out of Africa Teil 9-afrikanische Schlafkrankheit

Begonnen von ammererlutz, März 06, 2020, 14:24:31 NACHMITTAGS

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ammererlutz

die afrikanische Trypanosomiasis ist eine schwerste, noch immer häufig tödlich verlaufende Protozoenerkrankung.

Die Überträger sind Glossinen: afrikanische Stechfliegen( "Bremsen"), sog. "Tse-Tse-Fliegen".
Glossinen ernähren sich vom Blut von Gazellen und Büffeln und folgen dunklen, sich bewegenden Objekten ( z.B einer Büffelherde, aber auch Reifen und Reservereifen von Touristen-Autos in Safari-Parks).
In den Endemiegebieten werden imprägnierte blau und schwarz gefärbte Tse-Tse-Fliegenfallen aufgestellt zur Tötung der Glossinen .
Das Tragen von dunklem Gewand ( v.a.blau) ist in diesen Gegenden nicht empfehlenswert.

Der Erreger ist ein einzelliges Geißeltierchen

Man unrterscheidet zwei Erreger mit verschiedenen Krankheitsverläufen:

Trypanosoma brucei rhodesiense mit einem akuten, über wenige Wochen dauernden meist schweren Verlauf und Trypanosoma brucei gambiense mit einem über mehrere Monate dauernden protrahierten Verlauf. Mikroskopisch sind die beiden Erreger nicht unterscheidbar.

An der Stichstelle der Glossinen entsteht nach wenigen Tagen eine duinkel bis schwarz verfärbte Nekrose, das "trypanosomal chancre", (nach der z.B. fiebernde Tropen-Rückkehrer gefragt werden sollten.)

Nach 2-3 Wochen verursachen die Erreger unspezifische Allgemeinsymoptome, aber auch charakteristische Lymphknotenvergrößerungen, typischerweise am Hals/ Nacken. Diese Lymphknotenschwellung bezeichnet man als Winterbottom-Zeichen.

Mr. Winterbottom war nicht nur trinkfester Gast bei Miss Sophie im berühmten "Dinner for One" :-)
sondern auch ein Arzt im Sklavenhandel.
Er untersuchte die bedauernswerten eingefangenen Einheimischen vor der Verschiffung nach Amerika. Bei der markanten Schwellung am Nacken wurde die betroffene Person ausgemustert, da sie die Überfahrt ohnehin nicht überlebt hätte. 

Die Trypanosomen sind nun im Blut nachweisbar ( Giemsa Färbung, dicker Tropfen und Ausstrich)

Es kommen nun grippale Symptome mit Fieber hinzu, als Komplikationen Herzmuskelentzündungen, Milzvergrößerung und Ausschläge. Bereits hier besteht erhöhte Mortalität.
Die Therapie erfolgt in diesem hämolymphatischen Stadium mit dem alten , heute kostenlos von Beyer zur Verfügung gestellten Suramin ( nierenschädigend).

Im nächsten Stadium überwinden die Erreger die Blut-Hirnschranke, das meningoencephalitische Stadium setzt ein, der Tag-Wachrhythmus setzt aus bzw. kehrt sich um ( daher der Name Schlafkrankheit) , Halluzinationen können eine Psychose vortäuschen. Die Prognose ist meist infaust, die Erkrankten sterben m Koma.

Die letzte Therapie-Option ist Melarsoprol, das schwerste, häufig tödliche zentrale Nebenwirkungen hat. Auf Grund der ansonsten infausten Prognose wird es trotzdem eingesetzt, die Nebenwirkungen des Melarsoprol gleichen den Symptomen der Krankheit, ca 10 % der Behandelten verstirbt an den Nebenwirkungen.

Wird die Krankheit überlebt, hinterläßt sie keine Immunität, es steht kein Impfstoff zur Verfügung.

Bild 1 und 2 Erkrankte im häuslichen Umfeld und im Krankenhaus,
Bild 3 und 4 Tse-Tsefliegenfallen ( mit einer lebenden Tse-Tse-Fliege in Bild 4)
Bild 5 Glossinen-"Sammlung"
Bild 6 Trypanosoma brucei sp. ( Mikroskop: Olympus BX 43, Handyfoto durchs Okular ), Giemsa, 1000x
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Ralf Feller

Lieber Lutz,

vielen dank für diesen schönen Bericht!
Du schreibst eine tolle Zusammenfassung über die Schlafkrankheit,
die ich gerne gelesen habe.

Gruß aus Mülheim, Ralf

JB

Hallo,

Man koennte noch ergaenzen, dass die Ausrottung von T. b. gambiense derzeit wieder in Reichweite scheint, zum 2. Mal seit den 60ern. Zur Zeit sind es weniger als 1000 Faelle pro Jahr unter ca. 2 Mio. getesteten Patienten: