Fadenstrudelwurm - Cantenula lemnae Plus Hingucker

Begonnen von M.Butkay, Mai 22, 2020, 15:53:16 NACHMITTAGS

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M.Butkay

Liebe Tümpler,

hin und wieder verirren sich Strudelwürmer in unseren Proben, die gern ignoriert werden, weil sie einfach für uns zu groß sind. Aus einer Rasen-Probe vom VfB-Stuttgart, hier sollte nach Schneeschimmelsporen gesucht werden, befanden sich Massenhaft dieser kleinen Fadenstrudelwürmer Catenula lemnae. Verursacht dadurch, dass der Briefumschlag 4 Tage gebraucht hat, es sind halt Corona Zeiten, aber gut genässt war, um hier ans Ziel anzukommen! Die Schneeschimmelsporen verschwunden, aber dafür eine ausgesprochene Ciliatenfauna und Massenhaft, Faden- und Strudelwürmer.



Abb. 1: Catenula lemnae- Fadenstrudelwurm mit Zooid (Tochtertier), der granulierte Darm ist leicht gelblich und gefüllt mit noch teils erkennbaren Algen etc.

Catenula lemnae – Fadenstrudelwurm, ist weißlich, fadenartig und zieht sich immer wieder zusammen, sodass der Rumpf etliche Bauchfalten aufweist und dadurch die Gesamtlänge meist nur geschätzt werden kann. Wahrscheinlich wird dieses sich ständige zusammenziehen durch Deckglasdruck hervorgerufen. Im freien Wassertropfen wird dieses ,,Zusammenziehen" kaum beobachtet. Der Kopflappen und Rumpf ist durch lange Zilien besetzt und durch eine Ringfurche abgegrenzt. Das Viecher´l hat keine Augen. Im Gehirn, auffallendes Merkmal, ist eine stark lichtbrechende Statocyste mit Kalkkörper als Statolith, Abb.2. Der Mund ist auf der Bauchseite, Pharynx (Saugmagen) ist kurz mit langen Zilien besetzt, Abb. 2. Die Vermehrung findet ungeschlechtlich durch Querteilung statt, Tochtertier (Zooide) regenerieren alle fehlenden Teile, Abb. 1 -3. Zwittrig.



Abb. 2.: Statolithen, sind mikroskopisch kleine Körnchen die aus festem Material, beispielsweise Kalk oder Stärke bestehen können, die in Einzellern ebenso wie in dem Lage- und Gleichgewichtsorgan vieler anderer Lebewesen gefunden werden.

Die Gesamtlänge dieser Art kann je nach Nahrungsangebot stark variieren. Einzeltiere sind selten zu finden, da die übliche Zahl immer aus zwei Zooide besteht. Einzelzooide messen 0,4 bis 05 mm. Zwei Zooide können 0,7 – 1,0 mm lang sein. Die Schnauze misst schon allein über o,1 mm Länge. Sein Vorkommen sind meist, Seen, Teiche, Moorgewässer, Regentümpel und wie in diesem Fall in den Rasenwurzeln. C. lemnae kann plötzlich in großen Mengen auftreten, aber auch wieder rasch verschwinden.



Abb. 3.: Catenula leptocephala, Ähnlichkeit wie ein kleines "Krokodil", fehlen nur noch die Füße...

Der V-Förmige Mund ist auf der Bauchseite und liegt direkt hinter der Flimmerkante vor dem Mund. Die Lippen sind gut bemuskelt und stark bewimpert, wobei die vordere Lippe etwas vom hinteren Kopf Rand verdeckt ist. Der Mund öffnet sich zu einem muskulösen, bewimperten, röhrenförmigen Pharynx. An seinem hinteren Ende öffnet sich der Pharynx durch einen Schließmuskel in das breite sackartige Enteron (Aussehen, Körperbau), das den Raum innerhalb der Körperwand fast vollständig ausfüllt. Die Kephale (Magen) Region fällt einen durch die gelblichen verschiedenen Nahrungsteilchen auf. Sie endet zum Ende hin leicht ,,eng" zulaufend.


Viel Spaß beim Lesen und Anregungen wie immer erwünscht!

Viel Spaß beim Betrachten,
Michael


Literaturhinweise:

Heinz Streble, Dieter Krauter, Annegret Bäuerle; Das Leben im Wassertropfen; pp. 248-249
John W. Nuttycombe (1956); The Catenula of the Eastern United States; pp. 423 – 428

Dank: Mein Dank gilt Michael Müller, der sich ,,den Würmer" verschrieben hat. Er hat mich auf die Literatur von Nuttycombe (1956) und damit auf die richtige Spur gebracht, sonst hätte ich mich schnell zu Cantenula leptosephala verleiten lassen.
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

Kurt

Hallo Michael,

ja, auf solche Bilder wie in diesem Beitrag und im Beitrag "Flaschentierchen" von dir habe ich gewartet - GROßE KLASSE!!! - danke das du sie uns hier zeigst!
Den Beitrag "Flaschentierchen" finde ich sehr interessant, denn diese Tierchen finde ich im Sommer auch regelmäßig.

Viele Grüße
Kurt

Martin Kreutz

Hallo Michael,

ausgezeichnete und sehr klare Aufnahmen von Catenula. Besonders die zweite Aufnahme finde ich sehr gelungen! Besonders interessant finde ich die Statocyste, welche dem Strudelwurm offensichtlich die Orientierung im Wasserkörper erleichtert. Du hast den "Kalkkörper" mit "Statolith" beschriftet. Das hört sich für mich als mineralischer Leihe wie ein eigenständiges, gut definiertes Mineral an. In Wikipedia konnte ich dazu nur lesen, dass dieses Statolith aus Kalziumkarbonat bestehen soll. Dann müsste es sich ja in sauerer Umgebung auflösen. Hast Du eine Aufnahme von dem Statolithen bei höherer Vergrößerung, ob man z.B. einen geschichteten Aufbau erkennen kann?

Martin

M.Butkay

Hallo Kurt,
Hallo Martin,

erst einmal vielen Dank für euer Feedback, dass wir Tümpler hin und wieder mal für die Seele brauchen, da wir ja leider nur ein kleines Völkchen in so einer großen Gruppe sind. Es macht schon sehr viel Arbeit Beiträge, die verständlich und nachvollziehbar sind, zu verfassen.

@ Martin: 
ZitatIn Wikipedia konnte ich dazu nur lesen, dass dieses Statolith aus Kalziumkarbonat bestehen soll.
Die Angaben hatte ich aus dem Nuttycombe (1956) und Wikipedia hatte ich zwar gelesen, aber mich lieber an die Publikation gehalten habe. Den Staolihten habe ich leider mit dem 100er nicht fotografiert, aber, ich habe noch die Rasenprobe und könnte diese "unter Wasser" setzten und versuchen Catenula lemnae zu reanimieren. Ich denke, Cysten sollten genug vorhanden sein. Es sind oft die kleinen Dinge, die man einfach übersieht, oder einfach nicht dran denkt!

Jetzt noch eine gute Nachricht zu guter letzt, Catenula lemnae hat das laufen gelernt, da immer wieder die Ähnlichkeit eines Krokodil´s in betracht gezogen wurde. So habe ich dem Fadenwurm ein paar Beinchen vom Brachionus sp. spendiert.



Tümpler brauchen hin und wieder mal einen "Hingucker"!

Liebe Grüße,
Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

M.Butkay

Liebe Tümpler,

ergänzend zu den anderen Bildern, habe ich im Archiv noch ein Bild von einem Einzeltier ohne Zooid gefunden, dass ich euch nicht vorenthalten will.



Catenula leptocephala, sein pelziges Aussehen, lässt seine Wendigkeit im Wasser erahnen!

LG, Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)