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Waage Frage

Begonnen von anne, August 08, 2022, 17:08:12 NACHMITTAGS

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momotaro

#15
Hallo Werner,

Mettler Toledo, Wägefiebel Seite 8:

Trennen Sie die Waage nicht vom Stromnetz und lassen Sie sie immer eingeschaltet. So kann sich in der Waage ein thermisches Gleichgewicht einstellen.
 Wenn Sie die Waage ausschalten, benutzen Sie dafür die Anzeigetaste (bei älteren Modellen die Tarataste). Die Waage befindet sich dann im Standby Mode. Die Elektronik steht weiterhin unter Strom und es ist keine Aufwärmzeit nötig.
!TIPP: Beim ersten Anschliessen an das Stromnetz empfehlen wir unterschiedliche Aufwärmzeiten. Diese betragen für:
• Mikrowaagen bis zu 12 Stunden,
• Semimikrowaagen und Analysenwaagen ca. 6 Stunden
• Präzisionswaagen ca. 3 Stunden.
Beachten Sie unabhängig von diesen Richtwerten auf jeden Fall die in der Bedienungsanleitung angegebenen Minimalzeiten.

https://www.mt.com/dam/LabDiv/labtec/proper-weighing/Weighing_the_Right_Way_3_DE.pdf

Soviel zur Aufwärmzeit von 8h.

LG Helmut
,,Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig." — Johann Wolfgang von Goethe Wilhelm Meister's Lehrjahre (1786–1830)

Werner

...klingt immer noch nach Notmaßnahme (um die Spezifikationen retten zu können).

Habe ich bei Perkin-Elmer auch erlebt!
Einstrahl-Photometer des zweiten Fertigungsloses eines Gerätes drifteten wellenlängenmäßig leicht, aber störend weg, die des ersten Loses dagegen überhaupt nicht. Anordnung des Verkaufsmanagement war eine längere Vorwärmzeit als Abhilfe, am besten gar nicht ausschalten.
Verkäufer leben in dem Irrglauben, daß sich die Kunden als isoliert betrachten lassen ("Einzelfall-Probleme").
Aber: Chemielabore haben auch Kontakt miteinander. Die Laborleiter treffen sich auf allerlei Tagungen und Messen und kennen sich persönlich. Dabei wird auch über die Meßgeräte gesprochen, wenn da ein Gerät Probleme macht, verbreitet sich das sehr schnell und weit. Die Konkurrenz bekommt das auch mit und nutzt die Information genüßlich aus...

Ich hatte beide Fertigungslose in meinem Bereich und dabei auch so eine neue Driftkiste. Ich wußte aber auch, daß die anderen älteren Geräte besser sind. Ein Austausch der Monochromatorgruppe durch eine neu gelieferte war erfolglos, also wandte ich mich hilfesuchend an die Entwicklungsabteilung.
Die erklärten eine Drift als nicht möglich, weil sie eine Temperaturkompensation des Monochromators durch Verwenden von Stahlstangen gleicher Dicke, aber unterschiedlicher Legierung und Wärmedehnung durchgeführt hätten. Es gab die Drift aber tatsächlich reproduzierbar und die Entwickler gingen der Sache nun intern nach. Im Endeffekt stellte sich heraus, daß ein Einkäufer eigenmächtig in vorauseilendem Gehorsam die teurere Stahllegierung verworfen und die billigere in doppelter Länge bestellt hatte.
Erst als alle neuen Geräte und Ersatzteil-Lagerbestände mit den richtigen Stahlstangen ausgestattet wurden, war das Problem gelöst.
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Die Perkin-Elmer Mikrowaage AD-2 (Spannband-Drehspulwaage, Cahn Patent) aus USA war mit einer Temperatur-Meßpille am Wägesystem ausgestattet, deren Wert im Regelverstärker analog verarbeitet und so die Temperaturdrift kompensiert wurde. Die Waage war nach spätestens zwei Stunden stabil, oft schon nach 15 Minuten.
Es geht also doch - wenn man bei der Konstruktion dran denkt.

Es  gibt auch bei "veralteten" Präzisions-Drehspulinstrumenten (besser 1% Genauigkeit) eine versteckte Temperaturkompensation in Form eines unscheinbaren kleinen justierbaren Blechstreifens am Luftspalt des Magneten. Der ist aus einer speziellen Stahllegierung hergestellt, damit wird der Temperaturgang des Dauermagneten durch einen kleinen Bypass auf konstante Stärke des inneren Magnetfeldes kompensiert. Die Lage sollte nicht verändert werden, da von der Endkontrolle im Werk richtig eingestellt.
Diese Erkenntnis ist heute verlorengegangen. Alte Veröffentlichungen liest heute kaum jemand mehr...

Gruß - Werner


güntherdorn

#17
es geht auch ganz einfach:
für 10€ gebr. apotheker-waage,
selbstbau-ständer und
einem neuen klein-gewichtesatz für 5€.
ciao,
güntherdorn
- gerne per du -
günther dorn
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=444.0
www.mikroskopie-gruppe-bodensee.de
gildus-d@gmx.de

Tilman

Hallo,
wenn man eine Waage benötigt, sollte man sich einige Fragen stellen:
Was will ich wiegen? Hier werden schon die ersten Denkfehler gemacht. Beispiel. Ich benötige für einen Lösung 20mg die in 100ml Wasser zu lösen sind.
1. Versuch: 100ml Becherglas wird auf die Waage gestellt, dann werden 100ml Wasser dazugewogen und zum Schluss die 20mg Substanz.
Hier sollte man bevor man anfängt, nachdenken. Wozu brauche ich diese Lösung und wie genau muss die Konzentration sein? Für eine Farbstofflösung zum Anfärben von Präparaten ist keine analytische Genauigkeit erforderlich. Die Rezepte geben meist die Größenordnung an. Bei 20mg also keine 2g und auch keine 50mg also 20mg sind anzustreben. Wäre eine genauere Menge erforderlich würde man 20,0mg oder 20,00mg schreiben. Nun brauche ich eine Waage die 20mg wiegen kann. Hier muss man unterscheiden zwischen Wägegenauigkeit und Ablesegenauigkeit. Überlegenswert wäre auch wenn die Substanz nicht zu kostbar ist 200mg abzuwiegen und 1000ml Wasser zugeben, falls die Waage nur 200mg vernünftig wiegen kann. Bevor man hier für eine analytische Waage ein Vermögen ausgibt, sollte man nachdenken. Auch bei einer Einwaage der 20,0mg sollte man nicht sklavisch die 20,0mg anstreben sondern nur die Größenordnung treffen und wenn es dann 21,7 mg sind, kann man die Menge des Wassers anpassen oder rechnet dann halt ein bißchen, wenn man diese Genauigkeit braucht braucht. Das macht jeder Analytiker auch so. Das gleiche gilt auch für die Kalibriergewichte, die man nur dann braucht wenn eine Waage für analytische Zwecke geeicht werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn es um rechtlich belastbare Analsenergebnisse geht. Ansonsten reicht eine Funktionskontrolle mit einem beliebigen Vergleichsgewicht (Münze, Büroklammer o.ä.) die man einmal wiegt und dann gut aufbewahrt, um die Reproduzierbarkeit und Funktion zu überprüfen.
Liebe Grüße
Tilman

anne

#19
Hallo Tilmann,
danke für die pragmatische Erklärung.
Dann liege ich mit meiner 20€ Waage ganz gut, da es für mich nicht so genau sein muss, ich jedoch anstatt 0,2g auch nicht 0,4g in der Probe drin haben will.

lg
anne

Tilman


Lupus

Hallo Anne,

Zitat... da es für mich nit so genau sein muss, ich jedoch anstatt 0,2gr auch nicht 0,4gr in der Probe drin haben will.
das war ja eigentlich der entscheidende Punkt, Du hast angegeben insbesondere im Bereich 0.1-1 g wiegen zu wollen. Die relative Genauigkeit ist heute selbst bei billigen Waagen für den Normalverbraucher vollkommen ausreichend. Das Hauptproblem ist dass die Anzeigegenauigkeit nichts darüber aussagt, ob man bis auf Null herunter Proben wiegen kann. Bei Deiner neuen Waage ist eine Anzeigegenauigkeit von 0.001 g angegeben, es steht aber auch explizit dabei dass Massen unter 0.01 g nicht angezeigt werden. Daher muss man bei der Wahl einer billigen Waage immer darauf achten dass sie um etwa zwei Größenordnungen genauer anzeigt als die zu messende Minimalmasse.

Hubert

Tilman

Hallo,
das ist leider die Crux in unserer digitalen Welt. Messgenauigkeit ist nicht gleich Ablesegenauigkeit.