Nachweis von Eisen in den Zellwänden von Zieralgen

Begonnen von Bernd, Juni 20, 2019, 11:42:09 VORMITTAG

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Bernd

Im Mikro-Tümplerforum (https://www.mikro-tuemplerforum.at) hatte ich am 19.12.2017 folgenden Beitrag gepostet:

Liebe Zieralgenfreunde,

auf der Homepage Sieralgen en Kranswieren Vlaanderen (http://sieralgen.blogspot.de) bin ich unter dem Datum 25. August auf einen wie ich finde sehr interessanten Beitrag von Roland Luts gestoßen: ,,Aantonen van lokale ijzeropslag in de celwand van Sieralgen" (nicht von der Sprache abschrecken lassen!). In dem mit vielen Fotos illustrierten Beitrag wird gezeigt, wie sich Eiseneinlagerungen in der Zellwand recht einfach durch Anfärbung mit Kaliumhexacyanoferrat sichtbach machen lassen. Ob und in welche Bereiche der Zellwand Eisen eingelagert wird, ist je nach Gattung und Art sehr unterschiedlich. Roland Luts hat, wie er selbst schreibt, die Arbeit ,,Über Eisengehalt und lokale Eisenspeicherung in der Zellwand der Desmidiaceen" von Karl Höfler von 1926 (http://www.zobodat.at/pdf/SBAWW_135_0103-0166.pdf) nachgearbeitet, in der die Färbemethode ausführlich beschrieben ist. Vielleicht regen die beiden Arbeiten ja zu eigenen Versuchen an.

Da bisher niemand eigene Versuche gepostet hat und ich gerade eine Wasserprobe aus dem Herfelder Moor mit sehr viele Desmidiaceen auf der Fensterbank stehen habe, habe ich die Methode jetzt selbst nachgearbeitet. Aus einem größeren, auf einen Objektträger aufgebrachten algenhaltigen Tropfen habe ich möglichst viel Detritus und fädige Algen herauspipettiert. Dann habe ich ca. 3 Volumina einer 2,5% Kaliumhexacyanoferrat (K4Fe(CN)6)-Lösung zugegeben und etwa 15 Minuten einwirken lassen. Anschließend habe ich den größten Teil der Flüssigkeit abpipettiert, etwa ein Volumen 10% HCl zugegeben und ein Deckglas aufgelegt. Zuerst habe ich überschüssige Flüssigkeit abgesaugt, dann etwas dest. Wasser unter dem Deckglas durchgesaugt.

Ergebnisse:



Zwei Closterium-Zellen mit auf Grund von Eiseneinlagerungen intensiv blau gefärbten Zellwänden.



Closterium sp.: Bei der oberen Zelle enthält die Zellwand der noch nicht vollständig ausgebildete oberen Halbzelle (fast) kein Eisen, die Zellwand der Mutterhalbzelle ist intensiv blau gefärbt. Bei der unteren Zelle sind die Zellwände mit Ausnahme eines Gürtelbandes intensiv blau gefärbt.



Die Zellwände der beiden Closterium-Arten sind intensiv blau gefärbt. Die Zellwände von Euastrum sp. (oben links), Cylindrocystis brebissonii (unten, zweite Zelle von rechts) und Netrium digitus (unten rechts) sind ungefärbt.



Die Zellwände von Tetmemorus sp. (unten) und Pleurotaenium sp. (diagonal) sind ungefärbt. Die Closterium-Zelle rechts hatte sich gerade erst geteilt. Die Zellwand der Mutterhalbzelle ist intensiv blau gefärbt, die Zellwand der noch nicht vollständig ausgebildeten neuen Halbzelle ist ungefärbt. Die Zellwände der beiden Halbzellen der Closterium-Zelle links sind unterschiedlich intensiv gefärbt. Die obere, ältere Halbzelle ist deutlich intensiver gefärbt als die jüngere, untere Halbzelle.


Diskussion:
Es ist bekannt, daß in der Gattung Closterium die Zellwand bei einem Teil der Arten farblos, bei einem anderen Teil gelb, bräunlich, ja sogar dunkelrostbraun ist und daß die Färbung durch Einlagerung von Eisenoxydhydrat in die Zellwand, zumal in deren äußere Schicht, verursacht wird. Der Eisengehalt der Zellwände nimmt mit dem Alter zu. Man kann daher aus dem Ausmaß der Farbreaktion auf das relative Alter der Membranstücke schließen (Höfler, 1926).
Nach Höfler sind die Zellwände der Gattungen Cylindrocystis, Netrium und Tetmemorus eisenfrei. Die für Pleurotaenium nodulosum beschriebene Blaufärbung auf Grund von Eiseneinlagerung an der Kontaktzone der Halbzellen ist bei der von mir fotografierten Art nicht zu sehen. Die Zellen der Gattung Euastrum sind ebenfalls eisenfrei, bei einigen Arten können aber Eiseneinlagerungen an der Kontaktzone der Halbzellen vorkommen.

Literatur:
Karl Höfler: Über Eisengehalt und lokale Eisenspeicherung in der Zellwand der Desmidiaceen – aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität, Nr. 245 der zweiten Folge, und der botanischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien; vorgelegt in der Sitzung am 21. Jänner 1926.

Fototechnik:
Alle Aufnahmen im Hellfeld mit einem Plan-Neofluar 40x/0,75 und einer Canon EOS 500D. Alle Fotos sind Montagen von z.T. gestapelten Aufnahmen.

Viele Grüße
Bernd

Klaus Herrmann

Lieber Bernd,

sehr schöne Arbeit und tadellos dokumentiert.

Und: freut mich natürlich, dass meine Lösungen noch funktionieren - du bist der Einzige, der die Kaliumhexacyanoferrat-Lösung je nachgefragt hat.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Bernd

Hallo Klaus,

danke für das Lob. Mit dem Kaliumhexacyanoferrat liegst du aber falsch. Das ist nicht von dir. Was natürlich nicht heissen soll, dass deine Lösung nicht mehr funktioniert.

Viele Grüße,
Bernd

Reinhard

Hallo Bernd,

das ist ein sehr interessanter Beitrag zur Pflanzenchemie!
Spontan war mein erster Gedanke, ob sich der gleiche Nachweis evtl. auch mit Rhodankalium (KSCN) führen liesse.
Die wahrscheinliche 3-wertige Oxidationsstufe, in der das Eisen vorliegt, würde ja grundsätzlich dazu einladen.
Eine kurze Recherche in meinem "Tunmann" ("Pflanzenmikrochemie"/1913) ergab aber, daß sich dieses Reagenz,
(was natürlich auch über Klaus zu beziehen wäre  ;) ) ebenso wie andere, weitere bekannte Eisennachweisverfahren,
zum Eisennachweis in Pflanzen und Pilzen nur wenig eignet. Ein Grund wird nicht angegeben.
Außerdem soll nach Tunmann nur nicht gebundenes ("unmaskiertes") Eisen für den unmittelbaren Nachweis mit
"gelbem Blutlaugensalz" geeignet sein.

Viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Tilman

Hallo Reinhard, der Grund liegt vielleicht darin, das mit Rhodanidionen nur eine lösliche Rotfärbung mit Fe3+ resultiert, das K4Fe CN6 dagegen einen blauen Niederschlag ergibt.
Gruß
Tilman

Reinhard

Hallo Tilman,
das klingt logisch, da hätte ich selbst drauf kommen können.

Gruß
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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Klaus Herrmann

Zitatwas natürlich auch über Klaus zu beziehen wäre 

in diesem Fall nicht nötig, weil der Bernd als Biochemiker selbst problemlos an solche einfachen Reagenzien kommt. Ich habe ihn mit einem Namenvetter verwechselt - es gibt halt viele Bernd´s genauso wie es viele Kläuse gibt.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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