Histopathologie-unklare Schwellung, böse Überraschung

Begonnen von ammererlutz, Oktober 31, 2019, 11:37:02 VORMITTAG

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ammererlutz

nun zu einem sehr interessanten Fall.

Vorausschickend sei hier angemerkt, dass die  meisten der hier präsentierten Präparate aus Gewebsproben stammen, nur in wenigen Ausnahmefällen aus Operationspräparaten.

Die endgültigen Diagnosen aller unter meinen "Histopathologie-Fäden" beschriebenen Fälle erfolgten auch aus rechtlichen Gründen selbstverständlich ausnahmslos durch das zuständige Institut für Pathologie!   

Diese Patientin erlitt einen Sturz auf die Stirn mit einem ausgeprägten Bluterguß. Einige Wochen danach war sie neuerdings vorstellig, da der "Bluterguß" in Form einer ca 4x4 cm großen Beule nicht "weg ginge".

So etwas kann natürlich vorkommen, besonders bei Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten, und die Brombeermarmeladen-artigen Blutgerinsel kann man dann nach einer kleinen Inzision entfernen

In diesem Fall ließen sich keine solche Gerinsel unter der Haut exprimieren, also wurde der Schnitt etwas erweitert, um Probematerial zur histologischen Untersuchung zu gewinnnen. Zu Tage kam ein gallertig, faseriges Gewebsmaterial, das nichts mit dem ehemaligen Bluterguß zu tun hatte, Probegewinnung war etwas schwierig, da kein solider Tumor vorlag-

Bild 1 zeigt den Zustand nach der Inzision und Probeentnahme
Bild 2 und 3 den mikroskopischen Befund.( 400x Azan/ HE)

hier sind die Grenzen dessen, was man mit normalen Färbungen und normaler Ausbildung erkennen kann, eine vage Verdachsdiagnose ginge sich für den nicht-spezialisierten Mediziner vielleicht noch aus, aber dann ist Schluß.

Was man bei der HE Färbung erkennt, sind dichte neoplastische Infiltrationen mit Tumorzellen, dass es sich dabei um lymphatische Zellproliferationen handelt, erkennt der Nicht-Pathologe unter den Medizinern schon nicht mehr so ohne weiters, der Befund vom Fachinstitut klingt in diesem Fall dann so;


"die neoplastischen Zellen zeigen eine Reaktivität mit Antikörpern gegen CD20,
bcl2 und bcl6. Mit dem Proliferationsmarker Ki-67 zeigt sich einer zelluläre
Proliferationrate von ca. 80%. Untermischt finden sich reaktive CD3 und CD5
positive T-Lymphozyten. Mit Antikörpern gegen AE1/AE3, Ep-cam, CD10, CD21, CD23,
CD30, CD34 und S-100 Protein liegt keine Immunreaktivität vor.
"

Diagnose: diffuses großzelliges B Zell Lymphom ( das sind bösartige Tumore bestimmter weißer Blutkörperchen, Untergruppe Non Hodgkin Lymphome)

In der weiteren Abkkärung zeigte sich im Schädel CT, dass der Tumor bereits die knöcherne Schädeldecke durchbrochen hatte und an mehreren Stellen bis an die Gehirnhäute vorgedrungen war.

Chemotherapie wirkte sehr gut, die Patientin ist nach etlichen Monaten Therapie weitgehend beschwerdefrei.
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Bob

Hallo Lutz,
Deine Beiträge sind ja auch immer ein Bisschen gruselig, aber auch immer ausgesprochen interessant!
Für den medizinischen Laien sind das natürlich wenig bekannte Dinge, aber es weitet das Verständnis, wenn man Deine sehr anschaulichen Berichte liest.
Also gerne mehr davon, sowas postest sonst keiner, sehr interessant!

Viele Grüße,

Bob

treinisch

Hallo Bob,
Hallo Lutz,

gruselig trifft es! Genau passend zu Halloween.
Bei diesem Beitrag hatte ich richtig Puls!

Schön, dass die Patientin wohl therapiert werden konnte.

vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.