Eine Begonie mit weißen Flecken - Ein Geschenk wirft Fragen auf

Begonnen von M Beier, Juni 15, 2020, 14:35:13 NACHMITTAGS

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M Beier

Liebe Schnippler,
Anfang des Jahres bekam ich in einem Blumengeschäft eine Minibegonie geschenkt. Schnell ist mir aufgefallen, dass die weißen Flecken auf der Blattoberseite bei Lichteinfall stark reflektierten (Bild1). Da die Pflanze aber sehr mini war, mussten erstmal genügend Blätter für eine nähere Untersuchung dieser Reflexion wachsen. Zunächst kam das mit Ober- und Unterseite im Auflicht und Durchlicht unters Mikroskop (Bilder 2 -8). Die Ober- und Unterseiten erwiesen sich als wahre Buckelpisten. Bezüglich der Buckelpiste zeigte sich aber kein Unterschied zwischen den grünen Bereichen und den weißen Flecken der Oberseite.  Die weißen Flecken haben fast alle einen roten Fleck in der Mitte (8. Bild)
In Bild 5 sind in den weißen Flecken ,,Wülste"  im Bereich der Zellwände erkennbar. Noch deutlicher in Bild 6 zusehen. Für diese Wülste gibt es im Blattquerschnitt keinen passenden Strukturen.

Alle folgenden Bilder sind frische Schnitte in Wasser (Bild 9-13). Zunächst habe ich Schnitte angefertigt, die zur Hälfte im grünen und zur anderen im weißen Bereich lagen. Da die Blätter recht dünn sind, wurden die Schnitte eher wie feine Fäden und ich konnte die Bereiche nachher nicht mehr sicher zuordnen. Optisch konnte ich keinen Unterschied zwischen den beiden Bereichen feststellen. Dann habe ich die Schnitte für den grünen Bereich und die weißen Flecken getrennt hergestellt und ordentlich beschriftet ;).
Als Unterschiede sind mit aufgefallen: Die Epidermiszellen der weißen Flecken sind am Grunde rund, die im grünen Bereich etwas breiter und am Boden flach. Zum Grund hin sind bei den weiße Flecken dreieckige Bereiche zu finden, die eventuell stärker lichtbrechend sein könnten (Bilder 10-12). Diese sind aber nicht in allen Zellen der weißen Flecken zu finden (s. Bild 13).
Bei fixierten und gefärbten Schnitte kann ich keinerlei Unterschiede zwischen den beiden Bereichen erkennen.

Fazit: Ich habe eigentlich keine strukturelle Erklärung für die weißen Flecken! Wer kann helfen?

Zum Schluss noch ein kleines Schmankerl; auch nekrotische Stellen können hübsch aussehen. (Bild 14)

fragende Grüße
Maria

M Beier

Hier jetzt die Unterseite und ein Flächenschnitt der Oberseite sowie ein typischer Schnitt für den grünen Bereich

M Beier

Blattquerschnitte der weißen Flecken und ein nekrotischer Bereich vom Blttrand

limno

Hallo Maria,
ich kann Dich beruhigen. Die Begonie ist gesund. Die silbrig-weißen Flecken gehören zu dieser Art.  Es handelt sich um Begonia lucerna Siehe auch: https://www.thebotanicalroom.com/products/begonia-lucerna-corallina-de-lucerna-engelsfluegelbegonie
Den silbrigen Glanz haben übrigens vor allem die Blätter von sogenannten Rexbegonien.
Ich finde Rexbegonien besonders interessant, weil ein einziges Blatt -je nachdem von welcher Seite Licht darauf fällt, ganz anders erscheint, von der wunderbaren Formenfülle der der Begonienzüchtungen ganz zu schweigen.
Mit silbrig- weißen Grüßen von
Heinrich
P.S. Deine Schnitte sind sehr gelungen! :)
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

M Beier

Hallo Heinrich,
mir ist schon klar, dass die weißen Flecken keine Krankheit sind. Mich wundert halt sehr, dass für die unterschiedliche Reflexionsfähigkeit der Blattoberfläche keine morphologischen Strukturen zu finden sind.
Gruß Maria

Heiko

Hallo Maria,

als mich vor Jahren eine ähnliche Frage umtrieb, ich meine es waren die eher dunklen Blattflecke auf Chaerophyllum, die ich in jedem Frühjahr beobachte, erhielt ich damals den Hinweis, es handele sich um abgehobene Epidermis, also um einen luftgefüllten (?) Spalt zwischen dieser und dem darunter liegenden Palisadengewebe. Damit hatte ich mich beschieden. Ob's stimmt?

Viele Grüße,
Heiko

Klaus Herrmann

Liebe Maria,

also ich kann nur nochmal bekräftigen: tolle Darstellung und super Schnitte der dünnen Bllätter. Mir fällt auf, dass der "Unterbau" beim grünen Bereich deutlich dicker ist. Beim weißen Bereich wirkt er zusammengefallen. Ist das vielleicht der morphologische Grund für die "Silberschicht" Ich denke auch, dass es wie Heiko erwähnt mit luftgefüllten Strukturen zu tun hat, die einfach das Licht reflektieren.
Übrigens die Aufnahme der Unterseite mit den Stomata ist auch nicht gerade schlecht! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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M Beier

Hallo Heiko, hallo Klaus
dünnere Schnitte zerfallen sehr leicht zwischen Epidermis und Palisadenparenchym, aber bei den Schnitten konnte ich bei den weißen Flecken keinen Spalt entdecken. Auch Flächenschnitte der Oberseite lassen sich nicht einfach abheben, also vermute ich, dass es keinen Spalt zwischen Epidermis und Palisadenparenchym gibt, der die Reflexion verursacht.

Hallo Klaus, was meinst du mit Unterbau?

Gruß Maria

Klaus Herrmann

Hallo Maria,

der Bereich mit den Chloroplasten ist beim silbernen Fleck deutlich kleiner, als beim grünen Bereich Interpretiere ich mal vorsichtig.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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M Beier

Hallo Klaus,
eine klare Unterscheidung zwischen Palisadenparenchym und Schwammparenchym ist bei diesen Begonienblättern eigentlich nicht zu treffen, zumal kaum Interzellularen erkennbar sind.
Deine Beobachtung des dickeren "Schwammparenchyms" ist bei den verschiedenen Schnitten häufiger zu sehen, gilt aber nicht generell. Sie erklärt aber in Bild 5 (zeigt ja denselben Ausschnitt wie Bild 4) die Helligkeitsunterschiede zwischen den grünen Bereichen und  dem weißen Fleck im Durchlicht. Sie wäre für mich aber noch keine Erklärung für die starke Reflexion der weißen Flecken. Für Bild 1 war es sehr schwierig eine passende Beleuchtung zu finden, da die weißen Flecken meist alles überstrahlt haben.
Viele Grüße
Maria

M Beier

Liebe Foristen,
manchmal muss man halt etwas länger suchen!
In einem Artikel aus einer kroatischen Zeitschrift von 1960 habe ich einen ausführlichen Artikel gefunden, der das Phänomen untersucht. Mir war ja schon aufgefallen, dass sie Epidermiszellen der weißen Flecken (Bild 10) nach innen eine deutlich stärkere Rundung haben als die der in den grünen Bereichen (Bild9). Im Artikel wird ausgeführt, das die Rundung eine Totalreflektion bewirkt, da durch die Rundung ein Übergang vom wässrigen Medium (Zelle) zur Luft in den Interzellularen existiert. Die Zellen werden dort als Scheinwerferzellen bezeichnet. Das Phänomen wurde an einer Vielzahl von Pflanzen nachgewiesen zB. bei Lungenkraut. Die kann ich mir aber erst im nächsten Frühjahr anschauen. Zur Zeit zeigen sie deutliche Trockenschäden.
Ein Beleg könnte auch Bild 11 sein. Die violetten Lichtbrechungen könnten von noch vorhandenen Lufteinschlüssen stammen.
Es lohnt sich als doch, immer mal wieder eine neue Suche zu starten.
Viele Grüße
Maria

Detlef Kramer

Liebe Maria,

im Bereich der Zierpflanzen existieren vielfältige Panaschierungen. Sie werden sehr oft durch Viren verursacht, ohne den Pflanzen zu schaden. Ob das auch hier der Fall ist, weiß ich nicht. Dazu bräuchte man ein Elektonenmikroskop, was ich seit 2008 leider nicht mehr zur Verfügung habe.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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M Beier

Hallo Detlef,
es handelt sich hier nicht um eine Panaschierung, sondern um eine Reflexion. In bestimmten Winkeln refelktieren die  Epidermiszellen das Licht wie Katztenaugen. Das darunterliegene Palisadenparenchym hat Chloroplasten.
Die im Artikel untersuchten Arten waren Schattenpflanzen und eine besserer Lichtausnutzung wurde als vermutliche ökologische Anpassung angegeben.
Viele Grüße
Maria