Hauptmenü

Flügel Goldfliege

Begonnen von Masterdark, Juli 19, 2019, 10:36:38 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Masterdark

Hallo zusammen,

anbei zwei Flügelbilder von einer Goldfliege.

Kann mir jemand sagen welche Aufgabe die auf dem gesamten Flügel vorhandenen kleinen Härchen/Borsten haben. Diese
befinden sich auf der Ober- als auch auf der Unterseite.
Sollen sie evtl. die Strömung am Flügel verbessern ?


Grüße,
Dirk

Klaus Herrmann

#1
Hallo Dirk,

schöne Aufnahmen. Frage gestackt?

ZitatSollen sie evtl. die Strömung am Flügel verbessern ?

ja so ist die Lehrmeinung. Haifische haben auf der Haut auch solche Oberfläche, die für Mikrowirbel sorgen sollen um den Strömungswiderstand zu reduzieren.

https://www.planet-wissen.de/natur/forschung/bionik/pwiefunktionenderhaut100.html

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Masterdark

Hallo Klaus,

die Bilder sind aus 40 und 50 Fotos mit Helicon Focus gestackt.


Grüße,
Dirk

Lungu

Ich wurde mal im Krankenhaus mit Maden der Goldfliege behandelt. Die Maden sollen aus den Wunden den Eiter fressen. Aber bevor sie schlüpfen werden sie abgetötet.
 
Grüße Lungu

cabo

Das sind auf jeden Fall sehr gute Ergebnisse.

Wie fotografiert man denn so einen Flügel? Trocken und ohne Deckglas?

Gruß

Christian

Masterdark

Zitat von: Lungu in Juli 19, 2019, 21:51:44 NACHMITTAGS
Ich wurde mal im Krankenhaus mit Maden der Goldfliege behandelt. Die Maden sollen aus den Wunden den Eiter fressen. Aber bevor sie schlüpfen werden sie abgetötet.


Interessant, noch nie davon gehört.


Grüße,
Dirk

Masterdark

Zitat von: cabo in Juli 19, 2019, 22:00:05 NACHMITTAGS
Wie fotografiert man denn so einen Flügel? Trocken und ohne Deckglas?

Hallo Christian,

ich habe den Flügel völlig unbehandelt einfach mit Euparal eingedeckt.
Ob das das ideal Vorgehen ist und wie haltbar das sein wird, keine Ahnung.
Evtl. liest ja hier jemand mit und kann etwas zum korrekten Eindecken/Vorbehandeln sagen.

Die Aufnahmen selber wurden mit einer EOS77D + Kenko 1.4x MC4 Konverter und Zeiss Plan APO 10x/0,45 am Axiophot gemacht.
Beleuchtung war einfaches Durchlicht.

Gestackt wie schon gesagt mit Helicon Focus. Danach etwas Bildbearbeitung (Gradationskurven, Kontrast, Schärfe) in PS.


Grüße,
Dirk


Klaus Herrmann

Hallo Dirk,

dann hast du ein gutes Händchen beim Eindecken gehabt. Die Flügel ohne Blasen in Euparal einzudecken ist eine beachtliche Leistung.

Na ja und mit der Ausrüstung! ;) :)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Dünnschliffbohrer

ZitatIch wurde mal im Krankenhaus mit Maden der Goldfliege behandelt. Die Maden sollen aus den Wunden den Eiter fressen. Aber bevor sie schlüpfen werden sie abgetötet.

ZitatInteressant, noch nie davon gehört.

Das ist eine durchaus anerkannte Behandlungsmethode, die sogar an Universitätskliniken (oder hier und hier) ausgeübt wird. Wie uns damals im Studium ein auf Zikaden spezialisierter Prof. im Insekten-Kurs sagte, geht diese Behandlungsmethode auf Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg zurück, wo man sich bei schwer heilenden Wunden nicht mehr anders helfen konnte. Da nur bestimmte Arten geeignet sind, nämlich diejenigen die nur nekotisches Gewebe fressen, und man deshalb tunlichst Arten, die auch in das lebende Gewebe gehen, fernhalten möchte, soll die Bestimmungen und Zucht der gewünschten Arten ein wichtiges Tätigkeitsfeld für Entomologen gewesen sein.
Mir persönlich sind die Goldfliegen allerdings schon zweimal auf andere Art und Weise sehr unangenehm aufgefallen: eine oder einige Arten haben sich darauf spezialisiert, Kröten bei lebendigem Leibe die Innereien, besondere des Kopfes auf zu fressen. Es ist ein äußerst ekliger und verstörender Anblick, wenn man im Wald so eine noch lebende Krötenleiche findet, bei denen Augen und Nasenöffnungen (auch wohl das Gehirn) schon völlig ausgefressen sind. Die beiden armen befallenen Tiere die mir bisher begegnet sind, hatte ich dann doch schweren Herzens mit einem Stein erlöst, um die Weiterverbreitung des Schmarotzer wenigstens etwas einzudämmen.
Abschließend noch zu der Flügelbehaarung: ich dachte bisher, dass die Haare Sinnesorgane sind, die aber durchaus durch mechanische Auslenkung durch die Strömung – unter anderem an den Flügeln – kontrollieren können. Entomologen hier im Forum noch gezielt dazu äußern. Wir hatten dieses Thema jedenfalls in der Vergangenheit schon gehabt.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Lungu

Zitat von: Dünnschliffbohrer in Juli 20, 2019, 17:13:49 NACHMITTAGS
Das ist eine durchaus anerkannte Behandlungsmethode,

Es mag eine anerkannte Behandlungsmethode sein, eine exotische Behandlungsmethode ist es trotzdem. Jedenfalls kamen laufend Besucher, die so etwas noch nie gesehen hatten.
Grüße Lungu

A. Büschlen

Hallo Dünnschliffbohrer

du schreibst:

ZitatMir persönlich sind die Goldfliegen allerdings schon zweimal auf andere Art und Weise sehr unangenehm aufgefallen: eine oder einige Arten haben sich darauf spezialisiert, Kröten bei lebendigem Leibe die Innereien, besondere des Kopfes auf zu fressen. Es ist ein äußerst ekliger und verstörender Anblick, wenn man im Wald so eine noch lebende Krötenleiche findet, bei denen Augen und Nasenöffnungen (auch wohl das Gehirn) schon völlig ausgefressen sind. Die beiden armen befallenen Tiere die mir bisher begegnet sind, hatte ich dann doch schweren Herzens mit einem Stein erlöst, um die Weiterverbreitung des Schmarotzer wenigstens etwas einzudämmen.

Nicht die Goldfliegen fressen an Kröten, sondern deren Larven.

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Dünnschliffbohrer

ZitatNicht die Goldfliegen fressen an Kröten, sondern deren Larven.

Hallo Arnold,
das habe ich als selbstverständlich vorausgesetzt. Gemeint war das Taxon, nicht das Entwicklungstadium. Die Imagines sitzen ja oft auf Blüten und haben kaum geeignete Mundwerkzeuge für dieses Schädlingswerk. Und man kennt es ja von anderen Fliegenmaden, z.B. Dasselfliegen...
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Alfons Renz

Hallo,

Zum Verständnis:

Die an Kröten als Larve parasitierende Lucilia ist die 'bufonivora', die 'Krötenfressende': https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%B6tengoldfliege

Die zur Wundbehandlung Verwendbare heisst Lucilia sericata, die Goldfliege. https://de.wikipedia.org/wiki/Goldfliege

Die Beobachtung, dass Wunden von tagelang unbehandelt auf den Schlachtfeldern liegenden Soldaten besser heilten als die von Feldchirurgen Versorgten, ist wohl sehr früh gemacht wurden und wurde m.W. schon in den Napoleonischen Kriegen auch therapeutisch eingesetzt. Mit der Einführung der Desinfektion (Karbol) und antibiotischen Versorgung geriet diese Methode in Vergessenheit - in Tübingen etwa reduzierte sich die postoperative Sterblichkeit in der Chirurgie von ca. 30 % auf unter 5 %.

Vor circa 20 Jahren haben dann drei Hohenheimer Studentinnen von Frau Prof. Frank diese Methode wieder aufgegriffen und zur Praxisreife entwickelt. Als junge Firmengründerinnen errangen sie einiges Aufsehen und Preise. Das Problem war schließlich die Zulassung: Dazu musste eine sterile Zucht garantiert werden und die Larven in einer Art 'Teebeutel' zur sofortigen Verwendung (und Entsorgung) konfektioniert werden. Das ging nur mit Hilfe externer Expertise (und Finanzierung), so dass am Ende keine der drei Jungunternehmerinnen  mehr an der weiteren Entwicklung und eventuellen Kommerzialisierung beteiligt war.

Der therapeutische Erfolg der Madentherapie war dabei immer unbestritten.

Mit madenfreien Mikrogrüßen,

Alfons



Lupus

Hallo,

zurück zur Frage Flügelbehaarung: Ich habe mich früher intensiver mit der Aerodynamik beschäftigt, u.a. mit dem Schlagflügelflug (z.B. Vogelflug). Ich habe keine Nachweise gefunden, dass beim Insektenflug die Haare eine Widerstandsverringerung erzeugen. Es geht im Gegensatz zu dem oben genannten Beispiel der Haihaut, wo unbedingt eine Strömungsablösung am Fischkörper zur Widerstandsminimierung verhindert werden soll, beim Insektenflug um sehr instationäre Strömungsprozesse mit extremer Wirbelbildung an der Flügelvorderkante. Die dort oft vorhandene Zackung dürfte daher eher dem Fliegen dienen. Ich glaube nicht dass die feinen Haare auf der Oberfläche dann noch eine wesentliche Wirkung haben, ganz ausschließen würde ich es nicht.
Bekannt und lebenswichtig ist aber der durch die Haare bewirkte "Lotuseffekt". Die Flügel werden hydrophob, sind dadurch selbstreinigend und verhindern eine flugschädliche Benetzung bei Regen und Feuchtigkeit. Möglicherweise ist das der Hauptgrund.

Hubert

Jürgen H.

#14
Hallo Hubert,

das Buch Flying Insects and Robots Dario Floreano, Jean-Christophe Zufferey, Mandyam V. Srinivasan · 2009 ·geht davon aus, dass die Mikrostrukturen auf den Flügeln Mikroturbulenzen erzeugen, so dass sich dort eine hauchdünne Luftturbulenzschicht ergibt, die den Flügel ,, glatter ,, macht, als er ohne die Mikrostrukturen wäre. Auf diese Weise würden Strömungsabrisse verhindert, die ohne die Mikrostrukturen vorkommen würden.

Interessant ist, dass die feinen  Härchen auf den Flügeln keineswegs uniform gerichtet sind. Schaut man sich das schöne Flügelbild von Dirk genau an, erkennt man, dass durch das Stacken Härchenvon der Ober- und Unterseite des Flügels abgebildet sind, die in der Ausrichtung einen kleineren Winkel zueinander bilden. Bei einer eigenen Untersuchung vor Jahren habe ich auch festgestellt, dass die Ausrichtung der Härchen zwar innerhalb eines Feldes zwischen den Flügeladern gleichförmig ist, sie aber von Feld zu Feld unterschiedlich sein kann.


Schöne Grüße

Jürgen