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Histologie der Insekten

Begonnen von Ralf Feller, Dezember 29, 2019, 18:33:39 NACHMITTAGS

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Ralf Feller

Liebe Kollegen,
vor etwa 10 Jahren habe ich einen ersten Versuch unternommen in das
Innere von Insekten zu sehen. Mit der Paraffinhistologie war das sehr
aufwendig. Die Einbettung über Alkohol und Intermedium in Paraffin
hat den Insektenkörper oft gehärtet und schwer schneidbar gemacht.
Ja und dann müssen die Schnitte ja wieder entparaffiniert, gefärbt und
nach erneuter Entwässerung eingedeckt werden.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2722.0

Schon damals hatte ich lebhafte Diskussionen mit Jürgen Harst, Insekten
sind ja sein Spezialgebiet, was man wohl besser machen könnte.
Dann kam die große Zeit der Technovit-Einbettung und man konnte
auflösungsstarke Semidünnschnitte machen. Allerdings zeigte sich,
das Chitin nicht gut an dem recht hydrophilen Technovit haftet, Total-
einbettungen gelangen nur sehr schlecht.

Im Gespräch mit Jürgen, Ronald und  Dieter Stoffels wollten wir
dann jetzt einmal einen anderen  Kunststoff ausprobieren.
LR White ist ein Einbettmedium auf Acrylbasis mit geringer Viskosität
und ungiftig. Es eignet sich für Licht- und Elektronenmikroskopie und
polymerisiert durch Hitze, UV-Licht oder chemisch. Dadurch das es
hydrophob ist, sollte es besser an Chitin haften.

Ich habe einen ersten Versuch am Kopf einer kleinen Stabheuschrecke
gemacht und möchte hier ein Paar Schnitte Zeigen.
Das Tier wurde in Kopf und Rumpf geteilt, in Phosphatpuffer mit 2,5%
Formaldehyd und 2,5% Glutaraldehyd fixiert und dann über Alkoholstufen
in LR-White eingebettet. Schnittdicke ist 1µm, Färbung Toluidinblau.

Der größte Teil des Schnittes zeigt das Komplexauge.

Abb.1


In Abb.2 Längsschnitt durch die Ommatidien (optische Einheit aus
Cornea, 4 Kristallzellen mit Zellkern und Kristallkörper und Photorezeptor).
In Abb. 3 Querschnitt,

Abb.2


Abb.3


Die Abb.4 und 5 zeigen die neuronale Verknüpfung

Abb.4

Abb.5


Abb.6 Zeigt einen Teil des Muskelkörpers, T sind die Tracheen, die den
Insektenkörper mit Sauerstoff durch diese ,,Luftröhrchen" versorgen.
Analog zu den Blutkapillaren der Wirbeltiere, dabei begrenzt der
Diffusionsweg des Sauerstoffs wohl die Größe der Insekten. In einer
Atmosphäre mit mehr Sauerstoff  können Insekten wohl viel größer werden.

Abb.6


Abb. 7 zeigt den Ösophagus, interessant finde ich, das es wohl keine Längs-
und Ringmuskulatur für eine Peristaltik gibt, es handelt sich wohl um
Flimmerepithel wie es bei Wirbeltieren in den Luftwegen vorkommt.

Abb.7


Beim Verständnis der der Anatomie des Insektenauges hat mir Jürgen Harst sehr
geholfen, danke dafür. Dazu möchte ich noch auf einen hervorragenden Artikel
von Jürgen verweisen: s. links Gastbeitrag Mückenauge

https://www.mikroskopie-mikrofotografie.de/mikroskopie/welcome/main_frame.htm

LG aus Mülheim und einen guten Rutsch, Ralf

Teil 2
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37058.0


reblaus

Hallo Ralf -

Wahnsinn! Freue mich schon auf weitere solche Einblicke in Insekten im kommenden Jahr!

Viele Grüße

Rolf

deBult

Impressive and a new and unknown domain to this pond dipper annex junior botanist.

Best,
Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

JB

Hallo Ralf,

Großartig! Der Aufwand hat sich wirklich gelohnt.

Beste Grüße,

Jon

Jürgen H.

Lieber Ralf,

absolut spitzenmäßig! Insbesondere beim zweiten Bild zeigt sich die absolute Brillianz dieser Methode, aber auch bei den anderen Bildern überrascht der ungewohnte Detailreichtum. Bei der Diagnose Ösophagus Bild 7 möchte ich jedoch leichte Zweifel anmelden und würde gerne die weitere Umgebung sehen.

Herzlichen Dank für diese schönen Bilder!

Wie hast Du das Fixativ ausgewaschen? Was hast Du für einen Puffer benutzt?

Schöne Grüße

Jürgen

Michael L.

Hallo Ralf,

ausgezeichnete Ergebnisse, würdest Du uns das vollständige Protokoll verraten?
Einen guten Rutsch in ein erfolgreiches 2020!

Viele Grüße,

Michael

Reinhard

Hallo Ralf,

extrem interessant und extrem ästhetisch!

Viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Ralf Feller

#7
Liebe Kollegen,
erst einmal danke für Euer Lob und das die Bilder gefallen.

Und so bin ich vorgegangen:

1.   Tier mit CO2 betäuben
2.   betäubtes Tier in Fixans (etwas Spülmittel zusetzen) untertauchen,
und Kopf vom Abdomen trennen
3.   Kopf im Scheitelbereich mit Skalpell einschneiden, Beine aus dem
Abdomen herausreißen, so dass Löcher für das Fixans entstehen
4.   12h bei 4-6 Grad fixieren
5.   12h Puffer
6.   je 2h Alkohol 30%, 50%, 70%, 85%, 96%, 100%, 100%
7.   LR White 3 x 12h, 3 x wechseln

Sörensen nach Aeisner
Ansatz pH 7,4:
Na2HPO4 x 2H2O   9,71g
KH2PO4      1,65g  auf 500ml und pH einstellen

7,5% Paraformaldehyd
15g in 200ml Wasser lösen mit NaOH

Fixativ zum Gebrauch:
50ml Puffer
+ 33 ml 7,5% Paraformaldehyd
+  5 ml 50% Glutaraldehyd
ad. 100ml         2,5% FA      2,5% GA   in 0,06M Sörensen

LR White polymerisiert im Wärmeschrank bei 60 Grad über 24h,
aber unter Ausschluss von Sauerstoff, z.B. unter CO2
Für die gerichtete Einbettung habe ich Flachbettförmchen (von Jürgen)
genommen und eine CO2 Kammer gebaut, das CO2 stammt aus einer
Druckflasche aus dem Aquarienhandel. Wichtig ist das die Kammer
(Frischhaltedose, unten Glas) eine Gummidichtung hat.



Im Gegensatz zu Gelatinekapseln, die man oft zum polymerisieren
nimmt, man braucht kein CO2, kann man in den so entstehenden
flachen Blöckchen sehen was man schneidet.



Dann Blöckchen unter dem Binokular trimmen,
das MBS 10 eignet sich super.



@Jürgen zum ? Ösophagus
Lieber Jürgen,
ich habe die fragliche Region noch einmal fotigraphiert,
und zwar mit den Objektiven 2,5x, 10x, 25x, 40x und 63x
Die in Abb. 2  mit 1 bezeichnete Region würde ich dem Ösophagus
zuordnen, weist Du was mit 2 bezeichnet ist? Lufträume?

Abb.1

Abb.2

Abb.3

Abb.4

Abb.5


Ich wünsch Euch allen ein Frohes Neues, wie man hier sagt.

Viele Grüße, Ralf

Michael L.

Hallo Ralf,

Frohes Neues, danke für die super Dokumentation!

Viele Grüße,

Michael

Ronald Schulte

Ralf,

Ich hatte nicht gedacht das LR White so schön aushärtet in Silikonen unter Sauerstoff Ausschluss. Ich habe es wohl Probiert aber bei mir ist es nicht (gut) gelungen. Das große Vorteil von diese Einbette Methode ist das man hier das Gewebe gut Positionieren kann. Das geht bei Gelatin Kapsle, so wie ich es immer gemacht habe, bei lange nicht so einfach.
Prima, Gratuliere. Ich werde diese Methode weiter leiten nach Rotterdam wo einige Histologie Freunden sich beschäftigen mit diese Sache. Das kennen die sicher noch nicht.

Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Ralf Feller

Lieber Ronald,

es währe doch schön wenn die holländischen Kollegen hier mitmachen würden!
Die Technik lebt doch davon, das man Wissen weitergibt und diskutiert,
auch macht es alleine nicht so viel Spaß.
Auch wenn man nicht gut deutsch und englisch spricht,
es gibt doch den GOOGLE Übersetzer, damit spreche selbst ich chinesisch.

LG Ralf

bernd552

Zitat von: Ronald Schulte in Januar 02, 2020, 11:06:10 VORMITTAG
Ich hatte nicht gedacht das LR White so schön aushärtet in Silikonen unter Sauerstoff Ausschluss.
Gruße Ronald
Hallo Roland,

ein kleiner Hinweis am Rande als Nichthistologe:
Eigentlich nimmt 1 und 2K Silikon Sauerstoff auf und läßt es auch penetrieren, so dass die Polymerisation von PMMA  trotz Schutzgas an der Grenzfläche zum Silikon inhibiert wird, d.h. eine dünne Schicht bleibt in einer Dicke von ca. 5-15 µ flüssig bzw. feucht.
Zum Mikrotomschneiden muß dies aber nicht unbedingt stören, man kann die nasse Fläche mit einem Alkohol-Tupfer abreiben.

Evtl. sind die verwendeten Formen aus einem anderen Material, z.B. Polyurethan?

LG
Bernd

Ronald Schulte

Ralf,

Das werde ich sicher machen und ja, Diskussion muss sein wenn man lernen und verbessern möchte. Ende Januar kommen die nach Franeker, dann sprechen wir sicher drüber.
Problem hier wird wahrscheinlich die Deutsche Sprache sein aber Englisch können die selbstverständlich.
Und ich selber bin noch nicht ,weg', ich bleibe Histologische Schnitte und Färbungen machen sei es dann nicht mehr in die Ultra Technik, es bleibt bei Technovit am Historange und ich habe noch Hunderte von Paraffin Blöcke. Ich habe noch viele Färbungen und Histochemische Nachweisungen im Kopf. Auch in Technovit bin ich noch lange nicht fertig und habe noch viele Herausforderungen im Kopf. Du bist mir noch nicht so einfach los!

Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Ronald Schulte

Bernd,

Ja die feuchte Schicht kenne ich und dies lasst sich leicht entfernen so wie du beschreibst.
Ob aber hier das auch so war weiß ich nicht. Die Nummern in den Mold ist ja ganz Toll und wenn ein feuchte Schicht bleibt dann wischt man die Nummern vielleicht schnell weg und dann kommt die Frage: was war auch wieder im Block! Alles wird ja Braun.
Ralf aber wird das noch wohl erzählen denke ich.

Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jürgen H.

Lieber Ralf,

vielen Dank für die weiteren schönen Photos. Leider bin ich ratlos, was die von Dir mit ,,2" bezeichneten Räume angeht. Ich hatte zunächst an tracheale Luftsäcke gedacht, wie sie viele Insektenauch im Kopfbereich umfangreich aufweisen. Ich lese jedoch in der Literatur, dass Carausius m. solche Luftsäcke nicht besitzen soll. Wozu sollten sie auch gut sein, bei diesem ausgesprochen phlegmatischen Tierchen.

Am von Dir vermuteten Flimmerepithel habe ich doch Zweifel. Der gesamte Vorderdarm stammt aus dem Ektoderm und müsste daher insgesamt mit einer chitinösen Intima ausgekleidet sein. Völlig ausschließen will ich aber Deine Vermutung jedoch nicht. In jedem Fall würde ein Ösophagus nur eine gering entwickelte Muskulatur aufweisen.

Vielen Dank für Deine präsise Darstellung Deiner Verfahrensweise. Dazu etwas in pM.

Schöne Grüße

Jürgen