Farbstich bei einem Auflichtmikroskop

Begonnen von Christian Linkenheld, November 05, 2019, 16:43:05 NACHMITTAGS

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Christian Linkenheld

Hallo,

ich habe hier ein Auflichtmikroskop (also kein Stereomikroskop!), bei dem folgender Effekt auftritt.
Bei der Fokussierung auf ein ebenes Objekt (z.B. einfach ein Blatt Papier) ist zunächst alles normal.



Bei einer Defokussierung - egal ob nach oben oder unten - tritt folgender Farbeffekt auf.



Das Bild bekommt also einen deutlichen Stich nach Grün (Weißabgleich der Kamera wie im ersten Bild). Das tritt nur im Auflicht-Hellfeld auf (nicht Auflicht-Dunkelfeld und nicht Durchlicht). Bei normalen, planen Objekten tritt dieser Effekt bei richtiger Fokussierung nicht auf. Mikroskopiert man allerdings ein sehr unebenes und zerklüftetes Objekt, bei dem immer nur ein kleiner Teil fokussiert werden kann, dann kann dieser Effekt nicht vermieden werden. Bei einer Defokussierung ist übrigens der beleuchtete Bereich auf dem Papier nicht grün eingefärbt. Der Effekt muss also bei dem rückläufigen Lichtweg vom Präparat durch das Objektiv auftreten.

Schaut man durch ein Hilfsmikroskop in Richtung Austrittspupille des Objektivs, dann sieht es bei richtiger Fokussierung so aus:



und bei Defokussierung so:



Intuitiv würde ich vermuten, dass es sich um eine Interferenzerscheinung (an der Linsenvergütung?) handelt. Aber warum nur bei Defokussierung?
Ich bin gespannt, ob jemand eine Erklärung hierzu hat.

viele Grüße

Christian

Es wirkt so, als würde

smashIt

ein intressantes rätsel hast du da  8)

mein verdacht (rein vom gefühl her) wäre ein stark grünlastiges zentrum in der aperturebene
dann sollte sich der farbstich aber auch durch zuziehen der aperturblende provozieren lassen

ich habe aber weder eine auflichteinrichtung noch einen passenden rheinbergfilter zum testen  :'(
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Bob

Hallo Christian,
das richtig fokussierte Bild hat auch eine komische Farbverteilung. Ich habe die Farbsättigung mal hochgezogen, dann sieht man das gut. Ich vermute, dass der grüne Bereich in der Mitte durch das defokussieren das ganze Blickfeld einnimmt.

Viele Grüße,

Bob

sushidelic

Vielleicht mal mit dem Phasenteleskop durchgehen? Evtl. entdeckt man ja etwas Grünes.
LG Michael

Lupus

Hallo Christian,

tritt der Effekt nur bei einem Objektiv auf?
Ist ein Unterschied beim Farbstich ob es sich um ein sehr helles Objekt (wie hier Papier) oder z.B. ein sehr dunkles Objekt handelt (dunkelgraues oder schwarzes Papier)?

Hubert

konsonant

hallo ,
ändert sich die Länge des optischen Strahlenganges oder hebt und senkt sich nur der Tisch ?
ich glaube im at-forum mal gelesen zu haben , daß es eine Feature-funktion ist und kein Bug , aber wie ?
gruß konsonant
schreibrecht unbegrenzt gesperrt. danke dem zuspruch. https://www.fip.fr/

Christian Linkenheld

Hallo,

zunächst vielen Dank für die Antworten. Besonders das bearbeitete Bild von Bob sieht interessant aus.

Die Farbe des Objektes ist unerheblich. Es tritt auch bei ganz dunklen Objekten auf.
Die Defokussierung erfolgt über die Einstellung der Tischhöhe (wie üblich).

Das Mikroskop hat Unendlich-Optik. Insofern befindet sich das Objekt bei exakter Fokussierung in der objektseitigen Brennebene des Objektivs und die vom Objekt ausgehenden Strahlen werden vom Objektiv parallel ausgerichtet - möglich, dass dies dann bedingt, dass bei exakter Fokussierung der Effekt nicht auftritt. Das ist aber rein spekulativ, weil eine konkrete Erklärung natürlich fehlt.

viele Grüße

Christian

Lupus

Hallo Christian,

ein nicht paralleles Strahlenbündel bei defokussiertem Objekt existiert eigentlich nicht real, denn auch von einer (gedachten) Ebene über dem Objekt gehen von jedem Punkt dort Lichtstrahlen aus, die ein paralleles Bündel erzeugen. Eigentlich kann es nur in Zusammenhang mit der Auflichtbeleuchtung, d.h. der Einspiegelung der Beleuchtung von oben entstehen. Daher die Frage ob es bei jedem Objektiv sichtbar ist und ob sich die (relative) Intensität durch die Objekthelligkeit ändert.

Bei Auflicht-HF ändert sich mit der Fokussierung minimal die Objektausleuchtung. Vielleicht tritt bei Defokussierung eine störende Randausleuchtung auf eine Stelle auf, die grünes Streulicht erzeugt oder eben Reflexlicht durch farbig erscheinende vergütete Linsenoberflächen (die schon von Dir genannten Interferenzfarben).

Hubert


Christian Linkenheld

Hallo Hubert,

es gibt die Objektive 5x/10X/20x/50x. Nur das Objektiv 50x zeigt diesen Effekt nicht. Subjektiv ist er bei 20x am stärksten. Einen Einfluss der Objekthelligkeit kann ich nicht erkennen.
Sehr mysteriös...

viele Grüße

Christian

Lupus

Hallo Christian,

es handelt sich doch offensichtlich um HD-Objektive?
Ein etwas ungewöhnlicher Erklärungsversuch: Möglicherweise dringt beim Defokussieren Licht der vergrößerten Ausleuchtfläche der Objektebene beim HF im ungünstigen Winkel in den äußeren Dunkelfeld-Beleuchtungskanal des Objektives. Und von dort als Streulicht in den Strahlengang.

Man müsste doch zum Test die Auflichtbeleuchtung einstellen können.

Hubert

beamish

Noch zwei Fragen, die glaub ich noch nicht gestellt wurden:
1. ist der Effekt sowohl im Fototubus wie im Beobachtungstubus gleichermaßen zu sehen?
und
2. tritt der Effekt beim Defokussieren in beiden Richtungen +/- auf?

Ich glaube nicht, daß ich dann eine Lösung parat hätte, aber vielleicht kann man damit die Prameter noch etwas einengen.

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Christian Linkenheld

Hallo,

ja - es sind HD-Objektive. Ich habe testweise einfach einmal ein Durchlichtobjektiv 10X in den Strahlengang gebracht => gleiches Resultat (grün beim Defokussieren). Dieses Objektiv liefert im Durchlicht ein einwandfreies Bild ohne Farbstich. Ich habe auch einmal ganz provisorisch mit einer LED-Taschenlampe eine Durchlichtbeleuchtung realisiert - und hier tritt auch mit dem 20er-Auflichtobjektiv kein Grünstich bei Defokussierung auf - also wirklich nur bei Auflicht-Hellfeld. Auflicht-Dunkelfeld ist kein Problem.
Der Effekt tritt in beide Richtungen auf (Defokussieren nach oben oder unten) und ist visuell durch die Okulare und den Fototubus gleich ausgeprägt.

viele Grüße

Christian

reblaus

Hallo Christian -

wie weit muss den defokussiert werden bis der Effekt auftritt und ändert sich die Farbe wenn man unterschiedlich weit defokussiert?
Wenn Auflicht D kein Problem macht, könnte das damit zusammenhängen , dass hier das Auflicht fast völlig getrennt vom reflektierten Objektlicht ist und auch direkt über dem Objekt überwiegend in einer völlig anderen Richtung verläuft, also wenig Gelegenheit zu Interferenz hat; bei Auflicht H hingegen wohl.
Irgendwie muss ich bei dem Grün auch an blauschimmernde Vergütungen (teildurchlässiger Spiegel?) denken. Bei Auflicht D ist ja dort vermutlich ein totalreflektierender Ringspiegel.

Viele Grüße

Rolf

smashIt

ein ganz blöder vorschlag:
schaue dir im auflicht einen spiegel an (fokus auf die reflektierende oberfläche)
wenn der strahlengang günstig steht kannst du vieleicht mit dem hilfsfernrohr in die auflichtbeleuchtung hineinschauen
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

konsonant

hallo ,
ich weiß , daß Nomarski aus dem at-forum so etwas schon mal beschrieben hat , ich habe den Beitrag aber nicht mehr wiedergefunden . Jetzt bin ich über diese Seite gestolpert https://www.edmundoptics.de/f/nikon-interferometry-objectives/13308/ , dort wird ein Referenzspiegel erwähnt . Schade , bin ich nicht selbst drauf gekommen .
gruß konsonant
schreibrecht unbegrenzt gesperrt. danke dem zuspruch. https://www.fip.fr/