Botanik: Weibliche Blüte von einem Gefleckten Aronstab (Arum maculatum) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Oktober 19, 2019, 18:58:26 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

der Aronstab (Arum) ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae), deren Vertreter sonst überwiegend in den Tropen vorkommen. In Deutschland wird der Italienische Aronstab (Arum italicum) in Gärten kultiviert, zum Beispiel in Gehölzgruppen.

Bild 01 Aronstab (Arum maculatum), Blüte

Urheber: Hans-Martin Scheibner

Bei uns heimisch ist dagegen der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum), der ebenfalls als Zierpflanze im Garten zu finden ist, aber auch in schattigen und feuchten Laub- und Mischwäldern.
Der Aronstab ist eine ausdauernde krautige Pflanze mit einer Knolle als Überwinterungsorgan, die zwischen 20 und 40 Zentimeter in die Höhe wächst. Die grundständigen Laubblätter sind langstielig und pfeilförmig. Je nach Population können sie eine weiße Marmorierung (Arum italicum) oder dunkle Flecken aufweisen. Von den Flecken hat Arum maculatum zwar seinen Namen, diese zeigen sich aber nicht zwangsläufig.

Jetzt im Herbst/Winter sind die Blätter des Italienischen Aronstabs in ihrer vollen Pracht zu bewundern, noch bis nach der Blüte im Frühjahr. Die Blätter des heimischen Aronstabs zeigen sich dagegen erst zur Blütezeit im Frühling.
Dann besteht beim Bärlauch sammeln im Wald Verwechslungsgefahr. Und zwar nicht, weil sich die Blätter beider Pflanzen so ähnlich sähen, sondern weil sich die Aronstab-Blätter unter den dichten Blattteppichen des Bärlauchs verstecken und unbemerkt in den Sammelkorb gelangen können.

Bild 02 Schnittstelle, aufgeschnittener Blütenstand, gut zu erkennen ist der blütenlose, dunkle, oberste Bereich des Kolbens.

Author: Hans-Martin Scheibner

Eine ganz besondere Blüte: Die Kesselfalle

Der Blütenstand besteht – von unten nach oben – aus den weiblichen Blüten, den fertilen männlichen sowie einem Kranz aus sterilen, borstenartigen Blüten, die auch als Reusenhaare bezeichnet werden.
Dem obersten Teil des Blütensprosses, dem sogenannten Kolben (Spadix) verdankt der Aronstab seinen Namen: Er bezieht sich auf den ,,Stab des Aaron", der laut des Alten Testaments ergrünte, als er in den Wüstensand gesteckt wurde und reichlich Blüten und Früchte trug.
Weitere Namen sind unter anderem Aasblume, Stinkblume oder Kesselfallenblume, die sich auf Besonderheiten der Blüte beziehen.

Bild 03 Fruchtstand mit erst grünen und bei Reife roten Beeren

Author: H. Zell

Der Blütenstand des Aronstabs ist von einem charakteristischen, weiß-grünlichen Hochblatt umgeben, das Spatha genannt wird. Dieses tütenförmig eingerollte Blatt bildet eine sogenannte Kesselfalle für bestimmte Bestäuberinsekten wie Aasfliegen oder Schmetterlingsmücken.
Die Insekten werden durch den aasartigen Geruch des Kolbens angelockt und fallen ins Kesselinnere, wo sie die Blüten bestäuben. Wenn das Blütenblatt welkt, gelangen die Insekten wieder ins Freie. Dann bilden sich die Fruchtstände, die im Herbst leuchtend rote Beeren tragen.

Bild 04  Detailaufnahme, Vergrößerung etwa 24-fach, Ausschnitt aus einem Blütenstand des Gefleckten Aronstabes, gut erkennbar die weiblichen Blüten links (in Natur also unten), die fertilen männlichen Blüten mittig und die sterilen männlichen Blüten rechts (in Natur also oben)

Urheber: Kristian Peters

Die Reusenhaare der sterilen Blüten versperren kleinen Insekten den Ausgang und verhindern das Eindringen großer Insekten.
Die männlichen Blüten reifen nach den weiblichen. Sie beladen das Insekt mit Pollen nachdem die Reusenhaare und das Hochblatt nach ca. 24 Stunden welk geworden sind.
Die weiblichen Blüten sondern Tröpfchen ab, an denen die mitgebrachten Pollen anhaften und die die Insekten verköstigen.

Bild 05 angeschnittener Blütenstand mit Hochblatt, (Längsschnitt)

Die Pflanzenteile liegen in AFE III, das Gemisch hat sich bräunlich verfärbt.
Foto: H.-J_Koch

Alle Teile der Pflanze sind giftig und enthalten in großen Mengen Oxalat, daneben flüchtige Scharfstoffe, wie das bittere Saponin Aroin, Nicotin und das Alkaloid Coniin.
Durch seine Scharfstoffe und die kristallartigen Nadeln, die sich Oxalat-Raphide nennen, ist der Aronstab giftig und zwar auf eine sehr unangenehme Weise, denn er brennt schon sehr stark im Mund. Es ist wie eine Art Verätzung, wenn man von Teilen des Aronstabes kostet.
Sogar beim bloßen Berühren der Pflanze kann es zu Rötungen der Haut und Blasenbildung kommen. Nach dem Verzehr von Pflanzenteilen, speziell der roten, süß schmeckenden Beeren, können sich Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle einstellen. Auch ein Anschwellen der Lippen sowie Entzündungen der Mundschleimhäute mit schmerzhaftem Brennen auf der Zunge und im Rachen können die Folge sein.
Die Symptome treten meist innerhalb von 5 bis 25 Minuten auf. Wenn man die dreieckförmigen Blätter kaut, entsteht durch das Oxalat ein Piksen auf der Zunge. Vor allem beim Weidevieh wurden tödliche Vergiftungen durch Verzehr der Blätter im Frühjahr beobachtet. Wegen des angenehm süßlichen Geschmacks sind Vergiftungen bei Kindern durch die roten Beeren ebenfalls häufig. In der Literatur wird berichtet, dass Todesfälle unter Schockeinwirkung im Kollaps aufgetreten wären. Die Aufnahme der Giftstoffe kann durch Gabe von medizinischer Kohle oder Flüssigkeit verhindert bzw. vermindert werden. Die Giftigkeit der Beeren kann je nach Standort und Reifegrad beträchtlich schwanken. Durch Abkochen und Trocknen verliert die Pflanze an Giftigkeit.

,,Giftpflanze des Jahres 2019"
Der Aronstab ist ,,Giftpflanze des Jahres 2019". Der Nominierte aus der Kategorie ,,Stauden" trat nach seiner Zweitplatzierung im Jahr 2009 ein weiteres Mal an und konnte dieses Mal fast ein Viertel aller Stimmen auf sich vereinen. Damit ist der Aronstab der diesjährige Botschafter für den Botanischen Sondergarten in Hamburg, Wandsbek, um auf die giftige Wirkung heimischer Pflanzen aufmerksam zu machen und ihnen zugleich den Schrecken zu nehmen.

https://www.hamburg.de/wandsbek/botanischer-sondergarten/
https://www.hamburg.de/wandsbek/giftpflanze-des-jahres/

Der Aronstab ist eine alte Zauber- und Hexenpflanze und wurde trotz seiner Giftigkeit früher gerne gegen Erkrankungen der Atemwege verwendet, wenn auch stark verdünnt.
Heutzutage kennt man fast nur noch die homöopathische Anwendung eines chinesischen Bruders des heimischen Aronstabes.

Systematik:
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Ordnung: Froschlöffelartige (Alismatales)
Familie: Aronstabgewächse (Araceae)
Unterfamilie: Aroideae
Gattung: Aronstab
Wissenschaftlicher Name: Gefleckte Aronstab (Arum maculatum)
Trivialnamen: Aasblume, Stinkblume, Kesselfallenblume, Chindlichrut, Dittichrut, Ekelblume, Eselsohr, Gefleckter Aronstab, Ronechrut, Trommelsschlägel oder Zehrwurz
Englischer Name: Cuckoo pint

Bild 06 Illustration des Gefleckten Aronstabes (Arum maculatum)

Quelle: www.biolib.de

Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz. 1885, Gera, Germany
Charakteristisch für den Aronstab sind die meist pfeil- oder herzförmigen Blätter. Oft zeigen sie attraktiv gezeichnete Blattspreiten. Einige Arten bilden im Frühling ihr Laub, bei anderen treiben die Blätter im Herbst aus und ziehen im Sommer wieder ein. Die meisten entwickeln von Frühling bis Frühsommer ihre Blüten und besitzen eine große und auffällige Spatha – ein breites Hüllblatt, aus dem sich ein Kolben (die eigentliche Blüte des Aronstabs) erhebt.

Am unteren Ende des Kolbens befinden sich die eigentlichen Blüten, sowohl männliche als auch weibliche Blüten.
Das Hochblatt steht nur für kurze Zeit aufgerichtet wie ein Segel. Bald beugt es sich nach vorn und klappt über den Kolben.
Die gesamte Blüte riecht für Menschen widerlich, für Insekten aber sehr verlockend, was auch der Zweck des Geruches ist, denn die Insekten werden für die Befruchtung gebraucht.
Aus den Blüten entwickeln sich im Spätsommer (August bis September) Beeren, die zunächst grün und später rot sind. Die Beeren schmecken leicht süßlich.

Weibliche Blüte, Querschnitt, 35 µm

Zunächst einmal 1 Bild von einem ungefärbten Schnitt.

Bild 07 Vergrößerung, Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)


W-A III - Färbung (Rhodamin B – Acriflavin - Alcianblau)
-   keine Simultanfärbung -

Arbeitsablauf :
1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Rhodamin B 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Alcianblau 2 Minute
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
10. Einschluss in Euparal.
Fotos: Nikon D 5500 und D5000

Bild 08 Vergrößerung, Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)


Bild 09 Vergrößerung, Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)


Bild 10 Vergrößerung, Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)


Bild 11 Vergrößerung, Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)Bild 29 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme


Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm

Fazit meiner Arbeit:
Ich wollte von einem Blütenstand des Gefleckten Aronstabes, die weiblichen Blüten, die fertilen männlichen Blüten und die sterilen männlichen Blüten sowie den sogenannten Kolben (Spadix) mit dem Mikrotom schneiden.
Zeigen kann ich nur die weibliche Blüte im Querschnitt.
Das Schnittmaterial ist trotz langer Lagerung (27Jahre) in AFE III butterweich.
Hier sind wohl nur Paraffinschnitte angesagt.

Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia
Rita Lüder ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung", ISBN:3-494-01518-3
Strassburger ,,Lehrbuch der Botanik", 1991
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quelle. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Doch zunächst einmal wünsche ich viel Freude beim Lesen.

Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wie immer vielen Dank für den schönen Artikel, den ich natürlich gerne gelistet habe!

Hast Du es schon mal mit Frischmaterial versucht? Ich habe hier noch Proben von Welwitschia in Ethanol. Die waren ungefähr 7 Tage in AFE und lagern seit etwa 4 Jahren in Ethanol 70%. Das Material ist so mürbe geworden, dass man es nicht mehr ohne Weiteres schneiden kann.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

Frischmaterial habe ich sehr selten geschnitten, ein Versuch ist es sicher wert.
Danke für den Tipp.

Gruß
Hans-Jürgen
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Wutsdorff Peter

Grüß´Dich Hans-Jürgen,
auch von mir eine Gratulation zu dem wunderbaren Beitrag.
Ich bewundere immer wieder das "Rund-um-Wissen" zu den Pflanzen, die Du bearbeitest.
Wichtig ist m.E. auch die Beschreibung der Giftigkeit.
Ebenfalls hoch giftig ist Aconitum, die wir dieses Jahr wieder in den Bergen bewundert haben.
"Blumenpflücker" habe ich schon mehrmals vor dem Pflücken gewarnt.
In meiner verfügbaren Literatur wird nur gesagt, daß sie einer der giftigsten Pflanzen in Europa sind.
Mich würde mehr über diese schöne Pflanze interessieren.

Gruß Peter

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter,
danke.
Aconitum napellus, der blaue Eisenhut oder Sturmhut, gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse und ist eine der giftigsten Pflanzen Mitteleuropas. Schon wenige Gramm können zum Tod führen.
Evtl. finde ich ja nächstes Jahr im Juni bis August (Hauptblütezeit) diese Pflanze und kann sie dann bearbeiten.

Gruß
Hans-Jürgen
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Wutsdorff Peter

Hallo Hans-Jürgen,
im Berner Oberland in 1700 - 1800 m sehen wir immer Aconitum in feuchten Mulden.
Ich kann Dir im Juli, August 2020 eine Probe schneiden. Aber wie stelle ich das an, ohne mich zu vergiften?
Gummihandschuhe?
In einem Buch (Flora helveticae) habe ich gelesen: schon kleinste Verletzungen an der Haut führen zu Vergiftungen. Wie kommen aber die Proben zu Dir?

[imghttps://www2.pic-upload.de/img/36578329/Aconitum.jpg]https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/258342_32347029.jpg[/img]

Gruß Peter

Wutsdorff Peter


Hans-Jürgen Koch

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