Zeiss (West): Kondensor mit einstellbarer Frontlinse

Begonnen von piu58, Juni 13, 2019, 10:57:55 VORMITTAG

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piu58

Liebe Mikoskopiker,

ich saß soeben vor dem Mikroskop eines Kollegen, eines Pathologen. Er meinet, sein Gerät ließe sich nicht vernünftig köhlern. Ich habe es versucht.

Das Problem: Der Kondensor hat eine einschwenkbare Frontlinse für die hohen Beleuchtungsaperturen. Gewöhnt von Zeiß-Jena bin ich das Gegenteil - eine einschwenkbare Großfeldlinse.

Ich finde diese Konstruktion unterirdisch. Die Schwenkeinrichtung arbeitet ja nicht aufs Hundertstel genau und so ist die Position dieser Linse nicht reproduzierbar. Im konkreten Fall saß diese Linse zudem nicht zentrisch über dem Rest-Kondensor und hatte starke chromatische Aberrationen und Koma. Damit ließ es sich wirklich nicht köhlern.

Warum macht Zeiß das? An dieser sensiblen Stelle eine so labberige mechanische Konstruktion? Hat jemand Hinweise, wie man das zumindest verbessern kann?

Leider kann ich nicht sagen, welches Modell das ist. Es ist aber etwas besseres, kein Standard oder gar Junior. Es hat auch eine Und schon ein paar Jährchen alt. Die neuen sind eher rund, dieses ist eckig. Könnte ein älteres Primostar sein, mit Diskussionstubus, wie in der Pathologie üblich. Wenn ich wieder dort bin, versuche ich, ein Typenschild zu finden.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

Klaus Herrmann

Hier kann man natürlich lange rätseln. Ein Bild des Mikroskops und des Kondensors könnte Wunder wirken.

Solche "unterirdischen" Konstruktionen kenne ich von Olympus, Leitz, Nikon; und es gibt sicher noch mehr andere.

Gehen wir mal davon aus, dass der Kondensor richtig sitzt sonst auch nichts pathologisch an dem Mikroskop ist, dann gibt es eine kleine Anschlagschraube, die den Schwenkarm in der korrekten Position stoppt. Kleiner Schraubendreher ist dafür nötig. Kann sein dass die neueren einen Miniinbus haben.
Und es gibt natürlich auch Kondensoren mit geschraubter Frontlinse, die haben den Vorteil, dass alles präzise sitzt; aber der Aperturwechsel ist umständlich: man muss schrauben.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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MikroMicha

Hallo liebe Mikroskopiker,

auch ich verwende an meinem Zeiss Axiolab A1 einen Kondensor mit einschwenkbarer Fontlinse: nämlich den achromatisch/aplanatischen Kondensor mit der nummerischen Apertur von 0,9. Auch hier muss die Frontlinse bei Objektivaperturen ab 0,1 immer eingeschwenkt sein. Bei mir funktioniert das alles tadellos,  die Leuchtfeldblende wird lupenrein und scharf abgebildet. Ebenfalls sind nie Dezentrierungen festzustellen, die Stellung der einschwenkbaren Frontlinse ist immer reproduzierbar.

Wie Klaus schon schreibt, sollten einmal Bilder von dem Kondensor und Mikroskop gemacht werden,  um das beschriebene Problem näher einzukreisen.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

piu58

#3
Ich habe das Instrument fotografiert, es ist ein Axioscop, ganz höchstwahrscheinlich dieses hier.

Die ersten beiden Bilder zeigen die Schwenklinse am Anschlag (deutlich zu weit links) und einermaßen zentrisch, von mir per Hand ohne Anschlag so eingestellt (sie steht mMn. schief).

Ich habe danach versucht, das Bild der Leuchtfeldblende zu fotografieren, wie beim Köhlern. Dieses Bild ändert sich nicht wesentlich, wenn ich eine der beiden Stellungen der Schwenklinse benutze. Es wandert freilich woanders hin. Benutzt habe ich das 40er Orkular. Das erste der beiden Leuchtfeldblenden-Bilder zeigt eine mäßig geöffnete Blende, das ließ sich leichter fotografieren. Das letzte schließlich eine geschlossene.
Wie man erkennt, erzeugt der Kondensor eine riesige Koma und über das Maß chromatische Aberrationen.

Es wäre schön, wenn ich ein paar Hinweise bekäme, ob und wie ich das justieren kann.






Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

Klaus Herrmann

Hallo Uwe,
auf dem 2. Bild steht die Linse so wie es aussieht etwas zu weit rechts. Sie schwenkt ja von links hoch. Dann kannst du doch unter Beobachtung mit der Schwenkwippe gefühlvoll etwas zurück schwenken, damit sie zentriert ist. Wenn ich dich richtig verstehe hast du das wohl auch schon versucht?

Eine Fehlerquelle fällt mir noch ein: die Linse ist mit 3 winzigen Zentrierschrauben in ihrer Halterung fixiert. Sitzt sie da rundum bündig drin? Wenn sie gekippt wäre, dann würde ich die Bilder verstehen. Der Schwenkarm könnte einen Schlag haben. Der Kondensor kann schief in der Aufnahme sitzen.
Kondensor mal austauschen - vielleicht hat einer einen übrig?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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olaf.med

Hallo Uwe,

hier ist definitiv mechanisch etwas oberfaul. Einklappbare Kondensor-Frontlinsen gibt es seit über 100 Jahren bei allen namhaften Mikroskopherstellern - sie alle funktionieren einwandfrei, wenn alles mechanisch in Ordnung ist.

Gruß,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

reblaus

An meinen Axio-Kondensoren befindet sich neben dem Gelenk der Klapplinse ein Klötzchen mit einer kleinen Anschlagschraube (Schlitz versenkt), die mit einem 1,5 mm Schraubenzieher verstellt werden kann. Die 3 Zentrierschräubchen (Madenschräubchen mit Schlitz für 1 mm Schraubenzieher) hat Klaus schon erwähnt.

Gruß

Rolf

piu58

#7
Vielen Dank für die Antworten.

Wie man auf den Bildern sieht (vielleicht nicht so ganz deutlich): Wenn ich die Linse ganz einschwenke, ist sie gekippt (nach links).

Wenn ich die Linse so stelle, dass die Hauptebene parallel zu der des Kondensors (also zum Tisch) ist, dann steht sie nicht zentrisch sondern sitzt zu weit rechts.

In bedien Fällen gibt es die abgebildete Kondensor-Koma.

> Einklappbare Kondensor-Frontlinsen gibt es seit über 100 Jahren bei allen namhaften Mikroskopherstellern

Mein Kollege sagt auch, dass diese Konstruktion an allen Mikroskopen so ist, und bei den anderen ja auch funktioniert.

> An meinen Axio-Kondensoren befindet sich neben dem Gelenk der Klapplinse ein Klötzchen mit einer kleinen Anschlagschraube (Schlitz versenkt), die mit einem 1,5 mm Schraubenzieher verstellt werden kann. Die 3 Zentrierschräubchen (Madenschräubchen mit Schlitz für 1 mm Schraubenzieher) hat Klaus schon erwähnt.

Ich schaue mir das noch mal an. Dazu muss aber mal jemand anderes auf Dienstreise oder im Urlaub sein, damit ich mal ein paar Stunden an dem Mikroskop herumschrauben kann.

Recht vielen Dank euch allen.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

Peter V.

Hallo Uwe,

die Stellung der Frontlinse sieht aber auf Deinen Fotos schief aus...

Deine Kriritk am Axioskop ist auch nicht ganz berechtigt - die waren mechanisch noch "ziemlich ok"! Ob die Konstruktion "labberig" ist? Man muss sagen, dass viele Pathologen ja auch recht rustikal mit ihren Mikroskopen umgehen - es ist halt ihr Arbeitsgerät. Das Axioskop ist wahrscheinlich über 20 Jahre alt und wenn es im rauhen Arbeitsalltag eines Pathologen eingesetzt wird, sind solche Mängel wohl verzeihlich.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Klaus Herrmann

Also ich habe mal versucht am Olympus BX 50 den Fehler nachzustellen. Ist mir nicht gelungen, wenn ich perfekt geköhlert habe ist die LFB rundum scharf und ohne Farbsäume. Wenn ich sie teilweise abklappe wird sie an einer Seite ganz gering unschärfer, aber ohne Farbsaum.

Beim Zeiss Standard gibt es unterm Kondensor die klappbare Hilfslinse, die in der Edelversion mit 2 Zentrierschrauben verschoben werden kann genau so wie der Kondensor in seiner Halterung..(unpraktischer ist die Version mit 2 Schlitzschrauben, wo man 2 Schraubendreher benötigt) Mit dieser Hilfslinse kann man schöne Farbsäume produzieren gegenüberliegend orange und blau und man kann die LFB auch schief unscharf einstellen. Aber diese Hilfslinse gibt es bei Zeiss unendlich nicht mehr. Also ich möchte Olafs Meinung beipflichen: da ist was mechanisch oberfaul.

Pragmatisches Vorgehen: Komponenten austauschen zur Fehlereingrenzung!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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smashIt

@uwe:
der kondensor wird derzeit wohl an der falschen position sitzen
stell den kondensor erst einmal auf eine möglichst mittige position in seiner aufnahme
wenn du die frontlinse dann horizontal einstellst befinde sie sich hoffentlich wieder mittig in der aussparung im tisch

und wegen der farbsäume:
gibt es bei zeiss auch unterschiedliche frontlinse für öl und trocken?
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

beamish

Hallo Uwe,
hast du mal unter den Tisch geschaut? Für mich sieht das aus wie ein Phasenkontrast-Kondensor. Wenn ja, ist denn da alles in der richtigen Position eingerastet?

Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Ulf Titze

#12
Hallo Uwe,

Zitat von: piu58 in Juni 14, 2019, 06:00:05 VORMITTAG

Es wäre schön, wenn ich ein paar Hinweise bekäme, ob und wie ich das justieren kann.


Bei Mikroskopen eines Pathologen ist da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Glasbruch von unsauber aufgeklebten Deckgläsern in der Mechanik des Kondensors zu rechnen - am besten noch vermengt mit ausgetrocknetem Eindeckmedium. Lecker!

Wenn Du der arme Schlumpf bist, dessen Job es ist diesen Mist wieder gerade zu biegen: mein Beileid!

Nur Grundsätzlich: wenn (aber nur wenn) die mechanischen Komponenten sauber und einwandfrei sind, laufen die dermaßen präzise, da träumen die Labovals, Ergavals und Amplivals nur von. Und ja: ich habe den Vergleich, denn ich war auch in einer Pathologie angestellt, die mit jenaer Mikroskopen ausgestattet war. Die erste Serie der Axioskope verbindet m.E. noch die mechanische Güte (ich hasse das mittlerweile grotesk ausgehölte Wort "Qualität") der Standards mit den Vorteilen der Unendlich-Optik. An meiner zweiten Stelle hatte mir die Chefin ein neues Nikon angeboten - ich habe mich für das ältere Axioskop50 mit Axioplan-Tubus entschieden. Die spätere Serie war unter Pathologen verschrien, weil die Plaste der Akkordbelastung nicht standhielt.

Beste Grüße

Ulf
"Do not worry about your problems with mathematics, I assure you mine are far greater." (A. Einstein)

"Komm wir essen Opi!" - Satzzeichen können Leben retten!!!

beamish

Hier zum Vergleich. Links der normale Kondensor und rechts der Universal-(Phaco-)kondensor. Achtet auf die mittige Kreuzschlitzschraube. Solche hat der "normale" nur an den Seiten.

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

piu58

Liebe Mikroskopiker,

nochmals vielen Dank für eure Hilfe. Ich stand heute noch mal vor dem Mikroskop. Wie Martin vermutete, ist es ein Phako-Kondensor, und zwar für Differentialphasenkontrast.

Wenn es ein normaler Standard-Kondensor gewesen wäre, hätte ich mi drangetraut. Aber an einem so teures Teil schraube ich nicht herum Dennoch sind eure Ratschläge wichtig, de muss eben mal jemand vom Zeiß-Service drüberschauen. Das wird bei solchen professionell genutzten Instrumenten natürlich regelmäßig getan, aber an den Kondensor hat sich die Servicemannschaft wohl nicht herangetraut. Aber mit euren Hnweisen, dass es ganz normale Justage-Elemente gibt, kann man da anders auftreten.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe