfeld ganz besonders.Danke
Peter
mikropit

Carlos

Hallo Peter, Klaus und Johann,
Danke für euer Lob. Wie ihr richtig erkannt habt, ging es mir darum, zu zeigen, was man im Präparat vor der Auswahl von zu zeigenden Diatomeen im Sehfeld des Mikroskops sieht. Das ist nämlich das, was man als ,,Tümpler" als erstes sieht und gewohnt ist. Derartige Probe-Präparate haben für mich immer einen besonderen Reiz. 
In diesen Präparaten kann man dann auf ,,Entdeckungsseise" nach interessanten Diatomeen gehen. (Zunächst mit einem schwächeren Objektiv < = 10-fach, dann auch mit stärkeren Objektiven).
Für mich ist diese ,,Entdeckungsreise" in einem neuen Präparat eigentlich immer der interessanteste Teil der mikroskopischen Betrachtungen. Leider werden Bilder hiervon nur sehr selten gezeigt.
Gruß Carlos   

rhamvossen

Hallo Carlos,

Schöne Dunkelfeldaufnamen.

ZitatDa ist Natürlichkeit drin - nicht diese geputzen gestackten künstlichen Einzelbilder, die hier oft gezeigt werden!

Da kan ich nur zustimmen. Beste Grüsse,

Rolf

anne

Hallo Carlos,
schöne Dunkelfeldserie einer Probe mit der Du Dich wirklich in aller Ausgiebigkeit beschäftigst - Respekt.
Ganz "natürlich" ist die Probe ja nun nicht mehr, da Du ja gereinigt hast, richtig?

Aber, obwohl mir eigentlich gerade der Finger gezuckt hat ein paar geputzte gestackte künstliche Einzelbilder einzustellen, lasse ich es lieber und freue mich auf viele Beiträge mit viel Natürlichkeit drin.

lg
anne

Carlos

#9
Hallo Anne,
ZitatGanz "natürlich" ist die Probe ja nun nicht mehr, da Du ja gereinigt hast, richtig?
Richtig, das habe ich auch geschrieben:
"Jetzt habe ich mal aus einer derartigen Testprobe (nach der ,,chemischen Reinigung" mit konz. Schwefelsäure, Kalium-Permanganat, Wasserstoff-Peroxid, säure- und salzfrei gewaschen) mit Pleurax als Einschlussmittel ein Präparat hergestellt."
Diesen Reinigungsschritt können ,,Hobby-Mikroskopiker"  meist nicht ist selber durchführen. Deshalb bleibt ihnen die ,,Vielfalt der Welt der Diatomeen" meist verschlossen, obwohl sie , wie ich, optisch, mikroskopisch, hinreichend ausgerüstet sind. Alternativ kann man natürlich auf käufliche (Streu-) Präparate zurückgreifen. (Werden aber selten angeboten.)
(Die ersten, mich ,,faszinierenden Entdeckungsreisen" habe ich übrigens in den hervorragenden Diatomeen-Präparaten gemacht, die ich von Dir vor einigen Jahren erhalten habe. Bilder von interessanten Einzel-Diatomeen hieraus habe ich damals hier im Forum gezeigt, aber ein Übersichtsbild mit einem schwachen Objektiv, das die Lage und Verteilung der Diatomeen im Präparat zeigt, allerdings nicht.)
Nach meinen Erfahrungen ist es sehr aufwendig, zufriedenstellend saubere Diatomeen/-schalen vor und nach der chemischen Reinigung abzutrennen. Dabei verliert man oft leider selektiv bestimmte Diatomeen-Typen (durch Sieben z.B. vor allem die kleinen Diatomeen und den auch interessanten Diatomeen-Bruch.)
Jetzt habe ich mal probiert, den Aufwand der Reinigung nur so weit zu treiben, dass ich kaum Diatomeen verliere und durch Verdünnung der so gewonnenen Probe gerade noch viele Typen einzelner Diatomeen einigermaßen ,,freigestellt" erkennen kann. Die Hauptmenge ist dabei dicht an dicht, z.T. übereinander liegend. Die Einbettung dann in ,,Pleurax" (hoher Brechungsindex) ist dabei (vor im DF) von entscheidender Bedeutung.
Für ,,Hobby-Mikroskopiker",  die Interesse an Diatomeen haben, könnten derartige Präparate ein interessanter Einstieg sein. Deshalb überlege ich, einige derartige Präparate im ,,Mikromarkt" anzubieten.
ZitatAber, obwohl mir eigentlich gerade der Finger gezuckt hat ein paar geputzte gestackte künstliche Einzelbilder einzustellen, lasse ich es lieber und freue mich auf viele Beiträge mit viel Natürlichkeit drin.
Liebe Anne, die Qualität Deiner Diatomeen-Präparate und Bilder erreiche ich in diesem Leben sicher nicht. Deine, möglicherweise geputzten, gestackten, künstlichen Einzelbilder begeisten mich immer wieder. Es wäre schade, wenn Du aufgrund meines Beitrags weniger davon hier einstellen würdest.
Übrigens, mein Beitrag erhebt sicher nicht den Anspruch auf ,,viel Natürlichkeit". Davon kann sicher nicht die Rede sein. Ich hoffe mit meinen Erklärungen hierzu (s. oben) wird das klar.
Gruß Carlos

Carlos

Hallo,
Eigentlich war für mich der ,,Faden" mit dem Zeigen von Bildern unterschiedlicher, interessanter Diatomeen, die ich in ein und demselben Präparat ,,entdeckt" habe, abgeschlossen. Jetzt habe ich  aber darin noch eine ,,blau strahlende" (im DF) Diatomee entdeckt, die ich bisher noch nicht gesehen habe.
Zwei Bilder hiervon wollte ich euch nicht vorenthalten.




(Nach ,,A. Schmidt's,  Atlas der Diatomaceenkunde, Tafel 73", könnte es sich um eine ,,Arachnoidiscus", Nr.1 oder Nr.7, handeln.)
Viel Freude beim Betrachten!
Gruß Carlos

Rene

Hi Carlos, I've never seen Arachnoidiscus around here, but it could well be Thalassiosira punctigera.

Best wishes,
René

anne

Hallo Carlos,
falls Deine Probe groß genug ist, würde ich Dir empfehlen zumindest einen Teil der Probe zu sieben.
Ich persönlich empfinde die Beimengungen als störend.
Generationen von Diatomisten haben sich intensiv damit beschäftigt Beimengungen abzutrennen um reine Diatomeenproben zu erhalten.
Du hast Dich ja nun schon so intensiv mit der Probe beschäfitgt, so dass eine Aufkonzentrierung durch Abtrennung des Sandes und Tones eigentlich der nächste Schritt wäre.
Hier fängt die eigentliche Kunst des Aufbereitens von Diatomeen an.

lg
anne

Carlos

#13
Hallo Rene,
Die blaue Farbe im Dunkelfeld kann m.W. nur durch Interferenz der Feinstruktur als optisches Gitter (sehr feines Einfach- oder Mehrfach- Feinstrukturgitter) entstehen. Dies trifft auf viele Diatomeen mit entsprechender Feinstruktur zu. Bei der gezeigten, im DF tief blau erscheinenden Diatomee ist dieses Phänomen besonders ausgeprägt. (Tief blau im Dunkelfeld erscheinen nach meiner Erinnerung ,,Amphipleura"-Diatomeen, deren Feinstruktur im Grenzbereich der lichtmikroskopisch möglichen  Auflösung liegt. Hat denn ,,Thalassiosira punctigera" eine ähnlich ausgeprägte  Feinstruktur?)
Hier mal ein ,,Stack" (aus vier Schnittebenen) der gezeigten Diatomee. (Die Feinstruktur ist m.E. darin besser zu erkennen.)
Objektiv 54-fach Oel, A=0,95 mit DF Kondensor geölt, A=1,20


Hallo Anne,
ZitatGenerationen von Diatomisten haben sich intensiv damit beschäftigt Beimengungen abzutrennen um reine Diatomeenproben zu erhalten.
Du hast Dich ja nun schon so intensiv mit der Probe beschäfitgt, so dass eine Aufkonzentrierung durch Abtrennung des Sandes und Tones eigentlich der nächste Schritt wäre.
Hier fängt die eigentliche Kunst des Aufbereitens von Diatomeen an.
Natürlich wäre es besser den ,,Schmutz" vollständig zu entfernen. Aber so weit bin ich noch nicht. Dennoch, bei allem ,,Schmutz" im Präparat, m.E. ist in den gezeigten Diatomeen-Bildern eine Vielzahl von Diatomeen in ihrer charakteristischen Struktur klar erkennbar. Besonders, wenn man die Diatomeen im Dunkelfeld oder mit schiefer Beleuchtung betrachtet.
Gruß Carlos
Habe soeben leider festgestellt, dass das Stack-Bild hier im Forum, anders als auf meinem Bildschirm, die Feinstruktur nicht zeigt. Ich habe keine Ahnung woran das liegt. Hier ein neuer Versuch:




 

Rene

Abolutely Carlos, the blue shine in darkfield has something to do with the gitter, but I have never really looked into it. But your other images convinced me of the identification of Thalassiosira punctigera (also called T. angstii). Here's  frustule from the Wadden Sea with a 20x NA 0.7. The areolae pattern is just about visible at this NA in the bottom image. The large blob in the middle is the nucleus, and some remnants of the chloroplasts are also still visible plus a couple of larger rimoportulae, that are sticking out at 5 and 10 'o clock (the number of them is very variable).

Best wishes, René