Pollen der Osterglocke in Fluoreszenz

Begonnen von d65, März 25, 2020, 10:34:27 VORMITTAG

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d65

Liebe Foristen,

wir haben im Institut ein neues Konfokalmikroskop mit einiger Zusatzausstattung bekommen. Beim ersten Vertrautmachen mit den zahlreichen Möglichkeiten kommt es erst mal nicht so drauf an welches Präparat angeschaut wird. Es sollte etwas einfach herzustellendes, fluoreszentes und potentiell schönes Präparat sein. Daher habe ich eine Osterglockenblüte geräubert und ein Pollenpräparat gemacht, um diese dann in Fluoreszenz aufzunehmen: Einen kleinen Tropfen Immersionsöl auf den Objektträger, die Anthere darin hin und her bewegt und wieder entfernt, Deckglas drauf, Nagellack drum herum, fertig. Da ich das Ergebnis recht hübsch finde möchte ich es hier zeigen. Falls sich jemand mit Pollenkörnern auskennt und erkennt, was man da im Detail sieht würde ich mich über Mitteilung freuen.

Angeregt wurde bei allen Bildern mit 405 nm, verwendet wurde ein 63x1,4 Objektiv, aufgenommen wurde jeweils ein 3D-Stapel. Die Länge des Pollenkorns liegt bei gut 50 µm.

Das erste Bild zeigt einen optischen Schnitt ungefähr in der Mitte des Korns. Bei 405 nm Anregung wurde in drei Farben parallel aufgenommen, blau, grün und rot. Diese sind im dritten Bild übereinander gelegt. Es zeigt sich, dass blauer und grüner Kanal sehr ähnlich sind, der rote sich aber deutlich unterscheidet.




Das nächste Bild ist aus dem gleichen Stapel weiter oben, hier sind Teile der Oberfläche des Korns zu sehen. Hier finden sich keine nennenswerten Unterschiede in den drei Farbbereichen




Auch ein 3D-rendering des Bildstapels sieht recht nett aus. Ansicht von oben (Objektivseite):




Wenn man sich das Objekt dagegen im Rendering von unten anschaut sieht man, dass offensichtlich die Unterseite nicht mehr so gut aufgenommen wurde. Die Lichtverluste im Objekt führen dazu, dass die Unterseite fehlt. Daher kann man hier in das Korn hinein schauen.




Und jetzt wird es speziell: Das Mikroskop erlaubt es auch, die Fluoreszenz-Lebenszeit zu bestimmen (FLIM, Fluorescence Lifetime Imaging Microscopy). Der Laser ist gepulst und sendet (in diesem Fall) alle 25 Nanosekunden einen Lichtblitz aus. Danach wird gemessen, wie lange es dauert, bis die Fluoreszenz-Photonen am Detektor auftreffen (korrigiert für die Laufzeit im Gerät). Im folgenden Bild sind alle drei Fluoreszenzkanäle zusammengefasst worden, also von ca 420 bis gut 600 nm. Die Farbinformation gibt also nicht die Wellenlänge der Photonen wieder. Stattdessen kodiert sie die mittlere Lebenszeit der Photonen, die in einem Pixel aufgetroffen sind. Das blaue Ende der Regenbogenfarben steht für 0 ns, das rote für 3 ns. Leider wirkt das Rot in diesen Bildern sehr flau, da muss ich noch probieren wie ich das besser hinbekomme. Zunächst wieder eine mittlere Ebene.



Und zum Abschluss noch eine Ebene näher an der Oberfläche.


Herzliche Grüße
Steffen

Klaus Herrmann

Hallo Steffen,

das Konfokalmikroskop ist ja sicher eines, das mehr als ein Mittelklassewagen kostet. Deshalb bin ich etwas erstaunt über die Qualität der Bilder, die sind doch relativ flau und die Schärfe ist auch nicht gerade berauschend. Wenn ich mich erinnere and die Bilder die man in Nikon smal world immer wieder sieht sind das Welten. Und ich finde es immer ungerecht, dass es keine unterschiedlichen "Kampfklassen" gibt Lichtmikroskopie, Laserscanner und REM.

Liegt es daran, dass die Lernkurve im Umgang mit dem Mikroskop noch recht flach ist?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

mapimis

Hallo Steffen

Es hat eine Weile gedauert, bis ich Ihren Beitrag übersetzt habe.
Viel gute Arbeit und viele neue Informationen. Sie können Sie um die Ausrüstung beneiden, an der Sie arbeiten.
Bilder schön, aber wenn sie schärfer wären, wäre es großartig. Vielleicht ist dies ein Merkmal Ihres Mikroskops. Ich habe noch nie ein solches Gerät gesehen.

Grüße
Maciej


d65

Hallo Klaus,

auch mit einem Oberklassewagen kommst Du in diesem speziellen Fall lange nicht hin. Aber auch das beste Mikroskop hat ja nur eine begrenzte Auflösung. Und die wird nicht besser, wenn man durch Objekte hindurchschauen muss, also Streuung hinzukommt. An dünnen Präparaten wie Schnitten oder Einzelzellen lassen sich daher sehr viel schärfer Bilder machen, als in Geweben oder wie hier in einem Pollenkorn.

Die begrenzte Auflösung kann man verstecken, wenn das Objekt groß genug ist, sagen wir einen halben Millimeter lang. Dann wirken Bilder mit genauso vielen Pixeln sehr viel schärfer, weil die Physik mehr her gibt. Die Original-Pixelgröße (wie in den letzten beiden Bildern) liegt bei etwa 55 nm. Da sind wir deutlich unter Nyquist, da wird es ohne Nachbearbeitung notwendigerweise auch unscharf. (Bei den ersten beiden habe ich die Bilder um die Hälfte verkleinert, um sie nicht zu groß werden zu lassen. )

Wenn ich die Bilder bei einem Wettbewerb einreichen wollte würde ich die Daten dekonvolvieren, dass hilft bei der Schärfe ganz ungemein. Auch sonstige Verbesserungen sind hier nicht vorgenommen. Bei prämierten Bildern sieht man halt nur das beste Prozent, wenn überhaupt, nachdem dieses im Postprocessing optimiert wurde. Hier ist eher mal der normale Alltag gezeigt. Du würdest ja auch keine normalen Bilder einreichen. An meiner Lernkurve liegt das eher nicht, ich hab >20 Jahre Erfahrung mit ähnlichen Geräten. 

Liebe Grüße
Steffen

Bob

Hallo Steffen,
tolle Bilder, danke fürs Zeigen, teste gerne noch ein Bisschen weiter und zeige uns die Ergebnisse!

Viele Grüße,

Bob

peter-h

Hallo Steffen,

nach dieser Anregung mit einer Mikroskop-Maschine wollte ich unbedingt sehen was mein kleines Spielzeugmikroskop erkennen kann. Ich hoffe ich darf es hier einstellen.
Das Gerät ist ein Olympus BH2 mit UV-Auflichtteil. Anregung @365nm mit Zusatzfilter zur Unterdrückung aller Anteile >400nm. Farbteiler 395nm, LP 420nm. Objektiv ULWD Neo SPlan 80/0,75, Projektiv NFK 1,67x mit Kamera Sony NEX 3N. Je 30 Bilder gestackt. Es ist eine harte Nuß ! Pollen lagen auf einer schwarzen Glasplatte ohne Abdeckung.

Viele Grüße
Peter

d65

Hallo Peter,

beim Vergleich unserer Bilder sieht man mal wieder, dass die ästhetische Qualität einer mikroskopischen Aufnahme keinesfalls linear mit dem Preis des Geräts zusammenhängt. Mir gefällt Deins sehr gut. Danke für's zeigen. Zum Glück gibt es nicht so viele Mikroskopiker, sonst gäbe es am Ende ein 'unerklärliches' Osterglockenverschwinden  ;D

Bob, im Moment bin ich im home office, aber ich hoffe bald wieder zum spielen zu kommen.

Liebe Grüße
Steffen

d65

Hallo Klaus und Maciej,

um den Zusammenhang von Schärfe, Auflösung und Objektgröße noch mal zu verdeutlichen hier ein Beispiel:



Das ist ein Pollenkorn vom Hibiscus. Konfokal aufgenommen mit einem 40x1.3. Und das sieht ja ziemlich scharf aus, selbst was die kleinen Strukturen auf der Oberfläche angeht, einverstanden?

Wenn man sich das Bild aber bei voller Auflösung anschaut sieht man, dass dann das gleiche Problem auftritt wie oben bei den Osterglockenpollen (außerdem werden auch noch Renderingartefakte sichtbar, aber das ist ein anderes Thema). Dazu bitte auf diese Seite gehen und dann auf das Bild klicken um es in voller Größe zu sehen: https://www.bioimaging.bmc.med.uni-muenchen.de/instrumentation/live-cell-room/malpighi/malpighi-gallery/2016-07-28-hibiscus-pollen3_001.jpg.

Der Unterschied zum Osterglockenpollen ist einfach, dass der Hibiscuspollen über drei mal so groß ist, ca 170 Mikrometer. Bei Abbildung mit ähnlich vielen Pixeln ist daher beim Hibiscus deutlich Luft bis zum Auflösungslimit und das Bild wirkt schärfer.

Liebe Grüße
Steffen

Rawfoto

Guten Morgen

Ich hatte selbst noch nie die Möglichkeit bei Arbeiten am Konfokalem Mikroskop dabei zu sein, daher besonderen Dank das ihr uns da Beispiele zeigt. Für mich sehr spannend ...

Liebe Grüße

Gerhard

Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...