Archäometallurgie - bronzezeitliche Kupfermetallurgie

Begonnen von Bastian, Juni 28, 2020, 15:28:28 NACHMITTAGS

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Bastian

Ich zeige heute ein Bild aus einer bronzezeitlichen Grabung, östlich des Urals. Der Fundplatz besitzt sehr viele kleine Schlackenscheiben und Kalotten von 8-10cm Durchmesser. Im Schnitt lassen sich folgende Phasen erkennen: Fayalit erster und zweiter Generation (fay), Wüstit (Wü), Magnetit (mt), Covellin (cv), Chalcosin-Bornit Entmischung (cs-bn), und Kupfer (Cu), sowie eine glasige Restschmelze (gls).

Bild 1: eine nahezu reiner Chalcosineinschluss in der fayalitischen Schlacke. Die vielen Magnetite deuten eine erhöhte Sauerstoffexposition an. Das ist logisch, da es sich um kleine Schlackenkuchen handelt, die vergleichsweise viel Sauersfoff abbekommen. Z.B. Im Gegensatz zu Fließschlacken aus einem Rennofen.. Der Chalcosin ist eine hoch angereicherte Steinphase (Cu2S) - Stein ist eine Begriff aus der Metallurgie und benennt eine Zwischenstufe im Verhüttunsprozess zwischen Ez und Metall - , somit auf dem besten Wege zu Kupfer verhütttet zu werden. Es handelt sich hier um einen Prozessschlacke aus der Verhüttung sulfidischer Erze .wir z.B. Chalcopyrit (Kupferkies).


Bild 2 zeigt ähnliches, nur ist hier der Sein hier kein reiner Chalcosin, ist sondern während der Abkühlung einen Mischkristall mit einer Bornitkomponente gebildet hat. Die Hochtemperaturphase ist homogen, die Tieftemperatur phase muss sich entscheiden zu was sie kristallisiert...


Bild 3 und 4 zeigen Korrosionsphasen: Covellin (CuS) und Eisenhydroxide (orange im Bild 4).


BIld 4 gleicher Ausschnitt wie Bild 3 aber mit gekreuztem Polarisator und Analysator (XPL)



olaf.med

Lieber Bastian,

schön endlich wieder einmal etwas von Dir zu hören, und dann noch so ein toller Artikel mit schönen instruktiven Bildern!

Herzlichen Dank, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

beamish

Hallo Bastian,
ich schließe mich Olafs Freude an, daß du wieder da bist. Und das mit so einem schönen Beitrag!
Herzlich
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Bastian

Hallo Olaf, hallo Martin,
vielen Dank euch! Ich hätte es ja auch fast nicht gedacht, dass ich noch einmal etwas poste. Aber so ganz hat mich das Forum eben wohl doch noch nicht losgelassen.
Bastian

Florian D.

Hallo Bastian

Sehr interessant. Wo ist eigentlich der Wüstit?

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

Alles voller Schwefel! Wann wurde eigentlich das Rösten erfunden?

Bastian

Ha!
Gut aufgepasst Florian! Das  Bild mit dem Wüstit ist rausgeflogen, nachdem ich den Text geschrieben hatte....Nur weil es noch Sulfideinschlüsse gibt, heisst das nicht dass es kein Rösten gab. Nicht alle Erze wurden immer tot geröstet. Die hellgraue Phase ist der Wüstit.


derda

Guten Morgen Bastian,

vielen Dank fürs Zeigen und noch eine Frage: wenn die Kugel Wüstit ist, sollte dann, wegen der Oxidationsreihenfolge, die umschliessende Phase Magnetit sein? In den ersten Bildern sieht Magnetit eher rötlich aus, hier jedoch nicht. Das verwirrt mich etwas.

Viele Grüße,

Erik

Florian D.

Da ist also ein sehr eisenhaltiges sulfidisches Erz verhüttet worden. Was liest denn der Metallurg da noch daraus ab?

Viele Grüsse
Florian

Bastian

Zitatwenn die Kugel Wüstit ist, sollte dann, wegen der Oxidationsreihenfolge, die umschliessende Phase Magnetit sein
Die Kugel ist nicht der Wüstit. Das ist Chalcosin. Die hellgrauen Phasen, die dendritisch vorliegen, das ist der Wüstit. Die Farben sind am Mikroskop viel ähnlicher, ich nehme an ich habe einen Fehler beim Weißabgleich gemacht. Deshalb findet die Bestimmung ja immer am Mikroskop und nicht am Foto statt.

ZitatDa ist also ein sehr eisenhaltiges sulfidisches Erz verhüttet worden. Was liest denn der Metallurg da noch daraus ab?
Nicht direkt sehr eisenhaltig, eher: für Chalcopyrit normal eisenhaltig: CuFes2, besitzt mehr oder weniger jeweils ein Drittel Massen ans Schwefel, Eisen und Kupfer. Sollte man rienen Chalcopyrit vorliegen haben, wäre das eine sehr reiches Erz. An einer einzigen Probe alleine kann der Metallurg auch nur mutmaßen, bzw etliches ausschließen. Bei dieser bronzezeitlichen Verhüttung hat es tatsächlich um die Verhüttung primärer Erze gehandelt. wobei ich  in den Schlacken oft nur den letzten Schritt der Verhüttung nachweisen konnte. Ein Gesamtbild ergibt sich in der Archäometallurgie grundsätzlich in der Zusammenschau ALLER Informationen, d.h. der archäologische Kontext (Öfen, Tiegel, etc..), der Phasenbestimmung (das wir oben in den Bildern sehen), der pauschal-chemischen Zusammensetzung (um Massenbilanzen rechnen zu können) und der Untersuchung aller am Prozess beteiligten Rohmaterialien: wie Brennstoff(-asche), Ofenlehme, Ganggesteine und den Erzen. Erst dann kann man eine gut abgesicherte Aussage zur Technologie machen. Leider kann man das aus den verschiedensten Gründen oft nicht umsetzen...

Florian D.

Lieber Bastian,

ja, auf Chalcopyrit hätte ich auch getippt. Immerhin ist von den Metallen 50% Eisen.
Genau auf das, was Du geschrieben hast, zielt meine Frage ab: Hast Du noch eine Geschichte zu der Probe?
Wo wurde sie gefunden, wann wurde sie verhüttet, wie hiess die Tochter des Schmiedes auf etruskisch?
Ich probiere jetzt dann meinen ersten Anschliff (Nickelin)  in Kunststoff einzugiessen.

Viele Grüsse
Florian

bergarter

grüß euch

hallo Bastian

ich würde gerne wissen wollen, in welches Schmelzsystem ( sulfidisch oder oxidisch ) Du den Fayalit zuordnest.

grüß Dich
Gerd

Bastian

Zitatich würde gerne wissen wollen, in welches Schmelzsystem ( sulfidisch oder oxidisch ) Du den Fayalit zuordnest.

Der Fayalit hat mit der Erzcharge nur bedingt etwas zu tun. Die Frage ist mißverstädlich, da ich nicht weiß worauf du hinaus willst. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Verhüttung von Erzen die zumindest zum einen Teil eine sulfidische Komponente besaßen. Was ich sagen will, anhand der Schlacke allein, kann ich nicht ausschließen, ob es sich nicht auch um ein co-smelting, d.h. eine gemeinsame Verhüttung von oxidischen und sulfidischen Erzen gehandelt hat. Anders herum würde aber eine Schlacke aus einer Sulfiderzverhüttung durchaus solche Schlacken produzieren können.
Ein paar Worte zu vorwiegend fayalitischen Schmelzen. Fayalite - oder vllt besser "Olinvine" (und auch dass ist eigentlich zu ungenau), denn es handelt sich durchaus nicht nur um Fe2SiO4, sondern auch um die anderen Endglieder wie Forsterit (Mg2SiO4), Kirschsteinit, ... und wie sie alle heißen - gehören zu den am Silikaten mit den geringsten Schmelz- bzw. Bildungstemperaturen. D.h. die Bildung dieser Schlacken passiert automatisch bei den normalerweise vorliegenden Temperaturen und den sehr häufigsten Bestandteilen der Ofencharge Quarz und Eisen in den verschiedensten Oxidationsstufen. Somit finden wir den Fayalit bei nahezu allen Verhüttungsplätzen auf Kupfer oder Eisen, wenn die beiden o.g. Rohmaterialien vorhanden sind.
Das Ganze war jetzt sehr vereinfacht dargestellt, und besitzt dementsprechend natürlich keine absolute Allgemeingültigkeit..

ZitatWo wurde sie gefunden, wann wurde sie verhüttet
steht bereits am Anfang des ersten Beitrags...  ;)


bergarter

meine Frage zielt dahin, das ich in den Büchern die ich besitze, zwei verschiedene Schmelzsysteme finde, in denen Fayalit kristallisiert

einmal FeO-Fe2O3- SiO2 ich nannte das wohl "oxidisch", ein anderer würde wohl       " silikatisch " dazu sagen.
Ich habe ein Diagramm von Muan and Osborn, wo ein Pfeil vom Fayalit zum Magnetit und darüber hinaus geht mit der Bezeichnung ...to oxygen ...-  deswegen meine Bezeichnung  mit oxidisch. Wüstit hat`s  in dem Diagramm auch.

Das andere wäre FeO - FeS -  SiO2, also  das mit dem Schwefel, in dem Fayalit und Wüstit ebenfalls vorkommen.
Aber kein Magnetit.

Fayalit ist was, was mich schon beschäftigt, Erze weniger.
Hatte hier  vor einiger Zeit hier auch eine Zeichnung mit " Fayalit "

grüß Dich