Moin!
Ich steige ja erst wieder ganz vorsichtig in die Feierabendmikroskpie ein. Aber auch auf die Gefahr hin, mich hier gleich zu Beginn lächerlich zu machen, traue ich mich mal, was von meinen Experimenten zu berichten.
Ausgangspunkt war: die Beschaffung verschiedener (Fluoreszenz-)Farbstoffe ist ja nicht immer so völlig unproblematisch. Also habe ich mich mal im Haushalt umgesehen, ob da nicht was ganz legal (?) und leicht erhältlich funzelt.
Das Opfer für die Tests war der Stiel eines Efeublattes. Efeu, weil sogar ich den erkenne. Fixiert und einige Wochen aufbewahrt in Brennspiritus/Essigessenz (25%) 75/25 (v/v). Na gut, es war vielleicht nicht so unheimlich schlau, in die Fixiermischung auch noch ein Stückchen Fichtenzweig mit reinzuwerfen, so daß sich nun alles Lösliche aller Pflanzenteile hübsch überall hin verteilt hat, aber um die Unterschiede zu sehen, da mag es trotzdem reichen.
Dem fixierten Blattstengel bin ich dann freihändig mit einer ausgelutschten Rasierklinge zu Leibe gerückt, von den etwa 20 Schnitten habe ich per Augenmaß die drei schönsten ausgesucht.
Ein Schnitt blieb zur Kontrolle ungefärbt, nur in Glycerin eingedeckt.
Der zweite wurde mit einem winzigen Klecks Färbelösung, verdünnt mit einem Tropfen Leitungswasser, gefärbt. Färbelösung war hier - strengst wissenschaftlich hergestellt - eine Lösung aus etwa einer 1/8 zerschabten Tablette Neo-Chinosol (Wirkstoff: Ethacridinlactat) in etwa 10 ml Leitungswasser. Neo-Chinosol (oder vielleicht wegen der Hilfsstoffe der Tablette besser für die Fluoreszenzmikroskopie Rivanol-Pulver) ist ein wohl noch immer frei verkäufliches Wunddesinfektionsmittel, ich habe eine uralte Packung dieser Tabletten in alten Vorräten gefunden. Den Schnitt in dem Tropfen auf dem OT gefärbt und dann immer wieder mit jeweils einem Tropfen Leitungswasser gewaschen, schlußendlich in Glycerin eingedeckt.
Den dritten Schnitt habe ich mit einem halben Tropfen eines alkoholischen Extrakts eines Vollwaschmittels behandelt. Auf diese Weise hoffte ich, an die fluoreszierenden optischen Aufheller zu gelangen, auch wenn ich noch sonstigen Kram mit extrahiert würde. Dazu habe ich - wieder streng wissenschaftlich - drei Teelöffel Vollwaschmittel (Tandil) mit 50 ml Brennspiritus vermischt, etwa eine Stunde lang hin und wieder geschüttelt, sedimentieren gelassen und von dem noch immer leicht trüben Überstand zum Färben einen kleinen Tropfen entnommen, diesen mit einem Tropfen Leitungswasser verdünnt und den Schnitt in dieser Lösung auf dem OT gefärbt. Einmal ausgewaschen und in Glycerin eingedeckt.
Beguckt habe ich die Präparate mit einem 10x/0,3 Objektiv, 100 W Halogen-Auflicht-Breitbandblauanregung (420 nm - 480 nm), geknipst mit einer vom Fernrohr abgeschraubten billigen Astrokamera (ZWO ASI 120 MC-S). Der Trinotubus war auf 70/30 geschaltet, die Belichtungszeiten sind in den Bildern unten angegeben. Der Eindruck im Okular war am ungefärbten Schnitt etwas dunkel, aber noch in Ordnung, der Vollwaschmittelschnitt angenehm und ohne Überstrahlungen, die Photonen des Chinosol-Schnitts bliesen mich fast vom Höckerchen.
Jeweils ein einzelnes Bild auf 50% verkleinert und ansonsten völlig unbearbeitet in Open Office zur Bildertafel montiert, beschriftet und dann noch einmal fürs Forum auf 1024er Breite geschrumpft.
Was da aus Botanikersicht zu sehen ist, das wißt Ihr viel besser als ich. Aber als Ergebnis läßt sich festhalten:
- Die Schnitte werden hübsch bunt ;-)
- Die Konzentration des Waschmittelextraktes dürfte gerne etwas höher sein, das Verdünnen scheint eher unnötig. Die Begleitstoffe des Waschmittels scheinen nicht wirklich zu stören, die Aufheller kommen bei der Extraktion in ausreichendem Maße mit und lassen sich im Präparat (gerade noch so?) mit Breitbandblau anregen, wenn auch die Fluoreszenz nicht gleißend hell ist. Vollwaschmittel halte ich aber für weiter untersuchenswert. Ein Vergleich mit UV-Anregung (hab' ich nicht...) wäre überaus interessant.
- Das Ethacridinlactat fluoresziert heftigst. In der Kürze der Spielchen habe ich kein Photobleaching feststellen können. Die Färbelösung war definitiv viel zu konzentriert und ich hätte den Schnitt gut und gerne noch öfter auswaschen können. Für diesen Farbstoff braucht man zur Anregung definitiv keine Flutlichtlampe, da tut es wohl auch fast ein Teelicht. Ethacridinlactat ist nun aber mein Favorit. Das Zeug ist billig und ergiebig und nicht unmittelbar sofort todbringend und geht auch beipielsweise gut an Milchsäurebakterien. Weitere Einsatzgebiete gilt es noch zu erforschen. Warum das noch nicht so oft in der Mikroskopie verwendet wird - ich weiß es nicht.
- Die Kamera tut auch am Mikroskop einigermaßen. Der Chip ist zu klein, dafür sind die Pixel zu groß. Der Farbeindruck ist etwas matt. Das mag daran liegen, daß es eben eine Astrokamera ist, bei der eher wenig an den rohen Bilddaten gedreht wird, bevor die ziemlich unkomprimiert durch das Kabel gen Rechner gehen. Nett aber ist: die ist auch am Mikroskop flott (ach was!). Stacken ist kein Problem - einfach den Fokustrieb langsam durchkurbeln und dabei einen unkomprimierten Bildstapel einsaugen. Nach so etwa 5 Sekunden ist man damit durch. Den S/W-Kollegen der ASI 120 (mit größerem Chip und dafür kleineren Pixeln) habe ich neulich an Diatomeen ausprobiert, für meinen Geschmack ganz annehmbar. Astrokameras können also auch am Mikroskop eine gute Figur machen, wie man ja auch hier sieht:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37441.0 Man muß aber hinterher ein wenig an den Bildern rumfummeln.
Zum Abschluß habe ich dann noch ein Vollwaschmittelbildchen mit dem 20x-Objektiv geknipst und das Bild mit Fitswork etwas verhübscht, um es dem Eindruck im Okular ein wenig anzupassen.
Vielleicht regt das jemanden an - zum Lachen, Lästern oder Mitmachen.
Viele Grüße von
Marcus