Histologie: Die Diphtherie der Gaumenmandel, Teil 1

Begonnen von Heino Lauer, Juni 27, 2019, 15:15:46 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Heino Lauer

Einleitung   

Aus meiner Sammlung zeige ich ein Präparat, das von einer Diphtherie der Gaumenmandel (Tonsilla palatina) stammt. Die Diphtherie ist eine akute und potentiell bedrohliche, bakterielle Infektionskrankheit des Menschen. Sie ist impfpräventibel und in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz betreffend Verdacht, Erkrankung und Tod meldepflichtig (IfSG § 6 Abs.1).

Das Präparat ist undatiert, es findet sich nur - von älterer Hand - der Listenvermerk der Diagnose. Meinem Eindruck nach stammt es aus den 1970er, vielleicht frühen 1980er Jahren. Die Färbung ist HE. Das Präparat hat keinen Herkunftsbezug zu den Kasuistiken, die ich dieser Arbeit beigegeben habe.


Geschichte   

,,Es plagt sie scharfer, brennender Schmerz, wie von einem Karbunkel...Ihr Atem hat einen starken Fäulnisgeruch..., den sie selbst widerlich empfinden. Ihr Antlitz ist bleich, sie haben hohes Fieber und Durst wie von Feuer. Dennoch trinken sie nicht aus Angst vor den Schmerzen, denn es quält sie, wenn die Flüssigkeit die Mandeln drückt oder in die Nase dringt. Liegen sie, so setzen sie sich auf, weil sie das Liegen nicht ertragen. Sitzen sie, so legen sie sich in ihrer Hilflosigkeit gleich wieder hin. Meist schleppen sie sich aufrecht umher, denn außerstande Erleichterung zu finden, fliehen sie die Ruhe und suchen durch Schmerz den Schmerz zu betäuben. Sie atmen tief ein, denn sie haben ein Verlangen nach kühlender Luft. Sie atmen wenig aus, denn das Brennen der Geschwüre wird von der Hitze des Atems noch erhöht. Heiserkeit, Stimmlosigkeit. Dieser Zustand verschlimmert sich unaufhaltsam, bis sie plötzlich kollabieren und sterben" [1].

So beschrieb der griechische Arzt Aretaios (etwa 80 - 138 n. Chr.) das Erscheinungsbild der Diphtherie, einer Erkrankung, die bereits im Altertum bekannt war; die Sumerer und Babylonier schrieben sie dämonischem Wirken zu, der babylonische Talmud erwähnt sie als Askara (wohl eine Kehlkopfdiphtherie) und auch in den Schriften des Hippokrates finden sich entsprechende Hinweise, was Loeffler 1908 [1,2] allerdings noch bezweifelte. Die Römer nannten die Diphtherie das ,,Malum aegyptiacum", und begingen, als Reaktion auf das regelmäßige, gehäufte Auftreten der Krankheit in den Wintermonaten, am Tag der Wintersonnenwende das Fest der Göttin Angerona, der Befreiung von Ängsten und ,,Beengung der Kehle" [1].

Zahlreiche, teilweise verheerende, mittelalterliche und neuzeitliche Ausbrüche der Diphtherie im Nahen Osten und auf europäischem Boden sind bekannt. Für den Zeitraum um 1500 findet sich bei Sebastian Franck (Frank von Wörd) die Erwähnung einer unbekannten Krankheit, die ,,in der Rheingegend" ausgebrochen sei. Neisser und Gins [3] halten dies für den ersten Hinweis auf die Diphtherie in Deutschland.    Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte dehnte sich die Krankheit über ganz Europa aus. Auch in Amerika, China, Indien und Australien kam es zu schweren Epidemien [1,3,4].

Im Jahr 1825 stellte Pierre Bretonneau (Abb.1) die Vermutung auf, das es sich beim Croup, also der Kehlkopfdiphtherie, und der ,,Rachenbräune" (syn. Halsbräune, Häutige Bräune, Cynanche, Angina maligna, Gangrenous Angina), um unterschiedliche Manifestationen ein- und derselben Krankheit handelt, die er fortan Diphtheritis nannte. Sein Schüler Armand Trousseau prägte den Namen Diphtherie, um die Betonung eines nur lokalen Krankheitsprozessses zu überwinden und die Bedrohung des gesamten Körpers herauszustellen. Beide erkannten den übertragbaren (kontagiösen) Charakter der Krankheit, und Bretonneau versuchte bereits die experimentelle Übertragung auf Tiere [1,3,5,6,7,8,9].






Abb.1  Protagonisten der frühen Diphtherieforschung: Pierre Bretonneau, Armand Trousseau,
Friedrich Loeffler, Emile Roux, Alexandre Yersin und Emil Behring (von oben links nach unten rechts).


Bretonneau wird auch die Durchführung eines Luftröhrenschnittes (Tracheotomie) aus der Indikaktion einer Kehlkopfdiphtherie zugeschrieben. Dieses Verfahren war schon den alten Römern bekannt, wenngleich sie die Blutungen und die Offenhaltung des Stomas nur unzureichend beherrschten [1]. Der Eingriff galt dementsprechend als komplikationsbehaftet; noch 1861 schrieb der bedeutende Chirurg Theodor Billroth, damals mit Lehrstuhl in Zürich, an einen Freund und Kollegen:

,,Ich habe hier drei Tracheotomien bei Croup gemacht, der hier sehr selten ist. Alle drei Kinder sind gestorben. Eins erstickte während der Operation durch Bluteintritt in die Trachea; ich war ganz allein ohne Assistenz in einer ärmlichen Hütte. Da habe ich etwas dégout vor dieser Operation bekommen, wie begreiflich" [10].

Dennoch war die Tracheotomie nicht selten das letzte Mittel, wenn die Verengung (Stenose) des Kehlkopfes zu drohendem Ersticken führte: Stepp und Cobet [11] betonen 1926 als erfahrene Praktiker, daß Ihnen eine ,,ganze Reihe von Beobachtungen" vorliegen, in denen die Rettung verzweifelter Fälle auf diesem Wege noch gelang. Siehe hierzu auch sehr ausführlich Jochmann [31] und die Kasuistik Nr. 3.

1858 äußerte Laycock (Edinburgh) die Vermutung, das die Diphtherie durch einen Mikroorganismus, die ,,Vegetation des Oidium albicans", verursacht wird; nach Loeffler [9] der erste Hinweis dieser Art in der Literatur. Letzerich [12] hielt die Existenz eines Diphtherieerregers für erwiesen; den damaligen Gewohnheiten folgend bezeichnet er ihn als Pilz und glaubt, ihn in Präparaten auch gesehen zu haben, was aus heutiger Kenntnis aber bezweifelt werden muss. Der Pathologe Edwin Klebs versuchte ab 1873 erfolglos die Kultivierung des Erregers. Dennoch gilt es aufgrund seiner Beschreibungen als sicher, das er C. diphtheriae bereits gesehen hat [3,9]. 10 Jahre später, 1884, veröffentlichte dann Friedrich Loeffler, ein Schüler Robert Kochs, seine klassische Arbeit ,,Untersuchungen über die Bedeutung der Mikroorganismen für die Entstehung der Diphtherie beim Menschen, bei der Taube und beim Kalbe".





Abb.2  Ein Durchbruch in der Diphtherie-Forschung. 1884 veröffentlich Friedrich Loeffler seine wegweisende Arbeit zum Erreger der Diphtherie.


Loeffler gelang die Reinkultur von Diphtherie - Stäbchen und im Tierversuch die konstante Erzeugung der immer gleichen Krankheitserscheinungen. Auch bemerkte Loeffler bereits, das der Tod der Versuchstiere zwar unter den Zeichen einer Allgemeininfektion eintrat, jedoch ein Nachweis der Bakterien aus dem Körper fernab ihrer Eintrittspforte im Rachen regelmäßig nicht gelang, woraus er bereits die mögliche Existenz eines vom Erreger gebildeten Giftes ableitete. Der Nachweis dieses Giftes, des Diphtherietoxins, gelang dann 1888 Emile Roux und Alexandre Yersin [3].

Diese beiden Entdeckungen, der bakteriologische - wie der Toxinnachweis, bilden die Grundlage für die Arbeiten Emil von Behrings zur Serumtherapie im Allgemeinen und zur Antitoxintherapie der Diphtherie im Besonderen; eine Leistung, die 1901 mit der Verleihung des ersten Nobelpreises für Medizin gewürdigt wurde. Die Sterblichkeit bei Diphtherie sank in den Jahren nach Einführung dieser Therapie im Jahre 1894 (Abb.3) dramatisch.




Abb.3  Auswirkung der Einführung der Serumtherapie im Jahre 1894 auf die Diphtherie-Sterblichkeit. Angegeben ist die Sterblichkeit auf je 10.000 Einwohner. Die schwarze Linie bezieht sich auf deutsche Orte mit 15.000 und mehr Einwohnern. Die rote Linie zeigt die Sterblichkeit in Preussen. Grafik vergleiche [11].


In der ,,Vorserumzeit" bestanden pharmakotherapeutische Ansätze in der lokalen Anwendung von desinfizierenden Substanzen wie Bor- und Carbolsäure sowie Lösungen von Silbernitrat [12,17,18]. Trousseau [7] berichtet über gute Ergebnisse mit der Anwendung von Eisenperchloridlösung, und schon Bretonneau kannte die die Membranbildung limitierende Wirkung von Alaunpulver, das mittels dünner Röhrchen in den Rachen des Erkrankten eingeblasen wurde. Auch Emetika, also zum Erbrechen anregende Substanzen wie Antimon wurden eingesetzt. Eine zielgerichtete Therapie stand aber erst mit Einführung der Serumtherapie nach Behring zur Verfügung [7,19].


Erreger, Ätiologie und Pathogenese

Die Diphtherie wird durch Corynebakterien-Arten verursacht, die zur Bildung des Diphtherietoxins befähigt sind. Der klassische Erreger der Diphtherie ist das Corynebacterium diphtheriae, ein grampositives Stäbchen mit einer polständigen Auftreibung, die ihm eine keulenförmige (trommelschlegelartige) Anmutung verleiht. Die Stäbchen sind zwischen  0,3 - 0,8 Mikrometer breit und etwa 1 - 6 Mikrometer lang, geißellos und damit nicht eigenbeweglich. Der Erreger ist lichtmikroskopisch sichtbar (Abb.4.1), aber von non-pathogenen Corynebakterien (Abb.4.2) auf diesem Wege nicht sicher unterscheidbar. Im Ausstrich werden die Stäbchen oftmals V - oder Y - förmig zueinander liegend gesehen [13,14,15,16,32].

Das natürliche Erregerreservoir von C.diphtheriae ist der Mensch; allerdings wurde der Erreger gelegentlich auch von domestizierten Tieren, einschliesslich Pferden, isoliert. Die Übertragung des C. diphtheriae von Mensch zu Mensch geschieht vorwiegend durch Tröpfcheninfektion von Erkrankten oder asymptomatischen Trägern, letztere sind es auch, die sowohl örtliche als auch epidemische Ausbrüche perpetuieren. Die Übertragung via Schmierinfektion ist seltener, aber durchaus möglich; sie erreicht besondere Bedeutung bei der Verbreitung der Wunddiphtherie. Die Inkubationszeit, während der eine Weitergabe des Erregers bereits möglich ist, wird mit 2-5 Tagen (max 1-7 Tage, sehr selten bis zu 10 Tagen) angegeben [13,21,40,42].

C. diphtheriae kann Wochen bis Monate auf Gegenständen, Spielzeug, Büchern oder Mobiliar überleben, hat eine hohe Resistenz gegen niedrige Temperaturen und bleibt auch nach mehreren Monaten, in denen es Winterkälte ausgesetzt war, sowie bei Austrocknung virulent [4,11,13,14,16,21].

Die Diphtherie kann in jedem Lebensalter auftreten. Unter den Erkrankten waren im 19.Jahrhundert vor allem Kinder; an zweiter Stelle der Häufigkeit sah Letzerich [12] Frauen, dann erst die Männer. Die zahlreichen Erkrankungsfälle unter Pflegenden und Ärzten - er selbst erkrankte nach eigenem Bekunden vier Mal - hob er besonders hervor.

Der Kontagionsindex liegt zwischen 0,1 und 0,2, d.h. von 100 Personen, die mit dem Diphtherieerreger in Berührung gekommen sind, erkranken zwischen 10 und 20%. Nach überstandener Erkrankung besteht zunächst eine Immunität. Das Erkrankungsrisiko ist bei Ungeimpften - oder Menschen mit nicht aufgefrischter Impfung - erhöht. Ein erhöhtes Expositionsrisiko haben Reisende und solche, die in Kontakt mit Reisenden aus Ländern kommen, die nicht über ein funktionierendes Gesundheitssystem verfügen. Darai und Handermann [13] weisen darauf hin, dass ca. 50% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland über einen nicht ausreichenden Impfschutz gegen die Diphtherie verfügen. Asymptomatische Keimträger können nachfolgend - im Sinne einer Infektbahnung - eine Diphtherie entwickeln, wenn sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert, z.B. im Verlauf durchaus banaler Erkrankungen wie einer Erkältung [6,13,23,35].





Abb.4.1  Corynebacterium diphtheriae in der Polkörperchenfärbung nach Weigert. Deutlich sichtbar sind die endständigen Auftreibungen und die Lagerung der Stäbchen in V- oder Y-Form. (Abbildung aus: Hegler, Lehrbuch der Infektionskrankheiten. 2. Auflage; Berlin, Springer 1924, Seite 393. Dem Springer-Verlag danke ich für die freundliche Genehmigung zur Verwendung der Abbildung)




Abb.4.2 Corynebacterium pseudodiphtheriae. Ein nonpathogener Erreger. Beachtenswert ist auch hier die V-förmige Lagerung der Stäbchen; im Vergleich zu Abbildung 4.1 zeigt sich die Problematik der mangelnden mikroskopischen Unterscheidbarkeit pathogener und nonpathogener Corynearten. Das Präparat stammt aus meiner Sammlung. Objektiv Leitz PL APO 100x, Okular GW 10x.


Das Corynebacterium diphtheriae ist zur Bildung des Diphtherietoxins befähigt; die Vorraussetzung dafür ist der Befall des jeweiligen Bakterienstammes mit einem Bakteriophagen, in dessen Genom die Information für die Bildung des Toxins hinterlegt ist [20,21,22,32]. Kommt es zum Kontakt eines Menschen mit solchen, zur Toxinbildung befähigten Stämmen des C. diphtheriae und in der Folge zu einer Besiedelung z.B. des Nasenrachenraumes, dringt das Toxin in die Zellen des lokal betroffenen Gewebes ein, hemmt in diesen die Proteinsynthese irreversibel und führt nachfolgend zum Zelltod. Das Diphtherietoxin ist ein starkes Gift mit einer, bezogen auf den Menschen, letalen Dosis von 0,1 mg / kg Körpergewicht [13]. Die Wirkung des Toxins ist zunächst topisch und bleibt es häufig auch, beschränkt eben auf den Nasenrachenraum oder infizierte Wunden, kann aber auch systemische Auswirkungen entfalten [11,13,23,24]. Man unterscheidet in diesem Sinne zwischen einer lokalen Infektion und einer systemischen Intoxikation [25].

Lokal kommt es zu einer oft schmerzhaften Schwellung und Rötung häufig zunächst nur einer Gaumenmandel. Ganz umschrieben bilden sich die ersten zarten, weißgrauen Beläge, die im Verlauf an Dicke und Derbheit zunehmen und auch die gegenüberliegende Gaumenmandel, das Zäpfchen, das Gaumensegel und den Rachen bedecken können. Diese Beläge, Pseudomembranen genannt, bestehen aus fibrinhaltigem Exsudat [35]. Aschoff [34] schreibt dazu: ,,Die Diphtheriebazillen [...] rufen eine bis zur Nekrose sich steigernde Schädigung der Epithelien, zum Teil auch der oberflächlichen Schleimhautschichten hervor, welche von einer sehr starken Exsudation fibrin- und leukocytenreicher Flüssigkeit an die Oberfläche gefolgt ist". Die Lösung dieser Pseudomembranen von der geschädigten Schleimhaut gelingt nur mit Nachdruck; es blutet dabei häufig. Ein Übergreifen der Rachendiphtherie auf den Kehlkopf ist im Verlauf der Erkrankung jederzeit möglich, auch nach dem Abklingen der Beschwerden im Rachen. Es entstehen dann dort, häufig bis in die Luftröhre hineinragend (Abb.5), Pseudomembranen, die im Gegensatz zu denen im Rachen der Schleimhaut nur locker aufliegen und sich leicht lösen können. Sie führen zu einer Verengung, durch die es zu einem deutlich hörbaren Geräusch bei der Einatmung, dem inspiratorischen Stridor, kommt. Diese Diphtherie des Kehlkopfes wird Krupp genannt; im Verlauf kann es zu einer zunehmenden Luftnot mit rascher Zustandsverschlechterung kommen, was insbesondere beim Kind mit kleinlumigen Luftwegen eine ernste Komplikation darstellt  [6,14,18,26,27,30,34,39,41,42].




Abb.5 Pseudomembranen in Kehlkopf und Trachea bei Rachendiphtherie. Die Luftröhre ist eröffnet; Blick  von dorsal auf die darin befindlichen Pseudomembranen, die das Tracheallumen beträchtlich einengen. (Aus: Graupner; Zimmermann (1899). Technik und Diagnostik am Sektionstisch. Bd. 2, Tafel 16)


Die systemische Wirkung des Diphtherietoxins kann zu Nervenschäden führen, die sich in Schluck- und Sprechunfähigkeit, einem Taubheitsgefühl der Zunge und Sehstörungen manifestieren. Im Verlauf kann eine zunehmende Schwäche der Muskulatur des Brust- und Bauchraumes zur Beatmungspflichtigkeit führen. Eine weitere, gefürchtete sytemisch-toxische Wirkung ist die Entwicklung einer Myokarditis, also einer Entzündung des Herzmuskels, sowie einer Nephritis, einer Entzündung der Niere [42]. Graupner und Zimmermann [41] sahen bei Ihren Sektionen an Diphtherieleichen nahezu regelhaft Schädigungen an Herz, Leber, Milz, Nieren, Magen und Darm.



Epidemiologie

Die Inzidenz der Diphtherie hat sich im Verlauf des letzten Jahrhunderts deutlich verringert. 1886/87 gab es in Preussen 19 Erkrankungen auf 10.000 Einwohner, 10 Jahre später, nach Einführung der Antitoxintherapie,  waren es  3 Erkrankungen per 10.000 Einwohner (Abb.3). Für die USA geben Bishay und Murphy [42] für das Jahr 1922 eine Inzidenz von 191 Erkrankungen per 100.000 Einwohner an. Ab den 1980er Jahren wurden auch in den USA weniger als 5 Erkrankungen jährlich registriert.

2017 wurden in Deutschland 11 Diphtherieerkrankungen gemeldet. Darunter waren 10 Hautdiphtherien und lediglich eine Rachendiphtherie. Alle gemeldeten Erkrankungen wurden überlebt. 8 dieser Diphtherien wurden in Deutschland akquiriert, 2 in Thailand und Tunesien; für einen Erkrankungsfall konnte der Infektionsort nicht angegeben werden [37].

In den westlichen Ländern wurden in den letzten Jahren zunehmend Diphtherieinfektionen beobachtet, die nicht durch C. diphtheriae verursacht wurden; in den Isolaten wurden stattdessen toxigene (tox-positive) Stämme von C. ulcerans nachgewiesen. So wurden in Deutschland in 2017  70% der Erkrankungen an Hautdiphtherie durch C. ulcerans verursacht. Auch der in jenem Jahr aufgetretene Fall von Rachen-diphtherie war C. ulcerans-assoziiert. Bei einem Teil der Erkrankungsfälle konnte eine Übertragung aus einem tierrischen Erregerreservoir - Hunde, Katzen, Wildschweine, Wasserratten u.a.- belegt werden. In einem Fall besteht der Verdacht einer Übertragung von Mensch zu Mensch. Klinisch (siehe Kasuistik Nr 6) kann die Infektion untypisch verlaufen, Berger et al. [38] berichten aber, das 4 Rachendiphtherien mit Nachweis von C. ulcerans klinisch eindeutig waren. Zumeist werden Haut- bzw. Wunddiphtherien beobachtet; das Alter der Erkrankten lag mehrheitlich über 50 Jahre. Das Toxin des C. ulcerans ist zu ca. 95% homolog zum Diphtherietoxin des C. diphtheriae [36,37,38].

Weiterführend hierzu, auch zur Arbeit und Methodik des Konsiliarlabors für Diphtherie am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, siehe [38].


Weiter geht es im 2.Teil...
Mikroskope:
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18
Leitz SM