Der fleischfressende Wasserschlauch

Begonnen von Manfred Melcher, September 10, 2019, 21:21:52 NACHMITTAGS

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Manfred Melcher

Liebes Forum,

eine interessante Pflanze, deren Beobachtung immer lohnt ist der Wasserschlauch.




Diese wurzellose Pflanze besorgt sich ihren Stickstoffbedarf über das Fangen und Verdauen von Kleinlebewesen im Wasser (Wasserflöhe, Ruderfußkrebse, Muscheltiere, Mückenlarven etc.). Der Fang der Beute erfolgt mit Hilfe von Fangblasen, die an Seitenästchen angeordnet sind. Diese Fangblasen sind kleine biologische Wunderwerke. Sie besitzen einen Deckel der die Blase verschließt und stehen unter Unterdruck. Dazu wird über Drüsen Wasser aus der Blase abgeleitet und dadurch im Innern ein Unterdruck erzeugt.Die Blase wird gewissermaßen vorgespannt. Werden nun von einem Beutetier die Borsten berührt, die um den Deckel angeordnet sind, so öffnet sich der Deckel blitzschnell und das Opfer wird in das Innere der Blase gezogen. Dieses Einsaugen ist eine der schnellsten Bewegungen im Pflanzenreich und dauert weniger als eine Millisekunde. Nach dem Einsaugen wird die Beute durch Verdauungssäfte verdaut. Die Fangblase selbst wird innerhalb etwa einer Stunde wieder betriebsbereit gemacht. Ich habe schon öfter Blasen mit mehreren Beutetieren im Innern entdeckt und ich glaube nicht, dass diese bei einer einzigen Auslösung eingesaugt wurden. Oft findet man auch Luftblasen im Innern, die beim Aufsteigen auch den Fangmechanismus ausgelöst haben.







In der zweiten Fangblase von oben befindet sich ein Muschelkrebs.





Dieser Fangversuch ist wohl gescheitert, da der Wasserfloh? wohl zu groß war und in der Öffnung stecken blieb. Am nächsten Tag war er wieder weg. Ob er sich befreien konnte oder ausgestoßen wurde, kann ich nicht sagen.

Der Wasserschlauch ist leider mittlerweile vom Aussterben bedroht, da er sauberes nährstoffarmes Wasser benötigt. Ich hoffe trotzdem, dass Ihr eigenes Untersuchungsmaterial finden könnt.


Liebe Grüße

Manfred

Alex H.

Hallo Manfred,

vielen Dank für den interessanten Beitrag! Hast du diese Pflanze nur sporadisch zu Hause, oder pflegst du sie über einen längeren Zeitraum? Magst du was zu den Pflegebedingungen schreiben?

Grüße
Alex
Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
Stereolupe: optimiertes LZOS MBS-10; Mikroskop: gut ausgestattetes LOMO Biolam;

Manfred Melcher

Hallo Alex,

Ich finde die Pflanze häufiger in einem meiner Probentümpel. Sie lässt sich aber auch länger im Probenglas oder Kleinaquarium halten.

Liebe Grüße

Manfred

smashIt

ich habe mir irgendwann einmal sowas ins aquarium eingeschleppt:  8)



allerdings scheinen die fangblasen bei meiner deutlich kleiner als bei deiner art zu sein (ca.1mm lang)

gehe ich richtig in der annahme dass über diese "stecknadeln" im schlund das "zuschnappen" ausgelöst wird?

MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Manfred Melcher

Hallo Chris,

die Fangblasen sind auch bei meinem gezeigten Exemplar nicht groß. Sie dürften je nach Alter maximal 3-4 mm betragen.
Über die Klappenauslösung liest man leider viel Widersprüchliches im Netz. Für die Auslösung kommen jedoch die großen Borsten am Klappenrand in Frage. In einigen Berichten spricht man von einer mechanischen Auslösung des Klappenmechanismus über eine Hebelwirkung, die die Klappe öffnet. In anderen Ausführungen ist von sensorischen Härchen die Rede, welche bei Berührung die Öffnung der Klappe veranlassen. Wie dies jedoch funktionieren soll wird nicht erklärt und erschließt sich mir auch nicht. Ich halte die mechanische Auslösung für plausiebler, lasse mich aber gerne belehren.
Die kleinen Härchen im Innern der Fangblase sondern Verdauungssäfte und Lockstoffe ab.

Liebe Grüße

Manfred

smashIt

danke für deine antwort :)

Zitat von: Manfred Melcher in September 12, 2019, 12:12:46 NACHMITTAGS
Über die Klappenauslösung liest man leider viel Widersprüchliches im Netz. Für die Auslösung kommen jedoch die großen Borsten am Klappenrand in Frage. In einigen Berichten spricht man von einer mechanischen Auslösung des Klappenmechanismus über eine Hebelwirkung, die die Klappe öffnet. In anderen Ausführungen ist von sensorischen Härchen die Rede, welche bei Berührung die Öffnung der Klappe veranlassen. Wie dies jedoch funktionieren soll wird nicht erklärt und erschließt sich mir auch nicht. Ich halte die mechanische Auslösung für plausiebler, lasse mich aber gerne belehren.
Die kleinen Härchen im Innern der Fangblase sondern Verdauungssäfte und Lockstoffe ab.

dann muss ich die meinigen nochmal genauer unter die lupe nehmen
derzeit habe ich die klein härchen nur rund um den schlund gesehen
was für die abgabe von verdauungssäften ja eher unkraktisch ist  ???
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

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Alex H.

Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
Stereolupe: optimiertes LZOS MBS-10; Mikroskop: gut ausgestattetes LOMO Biolam;

smashIt

MfG,
Chris

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Manfred Melcher

Hallo Alex,

auch von mir ein Dankeschön für den Link. Leider gibt es auch hier keine Erklärung wie die Öffnung der Klappe nach Reizung der Borsten funktioniert. Hierzu gibt es widersprüchliche Veröffentlichungen und vielleicht ist dieser Prozess auch noch nicht ganz verstanden.

Liebe Grüße

Manfred

Alex H.

Hallo Manfred,

Adrian Slack schreibt in seinem Buch "Carnivorous Plants" (1980) dass die unter Spannung stehende Klappe durch einfache Hebelwirkung beim Berühren der Borsten durch ein Beutetier ausgelöst wird. Das Auslösen des Mechanismus wäre demnach ein rein mechanischer Vorgang.
Vielleicht kannst du ja hierzu Versuche durchführen und uns dann von den Ergebnissen berichten.

Grüße
Alex
Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
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Manfred Melcher

Hallo Alex,

diese Beschreibung habe ich auch gelesen (siehe mein Kommentar vom 12.09.). Das könnte ich nachvollziehen, wenn die großen Borsten am Klappenrand der Auslöser wären, aber diesem letzten Link zufolge sind dies nur Leithaare die die Beute zur Klappenmitte führen sollen. Die Auslösung geschieht, wie hier angegeben durch kleine zentral angeordnete Borsten. Und bei denen kann ich mir solch eine Hebelwirkung nicht vorstellen, zumal der Klappenrand mit Schleim abgedichtet sein soll. Es wird auch oft von "sensorischen" Borsten gesprochen, was eher an eine Reizweiterleitung denken lässt. Nur wie dann die Klappenöffnung funktionieren soll, ist nirgends beschrieben.

Liebe Grüße

Manfred

Alex H.

Hallo Manfred,

ich bin schon der Meinung das die vier mittleren Borsten als Hebel für das Öffnen des Deckels wirken.

Auch im Strasburger, 33. Auflage (1991) ist von "hebelartig wirkenden Borsten auf der Außenseite der Klappe" die Rede. Ergänzend zum Text gibt es auf Seite 220 eine grafische Darstellung, die - glaube ich - die Sache mit der Hebelwirkung, zumindest für mich, plausibel macht. Anhand der Zeichnung ist ersichtlich, dass der Deckel direkt beim Ansatz der vier Borsten eine Art Scharnier aufweist. Ein potentielles Beutetier muss also lediglich eine kleine, vom restlichen Deckel durch eben dieses Scharnier abgetrennte und bewegliche Klappe einen winzigen Spalt öffnen, und der Deckel schnallt dann mit dem einströmenden Wasser, der auch das Beutetier mitreißt, nach innen.

Hast du den Strasburger zur Verfügung? Falls nicht gib mir Bescheid, dann kann ich dir ein Foto der Zeichnung per Privatnachricht zuschicken. Das Bild öffentlich posten würde wahrscheinlich gegen das Copyright verstoßen.

Grüße
Alex

Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
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