Jena Amplival Interphako Teil 1 : Die Technik (1)
Hallo,
ich starte hiermit meine angekündigte Reihe über das Zeiss Jena Interphako-Mikroskop. Alle gezeigten Bilder sind von mir, es sei denn, es ist explizit anders angegeben (vielen Dank für die Genehmigung des ZEISS Archives). Die Bilder des ZEISS Archivs entstammen Werbeschriften und Anleitungen von Zeiss Jena.
Über Korrekturen/Hinweise zu Fehlern freue ich mich.
Hier geht es zum 2. Teil :
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35898.0Als ich das erste mal ein Bild eines Jena Interphako gesehen habe, wusste ich, so ein Mikroskop musst Du auch einmal haben! So viele Schalter, Knöpfe, Schieber und Öfnungen! Ohne zu wissen, wofür ein Interphako eigentlich vorgesehen ist oder war, und erst recht nicht, was diese ganzen Drehregler eigentlich bewirken.
Nun besitze ich eins und habe es wieder gereinigt und hergerichtet. Ich möchte es so einsetzen (auch wenn mir die ursprünglichen Aufgaben fehlen), wie es von den Konstrukteuren Meyer und Schöppe vorgesehen war. Als Messgerät. Leider gibt es keine Lehrer mehr dafür und Kurse kann man auch nirgendwo buchen.
Wir kennnen alle die wunderbaren Fotos, die z. B. Frank Fox mit solchen Geräten erstellt hat. Aber dafür wurden die Mikroskope ja nicht gebaut. Das Interphako-Mikroskop ist ein Messgerät. Ursprünglich wurde es für die "neue" Mikrochip-Industrie entwickelt, um Schichtdicken, also die Substratschichten, die man auf die Silizium-Wafer aufgebracht hat, zu messen. Ein klassisches Gerät der Qualitätskontrolle. Weiterhin können damit Brechungsindizes gemessen werden. Und alles, was man mit einem Brechungsindex bestimmen kann. Z. B. wurden später Methoden entwickelt, um die Trockenmasse von Zellkernen in lebenden Zellen zu bestimmen.
Dabei ist die Messgenauigkeit extrem hoch. Zeiss Jena gibt in seinen Schriften eine Genauigkeit von bis zu Lambda/500 an. Bei grünem Licht von etwa 500 nm Wellenlänge kommt man da auf eine Genauigkeit der Längen-/Höhenmessung von 5 nm. NICHT µm! Das ist Größenordnungen unterhalb der lichtmikroskopischen Auflösung!
Wie geht das und wie muss man das Gerät bedienen, damit das auch funktioniert? Da soll dieser Beitrag etwas Licht ins Dunkel bringen.
Stephan Hawking hat mal in einem Interview gesagt, er hätte von seinem Verleger einen Rat bekommen: Jede physikalische Formel im Buch halbiert die Anzahl der Leser. Ich rate mal: das ist hier ähnlich! Aber genau wie Stephan Hawking sage ich: EINE MUSS SEIN. OK, es werden zwei.
Das Grund-Messprinzip dieses Mikroskops beruht auf Interferenzstreifen. Für die gilt nach altem Schulwissen:
für Durchlicht D = d/L x (n2-n1)
und für Auflicht D = d/L
Dabei ist x das Multiplikations-Zeichen, D der Gangunterschied Delta (Phasenverschiebung), d die Dicke des Objektes, L die Wellenlänge Lambda des Lichtes, n2 der Brechungsindex des Objektes und n1 der Brechungsindex des Einbettungsmittels. Unter der Annahme, das n für Luft = 1 ist und bei Auflicht das Licht zu 100% reflektiert wird (kein Eindringen in das Objekt) sind beide Formeln equivalent.
Wir erzeugen also irgendwie ein Bild von Interferenzstreifen und überlagern es mit dem normalen mikroskopischen Bild. Im Auflicht werden Höhenunterschiede des betrachteten Objektes zu Weglängenunterschieden (D) führen, im Durchlicht sind Änderungen der "optischen Weglänge", also D x n für die Enstehung von Interferenzstreifen verantwortlich. In normalen mikroskopischen Bild messe ich wie gewohnt in µm, im Interferenz-Bild kann ich Abstände/Unterschiede der Interferenzstreifen nach obigen Formeln in nm umrechnen!
Wie macht man das? Dazu beschreibe ich heute erst mal das Mikroskop.
Das hier vorgestellte Mikroskop ist ein Epival-Interphako (also unendlich für Auf- und Durchlicht) aus der Amplival-Familie. Der Interphako-Tubus wurde in der 160 mm (endlich) Version und als unendlich Gerät angeboten. Weitere mir bekannte Geräte sind das Amplival-Interphako, das als Unendlichvariante Peraval-Interphako heißt und das Amplival-Pol-Interphako. Es gibt von Zeiss Jena Bilder, in denen dieser Tubus auch auf einem Lumipan eingesetzt wird und hier im Forum wurde schon berichtet, dass man den Tubus auch an ein West-Standard adaptieren kann. Kurz vor Ende der DDR wurde noch eine dritte Generation an Interphako-Mikroskopen herausgebracht, das Jenapol-Interphako.
Bild 1 (ZEISS Archiv) zeigt eine Schnittzeichnung durch das Gerät. Hier im Forum wurde öfters über die erstaunlich komplexe Lichtführung der Zeiss West Phomis berichtet. Ich denke, da kann dieses Gerät (fast) mithalten. Und im Vergleich zu einem Phomi wirkt es ja fast so zierlich wie eine Ballett-Tänzerin ;-)
Bild 1: Amplival Interphako Schnittzeichnung

Die ganze Optik ist aber heute, fast 50 Jahre nach der Produktion, auch ein grosser Nachteil für die Bildqualität: es gibt wohl kaum ein anderes Mikroskop, das so viele Glasflächen in Form von Linsen, Prismen, Filtern, Kompensatoren, Drehkeilen, Phasenblenden, Lichtfilter und sonst noch etwas im Strahlengang hat. Eine Zwischenbildeben gibt es gleich zweimal und die Abbildungsebene der Apperturblende ist auch doppelt vorhanden, was schmutzpartikelfreie Bilder erschwert.
Ich verwende als Bezeichnung in den Bildern die gleichen Nummern, wie sie in der originalen Jena Bedienungsanleitung angegeben sind. Kleine Buchstaben habe ich zugefügt, wenn die Jena-Nummern für meine Beschreibung nicht ausreichen. Die Bilder 2 ubd 3 zeigen mein Gerät von links und rechts.
Bild 2: Mikroskop von links

- 20 Schieber : Drehkeil oder Interphako-Schieber (Ort der 2. Abbildung der Apperturblende)
- 22 Schieber : ein Staubschutzschieber bzw. der Ort für eine Halbschattenplatte, dazu in einem späteren Teil mehr (1. Zwischenbildebene des Objektes)
- 30 Drehknopf : Einstellung des Drehkeils
- 31 Drehknopf : Einstellknopf für horizontale Inteferenzstreifen
Bild 3 : Mikroskop von rechts

- 15 Drehknopf : Abgleich der Austritts-Pupillen (Phasenblenden/Ringblenden)
- 16 Zugstange : Betrandlinse ein (herausziehen) oder aus
- g Zugstange : Fototubus, hier in der 100:0/0:100 % Version (herausziehen für Fotos)
- 17 Klemmschraube : die Übliche Jena-Klemmschraube, damit kann das Interferometer aus dem Interphako-Tubus gezogen werden
- 19 Drehknopf : sog. Messtrommel, damit kann eine definierte Phasenverschiebung erzeugt und abgelesen werden
- 20 Schieberöffnung : Platz für den Drehkeil oder den Interphako-Schieber (Ort der 2. Abbildung der Apperturblende)
- 21 Drehknopf : Einstellknopf für vertikale Interferenzstreifen
- 22 Schieber : ein Staubschutzschieber oder der Ort für eine Halbschattenplatte, dazu in einem späteren Teil mehr (1. Zwischenbildebene des Objektes)
- f Lupe : zur genauen Ablesung des Nonius der Messtrommel
- a Auflicht-Leuchtfeldblende : Einstellung und Zentrierung
- b Auflicht-Apperturblende : Einstellung
- c Schieberöffnung : für Spaltblende, Gitterblende oder Phasenkontrastblende
- d Schieberöffnung : für Lichtfilter
- e Drehschraube : Zentrierung der Apperturblende
Wie Bild 3 zeigt, verfügt das Mikroskop über eine Betrandlinse. Diese wird benötigt, um die Blenden des Kondensors mit den Einsätzen im Interferometer abzugleichen. Eine eigene Schärferegulierung der Linse, wie sie von Polarisationsmikroskopen bekannt ist, ist nicht vorhanden, die Linse steckt fest auf ihrer Zugstange. Die richtige Schärfe ergibt sich aber "von selbst": für das Interphako-System ist es sehr wichtig, dass die Austrittspupille des Objektives mit der des Interferometers abgeglichen ist. Da sich die Pupillenlage des Objektives aber mit der Vergrößerung ändert, muss man auch den Abgleich der Pupillen ändern. Dazu dient der Drehknopf 15 (Bilder 3 und 4). Sind die Pupillen abgeglichen, sieht man beide Ebenene durch die Betrandlinse scharf. Um im Auflicht auch bei Verwendung der kleinsten Vergrößerung 6,3 beide Pupillenebenen scharf einstellen zu können, ist ein spezieller Leuchtfeldblendeneinsatz mit Zusatzlinse 2,5 Dioptrien erforderlich, ich hatte hier einmal nach dem Sinn dieser Linse gefragt:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35189.msg257296#msg257296Was bedient man nun mit den ganzen Drehrädchen? Da auch ein Interphako nach 45 Jahren der berühmten Zeiss-Jena Klebeseuche zum Opfer fallen kann, und meine beiden Interferometer leider dazu gehörten (typische Situation: der Kompensator läßt sich mit etwas Gewalt hineindrehen, kommt beim Zurückschrauben aber nicht mehr heraus), können wir ja mal reinschauen.
Zuerst hatte ich echt Bammel davor. Das empfindlichste Teil und zugleich Herz des Interphako-Systems, von dem man überall liest, es wurde auf 1000stel irgendwas ab Werk justiert, mit dem Haushaltsschraubendreher auf dem Schreibtisch öffnen, oder gar zerlegen?
Leider gibt es keine detailierte Anleitung dazu im Netz (ein paar Bilder im AT-Forum, aber Anleitung würde ich das nicht nennen, im Gegensatz zur guten Anleitung der Tubus-Reparatur). Aber der hier allen bekannte Normarski gab mir folgenen weisen Rat: "Du hast entweder ein Interferometer, das nicht funktioniert, oder, du machst es auf.".
Schauen wir uns dazu das Interferometer genau an. Bild 4 (ZEISS Archiv) zeigt eine Schemazeichnung. Ich habe die Zahlen der originalen Jena-Anleitung in das Bild Kopiert. Die Positionen 19, 21 und 31 sind hier als Plättchen gezeichnet, sie sind aber Keile, allerdings mir deutlich kleinerem Keilwinkel als die auch als Keil gezeichneten Drehkeile 20.
Bild 4 : Schema Mach-Zehnder Interferometer mit den Interphako-Elementen

- 15 Drehknopf : Abgleich der Austritts-Pupillen
- 16 Zugstange : Betrandlinse ein (herausziehen) oder aus
- 19 Drehknopf : sog. Messtrommel, damit kann eine definierte Phasenverschiebung erzeugt und abgelesen werden
- 20 Schieberöffnung : Platz für den Drehkeil oder den Interphako-Schieber (Ort der 2. Abbildung der Apperturblende)
- 21 Drehknopf : Einstellknopf für vertikale Interferenzstreifen
- 31 Drehknopf : Einstellknopf für horizontale Interferenzstreifen
- g Zugstange : Fototubus, hier in der 100:0/0:100 % Version (herausziehen für Fotos)
Entgegen der Intuition sieht man hier, das die Drehknöpfe 21 und 31, am Interferometer links und rechts gelegen, AUF GLASKEILE IM GLEICHEN Teilstrahlengang des Interferometers wirken: das eine läßt sich horizontal verkippen, das andere vertikal.
Trennen wir uns von dem Schema und öffen das Interferometer. Bild 5 zeigt das frei gelegte Herzstück. Dabei ist links "vorne", wenn man in das Mikroskop hinein schaut:
Bild 5 : geöffnetes Mach-Zehnder Interferometer

- a Prisma: Frontplatte des Interferometers mit links angebrachtem Vereinigungs-Prisma
- b Interferometer : das ist der eigentliche Mach-Zehnder-Körper
- c : Öffnung für die Achse von Drehknopf 19 (Messtrommel)
- d : Öffnung für die Achse von Drehknopf 21
- e : Schieber-Öffnung
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