noch ein Blick 400 Mill. Jahre zurück

Begonnen von plaenerdd, März 24, 2019, 20:04:27 NACHMITTAGS

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plaenerdd

Hallo,
ich hatte hier ja kürzlich 400 Millionen Jahre alte Spaltöffnungen einer Urlandpflanze aus dem Rhynie-Chert von Schottland gezeigt. Von dem gleichen Material möchte ich noch ein paar weitere Bilder zeigen, die belgen, mit welcher Detailtreue man durch dieses Fenster in die Vergangenheit schauen kann.

Zunächst ein kompletter Stengelquerschnitt von Aglaophyton major, von dem auch der Querschnitt durch die Spaltöffnung im genannten Beitrag stammt (im Foto auf 1:00 Uhr). Dieser Stitch aus 15 Einzelaufnahmen hat im Original 130Mill Pixel:


Jetzt müsste man nur noch färben können, um Verholztes von Unverholztem zu unterscheiden. Wir müssen uns anders helfen. Im gleichen Anschliff sind die Pflanzenstängel unterschiedlich stark verrottet. Beim folgenden Stück sieht man sehr deutlich, dass das innere Leitbündel sehr viel schwerer zu zersetzten ist als die übrigen Zellen, denn es hat diese durch die Schwerkraft zerissen bzw. unter sich zusammengequetscht:


In einem zweiten Fundstück, sind sehr viel seltenere Pflanzen überliefert. Hier ersteinmal der komplette Anschliff, der ca. 9cm hoch ist:


Die hierin erhaltenen Pflanzen (Ventarura)zeigen sehr schöne Treppentracheiden:


Eine gestielte Sporenkapsel habe ich auch entdecken können:


Was mich aber am meisten fasziniert hat, sind die zahlreichen Verpilzungen:



Viel Freude beim Betrachten wünscht
gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Fahrenheit

Lieber Gerd,

nochmals danke für Deine Arbeit mit diesem faszinierenden Material, die ich auf der Kornrade in meinen Vortrag einbinden konnte.
Wirklich immer wieder erstaunlich, welche Details die Anschliffe zeigen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Ole Riemann

Lieber Gerd,

auch ich war auf der Kornrade begeistert - und bin es bei Deinen Fotos und Erläuterungen jetzt wieder. So macht Pflanzenanatomie besonders Spaß - natürlich auch die Arbeit an rezenten Pflanzen, wie wir auf der Kornrade erleben konnten und hier im Forum immer wieder lesen und sehen können. Danke auch an Jörg für seinen Vortrag und die Bezüge zur Paläo-Botanik und Besiedelung der Landoberfläche.

Schöne Grüße

Ole


bernd552

Hallo Gerd,

du bist ja echt vielseitig, was deine Unterschiedlichkeit deiner Proben unter dem Objektiv angeht. Klasse!

Aber so richtig begreifen kann ich mit meinem Hirn nicht, einmal die Zeit/Zahl 400 Mio. Jahre und dass die lebenden Strukturen von früher bis heute evolutionstechnisch so unverändert geblieben sind.

LG
Bernd 

plaenerdd

#4
Hallo Bernd,
die Spaltöffnungen haben sich im Grundprinzip in der Tat kaum verändert. Sie sind einfach so funktional, dass es daran nicht so viel zu verbessern gab. Die Leitgewebe haben sich aber sehr wohl weiterentwickelt, wenn gleich auch hier das Grundprinziep natürlich schon bei den ersten Landpflanzen relisiert werden musste: Wassertransport durch osmotien Druck von den Wurzeln im weitesten Sinne und Sog durch den durch die Verdunstung geschaffenen Unterdruck erfordern nun mal "Schläuche", die eine feste Außenhülle haben, damit sie nicht einfach zusammengequetscht werden. Das ist mit Verstärkungen der Zellwende, sowohl stofflich ("Verholzung") als auch durch die Bauform (z.B. die Treppen - oder Leitertracheiden) zu bewerkstelligen.
Dazu kommt, dass die Abänderung von vorhandenen Merkmalen sehr viel leichter zu bewerkstelligen ist, als die "Neuerfindung" gänzlich anderer Merkmale. So sind die z.B. Knochen der Fische und die der Sägetiere in ihrem Grundbau immer noch sehr ähnlich. Eigentich ist seit der Kambrischen Explosion fast nur noch abgeändert worden, aber kaum etwas vollkommen neu erfunden worden. Lediglich die Landgänger haben sich noch mal was Neues einfallen lassen müssen, z.B. Lungen und Spaltöffnungen.
Was ich noch sehr bemerkenswert finde, dass die Gefäßpflanzen und die Pilze gemeinsam an Land gegangen sind, denn auch die Mykorrhiza sind schon im Rhynie-Chert nachgewiesen worden.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph