Wasserimmersion beim Kondensor NA 1,4

Begonnen von Martin Kreutz, Juni 18, 2020, 21:06:53 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

gestern habe ich einen Beitrag zu meinen Erfahrung mit dem high resolution DIK eingestellt (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37743.0). Darin habe ich auch beschrieben, dass ich für die Etablierung von DIK-HR einen neuen Kondensor mit NA 1,4 benötigte. Erst durch diesen Kondensor (Olympus U-UCD8) war ich auch in der Lage, mein 100X Objektiv mit NA 1,3 adäquat zu beleuchten. Da ich dieses Objektiv praktisch ständig verwende und der Kondensor immergiert werden muss, ist mein Ölverbrauch erheblich gestiegen. Allerdings macht dass Arbeiten mit einem beidseitig immergierten Objekttträger nicht so richtig Spaß. Insbesondere, wenn man bei der Verfolgung von Objekten den Ölfilm zwischen der Frontlinse des Kondensors und dem Objektträger über die Öffnung des Kreuztisches hinaus bewegt. Dann verteilt sich der Ölfilm kapillar zwischen dem Objektträger und dem Kreuztisch. Man ist dann mehr am putzen als am mikroskopieren. Etwas schnelleres und sauberes musste her. Ich habe dann einfach mal Wasser ausprobiert (Leitungswasser). Zu meiner Überraschung funktionierte das ausgezeichnet. Ich hatte bei meinen typischen Präparaten nicht den Eindruck, dass sich die Auflösung dadurch verschlechtert hätte. Aber das konnte ein subjektiver Eindruck sein. Also mal etwas nachgerechnet, was die optischen Gesetze zum Ersatz von Immersionsöl mit n = 1,518 durch Wasser mit n = 1,33 sagen. Die spezifizierte Apertur eines Objektives oder auch eines Kondensors gilt streng genommen nur bei der Verwendung eines Immersionsmediums mit 1,518. Für den Wechsel von Öl- auf Wasserimmersion ändert sich die numerische Apertur eines Kondensors NA 1,4 wie folgt:



Die numerische Apertur reduziert sich also von NA 1,4 auf NA 1,226. Was bedeutet das aber in Kombination mit dem Objektiv 100X/1,3, welches ich weiterhin mit Öl immergiere? Die theoretische Auflösung des optischen Systems Kondensor/Objektiv ändert sich wie folgt:



Die Auflösung verschlechtert sich also von theoretisch möglichen 0,203 µm auf 0,217 µm, was einer Reduktion von nur 7 % entspricht. Das ist weniger, als ich dachte. Aber das ist die Theorie! Wie sieht es in der Praxis aus. Für eine objektive Beurteilung habe ich die Schale von Amphipleura pellucida sowohl mit Ölimmersion als auch Wasserimmersion des Kondensors aufgenommen. Am restlichen optischen System und am Objekt wurde nichts geändert. Wie sich herausstellte, kann die Schalenstruktur mit beiden Immersionsmedien einwandfrei aufgelöst werden:



Auch beim täglichen Arbeiten mit meinen typischen Lebendpräparaten konnte ich nie eine negative Auswirkung der Wasserimmersion des Kondensors beobachten. Nach Entfernung des Präparates wische ich das überschüssige Wasser einfach von der Frontlinse des Kondensors ab. Eine Schädigung der Frontlinse konnte ich nach 1 Jahr und hunderten Anwendungen nicht feststellen. Aus meiner Erfahrung ist also Wasser eine gute Alternative für das Immergieren des Kondensors.

Allen einen schönen Abend!

Martin




reblaus

Lieber Martin Kreutz -

dieser Betrag kriegt ein summa cum laude !
- Zumal ich aus vollem Herzen zustimmen muss:

ZitatAllerdings macht dass Arbeiten mit einem beidseitig immergierten Objekttträger nicht so richtig Spaß. Insbesondere, wenn man bei der Verfolgung von Objekten den Ölfilm zwischen der Frontlinse des Kondensors und dem Objektträger über die Öffnung des Kreuztisches hinaus bewegt. Dann verteilt sich der Ölfilm kapillar zwischen dem Objektträger und dem Kreuztisch. Man ist dann mehr am putzen als am mikroskopieren.

Wahrscheinlich gibt es ja noch weitere zeitraubende, theoretisch absolut begründete Verfahren in der Mikroskopie, die mal so unter die Lupe genommen werden sollten ...

Viele Grüße von einem begeisterten Leser

Rolf


JB

Hallo,

Ich mache das bei meinem Zeiss INKO NA 1,4 ebenso mit Wasser. Von der Anwenderfreundlichkeit her ist es sehr zuempfehlen; die einzige theoretische Gefahr wuerde ich in Glaskorrosion sehen (habe ich nicht beobachtet aber ich benutze das Mikroskop auch nicht taeglich). Ich benutzte "18 MΩ-Wasser" zur Immersion.

Beste Gruesse,

Jon

limno

#3
Guten Abend Martin,
Du schriebst:I
ZitatIch habe dann einfach mal Wasser ausprobiert (Leitungswasser)
Bei diesem Satz ist mir der Schreck in die Glieder gefahren :o ! Das gibt doch Kalkflecken ??? Siehe dazu auch die Mikrofibel, Seite 75.
Bei mir sind Ölimmersionsobjektive schon länger nicht mehr in Gebrauch und durch solche mit Wasserimmersion ersetzt worden LOMO 70/1,23 WI, wie auch 40/0,75 WI. und erleichtern die Arbeit, besonders bei Mikroaquarien entfällt das riskante Putzen derselben. Ich jedenfalls bin da sehr ängstlich und verwende Aqua bidest., da sollte nix passieren
Mit kalkfreien Gutenachtgrüßen von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Rene

Hi Martin, waterimmersion of the condenser adds some spherical abberation, of which the effect on the image quality is very limited. Allerdings, I don't think the NA of the condenser is limited to 1.226, it simply caps of at 1.33 (just like the NA of an 1.4NA objective on a watermounted slide). That's my intuition anyway. It corresponds with my practical observations with a Lomo 70/1.23 lens, that I have used in darkfield with a waterimmersed aplanatic CZJ 1.4 condenser and a central stop just below the top lens. With your formulae, I couldn't have used it in DF at all.

Best wishes,
René

Werner

In puncto Glaskorrosion ist destilliertes Wasser aber nicht empfehlenswert!
Da ist Leitungswasser, säurefrei, aber doch mit Ionen versehen, wirklich besser.

Glas ist an der Oberfläche ein silikatischer Jonenaustauscher, ein Gleichgewicht der Ionen (Alkali- und Erdalkali-) stellt sich dort ein. Wenn im Wasser schon welche vorhanden sind, erfolgt weniger Angriff auf die Oberfläche.
Komplette "Spinner" erzeugen sich ein Gleichgewichtswasser für die Immersion dadurch, daß sie die Frontlinse eines gleichartigen Kondensors fein pulverisieren und stundenlang mit destilliertem Wasser kochen. Die so erhaltene Lösung greift dann gar nicht mehr an...
Das ist die Theorie, die Praxis zeigt aber, daß die Art des Immersionswassers wohl keine Rolle spielt.
Gegen Kalkflecken hilft Aufsaugen des Wassers mit Filterpapier.

Besonders empfindlich gegen Wasserangriff sind manche Farbfiltergläser, wie sie in uralten Photometern (auch als verkittete Stapel) verwendet wurden. Manche Oberflächen sind regelrecht mattiert. Da hilft nur noch mechanisches nachpolieren. Oder chemisch durch kurzes Entfetten (!) mit heißer Lauge und anschließende Behandlung mit verdünnter Flußsäure, bis alles wieder blank ist.

Nebenbei bemerkt: Schon Bunsen hatte Ärger mit destilliertem Wasser, auch doppelt und dreifach destilliertem, weil er überall die Natriumlinie fand.
Damals gab es noch kein Borosilikatglas und man mußte auf glasfreie Destillation mit Reinsilber-Apparaturen zurückgreifen.
In der Spurenanalytik gab es die Anweisung, destilliertes Wasser nur in Flaschen zu lagern, die schon jahrelang (!) dafür verwendet worden waren. Nur in diesen wurde nichts aus der Glasoberfläche rausgelöst, was einen Blindwert erzeugen konnte.
Heute ist das Problem mit Ionenaustauschern und (Fluor-) Kunststoffapparaturen gelöst, in denen das Wasser Tag und Nacht kontinuierlich in den Abfluß läuft. In der Halbleiterindustrie ist das so. Wenn das Wasser mal stehen bleibt, muß man danach trotzdem noch stundenlang spülen, bis es wieder massenspektrometrisch Ionenfrei ist. Keiner kann genau sagen, wo die Ionen nun herkommen, man spült fleißig.

Gruß - Werner

Bob

Hallo zusammen,
wo das Thema Glaskorrosion gerade hoch gekommen ist: Ich habe es bei Objektträgerpackungen, auch bei gar nicht so alten, schon erlebt, dass die Oberflächen der Objektträger angegriffen waren, eine matte Oberfläche, die durch Putzen nicht mehr blank zu bekommen ist. Bei Präparaten in Kästen habe ich das nicht bemerkt. Was sind die Ursachen für diese Phänomen, und was kann man dagegen tun?

Viele Grüße,

Bob

jochen53

Hallo,

könnte man nicht anstelle von Wasser mit Brechzahl 1,333 auch Glyzerin mit 1,475 verwenden? Damit läge man sogar noch etwas näher am Brechungsindex von Immersionsöl. Glyzerin läßt sich ja auch viel besser entfernen als Öl.

Viele Grüße, Jochen.

Werner

Hallo Bob!

Solche Packungen hatte ich auch schon (weggeworfen). Zwar Markenware, aber von Ebay, also ist die Vorgeschichte völlig unbekannt. Könne auch Reklamationen gewesen sein, auf ebay kann man halt alles verkaufen.
Das waren wie üblich OT-Stapel Glas auf Glas in einer dünnen Pappeverpackung. Körnchen (Glas?) zwischen den Gläsern hatten an beiden anliegenden Oberflächen kleine Kratzer verursacht, bei manchen Gläsern waren die eindeutig gegenüberliegend zuzuordnen. Und da war sehr viel Abrieb, teilweise mattierte Oberfläche. Wenn da ein Korn anfängt, gibt es im Abrieb weitere, die die Arbeit fortsetzen.
Also war das Paket starken Vibrationen ausgesetzt, weshalb ich vermute, daß die mal per Luftfracht unterwegs waren. Lange Flugzeit hin und reklamiert wieder zurück und viel Vibrationen. Auf einem Lastwagen oder Schiff passiert das nicht.

Gruß - Werner

Bob

Hallo Werner,
für eine rein mechanische Beschädigung tritt mir das zu oft und zu flächig auf, und auch bei Objektträgern aus zu vielen Quellen. Aber den Ansatzpunkt für eine weitere Schädigung könnten die feinen Kratzer schon darstellen. Meine Vermtung ist, dass das Kalk-Natron-Glas Feuchtigkeit aus der Umgebung anzieht. Warum aber geschlossene Packungen da anfälliger als einzelne Objektträger zu sein scheinen, ist mir nicht klar. Deckgläser sind in der Regel aus Borosilikatglas und da tritt das viel seltener auf.

Viele Grüße,

Bob

Dr. Jekyll

#10
Hallo Bob,

mit deiner Vermutung, dass Wasser aus der Luft die Ursache für deine Glasprobleme ist, liegst Du richtig.
Warum dieser Schaden in Präparatekästen nicht auftritt liegt daran, dass die Objektträger nicht aneinander liegen und somit keine Kapilalrwirkung das Wasser an der Objektträgeroberfläche hält.
In den Präparatekästen bleiben die Objektträger trocken, da hier keine Kapillarwirkung das Wasser "gefangen" hält.
Bei neuen Packungen Objektträgern lege ich immer eine Lage Backpapier zwischen die Objektträger, dann halten sie ewig ;)
Beste Grüße
Harald

limno

#11
Hallo Werner,
danke für Deine Hinweise! Das hatte ich nicht bedacht. Dann werde ich zukünftig Wasser aus dem Wasserfilter verwenden, wie ich es auch für die Bereitung von Tee und Kaffee verwende. Das enthält dann keine schwerlöslichen Ionen mehr, das sollte dann doch gehen, oder ?
Mit besten Grüßen und Dank von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

d65

Zitat von: limno in Juni 18, 2020, 22:15:08 NACHMITTAGS
ZitatIch habe dann einfach mal Wasser ausprobiert (Leitungswasser)
Bei diesem Satz ist mir der Schreck in die Glieder gefahren :o ! Das gibt doch Kalkflecken

Na ja, kommt sehr stark darauf an wo man wohnt. Da gibt es ja alles von Härtegrad fast 0 und über 20. Wir hatten es in einer Wohnung mal, dass man Weingläser nicht mit Leitungswasser drin über Nacht stehen lassen konnte, weil sich sonst dicke Kalkränder gebildet haben. Solches empfiehlt sich sicher nicht zum Auftragen auf optische Elemente.

Aber falls das eigene Leitungswasser nicht passt könnte man sich was bei Freunden abzapfen. Oder eine Flasche weiches Tafelwasser aus dem Supermarkt mitbringen. Ist jedenfalls günstiger als Immersionsöl :-) Im Zweifel würde ich mal einen Tropfen für eine Stunde oder so auf einen OT auftragen und danach schauen, ob sich Kalkränder gebildet haben.

Im Institut machen wir es so, dass wir 50 ml aqua ad iniectabilia (also zum injizieren bei Menschen) Flaschen verwenden, aus denen wir mit einer Kanüle/Spritze die benötigte Menge durch den Gummistopfen aufziehen. Das sollte dann sauber genug sein. Die nächste Apotheke kann vermutlich weiter helfen. Wir verwenden es nicht für den Kondensor sondern mit Wasserimmersionsobjektiven bei Auflicht-Fluoreszenz.

Steffen

Florian D.

Destilliertes Wasser gibt es doch für lau in jedem Drogeriemarkt!

Viele Grüsse
Florian

d65

Zitat von: Florian D. in Juni 19, 2020, 12:11:48 NACHMITTAGS
Destilliertes Wasser gibt es doch für lau in jedem Drogeriemarkt!
Das hat dann aber möglicherweise das oben angesprochene Problem mit dem pH-Wert und der Glaskorrosion. Ich weiß tatsächlich nicht sicher, ob das bei Injektionswasser nicht auch auftreten könnte. Ich hoffe nicht und da es halt rum steht und in der 50 ml Flasche mit Stopfen lange stehen kann ohne dreckig zu werden nehmen wir das.
Steffen