Ciliaten: Flaschentierchen Trachelius ovum

Begonnen von M.Butkay, Mai 20, 2020, 22:31:37 NACHMITTAGS

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M.Butkay

Trachelius ovum (EHRENBERG, 1831) EHRENBERG, 1838



Liebe Tümpler,

ich möchte hier einen nicht ganz so ,,majestätischen" Ciliaten wie Bursaria truncatella, sondern das Flaschentierchen Trachelius ovum vorstellen, der hin und wieder mit Paradileptus elephantinus verwechselt wird. Beide Arten gehören zu der Ordnung Gymostomatida.

Betrachtet man sich Trachelius ovum in einer Blockschale unter dem Steromikroskop, fällt er durch seine Größe und leicht rotierende weißliche Körperform, mit kurzem Rüssel, auf. Die Schwimmbewegung ist gemächlich und nicht von hetze geprägt. Pepitiert man ihn auf einem Objektträger und legt direkt ein Deckglas auf, sieht man unter dem Mikroskop, dass er seinen kurzen Rüssel eingezogen und meist etwas gequetscht aussieht, oval (Bild 1).



Bild 1. Ohne Vaselinefüßchen, wird der Rüssel meist eingezogen oder in manchen Fällen auch amputiert.


Das ist der meiste Fehler der Hobbyplanktologen. Besser ist hier, dass Deckglas mit Vaseline-Füßchen zu versehen. So verhindern wir, dass er seinen kurzen Rüssel einzieht und wir können ihn noch so eine Weile unter dem Mikroskop gut studieren Bild 2.



Bild 2. Mit Vaselinefüßchen bleibt der kurze Rüssel meist erhalten. In der unteren Hälfte erkennt man auch die Grube, die oft mit dem Mund verwechselt wird.


In der lateralen Ansicht beobachtet, ähnelt sein Rüssel einem Dreieck Bild 4a, 7, an dessen Basis eine Runde Mundöffnung (Mt) liegt, Abb.5. Im Rüssel entlang des Mundwulstes kurze, stäbchenförmige Extrusome (E) Bild 7. Als nächstes studieren wir seinen Körperbau, der hier durch sein stark vakuolisiertes Plasma (Va) auffällt, (Bild 1, 7). Setzt man den Fokus etwas höher, erkennt man, dass seine ganze Zelle mit vielen kleinen kontraktile Vakuolen (cV) auf (Bild 2, 3), überseht ist. Bei genauem Hinsehen können auch sehr gut die Exkretionsporen (Ep) beobachtet werden (Bild 6). Der Makronucleus fällt durch seine Größe und seiner Hantelform auf Bild 2, 3, auf. Die Mikronuclei (Mi), laut Literatur sind mehrere Vorhanden, konnten selbst in der Fluoreszenz nur schwer erkannt werden, Bild 8. In Ventro-Lateral sehen wir eine kleine Grube (Gr) (Bild 1, 2, 4b-c, 6), die man im ersten Moment für seinen Mund (Mt) halten könnte (Bild 3). Diese Grube dient als Saugnapf, was auch Sinn macht, denn diese außergewöhnliche Anpassung an seine Lieblingsbeute, nämlich peritriche Ciliaten wie Vorticella oder Carchesium zu pflücken. "Mit der schlitzförmigen Grube klammert er sich an den Stiel der Pertrichen und "klettert" diesen hinauf. Dort beginnt er sich um den Stiel zu drehen und trennt durch diese Drehbewegung den Peritrichen vom Stiel ab. Zu vergleichen mit sammeln im Wald von Pilzen. Die sollen ja auch rausgedreht werden. In Ermangelung von Zähnen zum abbeißen eine sehr clevere Anpassung zum Ablösen der Beute"!  Beim weiteren Fokussieren fallen im Plasma kleine braune Körnchen, lipsoide Granula (lG) auf, die auf Stoffwechselprodukte hinweisen Bild 4a-c. Setzen wir zu Letzt den Fokus nochmals auf die Zelloberfläche, wo der Mundtrichter (Mt) sizt, Ausschnitt Bild 5, erkennen wir die unterschiedlichen Bewimperungen des Zellmundes. Wir haben eine periorale Wimpernreihe (pe) und eine circumorale Wimpernreihe (ci) die sich dicht neben dem Rüssel entlangzieht. Der Mund ist von vielen, sehr zarten Stäben umgeben, die einen keulenförmigen, dickwandigen Trichter bilden Bild 5.



Abb. 3 Zeigt seine typischen Merkmale; Ma = Makronucleus, cV = kontraktile Vakuole, Mt = Mundtrichter, E = Extrusome (Toxicysten), Va = Vakuolen




Abb. 4 Bei manchen T. ovum fallen im Plasma kleine braune Körnchen, lipsoide Granula (lG) auf, die auf Stoffwechselprodukte hinweisen.
Vergrößerter Ausschnitt von der Grube (Gr).




Abb. 5 Vergrößerter Ausschnitt vom Mund (Mt). Der Mund ist von sehr zarten Stäben umgeben, die einen keulenförmigen, dickwandigen Trichter bilden.
Die Pfeile zeigen die circumorale Wimpernreihe (Ci) und die periorale Wimpernreihe (pe).




Abb. 6 Hier sind sehr gut die Exkretionsporuse (Ep) einer kontraktilen Vakuole zu sehen.




Abb. 7 In der richtigen Fokusebene können die großen Vakuolen erkannt werden und verleihen so T. ovum seine schaumige Struktur.




Abb. 8 Mit Akridin-Orange-Zinkchlorid, lässt sich auf einfache und schnelle weise, der Makronucleus (Ma) und die Mikronulien (Mi) gut anfärben.
Wobei die Mi nur sehr schwer zu erkennen ist.


Trachelius ovum wird meist im gequetschten Zustand mit Paradileptus elephantinus verwechselt, wobei P. elephantinus einen wesentlich längeren Rüssel und einen rosenkranzförmigen Makronukleus besitzt. Seine vielen kleinen Kontraktilen Vakuolen sind über den ganzen Körper verteilt, säumen aber im gequetschten Zustand sehr auffällig das Ektoplasma Bild 10.



Abb.10 Links im Bild Paradileptus elephaninus in seiner natürlich Haltung. Die Reuse, Mundtrichter (Mt) liegt am Ende des Rüssels (Mt). Rechts im Bild mit amputierten Rüssel, hervorgerufen durch "Deckglasdruck"! In der unteren Hälfte ist der rosenkranzförmige Makronucleus gut zu erkennen. Kontraktile Vakuolen (cV) säumen im Gegensatz zu T. ovum, dass Ektoplasma.

Ich hoffe, dass ich hier einen kleinen Einblick in diesem sehr interessanten Ciliaten geben konnte. Viel Spaß beim Lesen!

Mit besten Grüßen,
Michael

Mein Dank gilt Martin Kreutz für den Hinweis, über die Funktion der Grube (oben im Beitrag ergänzt), die ich bisher falsch eingeschätzt hatte und annahm, dass die Funktion "Saugnapf",  dass Abdriften in Fließgewässern verhindert. Aber wie so alles in der Natur, ist auch diese Vermutung nicht von der Hand zu weisen. Doppelfunktionen hat es schon immer gegeben!

Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

plaenerdd

Hallo Michael,
danke für dieses sehr schöne Ciliaten-Portait und die Gegenüberstellung!
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bernd

Hallo Michael,

eine sehr schöne Dokumentation mit vielen Details wie Mundtrichter, Grube und Vakuolen. Der Mikronukleus trägt hier seinen Namen zu Recht!

Viele Grüße
Bernd

Martin Kreutz

Hallo Michael,

ein weiterer sehr schöner Betrag von Dir mit ausgezeichneten Aufnahmen. Hier nur eine Ergänzung zu der seltsamen Grube, die Trachelius auf der ventralen  Seite hat. Dies ist eine außergewöhnliche Anpassung an seine Lieblingsbeute, nämlich peritriche Ciliaten wie Vorticella oder Carchesium. Mit der schlitzförmigen Grube klammert er sich an den Stiel der Pertrichen und "klettert" diesen hinauf. Dort beginnt er sich um den Stiel zu drehen und trennt durch diese Drehbewegung den Peritrichen vom Stiel ab. Ist so ähnlich wie Pilze sammeln im Wald. Die soll man ja auch rausdrehen. In Ermangelung von Zähnen zum abbeißen eine sehr clevere Anpassung zum ablösen der Beute!

Martin

M.Butkay

Hallo ihr drei vom Okular,

vielen Dank für euer Feedback, dass man in der heutigen Zeit gut gebrauchen kann. Und Martin herzlichen Dank für die Klarstellung der "Grube"! Habe ich nicht gewusst, oder irgendwie überlesen. Ist auf jeden Fall im Original Beitag eingearbeitet, Danke nochmals!

Herzliche Grüße,
Michael

Captain Kirk (Wächter des Plankton...)