Fragen zu einem Stereomikroskop von Wild

Begonnen von d65, Oktober 13, 2019, 18:31:04 NACHMITTAGS

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d65

Liebe Foristen,

ich habe hier ein schönes Stereomikroskop von Wild-Heerbrugg, zu dem ich gerne mehr wüsste. Es hat als Besonderheit eine integrierte Durchlichteinheit, die entweder im Hellfeld (mit Zerstreuungsscheibe) oder im Dunkelfeld benutzt werden kann. Als es in meine Hände kam ist der Boden bei der Benutzung furchtbar heiß geworden, es stellte sich heraus, dass der Ventilator, der die Glühbirne im Fuß kühlen sollte unrettbar verloren war. Ist wohl in dem Keller, aus dem ich es gerettet habe etwas feucht gewesen. Die Glühbirne ist dann gleich mit rausgeflogen und durch eine 12V LED ersetzt, ansonsten ist es in dem Zustand wie ich es bekommen habe. Es steht Wild Heerbrugg drauf, muss also vor dem Zusammenschluss mit Leitz gebaut worden sein.

Meine Fragen:

  • Weiß jemand, welches Modell das ist?
  • Gibt es dafür vielleicht irgendwo eine Bedienungsanleitung?
  • Ist das seitliche Okular für einen zweiten Beobachter gedacht, oder für eine Kamera? Falls Kamera, wie wurde die da befestigt? Hintergrund der Frage ist der Wunsch ebenfalls eine Kamera ans Gerät zu bekommen. Eine Okularkamera wäre hier sicher einfach möglich, aber vielleicht gibt es auch andere sinnvolle Möglichkeiten.
  • Wenn ich ein Objektmikrometer mit dem Gerät anschaue, dann sehe ich die feine Linie, die dann von links nach rechts durch das Gesichtsfeld geht am Rand als Doppelbild, sie spaltet sich also in eine obere und untere Linie. Wenn ich das eigentliche Binokular oder das Zwischenstück mit dem seitlichen Okular verdrehe dann kann ich das schlimmer machen, aber ganz weg bekomme ich es nicht. Bei der normalen Beobachtung stört es bisher nicht, auf Rechenpapier kann ich den Effekt nicht sehen, dafür sind die dortigen Linien wohl zu dick. Wenn ich mit den Augen auf den Rand fokussiere geht das auch weg, anscheinend adaptiert das Gehirn. Die Frage dazu: ist das normal, oder kann man das noch unterdrücken. Ich habe mich mit der Theorie der Stereomikroskopie bisher nicht wirklich auseinander gesetzt, aber ich kann mir gut vorstellen, das dieser Effekt damals nicht mit vertretbarem Aufwand zu korrigieren war.

Liebe Grüße
Steffen


JB

#1
Hallo Steffen,

Das ist das Wild M5A. Das steht (normalerweise?) hinten auf dem Binotubus.

Die Anleitung gibt es noch kostenpflichtig im Internet. Das Mikroskop ist aber aehnlich dem M5, deshalb ist vielleicht die Anleitung zum M5 ganz nuetzlich (so viel steht da nicht drin).

http://www.science-info.net/docs/wild/Wild-M5-instructions-for-Use.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artnov14/rjk-StereomicroscopeWildHeerbrugg.pdf

Der Zwischentubus ist ein Kameraadapter. Vorrausgesetzt dass er kompatibel ist (scharfes Bild beim Blick durchs Okular im Photoausgang?), gibt es verschiedene Moeglichkeiten fuer die Kamera. Das haengt vor allem davon ab, welche Kamera Sie dafuer benutzen wollen.

Zu den Doppelbildern: da koennte was mit der Einstellung nicht stimmen oder ein Defekt vorliegen. Nehmen Sie als erstes mal den Phototubus heraus und sehen Sie ob es besser wird.

Beste Gruesse,

Jon

Rawfoto

Hallo Steffen

Das Objektiv vorne schaut wie der Achromatisch aus, da gab es auch Planobjektive. Wenn Du im mittleren Bereich kein doppeltes Bild hast ist alles in Ordnung.

Für Vollformat - war damals die Leica R3 - gibts noch Teile über dem Okular am 3. Ausgang. Da ist eine 0,32 Optik drinnen und ein T2 Gewinde. Da kannst Du einfach auf Canon, Nikon, Sony usw. umrüsten.

Achtung: es gibt unmengen an Schrott bei den T2 Adapter, die meisten sind aus viel zu weichen Alu gefertigt.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

d65

Lieber Jon,

Sie haben recht, M5A steht da. Ich hab von vorne, von hinten und seitlich gesucht, aber nicht von schräg oben. Mea Blindfisch. Vielen Dank auch für die Links, die waren schon sehr hilfreich. Ich dachte mir schon, dass die aufgedruckten Vergrößerungen für 10er Okulare gelten (ich hab 20er), nach der Lektüre ist das bestätigt. Das Bild im Phototubus sieht super aus, der passt definitiv dazu.
Was für eine Kamera ich da dran machen möchte hab ich mir noch gar nicht überlegt, ich denke es gerade vom Mikroskop aus, was wäre überhaupt möglich, außer mit dem Handy. Ich habe mit Kameraadaptionen noch keine Erfahrung, ich hab bisher beruflich nur mit C-mount-Kameras gearbeitet.

Die seitlichen Doppelbilder sehe ich auch, wenn ich den Phototubus raus nehme, daran liegt es nicht.
Wenn der Tubus nicht durch einen Transport etwas verdreht gewesen wäre, dass ich nachjustieren musste, wäre mir die kleine Abweichung vermutlich gar nicht aufgefallen. Aber dann hab ich halt genauer darauf geachtet.

Hallo Gerhard,
Auf Achromat wäre ich jetzt eher nicht gekommen. Wenn ich ein Blatt Karopapier drunterlege sehe ich an den schwarzen Linien deutliche Farbsäume. Aber ich habe keinen Vergleich, ob das eher wenig oder eher viel ist, für die Zeit. Plan ist die Linse unten, das schon.

Mit den Adaptern werde ich mich wohl mal genauer befassen müssen.

Herzliche Grüße
Steffen

Rawfoto

Guten Morgen

Plan hat was mit der Objektivkonstruktion zu tun, die sind größer, teurer ...
Es bedeutet das am Rand nicht nachfokussiert werden muss das die Konstruktion die ,,Plantage" des Bilds ...

Liebe Grüße
Gerhard

Ps: 10er Okulare bringen ein deutlich besseres Bild
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Dünnschliffbohrer

#5
Hallo Steffen,
ich denke, die Doppelbilder kommen von dejustierten Prismen im Tubus. Das selbst wieder in Ordnung zu bringen soll sehr schwierig sein. Bei meinem M5A hatte ich es bei Askania in Rathenow machen lassen. Es hatte sich preislich noch durchaus gelohnt, zumal die Verkäuferin einverstanden war, den Betrag vom Kaufpreis abzuziehen. Es gibt aber auch hier im Forum Leute, die diese Reparatur schon selbst hinbekommen haben.
Das ist wohl auch die Ursache für die Farbsäume. Stemi´s von dem Abbe-Typ haben zwar immer Farbsäume, die aber bei visueller Beobachtung mit beiden Augen physiologisch wegkompensiert werden, sofern beide Bilder richtig überlagert werden. Wenn man aber ein Auge zukneift, oder durch einen der beiden Teilstrahlengänge fotografiert, oder wenn das Prismensystem soweit dejustiert ist, dass eine richtige Bildüberlagerung nicht mehr ausreichend stattfindet, dann treten sie wieder in Erscheinung. Es gibt zwar ein (sehr seltenes) M5A mit apochromatischem Hauptobjektiv, aber auch dieses müsste diese systembedingten Farbsäume (wahrscheinlich nur weniger stark) noch zeigen, da sie dadurch entstehen, dass das bildgebende Strahlenbündel jeweils durch den Randbereich des Hauptobjektives hindurch geht, und nicht zentral durch die optische Achse. Sie entstehen in diesem Fall nicht durch eine unzureichende chromatische Korrektur des Objektives! Deshalb werden die Fotos auch nicht allerhöchste Qualität erreichen, aber für wissenschaftliche Zwecke waren sie seinerzeit völlig ausreichend (kleines Abbildungsformat in den damals außerdem noch meist nur S/W gedruckten Fachzeitschriften). Trotzdem ist es ein sehr schönes Gerät, z. Zt. eines meiner Lieblings-Stemi´s und auf alle Fälle wert, wieder in Stand gesetzt zu werden. Es galt damals (80er Jahre) neben dem für die Fotographie optimierten Wild M7S als das beste der Wild-Stemis. Die Stufung des Vergrößerungswechslers ist m.E. optimal, und Zoom betrachte ich persönlich nur als unnötige Spielerei zu Lasten der optischen Korrektur.  Auch bei meinen Zoom-Stemi´s benutze ich fast nur feste Vergrößerungswerte, und die Verzeichnung durch das nicht-plane Hauptobjektiv stört nur bei der kleinsten Vergrößerungsstufe.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

A. Büschlen

Hallo Steffen,

von Wild Heerbrugg gab es das Wild M5 und dessen Nachfolger das M5A. Wichtig ist zu wissen, dass die Konstruktion beim M5/M5A gegenüber ALLEN anderen Stereomikroskopen von Wild Heerbrugg anderes ist. Das heisst, Objektivkörper, Tubus, Fototubus, Zeichentubus und Frontlinsen haben andere Masse sie können deshalb mit Teilen vom M3, M7, M8, 10 NICHT ausgetauscht werden.

Zum Doppelbild: Bevor du dich an die Prismen machst baue den Fototus aus und setze den Tubus auf den Optikkörper. Den Tubus hat in seiner Aufnahme ein klein wenig Spiel. Bewege den Tubus von links nach rechts. Es kann sein, dass du dabei einen Punkt findest der gut ist.

Ich habe eine Doku zum M5 in Englisch es sind 20 Seiten als PDF. Wenn du magst, schreibe mir eine PN mit deiner Email.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

d65

Zitat von: Rawfoto in Oktober 14, 2019, 07:35:42 VORMITTAG
Plan hat was mit der Objektivkonstruktion zu tun, die sind größer, teurer ...
Es bedeutet das am Rand nicht nachfokussiert werden muss das die Konstruktion die ,,Plantage" des Bilds ...
Schon klar, ich bezog mich auf "Achromat".

Zitat von: Rawfoto in Oktober 14, 2019, 07:35:42 VORMITTAG
Ps: 10er Okulare bringen ein deutlich besseres Bild

Irgendwo hab ich glaub ich noch welche, danke für den Hinweis, ich werde es probieren.

Auch den anderen Diskutanten herzlichen Dank, da habe ich denke ich einen schönen Überblick über das Gerät bekommen. Die beschriebene Abweichung ist wie gesagt sehr klein und im Normalbetrieb vermutlich gar nicht zu bemerken. Ich schaue mir ja sonst eher selten Testpräparate an. Von daher lohnt eine kostspielige Reparatur im Optikbetrieb sicher nicht. Es ging mir bei der Frage auch mit darum, das Gerät besser zu verstehen. Und dank der vielen Antworten von Euch ist das auch schon gelungen. Eine Anleitung für das M5 habe ich im Netz dank Link oben gefunden. Eine für das M5A wurde in PN in Aussicht gestellt.

Liebe Grüße
Steffen

Dünnschliffbohrer

ZitatDie beschriebene Abweichung ist wie gesagt sehr klein und im Normalbetrieb vermutlich gar nicht zu bemerken.

Hallo Steffen,
das sehe ich nicht so. Die genaue parallele Justierung der optischen Achsen ist beispielsweise eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale bei hochwertigen Ferngläsern! Die Augen merken das, versuchen die Dejustierung durch Augenbewegungen auszugleichen, was bei längerem Hndurchsehen zu Ermüdungserscheinungen und Kopfschmerzen führen kann. Beim Fernglas wie auch beim Stemi.
Gut, da hat natürlich jeder seine eigenen Ansichten. Wenn mir aber ein ehemaliges high-end-Stemi für umsonst in die Hände fallen würde, dessen chinesischer Nachbau von Motic wenn ich mich recht erinnere, vor ein paar Jahren ca. 4000 Eumel gekostet hatte (in der Größenorndnug war vor 30-40 Jahren auch der Neupreis deines Exemplares in DM), da würde ich mir es aber zweimal überlegen, ob ich es nicht neu justieren lassen würde... Wenn man bedenkt, wofür man sonst bereitwillig sein Geld hinblättert. Vieleicht würde es dir ja auch jemand hier im Forum justieren, sofern du doch noch möchtest.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]