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Zeiss Stemi SV 11

Begonnen von Cheetah1, Juni 04, 2020, 20:41:11 NACHMITTAGS

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Cheetah1

Hallo, liebes Forum,
ich bin etwas neu und möchte für die Mineralienuntersuchung und -Fotografie mit dem Stereomikroskop auf ein Zeiss SV 11 umsteigen (habe nur ein altes MSB9).
dazu habe ich mehrere Fragen:
1. Wie >gut< wird die Fotografie mit dem SV 11 das ja nach dem Teleskop-Prinzip arbeitet wirklich? Gibt es Erfahrungen im Vergleich bspw. zum neuen Stemi 508 (Greenough-Prinzip)?
2. Kann ich (wenn ich schon auf ein SV Apo schiele), den Phototubus >easy< nachrüsten und selbst einbauen?
3. Brauche ich, wenn ein Phototubus eingebaut ist, zusätzlich die Korrektur-Platte und erreiche ich mit dieser tatsächliche eine größere Schärfentiefe?
4. Welche Erfahrungen existieren mit der Vergrößerungslinse 1,6x sowohl hinsichtlich Betrachtung als auch hinsichtlich Fotografie?
5. Gibt es Erfahrungen bezüglich Kauf eines gebrauchten Stemi SV 11  aus dem Ausland, d. h. sind dort dieselben Mikroskope vertrieben worden, stammen die ebenfalls aus D und sind die absolut baugleich mit den hier vertriebenen Modellen?
Über (möglichst zahlreiche) Antworten würde ich mich sehr freuen und verbleiben mit vielen Grüßen.

JB

#1
Hallo,

Ich habe das SV11 nicht, deshalb kann ich mich nur zu einigen der Fragen aeussern.

2. Den Photo-Zwischentuben sind fuer den Wechsel durch den Benutzer vorgesehen. Der Wechsel ist sehr einfach, so einfach, dass er in der Anleitung nicht einmal gezeigt ist: http://files.lordil.fr/manuel-utilisation-sv6-et-sv11-carl-zeiss.pdf  Wichtig ist den passenden Photo-Zwischentubus zu waehlen (bei Zeiss gibt es dafuer Nummern: Seite 19 "45 xx xx") und so einen Tubus auch auf dem Gebrauchtmarkt zu finden.


3. Meinen Sie "Korrekturplatte" die Platte "45 51 60" (Seite 7)? Dies ist eine Einrichtung mit der das Hauptobjektiv um mehrere mm unter eine der beiden Zoomachsen verschoben werden kann, so dass der Strahlengang genau durch die Mitte des Hauptobjektivs geht. Dadurch hat man ein also monokulares Zoommikroskop. Durch die axiale Anordnung wird die Bildqualitaet fuer die Photographie verbessert. Die Tiefenschaerfe beeinflusst das nicht; diese wird durch die im SV11 eingebaute Doppeliris reguliert.


4. Mit dem Objektiv 1,6x erhoeht sich die Aufloesung deutlich. Der Arbeitsabstand wird verringert, auf 48 mm. Die Tiefenschaerfe wird sehr gering, so dass man nur noch flache Objekte zufriedenstellend mit einem Einzelbild photographieren kann. Fuer dreidimensionale Objekte muss man bei dieser hohen Aufloesung mit Stacking beginnen.


5. Die Mikroskope im Ausland waren die selben wie im Inland, ggf. mit unterschiedlicher Stromversorgung. Generell ist Vorsicht geboten. Mikroskope aus feuchten Klimazonen haben oft Linsenpilz, wenn sie nicht aeusserst pfleglich behandelt wurden. Mikroskope aus der Industrie sind z.T. voellig abgenutzt (Triebe!) und zerkratzt (Linsen!).

Ausserdem sind grosse Stereomikroskope schlecht zu transportieren. Sie muessen vorsichtig zerlegt werden (rueckwaerts von der Betriebsanleitung oben), mindestens in Stativ, Zoomkoerper, Objektiv, Tubus. Dann einzeln vorsichtig verpackt und mit viel Polsterung verschickt. In einem Stueck verschickte Stereomikroskope in einem normalen Paket kommen als Schrott hier an (wenngleich, hier im Forum hatte jemand mit einer Spedition auch schon Erfolg: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35082.0 ) Wenn der Verkaeufer keine Lust oder kein Fachwissen zum Versand hat, holt man sein Mikroskop besser persoenlich ab!


Beste Gruesse,

Jon

Cheetah1

Hallo Jon
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort, die mir sehr weiter geholfen hat.
Ich frage mal weiter: Würde das Einsetzen der Platte auch bedeuten, dass sich die AufnahmeQualität unter Verwendung des Phototubus verbessert oder nur, wenn eine Okularkamera verwendet wird?
Da das SV 11 APO schwerer zu bekommen ist, stellt sich mir noch die Frage, ob die APO Variante sich nur auf die Farbechtheit oder auch auf die Bildschärfe auswirkt.
Viele Grüße Thomas

jochen53

Hallo Thomas,

mal ein ganz anderer Denkansatz: Du könntest für die visuelle Untersuchung das alte MSB 9 weiter verwenden und für die Fotografie ein Makrosystem mit Balgengerät und einem guten Makro- oder Lupen-Objektiv an einem Makrostativ verwenden. Bei Stereomikroskopen muß man schon einen ziemlichen technischen Aufwand betreiben, um hochwertige Fotos machen zu können.

Viele Grüße, Jochen.

JB

Zitat von: Cheetah1 in Juni 05, 2020, 05:24:56 VORMITTAG
Ich frage mal weiter: Würde das Einsetzen der Platte auch bedeuten, dass sich die AufnahmeQualität unter Verwendung des Phototubus verbessert oder nur, wenn eine Okularkamera verwendet wird?

Hallo Thomas,

Das ist insbesondere fuer den Phototubus gedacht. Das axiale Bild geht zum Phototubus. Okularkameras sind dafuer nicht notwendig (und wahrscheinlich auch nicht vorgesehen).

Zur Illustration: Im Prinzip wird das Hauptobjektiv in einen der beiden Strahlengaenge verschoben https://www.exceltechnologies.com/images/chrome/SMZ25-switch-stereo.jpg , das Mikroskop wird monokular und man bekommt ein axiales Bild https://www.gtvision.co.uk/WebRoot/Store2/Shops/es141397/MediaGallery/Microscopes/Stereos/Zoom/Nikon/On-axis-imaging-for-digital-images.jpg

Ich stimme Jochen zu; wenn es vor allem um Photos geht, insbesondere um's Stacking, wuerde ich ich ueber eine getrennte Photoeinrichtung nachdenken. Die ist nicht so teuer wie ein Stereomikroskop (solang man sich auf 1-2 Objektive beschraenkt) mit gleicher Abbildungsleistung und die Beleuchtung etc. laesst sich leichter optimieren. Der Arbeitsabstand ist kleiner als an einem Stereomikroskop. Je nach Objektgroesse gibt es gute Loesungen, fuer den Bereich bis 2:1 mit Makroobjektiven, zwischen 4:1 und 10:1 mit Mikroskopobjektiven.

Ausfuehrliche Website dazu: http://extreme-macro.co.uk/
https://www.photomacrography.net/forum/viewtopic.php?t=12147

Fuer's praktische Arbeiten ist so ein APO-Stereo mit dem grossen Arbeitsabstand, dem ergonomischen Einblick und dem grossen Sehfeld schon hervorragend. Aber ob es Ihren Anforderungen an Kontrast und Aufloesung genuegt laesst sich am besten bestimmen, wenn Sie die Moeglichkeits haben es vor dem Kauf selbst zu testen.

Beste Gruesse,

Jon

Cheetah1

Hallo Jon und Jochen,
ganz herzlichen dank für die hilfreichen Antworten.
Ich überlege, wsl. beides zu machen Makroskop und Stemi. das MBS9 scheint mir aber leider am Ende zu sein.
Frage noch zum SV 11:
Die SV-Serie soll teilweise erhebliche Delaminationserscheinungen an den Linsen gehabt haben.Gibt es ein Baujahr, ab dem das abgestellt wurde oder ist das generell an allen Mikroskopen der Serie zu erwarten?
Viele Grüße,
Thomas.

Jürgen Boschert

#6
Hallo Thomas,

zu Photographie und visueller, stereomikroskopischer Betrachtung haben Dir ja Jon und Jochen schon ausführlich geantwortet.

Zu Deiner Frage, ob die Bildqualität durch eine Apo-Optik sichtbar und deutlich verbessert wird, kann ich nur antworten: OH, jaaa !!! Alleine der Tausch der Frontoptik von (Plan)Achromat zu (Plan)Apochromat bewirkt eine erheblich Verbesserung. Habe Dir dazu mal einen Link auf die Askania / Rathenow-HP angegeben, wo man den Unterschied sehen kann:

https://www.askania.de/79-vergleich-objektive-planachromat-und-planapochromat/download.html

Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, der Unterschied ist wirklich so frappant. Erklärung: Durch Korrektur des Farbfehlers sind natürlich auch die Objektkonturen klarer definiert als ohne, da ja dann die einzelnen Farben des Lichtspektrums das Objekt gleich groß abbilden und dadurch die Konturen nicht "verschmiert" werden.

Das Problem dieser Objektive: Sie sind meist schw...teuer, zwischen 600.- und mehreren tausend (!) Euro.

Das SV11 gab es zwar in einer Apo-Variante, aber in nur geringer Stückzahl. Auf Ebay habe ich in > 10 Jahren ein einziges gesehen. Alternativ wäre an ein aktuelles Zeiss zu denken, das Stemi 508; bei diesem ist nicht nur das Hauptobjektiv apochromatisch korrigiert, sondern auch die interne Zoom-Optik. Es wird z.B. auch von Christian Linkenheld angeboten, dem Betreiber des Mikroforums (s. Link in der Kopfzeile rechts oben).

Beste Grüße !

JB

Cheetah1

Hallo zusammen,
Zunächst vielen Dank für die promptem Antworten.
Bin überrascht wie schnell das geht.
Noch eine Frage zu der SV11 Serie:
Weiß jemand, wie lange die hier in Deutschland hergestellt wurden und wann Zeiss die Stemi Produktion nach China verlagert hat?
Viele Grüße Thomas

Klaus Herrmann

Hallo Thomas, alsodas SV11 ist sicher nie in China gebaut worden. Ich hatte es ein paar Jahre: schönes Instrument. Aber eben wie fast alle Stemis nicht gemacht um Traumaufnahmen zu machen. Die macht man nicht mit Stemis. Aber natürlich sind gute Dok-Aufnahmen möglich, Das mache ich oft (mit einem Olympus SZX 12)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

derda

Hallo Thomas,

vielleicht noch eine Anmerkungen zum SV11 vs. 508. Die Standardbeleuchtungen des 508 sind bedeutend besser => alles auf LED-Basis. Durch Knopfdruck wechselst du schnell zwischen koaxialem Auflicht und schrägem Auflicht. Bei Durchlichtbeleuchtung ist über einen Hebel Hell- und Dunkelfeldbeleuchtung einstellbar. Ich nutze das 305 mit Auf- und Durchlicht sowie kleiner Pol-Einrichtung, dienstlich das 508 welches noch ein zusätzliches Ringlicht mit div. Beleuchtungsvarianten hat => für Mineralien sicher sinnvoll. Das 508 hat Apo-Objektive und einen erweiterten Vergrößerungsbereich. Im Detail sind in den hohen Vergrößerungsstufen dadurch kleinste Unterschiede bei feinen Details zu sehen. Vergleichen mit deinem MBS spielen beide Mikroskope jedoch in einer völlig anderen Liga.

Mineralien können ja frei ausgerichtet werden. Die Zeiss-Software verfügt über eine gute Stackingfunktion. Daher würde ich persönlich zum 305 oder 508 tendieren. Die Trinovariante ist nicht so viel teurer und die Adaption mit einem 0.63x an C-Mount recht einfach.

Viele Grüße

Erik

JB

Hallo,

Ich habe mir die Unterlagen zum 508 angesehen und nach meiner Interpretation wird dort der rechte Strahlengang fuer die Photographie verwendet. Also ein geneigter Strahlengang. Die Unterlagen von Zeiss sind da auch ehrlich und machen keine uebertriebenen Versprechungen hinsichtlich der Photographie. Wie von Klaus schon gesagt, schoen fuer Dokumentationsaufnahmen. Aber fuer Stacking usw. wuerde ich eher in Richtung der oben verlinkten Makroeinrichtungen tendieren als tausende Euros in ein Chinamikroskop zu versenken.

Beste Gruesse,

Jon 

derda

Guten Morgen Jon,

die mögliche Verschiebung des Objektivs bei SV11 ist nicht wegzudiskutieren. Man könnte es kaufentscheidenes Merkmal nennen. Dafür wird aber auch der entsprechende Adapter benötigt. Ob dieser leicht zu bekommen ist entzieht sich meiner Kenntnis.

Noch als Ergänzung ein Freihandbild:


Wurde eigentlich schon das Wild M420 Photomacroscop in Betracht gezogen?

Viele Grüße,

Erik

wilfried48

Hallo,

dienstlich habe ich den Vergleich zwischen dem Zeiss Stemi 508 (mit Zeiss 5Mp Kamera), dem Zeiss Discovery V12 (mit 3 fach Ojektivrevolver, Planapos, verschiebbarem Objektiv und Zeiss 12 Mp Kamera peltiergekühlt) und einem älteren Olympus SZX 12 (mit Zweifachrevolver, Planapos und Olympus 5 Mp Kamera).
Die Maximalen Vergrösserungen 50x (Stemi 508), 120x (Discovery 12) und 90x (SZX12)
Bis 50 fache Vergrösserung kann ich visuell keine grossen Unterschiede in der Bildqualität erkennen.
Bei höheren Vergrösserungen, die bei dem Zeiss Stemi 508 nur mit dem 2x Objektivvorsatz möglich ist (der ja nicht Apochromatisch ist !) heben sich die beiden anderen deutlich ab.
Bei der Photographie ist das Discovery V12 natürlich deutlich überlegen, wegen der Möglichkeit der Objektivverschiebung und der besseren Kamera. Mit Canon Direktadaption lässt sich auch am SZX 12 noch einiges rausholen.
Aber für niedrigere Vergrösserungen bis 50x mache ich mit dem Canon 18-55 mm Kitobjektiv in Retrostellung an der 600 D
an einem alten Zeiss Stemi Stativ als Makrostand deutlich bessere Bilder und oberhalb 50 fach nehme ich ein Luminar oder auskorrigiertes Nikon Objektiv an eben diesem Makrostand oder bei planen Objekten gleich ein richtiges Auflichtmikroskop.
Da kommt auch ein Discovery mit sauteuerer Objektivausrüstung und Kamera zum Gesamtpreis eines Mittelklassewagens nicht ran.
Ich würde also unter Preisgesichtspunkten folgende Rangfolge aufstellen.
Rein visuell und einfache Dokumentation: Stemi 508
Visuell und gehobene Dokumentation auch bei höheren Vergrösserungen: gebrauchtes Olympus SZX12 und Canon Direktadaption.
Visuell und gute Bilder auch bei sehr hohen Vergrösserungen: Discovery V12
Sehr gute Bilder und vergleichsweise geringer Preis: Objektive direkt an Canon APSC am Makrostand

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Klaus Herrmann

#13
Da Wilfried das Olympus SZX12 auch mit einbezogen hat hier noch Bilder mit der eleganten Fotoadaption, die ich vor Jahren mal ausgetüftelt habe und schon mehrfach verkauft habe. Sogar an Uniinstituten ist er im Einsatz.
Dafür gibt es ein Planapo 1x das ich wirklich empfehlen kann. Ganz elegant ist es mit dem 2-fach Revolver der eine Zwischenstellung hat in der das Objektiv senkrecht seht für Stacking.
Der Cuprit ist gestackt bei 50x Vergrößerung
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

wilfried48

Lieber Klaus,

ja die Canon hatte ich ja im Institut auch schon am Olympus SZX12 adaptiert. Hat sich leider (obwohl deutlich bessere Bildqualität) nicht durchgesetzt, da die vielen verschiedenen Benutzer die Möglichtkeit vermisst haben live Daten wie Vergrösserung, µm-Balken etc. einzublenden.
Unser Gerät hat leider auch nicht die Raststellung für die Zentrierung der Objektivstellung auf einen Strahlengang.
Das bringt auch noch deutlich bessere Bilder. Ich habe mir immer mit eine Klebebandfixierung des Drehrevolvers beholfen, wenn ich besonders gute Bilder brauchte.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

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