Eine neue Variante der Wacker-Färbung W-3A

Begonnen von Klaus Herrmann, September 26, 2019, 13:47:29 NACHMITTAGS

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Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

die wunderschöne Färbung die Robin Wacker 1981 entwickelt und deren Rezeptur er 25 Jahre nicht veröffentlicht hat wurde inzwischen mehrfach modifiziert. Hier hat hauptsächlich Rolf-Dieter Müller von den Bonner Mikroskopikern Pionierarbeit geleistet. Robins ursprüngliche Methode war etwas aufwändig und durch das von ihm vorgeschlagene Entwässerungsmittel Tri-Ethylphosphat auch nicht gerade preiswert. Rolf-Dieter und Jörg Weiß haben herausgefunden, dass man auch mit Isopropanol entwässern kann, wenn man rasch arbeitet um aus der Phase heraus zu kommen in der noch Wasserspuren im Alkohol sind.
Die nächste Variante die Einzelfärbungen Acridinrot, Acriflavin, Astrablau zu vereinfachen war alles zusammen in einer Eintopflösung zu vereinen. Das war dann die Simultanfärbung W-ASim I. Ich habe sie einige Zeit lang angeboten, aber ich hatte den Eindruck, dass diese Mischung nicht über lange Zeit beständig ist und deshalb Acridinrot und Acriflavin vereint und das Astrablau als separate Komponente angeboten. Diese 2-komponentige Variante hat den Vorteil, dass man das Färbeergebnis noch etwas steuern kann.

Die nächste Variante kam dann auch wieder von Rolf-Dieter in der hat er das Astrablau gegen Alcianblau ausgetauscht. Das war dann W-ASim II. Die Nomenklatur ist wie so oft etwas willkürlich, beides sind Phthalocyanin-Farbstoffe. Aber die korrekte chemische Bezeichnung ist dann doch etwas sperrig:

9H,31H-Tetrabenzo[b,g,l,q][5,10,15,20]tetraazaporphin 5,28:14,19-Diimino-7,12:26,21-dinitrilotetrabenzo[c,h,m,r][1,6,11,16]tetraazacycloeicosin

Mit der W-ASim II erhält man statt blau eher blaugrüne Färbungen.
Nun ist seit einiger Zeit das Acridinrot vom Markt verschwunden. Mephisto bietet nur noch eine sehr teure Lösung an, aber in Substanz gibt es Acridinrot nicht mehr. Es war also erforderlich einen Ersatz für das Acridinrot zu finden.

Robin hat in seiner Veröffentlichung im Mikrokosmos schon erwähnt, dass man das Acridinrot gegen Rhodamin B austauschen kann, es gibt wohl auch Präparate von ihm - ich habe allerdings nie eines gesehen. Rolf-Dieter hat diesen Hinweis jetzt mal in die Tat umgesetzt und eine erste Rezeptur beim diesjährigen Dörnberg-Treffen getestet. Ich habe diesen Ansatz auch probiert und war spontan begeistert. Die Färbezeiten waren mit 30 Min bis 1 Stunde noch etwas lang aber die schöne Färbung hat mich gereizt das Ganze durch systematische Variation zu optimieren. Beim ersten Inzigkofen Mikroskopiekurs nach 13 jähriger Pause hatte ich nebenbei diese Optimierung der Rezeptur und der Färbemethode ausgearbeitet. (Immer wenn getümpelt wurde habe ich gefärbt). Und nun habe ich einen Ansatz, der ganz gut aussieht und von der Färbeprozedur so einfach ist, wie die Etzold blau Färbung AFC. In Abstimmung mit Rolf-Dieter geben wir dieser neuen Variante die Bezeichnung W-ASim III. Es ist eine Eintopf-Färbelösung in der die Farbstoffe Rhodamin B, Acriflavin und Alcianblau gemischt sind und deshalb simultan angeboten werden.

Hans-Jürgen Koch hat seine überzähligen Schnitte an Wolfgan Grigoleit weiter gegeben und der hat sich welche rausgenommen, der Rest war dann willkommene Basis für meine Versuche. Ohne diese perfekten Schnitte hätte ich die Versuche nicht machen können. Dadurch konnte ich auch sehr gut feststellen, dass das Gewebe einen großen Einfluss auf das Färbeergebnis hat. Das rot kann variieren von orange bis zu tiefrot.
Die Färbung benötigt ca 10 bis 15 Min. danach wird mit Wasser ausgewaschen und entweder sofort über Isopropanolstufen entwässert bis zum Eindecken in Euparal oder man kann erst kurz mit Ethanol spülen - das differenziert noch etwas - und dann die Isopropanolstufen anschließen. Das Rhodamin B ist nicht so empfindlich gegen wässriges Ethanol wie das Acridinrot, was für die Prozedur eine Erleichterung ist. Die Fluoreszenz ist wie ich finde berauschend schön.
In einer weiteren Variante habe ich das Acriflavin durch Acridingelb ersetzt. Im letzen Bild ist ein Beispiel zu sehen (Schnitt durch Dattelkern quer)

Der Erfolg hat viele Väter, ich hoffe, dass ich keinen vergessen habe.

Ich werde nächste Woche einen größeren Ansatz des Farbstoffgemisches herstellen und dann kann er bei mir in den bewährten 30 ml PE-Tropffläschen bezogen werden.

Tragisch ist, dass Robin am letzten Montag mit 90 Jahren verstorben ist, so dass er diese Entwicklung seiner wunderschönen Färbung nicht mehr erlebt hat. Seine Beerdigung ist am Freitag 27. September in seinem Heimatort Güntersleben. Er war ein liebenswerter Wissenschaftler immer hilfsbereit und freundlich und absolut bescheiden. Ein feiner Mensch!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Klaus Herrmann

#1
Hier noch die Variante mit Acridingelb statt Acriflavin
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Wutsdorff Peter

Hallo Klaus,
ich bitte um ein Fläschchen dieser neuen Färbung.
Gruß Peter

Klaus Herrmann

Hallo Peter

und alle anderen die bestellen wollen: bitte nicht hier in diesem Beitrag, sondern per Email oder PN mit kompletter Adresse . So wie das jetzt schon einige ganz richtig gemacht haben.
Erleichtert mein Leben ungemein!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Vorticella

Hallo Klaus,
hast du schon eine Preisvorstellung für das 30ml-Fläschchen?
Beste grüße
Jan

Klaus Herrmann

Zitathast du schon eine Preisvorstellung für das 30ml-Fläschchen?
Beste grüße

Hallo Jan : Ja!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

für alle, die schon bestellt haben und jetzt ungeduldig warten ein Zwischenstand. 2 Lösungen sind fertig und zur Sicherheit nochmal filtriert. Heute kommt die dritte dran. Dann wird eine Testprobe gemixt und eine Testfärbung gemacht. Wenn das Ergebnis so wie ich erwarte ok ist mach ich den Ansatz und "zieh auf Fläschchen".

Zur Frage von Jan: er wollte wahrscheinlich was anderes wissen - nicht ob ich eine Preisvorstellung habe, sondern wie sie konkret aussieht. ;)
Wer meine neue Liste hat kann sich orientieren: weniger, als die 2 komponentige  Wacker ASim II.
Wenn man nur ein Fläschen der W-ASim II bestellt hat man natürlich einen überproportionalen Portoanteil, weil die Post in ihrer großen Güte jetzt den Versand von Waren als Maxibrief verboten hat (nur noch Dokumente sind erlaubt) ist die billigste Variante dhl Päckchen für 3,80 € Wenn jemand noch eine preiswertere Variante kennt: gerne!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Fahrenheit

Liebe Färber und Färberinnen,

für alle, die es interessiert: auf der Webseite des MKB gibt es nun auch einen kleinen Artikel zur Dörnberg VII respektive W-Asim III Färbung:

http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/296.html

Lieber Klaus,

danke, dass Du uns die neue Färbung in optimierter Form so flott zugänglich machst!

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

vielen Dank für den schönen Bericht vom Dörnberg. So flott wie ich eigentlich dachte gings dann doch nicht. Am Sonntag bis gestern habe ich noch 11 Varianten getestet. Der Anspruch war ja: Eintopffärbung und kürzere Färbezeiten. Wie Horst Wörmann schrieb: vom Alcianblau gibt es verschiedene Varianten. Ich habe 50g sauteres Zeug mit dem selben CI was nix taugt. Aber nun habe ich einen Stand der schöne Ergebnisse bringt. Meine Vorschrift habe ich jetzt hier angehängt als PDF. Es empfielt sich wirklich die Operation im Färbenäpfchen durchzuführen, weil man darin die Schnitte durch "Pumpen" mit der Pipette heftig bewegen kann um eventuelle Präzipitate zu entfernen. Die Differenzierung wird mit 96%igem Ethanol gemacht ganz kurz nur um Rotüberschuss zu entfernen. Jedes Gewebe reagiert individuell. Ich habe auch Versuche gemacht mit Einzelfärbungen also rot, gelb, blau nacheinander jeweils mit Wasser dazwischen gewaschen. Damit lässt sich natürlich sehr fein modifizieren; ist aber aufwändiger.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Horst Wörmann

Lieber Klaus,

das muß ich etwas präzisieren:
"vom Alcianblau gibt es verschiedene Varianten" - es hängt eher vom Alter ab als von der Variante.
Alcianblau ist im festen Zustand instabil. Früher hat man deshalb bis 50% Borsäure zugesetzt. Eine alte Probe Alcianblau 8GS aus den 50ern von Fluka löste sich nur wenig und gab eine hellblaue überstehende Lösung. Eine neue Flasche frisch von Roth, auch Alcianblau 8GS, derselbe C.I., löste sich dagegen rückstandsfrei in Wasser.
Die Instabilität des Alcianblau ist lange bekannt, siehe hier:
Alcian Blue Pyridine Variant–a Superior Alternative to Alcian Blue 8GX: Staining Performance and Stability
Charles J. Churukian, Mathew Frank und Richard W. Horobin
Biotech Histochem 75(3) 2000 S. 147-150.

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Klaus Herrmann

Vielen Dank Horst für diesen Hinweis.
Ich habe auch die Fluka "Variante" die schlecht löslich ist - und davon reichlich - und die von Roth, die gut löslich ist.
Mir ist nur der Abstract zugänglich, da steht jetzt nichts drin von der Altersabhängigkeit. Kannst du mir den ganzen Artikel schicken?

Zum Thema "saubere Farbstoffe" inzwischen filtriere ich alle Lösungen. Hier ein krasses Beispiel vom Chrysoidin von einer renomierten Firma.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

An alle, die W-ASim III bestellt haben die gute Nachricht: alle Päckchen sind auf dem Weg und alle haben eine Nachricht von mir bekommen. Die 4 "Väter" Jörg, Hans-Jürgen, Rolf-Dieter und Wolfgang bekommen ein Päckchen ohne Nachricht.
Wer keine Nachricht bekam hat entweder nicht bestellt oder die Bestellung kam nicht an. Die Vorschrift hatte ich schon als pdf hier angehängt. Vor dem Abfüllen des Ansatzes habe ich noch ein paar Testfärbungen gemacht um sicher zu sein, dass alles ok ist: Taschentuchbaum Spross quer. Schnitt von Hans-Jürgen Koch.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Wutsdorff Peter

Hallo Klaus,
zur  goldenen Hochzeit hat uns unsere Tochter eine Reise nach Amsterdam geschenkt.
Wir sind die nächste Woche nicht im Hause.
Hoffentlich gibt der Bote die Sendung beim Nachbarn ab.
Gruß Peter

Klaus Herrmann

ZitatHoffentlich gibt der Bote die Sendung beim Nachbarn ab.
Sie passt durch einen ordentlichen Briefkastenschlitz, du hast ja nur ein Fläschle bestellt. Dann viel Spaß bei den Flitterwochen in Amsterdam. Lasst es ordentlich Grachten! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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jako_66

#14
Liebe Foristen,

etwas verunsichert durch den Beitrag von Horst hatte ich gestern mein Alcianblau 8GX probiert. Zum Glück löste sich alles gut. Es ist eine Billigversion von Magnacol/UK für 27 € incl. Versand für ein 10g Tütchen. Gefunden hatte ich im Netz noch eine Vorschrift zur Reinigung (Umkristallisation wäre zuviel gesagt) von Alcianblau:

Nach McAuliffe (1983) kann Alicanblau wie folgt gereinigt werden: 1 g der Substanz werden mit 100 ml 9 : 1 Aceton : dest. H2O in einem Kolben für 1 h gerührt. Dann durch ein Filterpapier No 2 filtern. Kleine Mengen zusätzlichen Acetons werden verwendet, um den Farbstoff aus dem Kolben und über die Seiten des Filterpapiers abzuwaschen. Der Rückstand wird aus dem Filterpapier gewonnen und getrocknet. (Literaturstelle in: 1993 Hayat, Stains and cytochemical methods, S.80-88, ISBN 978-0-306-44294-0).
Hilft vielleicht eine zu schnelle Entsorgung zu vermeiden?

Viele Grüße

Sven