Oxalat-Kristalle in Welwitschia mirabilis

Begonnen von Paul Keller, Juni 08, 2019, 15:11:25 NACHMITTAGS

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Paul Keller

Ein Präparat von R.G. Mason, Clapham, London - um 1890.

Ist diese unglaubliche Menge von Ablagerungen im Sack (? so beschriftet) dieser langlebigen Pflanze
- Grund für das lange Leben, oder
- Resultat des gelebten, langen Lebens?

Danke für die Erleuchtung.

Gruss,
Paul

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Fahrenheit

#1
Lieber Paul,

so einfach ist das nicht: die Blätter der Welwitschie wachsen ein Leben lang vom Meristem im Stamm aus und sterben nach und nach ab. Dabei sind die ältesten Gewebe bis 10 Jahre alt. Bei einem durchschnittlichen Wachstum zwischen 0,17 und 0,83 mm pro Tag sind das dann etwa zwischen 0,62 und 3 m.

Die massive Ablagerungen der Calciumoxalatkristalle aussen auf den Zellwänden in den Interzelllularräumen, tatsächlich meist als Rhomboeder wie auch in Deiner schönen Aufnahme, findet man bei den Coniferopsida recht häufig. So z.B. auch bei der Chilenischen Araukarie (Araucaria araucana), der Spießtanne (Cunninghamia lanceolata), der Wollemie (Wollemia nobilis) oder dem Ginkgo (Ginkgo biloba, dort allerdings als Drusen).
Ich denke, dass kommt daher, dass bei all den betroffenen Gattungen die Blätter mehrjährig sind und somit einfach mehr schlecht lösliches Calciumoxalat anfällt, das von der Pflanze irgendwo untergebracht werden muss.
Das zeigt sich auch schön in den Bildern 20a & b aus meinem oben verlinkten Thread zu Wollemia nobilis: während das junge Blatt kaum oder kein Calciumoxalat enthält, sehen wir beim alten Blatt wieder jede Menge Kristalle in den Interzelllularräumen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
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Fahrenheit

Lieber Paul,

da fällt mir etwas ein: kannst Du bitte mal schauen, ob sich in Deinem Präparat Sekretgänge finden lassen?

Herzliche Grüße
Jörg
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Dünnschliffbohrer

Das sieht man auch an der gewöhnlichen Küchezwiebel. Während man bei den lebenden noch essbaren "Blättern" der Zwiebel keine Oxalatkristalle sieht, sind sie in den äußersten braunen vertrockneten Schichten häufig.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Klaus Herrmann


ZitatDas sieht man auch an der gewöhnlichen Küchezwiebel. Während man bei den lebenden noch essbaren "Blättern" der Zwiebel keine Oxalatkristalle sieht, sind sie in den äußersten braunen vertrockneten Schichten häufig.

richtig: sie muss vertrocknet sein, aber dann sieht man sie immer. Ein einfaches Präparat, das immer wieder schön ist.

Aber Pauls Welwitschia ist besonders schön!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Paul Keller

Zitat von: Fahrenheit in Juni 08, 2019, 21:49:37 NACHMITTAGS
Lieber Paul,

da fällt mir etwas ein: kannst Du bitte mal schauen, ob sich in Deinem Präparat Sekretgänge finden lassen?

Herzliche Grüße
Jörg

Lieber Jörg,
hier eine Uebersichtsaufnahme des Präparats. Wenn es Dich interessiert und Du willst, schick' ich es Dir gerne zur fachmännischen Beurteilung.
Gruss,
Paul

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Fahrenheit

Lieber Paul,

ah, Sack ;) - das ist der Spross oder ggf. das Hypocotyl der Welwitschie. Je nach dem, wo da geschnitten wurde, geht es mit den unterschiedlichen Geweben ganz schön drunter und drüber.

Ich war beim Blatt der Pflanze, darauf bezogen sich auch meine Erläuterungen.
Der Stamm baut Jahresringe auf und im Inneren gibt es tatsächlich Gewebe, die das Alter der Pflanze als solches haben. Eines der ältesten Exemplarer wurde auf über 2000 Jahre geschätzt.
Was die Einlagerung von Calciumoxalat angeht, gilt das oben gesagte aber auch für den Spross.

Schade, dass es kein Präparat vom Blatt ist. Dort sind in der Literatur nämlich teilweise lysigene Sekretgänge beschrieben, die ich in meinen Schnitten bisher nie finden konnte. Meines Erachtens würden lysigene Sekretgänge auch nicht zu den großen Interzellularen passen, über die wir hier sprechen.
An der Uni Wien arbeiten zwei Wissenschaftlerinen gerade an der Abstammung von W. mirabilis anhand von fossilem Material und rezenten Schnitten. Auch dort wurden bisher keine Sekretgängegefunden.
Hast Du vielleicht noch ein Präparat vom Blatt der Welwitschie aus der selben Quelle und könntest dort mal nachschauen?

Abermals danke und herzliche Grüße
Jörg   

p.s.
Behalt das Präparat lieber ... das ist für einen Postversandt zu wertvoll. :)
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