Fehlerquelle bei der Fluoreszenz

Begonnen von Horst Wörmann, Oktober 11, 2019, 22:27:53 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Horst Wörmann

Liebe Fluoreszenzler,

Rolf-Dieter hat in seinem letzten Beitrag (hier) folgende Bemerkung gemacht, die ich hier mal aufgreifen möchte:
"Die Aufnahmen habe ich im abgedunkelten Raum gemacht."
Was passiert, wenn man die Raumbeleuchtung anläßt, zeigt das folgende Bild. Das ist eine Kieselalge in Auflicht-"Fluoreszenz" mit Zeiss-Filtersatz 09 (also für 470 nm Anregung) und 470-nm-LED-Beleuchtung - aber diese ausgeschaltet!
Das Objekt wird durch die Raumbeleuchtung schwach erhellt, die Kamera stellt eine entsprechend lange Belichtungszeit ein (hier 2,0 s, nicht unüblich für lichtschwache Fluoreszenz) und macht ein Bild. Das zeigt aber mitnichten eine Fluoreszenz, sondern ein Artefakt. Die Kieselalge fluoresziert natürlich nicht in Gelbgrün, das sieht nur so aus.
Da fällt man schon mal drauf rein.

Viele Grüße aus Bonn
Horst




d65

Aber schön aussehen tut's schon. Und man könnte prima darüber fachsimpeln, welche Auflösung bei diffuser Auflichtbeleuchtung zu erwarten wäre.  ;D

Was mich allerdings überrascht ist, dass der Hintergrund eher rötlich ist, also andere spektrale Anteile zurück wirft als die Diatomee. Oder sind die Farbkanäle nachträglich aufgehübscht?

Steffen.

Bob

Hallo Horst,
danke für den gut verständlich belegten Hinweis!
Da sich die meisten hier mit Fluoreszenz noch nicht beschäftigt haben, steht zu befürchten, dass öfter mal ein Bild verkehrt interpretiert wird. Und bei Fotos bei so ungewohnt langen Belichtungszeiten geht mir zumindest auch das Gefühl verloren, ob alles mit rechten Dingen zugeht.

Viele Grüße,

Bob

Horst Wörmann

Hallo Steffen,

zur Auflösung kann ich nichts sagen.
Aber das mit dem rötlichen Untergrund ist interessant. Mir ist das gar nicht aufgefallen, der Untergrund ist auf meinem Bildschirm tiefschwarz. Aufgehübscht wurde nur durch Änderung der Gradation von 0,45 auf "linear", sonst nichts. Im Original (Zeiss-zvi-Format) ist tatsächlich der Rot-Kanal etwas erhöht. Das liegt aber anscheinend an der spektralen Eigenheiten der Raumbeleuchtung. Hält man eine Taschenlampe drauf, liegen die RGB-Kanäle ungefähr gleich. Dazu kommt, daß ein Weißabgleich nicht geht - da gibt es kein Weiß im Bild. Deshalb kann man bei der Kamera (Zeiss MRc5) eine 3600° K-Voreinstellung für solche Fälle wählen, damit man einigermaßen reproduzierbare Ergebnisse erhält.
Das ist aber alles Stochern im Nebel. Aufschluß hätte das Spektrometer gegeben, dann hätte man das Leuchtstofflampenspektrum mit den bekannten Linien in der Kieselalge nachweisen können. Nur ist das Spektrometer leider gestern abgeraucht  >:(.
Zu Bobs Anmerkung:
Vor einiger Zeit gab es eine Jugend-forscht-Arbeit hier in Bonn; da wurde die Aufnahme von Nanopartikeln in Wasserflöhe "nachgewiesen", durch Fluoreszenz-Mikroskopie. Kam mir seltsam vor, weil das Tier so schön gleichmäßig fluoreszierte, in gelbgrün. Ich habe dann nach den verwendeten Partikeln gefragt und festgestellt, daß der Jungforscher nicht-fluoreszierende bestellt und eingesetzt hat. Hat auch der Betreuer nicht gemerkt geschweige denn die Juroren.

Viele Grüße
Horst

Bob

Zitat von: Horst Wörmann in Oktober 12, 2019, 11:47:51 VORMITTAG
Vor einiger Zeit gab es eine Jugend-forscht-Arbeit hier in Bonn; da wurde die Aufnahme von Nanopartikeln in Wasserflöhe "nachgewiesen", durch Fluoreszenz-Mikroskopie. Kam mir seltsam vor, weil das Tier so schön gleichmäßig fluoreszierte, in gelbgrün. Ich habe dann nach den verwendeten Partikeln gefragt und festgestellt, daß der Jungforscher nicht-fluoreszierende bestellt und eingesetzt hat. Hat auch der Betreuer nicht gemerkt geschweige denn die Juroren.

Hallo Horst,
eine wunderbare Geschichte! Man muss bei Fluoreszenz offenbar immer wieder seine Methoden und Ergebnisse hinterfragen und besonders sorgfältig arbeiten. Das ist gar nicht schlecht, denn so lernt man auch für die weniger anspruchsvollen Techniken hinzu.

Und die Juroren haben dem Jungforscher gleich eine Lebensweisheit vermittelt - wer immer Glück hat muss nichts können!

Viele Grüße,

Bob

Rawfoto

Hallo Horst

Man braucht für den Abgleich der Farbtemperatur kein Weiß, das geht mit jeder beliebigem Tonwert auf der Grauachse (Lab Farbraum - der Farbraum auf dessen Basis sie Software rechnet).
Das bedeutet, Schwarz, alle Grautöne und die Weisstöne. In Deinem Fall der schwarze Hintergrund.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Horst Wörmann

Hallo Gerhard,

habe ich nicht ganz verstanden. Die Kamera braucht eine weiße, neutrale und möglichst gleichmäßig ausgeleuchtete und nicht überbelichtete Stelle im Livebild. Klick auf "Weißabgleich" automatisch oder manuell, fertig. Bei schwarzem Untergrund sind alle RGB-Werte auf Null. Woher weiß die Kamera (bzw. die Software), wie sie R, G und B jeweils verstärken muß, um Weiß zu erhalten? R, G, B jetzt mal als Intensitätswerte der jeweiligen Pixelsorte betrachtet.
Ich könnte höchstens das fertige Bild so korrigieren, daß Schwarz wirklich Schwarz ist, also im obigen Bild den Rot-Kanal dämpfen.

Viele Grüße
Horst

Rawfoto

Guten Morgen Horst

Im RAW-Format ist der Weißabgleich ein Parameter welches nur für 2 Dinge verwendet wird:
Vorschaubild
Histogramm

Ja, die Werte für Schwarz liegen, wenn Du so vorgehst wie ich empfohlen habe auf Lab 0 0 0

Schwarz befindet sich auf der Grauachse real Zeichen 0 und 15, 0 entspricht zeichnungslosen Tiefschwarz.

Liegt ein Farbstich vor erkennt man das indem der ,,a" und oder ,,b" Kanal ungleich Null sind. Durch den Weißabgleich werden diese auf Null gesetzt. Mit der Tonwertkorrektur oder der Gradationskurve kann man korrigieren wenn das Zielschwarz ungleich Null ist, der Experte macht das mit dem Schwarzauftrag.

Die Farbe entsteht beim RAW im Datenblock erst außerhalb der Kamera, die wird nur im Bereich des Vorschaubilds oder im JPG in der Kamera errechnet. Das Histogramm wird in der Kamera auf Basis der Vorschaubilddaten errechnet.

Der Profi macht den Weisbgleich auf Basis des Histogramms, da entfallen ein paar Arbeitsschritte. Dazu wird die Farbtemperatur im RAW-Konverter so lange verstellt bis eine Überdeckung der 3 Farbkanäle ,,RGB" vorliegt.

Es ist vollkommen unbedeutend ob ein Weißabgleich mit Weiß
, einem Grau oder Schwarz durchgeführt wird (alle Tonwerte auf der Grauachse sind dafür geeignet), von 0 bis 99 100%) oder 0 bis 255 bei 8 Bit Farbtiefe.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Horst Wörmann

Lieber Gerhard,

ich glaube, da haben wir uns mißverstanden. Meine Kamera (Zeiss MRc5) ist eine Mikroskop-Kamera mit Zeiss Axiovision, da gibt es kein RAW. Das Format ist ein Zeiss-eigenes zvi-Format.

Man kann dabei nur so vorgehen, daß man eine neutral-weiße oder -graue Stelle aussucht und die Kamera den Weißabgleich automatisch vornehmen läßt, unter Kontrolle über das Histogramm mit der Möglichkeit, einzelne Farbkanäle von Hand zu justieren, so wie von Dir  beschrieben. Bei der Fluoreszenz habe ich aber keine weiße/graue Stelle im Bild, und auch der Untergrund ist nicht immer schwarz, etwa bei Fluoreszenz des Eindeckmittels oder durch Ausdiffundieren des Farbstoffs.

Meiner Meinung nach kann ich also nur versuchen, durch Einstellen der drei Farbkanäle das Bild ungefähr in Übereinstimmung mit dem visuellen Eindruck zu bekommen (also guckimetrisches Verfahren). Für eine standardisierte, reproduzierbare Einstellung gibt es eine Einstellung "3200 K".

Viele Grüße
Horst

Rawfoto

Das ist schade Horst, ja, das habe ich nicht mitbekommen das die Mikroskopkamera das nicht kann. Wenn sie ein TIFF produzieren kann bleibt immer noch die selektive Farbkorrektur.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Rolf-Dieter Müller

Zitat von: Horst Wörmann in Oktober 12, 2019, 11:47:51 VORMITTAG... Nur ist das Spektrometer leider gestern abgeraucht  ...

Lieber Horst,

das ist mehr als ärgerlich, hoffentlich bekommst Du das wieder hin.

Ansonsten, bestens Dein bebilderter Hinweis, den ich schon referenzieren konnte.

Viele Grüße,
Rolf-Dieter