Hoyers Gemisch Erfahrung mit der Herstellung gesucht

Begonnen von Klaus Herrmann, Mai 05, 2020, 13:07:05 NACHMITTAGS

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Klaus Herrmann

Hallo zusammen, natürlich kann man es auch kaufen, aber das ist für den Chemikus unter aller Würde.  Ich habe mal die Rezeptur aus dem Kremer großem Kosmosbuch der Mikroskopie genommen. Aber schon bei der Lösung des gepulverten Gummi Arabicums habe ich meine Bedenken. 30 g in 50 ml Wasser lösen erinnert mich ans Kochen: Mehl klümpchenfrei lösen in der Soße :o

Hat da jemand eigene Erfahrungen/Tipps?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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jochen53

Hallo Klaus,

die Rezeptur wurde offensichtlich aus dem Romeis (16. Aufl. 1968) übernommen, dort steht sie unter Ziffer 816 dem Namen "berlese - Gemisch" drin:

"Zu seiner Bereitung werden 30 g Gummi arabicum mit 50 ml dest. Wasser versetzt. Nach Lösung werden 30 ml Glyzerin und 20 g krist. Chloralhydrat zugefügt. Filtrieren durch lockere Watteschicht."

Unter Ziffer 817 findet sich ein ähnliches "Einschlußmittel von Farrant":

Zur Herstellung werden 30 g feinster Gummi arabicum kalt in 30 ml dest. Wasser gelöst. Dazu kommen 30 ml Glyzerin, in dem 0,1 g arsenige Säure (= As2O3) gelöst sind, Schließlich Zusatz von etwas Kupfer (Metall??, Kupfersalz??).

Ich hab mal Glyzeringelatine nach Kisser hergestellt, die Gelatine ist über Nacht nur stark aufgequollen, erst nach Zugabe des Glyzerins und der Phenollösung beim Erwärmen auf 70° C unter Rühren wurde das Gemisch langsam klar. Für einen Magnetrührer ist das zu hochviskos, also Glasstab, aber zum Temperieren mit Kontaktthermometer im Wasserbad ist der Magnetrührer gut geeignet.

Viele Grüße, Jochen.


Hugo Halfmann

Hallo zusammen,

aus meiner Erfahrung kann ich folgendes beisteuern:

Gummi arabicum pulverisiert taugt nichts, selbst in der Qualität reinst nicht. Mach ich nie wieder, enthält Dreck ohne Ende. Besser: Bei Kremer Pigmente Brocken bestellen, diese von Hand "putzen" und dann auflösen.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Klaus Herrmann

Vielen Dank Jochen,

also bis jetzt bin ich bei einer hellbeigen trüben hochviskosen Pampe nach 3h rühren am Magnetrührer. Ich habe einen großen Rührfisch genommen der arbeitet sich schon durch. Nun habe ich das Glycerin zugegeben und lass mal weiter rühren. Ich denke, dass da nicht umsonst steht man solle durch Glaswolle filtrieren auch sehr grobe Faltenfilter machen sicher zu.

Das kalt lösen ist sicher der Hausfrauentrick mit dem kalten anrühren des Mehls weil es sonst Klümpchen gibt. Aber ich werde es mal mit gelindem Erwärmen versuchen, wenn sich die feine Suspension nach weiteren 3 h nicht gelöst hat.

Die Arsen/Kupferzugabe soll sicher verpilzen verhindern. Thymol sollte eigentlich auch funktionieren.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

Hallo Hugo,

habe gerade nachgeschaut er hat Gries der deutlich teurer ist und Stücke, die aber wohl ziemliche Beimengungen haben sollen (Rinden, Fasern) was hast du genommen?

War deine Lösung klar und wie hast du filtriert?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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liftboy

#5
Hallo Klaus,

nachdem ich übelste Erfahrungen mit dem festen Gummi gemacht habe, verwende ich das flüssige Gummi-Arabicum für den Bürobedarf, FA. Gutenberg (muss man dann nur die entsprechende Wasssermenge weglassen)

vorab das Rezept für Hoyer:
30gr.Gumm.Ar. + 50ml Aquadest (oder 80gr. Fertiglösung!) + 20gr Glyzerin + 20gr Chloralhydrat. 1h bei  milder Wärme mischen.
Zur Haltbarkeit mische ich nichts bei, weil ich festgestellt habe, dass das Chloralhydrat bissig genug ist.

hier noch das ältere Rezept für die Mischung nach Faure (Quelle: Stehli, Mikroskopie für Jedermann, 1955)
100ml Aquadest + 100gr Chloralhydrat + 40gr Glyzerin + 60gr. Gumm.arab. in Sücken

Es wird darauf hingewiesen, dass die Präparate einen Lackring benötigen, und dass bei der Herstellung sehr viel Material bei der Filterung verloren geht. Das habe ich schmerzlich selber erleben müssen und Günther Dorn. war das Opfer ;-)

Grüße
Wolfgang

noch einen hinterher: das REzept für Berlese-Mischung
30gr Gumm.arab. + 50ml Aquadest + 20gr Glyzerin + 20gr Chloralhydrat + etwas Thymol
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Hugo Halfmann

Hallo Klaus,
nimm die Stücke und mach selbst sauber! Der Tipp mit dem Gutenbergkleber ist auch nicht schlecht, aber da hatte ich auch schon ein Fläschchen, dessen Inhalt schimmelte...

Kannst Du bitte den Glaswolle-Filter erläutern, du meinst ja wohl nicht das Zeug zur Dachdämmung, oder?
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

jochen53

Hallo Hugo,

es gibt reine Glaswolle für Laborzwecke und auf Weihnachtsmärkten das sog. Engelhaar. Aber die Mineral- oder Glaswolle als Dämmaterial kann man sicher auch nehmen. Ich würde sie vorher mit etwas verdünnter Salzsäure und dann mit dest. Wasser waschen. Am besten filtriert man so eine dicke Pampe in einem Druckfilter, aber wer hat schon sowas. Mit Vakuum ginge auch, aber wer hat schon Vakuum. Spritzenfilter wären noch eine Möglichkeit, aber die haben meistens unter 1 µm, da geht garantiert nix durch. Aber vielleicht könnte man eine Plastikspritze unten mit Glaswolle ausstopfen und dann das Gemisch rein und die Spritze in ein Stativ einspannen und oben einen dicken Pflasterstein auf den Stempel drauflegen.

Viele Grüße, Jochen.

Gerd Schmahl

Hallo Klaus,
schau mal in das Bärtierchenjournal Nr 23/Mai 2002. Da wird die Herstellung detailliert geschildert und auch auf Fallstricke (pulverisiertes Gummi arabicum aus der Apotheke) hingewiesen.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

güntherdorn

#9
hallo klaus,

ich hab dir ne mail geschrieben über den ablauf der tests mit ´liftboy´.
ich kam einst nicht weiter, da ich chloralhydrat (zum mischen mit gutenberg-
gummi) von der apotheke nicht bekam.... siehe weiter unten, im neuen beitrag.
die reinheit vom gummi arab. steht unten auf der 300gr.-flasche, die mir auch vom hersteller bestätigt wurde.
daniel steiner (schweizer) hatte einst chloralhydrat in der schweiz gekauft und das gemisch selbst hergestellt.
nur fragte ich einst nicht, welches gummi arab. er verwendete (flüss. oder fest).

güntherdorn
- gerne per du -
günther dorn
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=444.0
www.mikroskopie-gruppe-bodensee.de
gildus-d@gmx.de

liftboy

noch einen hinterher:
"Glaswolle aus dem Baumarkt" gibt es nicht mehr! angeblich lungengängig, deswegen jetzt nur noch die gute "Steinwolle".
Sollte man vorher gut reinigen wegen allen möglichen Schmutzpartikeln aus der Produktion. Es gibt fertige Glaswollefilter für die Filternutschen, sind aber teuer.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

ich wollte es einfach nicht glauben dass ein schneeweißes Pulver wo auch noch "rein" drauf steht so ein Mist sein kann. Ich hab die Pampe jetzt entsorgt und mach das, was Leute mit Erfahrung sagen: kein "reines" Pulver, sondern Stücke werde ich mir besorgen und hoffe, dass es dann klappt. Die Beschreibung im Bärtierchenjournal ist überzeugend.  Und die Vorschrift im Bruno P. Kremer und dem alten Romeis kann man offensichtlich nicht trauen. Im Romeis 16. Auflage ist das Hoyers Gemisch nicht mehr erwähnt. Wer hat denn die Neuauflage des Kremer? und kann mal überprüfen ob der Mist immer noch drin steht?

Wie so oft in der Wissenschaft: einer schreibt vom anderen ab und keiner überprüft es!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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jochen53

Hallo,

in der Auflage von 2002 steht es noch drin, auch die Fauresche Lösung.

Viele Grüße, Jochen.

Klaus Herrmann

Zitatin der Auflage von 2002 steht es noch drin, auch die Fauresche Lösung.

Hallo Jochen das ist ja die erste Auflage vom Kremer. Es gibt ja jetzt eine neue, die erst kürzlich hier besprochen wurde, darauf bezieht sich meine Frage.
Um eine mögliche Korrektur in der 3. Auflage brauche ich mir wohl keine Gedanken mehr zu machen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Werner

Nur mal so am Rande:
Wenn man es nicht kaufen kann:
Chloralhydrat war doch eines der ersten technischen Chemikalien (Liebig). Ich glaube mich zu erinneren, aus Chlorkalk und saurem Äthanol hergestellt. Vorschrift in alten Büchern (Römpp-Buch: Chemie des Alltags, Gattermann?).
Habe es selbst nie hergestellt, weil es früher in Mengen billig zu erhalten war.
Ein schöner Versuch: Chloralhydrat in Glycerin auflösen, bis es denselben Brechungsindex wie der Rühr-Glasstab hatte. Zog man den heraus, schien das Glas flüssig zu sein und tropfte in die Lösung zurück.

Reines Chloralhydrat müßte durch Einleiten von Chlor (aus NaCl-Elektrolyse) in schwefelsauren Alkohol darstellbar sein.
Macht das jemand?

Gruß - Werner